5 Ni 8/15 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 8/15 (EP) (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
15. Februar 2017 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
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betreffend das europäische Patent 1 425 640 (DE 502 08 724)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Voit, die Richterin Martens und die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer und Dipl.-Phys. Univ. Bieringer für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 425 640 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention. Diese trägt die Nebenintervenientin selbst.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die dem Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung auf Seiten des Beklagten beigetretene S… GmbH ist seit 25. August 2016 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 425 640 (Streitpatent), das am 10. September 2002 als internationale Anmeldung mit dem Aktenzeichen PCT/EP2002/010121 angemeldet und am 20. März 2003 als WO 03/023327 A2 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent, das die Priorität der deutschen Patentanmeldung 101 44 459 vom 10. September 2001 in Anspruch nimmt, wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 502 08 724.2 geführt. Es trägt nach der Korrektur eines Schreibfehlers (vgl. EP 1 425 640 B8) nunmehr die Bezeichnung
„ÜBERWACHUNGSSYSTEM SOWIE VERFAHREN ZUR PROZESSBEGLEITENDEN ÜBERWACHUNG VON WERKZEUGMASCHINEN-KOMPONENTEN“
und umfasst 45 Ansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
„Überwachungssystem zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen zum Drehen, Bohren oder Fräsen mit dem Ziel der Erkennung von mindestens einem der Zustände Werkzeugbruch, Werkzeugausbruch, Werkzeugverschleiß, Werkzeug-zuWerkstückkontakt mit oder ohne Werkstückmaßkontrolle, Maschinenkollisionen oder Prozessentartungen wie Rattern, werkzeug-, werkstück- oder schnittspezifische Überlast oder Unterlast, bestehend aus
- mindestens einem Sensor zur Erfassung von Messsignalen aus dem Bearbeitungsprozess, die mindestens einer Kraftrichtung, einer Kraftresultierenden, einem Druck, einem Drehmoment, einer Motorleistung, einem Motorstrom, einer Schwingung, einer Beschleunigung, einem Körperschallgeräusch oder einer Abstandsänderung zwischen zwei Maschinenbauteilen gleichzusetzen sind,
- mindestens einer Überwachungshardware mit Software zur Speicherung und zum Vergleich von Überwachungsdaten in Werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten, die von der Maschinensteuerung durch das NC- und/oder SPSProgramm über eine Schnittstelle vorgegebenen werden und in denen ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen durch Überwachungs- und Auswertestrategien erfolgt, derart, dass bei Messsignalen, die die Überwachungsschwellen verletzen, eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung zur entsprechenden Reaktion der Maschine gegeben wird, - mindestens einer bidirektionalen Schnittstelle, vorzugsweise einer Feldbusschnittstelle, zwischen der Überwachungshardware und der Maschinensteuerung, wobei die bidirektionale Schnittstelle einen Datenaustausch zwischen der Maschine und dem Überwachungssystem vornimmt und insbesondere dazu geeignet ist, die werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitte, in Form von Datenworten als unterschiedliche Nummern oder Befehle, vorzugsweise als Werkzeugcode, Werkzeugkorrektur- oder Platznummern, Schnittcode, H- oder M-Befehle, aus dem NC- bzw. SPS-Programm an das Überwachungssystem zwecks Aufteilung der Überwachung in verschiedene Überwachungsabschnitte zu leiten, - und vorzugsweise einer Bedienungshardware mit Software zur Bedienung und/oder Parametrierung des Überwachungssystems und/oder zur Visualisierung der Messsignale,
dadurch gekennzeichnet, dass das Überwachungssystem in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegeben werden, fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft.“
Der erteilte, nebengeordnete Patenanspruch 6 lautet wie folgt:
„Verfahren zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen-Komponenten mit einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5 in dem
- Messsignale aus dem Bearbeitungsprozess, die mindestens einer Kraftrichtung, einer Kraftresultierenden, einem Druck, einem Drehmoment, einer Motorleistung, einem Motorstrom, einer Schwingung,
einer Beschleunigung, einem Körperschallgeräusch oder einer Abstandsänderung zwischen zwei Maschinenbauteilen gleichzusetzen sind, von mindestens einem Sensor erfasst werden, - Überwachungsdaten in werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten von mindestens einer Überwachungshardware mit Software gespeichert und verglichen werden, wobei die Überwachungsabschnitte von der Maschinensteuerung durch das NC- und/oder SPS-Programm über eine Schnittstelle vorgegebenen werden und wobei in den Überwachungsabschnitten ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen durch Überwachungs- und Auswertestrategien erfolgt, derart, dass bei Messsignalen, die die Überwachungsschwellen verletzen, eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung zur entsprechenden Reaktion der Maschine gegeben wird, - ein Datenaustausch zwischen der Maschine und dem Überwachungssystem über eine bidirektionalen Schnittstelle vorgenommen wird wobei die Werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitte in Form von Datenworten als unterschiedliche Nummern oder Befehle, vorzugsweise als Werkzeugcode, Werkzeugkorrektur- oder Platznummern, Schnittcode oder H- oder MBefehle, aus dem NC- bzw. SPS-Programm an das Überwachungssystem zwecks Aufteilung der Überwachung in verschiedene Überwachungsabschnitte geleitet werden,
dadurch gekennzeichnet, dass in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet von der Maschinensteuerung vorgegebenen [sic!], fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln von dem Überwachungssystem erkannt, überwacht oder zielgerichtet überprüft werden.“
Wegen des Wortlauts der auf die Ansprüche 1 und 6 jeweils mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift EP 1 425 640 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin, die die vollumfängliche Nichtigerklärung des Streitpatents begehrt,
ist der Ansicht, das Streitpatent sei schon deshalb für nichtig zu erklären, weil es die vermeintliche Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 b EPÜ). Darüber hinaus sei der einzige unabhängige Anspruch 1 weder neu noch beruhe er auf erfinderischer Tätigkeit, so dass der Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit gegeben sei (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a , Art. 52 ff. EPÜ). Der Gegenstand des Anspruchs 6 sei zudem unzulässig erweitert, da ein solches Verfahren in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung (WO 03/023327 A2 gemäß Anlage NK1a) nicht offenbart sei (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 c EPÜ).
Zum Stand der Technik beruft sich die Klägerin auf folgende Dokumente:
NK3 LANGE,
Dirk:
Prozessüberwachungssystem sichert Werkstückqualität. In: MM Das Industriemagazin, 2001, Ausgabe 29/2001 vom 16. Juli 2001, Seiten 24-26 NK4 Auszug aus der Webseite und einer darauf verfügbaren Präsentation der PROFIBUS Nutzerorganisation e.V. (www.profibus.com)
NK5a Angebot der Firma Artis GmbH vom 21. November 2000, betreffend das Produkt CTM der Firma Artis GmbH NK5b Rechnung der Firma Artis GmbH vom 1. März 2001, betreffend das Produkt CTM der Firma Artis GmbH NK5c ARTIS GmbH: Werkzeug- und Prozessüberwachung mit CTM Computer integrated Tool Monitoring, Mai 2000 - Firmenschrift NK5d Flyer der Firma Artis GmbH vom April 2001 zum Produkt CTM der Firma Artis GmbH NK5e Manuskript „Integriertes Werkzeugüberwachungssystem für die spanende Fertigung“, vom 10. Dezember 2000 betreffend das CTM System der Firma Artis GmbH NK6a Prüfungsbescheid des Europäischen Patentamts Prüfungsverfahren des Streitpatents vom 14. Februar 2005 im NK6b Antwort des Patentinhabers vom 17. August 2005 auf den Prüfungsbescheid des Europäischen Patentamts gemäß Anlage NK 6a NK6c Mit der Antwort gemäß Anlage NK 6b eingereichte, geänderte Ansprüche NK7 US 6,138,056 NK8 EP 0 321 108 A2 NK9 EP 0 762 248 A1 NK10 Merkmalsanalyse zum Patentanspruch 1 NK11 US 5,319,357 Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 425 640 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den Hilfsanträgen I bis VI, jeweils eingereicht mit den Schriftsätzen vom 19. Januar 2017, verteidigt wird.
Im Verlauf der mündlichen Verhandlung hat die Nebenintervenientin erklärt, dass die Hilfsanträge III und IV nicht mehr aufrechterhalten werden.
Wegen des Wortlauts der geltenden Hilfsanträge I, II, V und VI wird auf Anlagen der beiden Schriftsätze des Beklagten vom 19. Januar 2017 (Bl. 495 bis 522 und Bl. 620 bis 702 d. Akten) Bezug genommen, mit der Maßgabe, dass der Rückbezug in Anspruch 28 des Hilfsantrags I zutreffend auf Anspruch 3 lautet.
Der Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin in allen Punkten entgegen. Er hält die Lehre der Erfindung für ausführbar und auch patentfähig, da sie durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik am Prioritätstag weder neuheitsschädlich vorweggenommen sei noch nahegelegen habe. Soweit sich die Klägerin zur fehlenden Patentfähigkeit auf die Anlage NK5c berufe, gehöre diese nicht zum maßgeblichen Stand der Technik. Der Gegenstand nach dem Anspruch 6 sei zudem nicht unzulässig erweitert.
Zur Stützung ihres Vortrags zur Patentfähigkeit verweist der Beklagte auf folgende Präsentation:
Dr.-Ing. Dirk Lange: „Steuerungsintegrierte Überwachung in der industriellen Anwendung“, Präsentation eines Vortrages auf der Tagung mit dem Titel „Sichere Fertigung durch Prozessüberwachung“ vom 19. Oktober 2000.
Der Senat hat den Parteien mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 18. Oktober 2016 die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.
Entscheidungsgründe A.
Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich weiterhin gegen den im Zeitpunkt der Klageerhebung im Register eingetragenen Patentinhaber (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 Abs. 2 ZPO). Nachdem die Klägerin dem in der mündlichen Verhandlung beantragten Beklagtenwechsel nicht zugestimmt hat, ist die neue Patentinhaberin,
S… GmbH, dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 66, 265 Abs. 2 Satz 3 ZPO).
Die Klage hat auch Erfolg, da das Streitpatent wegen fehlender Patentfähigkeit für nichtig zu erklären ist (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a, Art. 52 - 57 EPÜ). Es kann mangels Patentfähigkeit auch in keiner der Fassungen nach den geltenden Hilfsanträgen I, II, V oder VI Bestand haben.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
1. Das in der Verfahrenssprache Deutsch abgefasste Streitpatent betrifft ein Überwachungssystem sowie ein Verfahren mit einem Überwachungssystem, welches standardmäßig zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen diene (vgl. Streitpatent Abs. [0001]).
Überwachungsbedürftig seien Komponenten von Werkzeugmaschinen, die einem Verschleiß unterliegen oder die aufgrund von Maschinenkollisionen, Maschinenüberlastungen oder unwuchtigen Werkzeugen bzw. Werkstücken Schaden nehmen könnten. Sie würden sich deshalb im Wesentlichen auf Vorschubschlitten, Werkzeug- und Werkstückspindeln, aber auch auf Aggregate zum weiteren Betrieb einer spanabhebenden Werkzeugmaschine beschränken (vgl. Streitpatent Abs. [0002]).
Zur Überwachung von Schwingungen an rotierenden Maschinen und Maschinenkomponenten seien mehrere Überwachungsgeräte bekannt, welche vorrangig für die Erkennung von Vibrationen und Unwuchten an Motoren und Getrieben, teilweise auch zur Erkennung von Unwuchten an Werkzeugmaschinenspindeln geeignet seien. Einige seien auch dazu geeignet, Lagerschäden aufgrund ihrer Vibrationsmessungen festzustellen (vgl. Streitpatent Abs. [0004]).
Zur Überprüfung von Lagerschäden sei es auch bekannt, Schwingungssensoren an den Spindelgehäusen in Lagernähe anzubringen und entsprechende Stecker an der Werkzeugmaschinenfront vorzusehen, um von Zeit zu Zeit mit Analysegeräten „offline“ die Signale auf Lagerschäden zu analysieren.
Aus der Druckschrift US 6,138,056 sei ein System und ein Verfahren zur Wartung und Reparatur einer CNC-Maschine bekannt, bei dem zur Überwachung der Maschinenachsen Laufweg- und Laufzeitendaten ermittelt werden, um den Wartungsund Reparaturzeitpunkt der Maschine zu ermitteln (vgl. Streitpatent Abs. [0006]).
Aus der EP 0 321 108 sei ein Überwachungssystem zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen zum Drehen, Bohren oder Fräsen mit dem Ziel bekannt, mindestens einen der Zustände Werkzeugbruch, Werkzeugausbruch, Werkzeugverschleiß, Werkzeug zu Werkstückkontakt, Rattern oder Maschinenkollisionen in Prozessen zu erkennen und insbesondere bei Werkzeugbruch oder Maschinenkollision die Maschinenantriebe schnellstmöglich stillzusetzen, um Folgeschäden zu vermeiden (vgl. Streitpatent, Abs. [0007]).
Aus der EP 0 762 248 A sei ein Verfahren bekannt, mit dem auf Basis von Messdaten von mindestens einem Vibrationssensor eine post-process Überprüfung stattfinde, um fehlerhafte Zustände an Werkzeugmaschinenkomponenten nachträglich zu charakterisieren (vgl. Streitpatent, Abs. [0009]).
Im Streitpatent ist als die zu lösende Aufgabe angegeben, ein Überwachungssystem und ein Verfahren zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen-Komponenten zu schaffen, die ohne nennenswerte Änderungen an der Hardware oder Software des Überwachungssystems Komponenten von Werkzeugmaschinen überwachen oder überprüfen können (vgl. Streitpatent, Abs. [0010]).
2. Zur Lösung dieser Aufgabe wird in der erteilten Fassung mit Patentanspruch 1 ein Überwachungssystem vorgeschlagen, das sich in folgende Merkmale gliedern lässt:
1. Überwachungssystem
1.1 zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen,
Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen zum Drehen, Bohren oder Fräsen
1.2 mit dem Ziel der Erkennung von mindestens einem der Zustände Werkzeugbruch, Werkzeugausbruch, Werkzeugverschleiß, Werkzeug-zu-Werkstückkontakt mit oder ohne Werkstückmaßkontrolle,
Maschinenkollisionen oder Prozessentartungen wie Rattern, werkzeug-, werkstück- oder schnittspezifische Überlast oder Unterlast,
1.3 bestehend aus
1.3.1 mindestens einem Sensor zur Erfassung von Messsignalen aus dem Bearbeitungsprozess,
1.3.1a die mindestens einer Kraftrichtung, einer Kraftresultierenden, einem Druck, einem Drehmoment, einer Motorleistung , einem Motorstrom, einer Schwingung, einer Beschleunigung, einem Körperschallgeräusch oder einer Abstandsänderung zwischen zwei Maschinenbauteilen gleichzusetzen sind,
1.3.2 mindestens einer Überwachungshardware mit Software zur Speicherung und zum Vergleich von Überwachungsdaten in werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten,
1.3.2a die von der Maschinensteuerung durch das NC- und/oder SPS- Programm über eine Schnittstelle vorgegebenen werden und
1.3.2b in denen ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen durch Überwachungs- und Auswertestrategien erfolgt,
1.3.2c derart, dass bei Messsignalen, die die Überwachungsschwellen verletzen, eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung zur entsprechenden Reaktion der Maschine gegeben wird,
1.3.3 mindestens einer bidirektionalen Schnittstelle, vorzugsweise einer Feldbusschnittstelle, zwischen der Überwachungshardware und der Maschinensteuerung,
1.3.3a wobei die bidirektionale Schnittstelle einen Datenaustausch zwischen der Maschine und dem Überwachungssystem vornimmt und
1.3.3b insbesondere dazu geeignet ist, die werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitte, in Form von Datenworten als unterschiedliche Nummern oder Befehle, vorzugsweise als Werkzeugcode, Werkzeugkorrektur- oder Platznummern, Schnittcode, H- oder M-Befehle, aus dem NC- bzw. SPS-Programm an das Überwachungssystem zwecks Aufteilung der Überwachung in verschiedene Überwachungsabschnitte zu leiten,
1.3.4 und vorzugsweise einer Bedienungshardware mit Software zur Bedienung und/oder Parametrierung des Überwachungssystems und/oder zur Visualisierung der Messsignale, dadurch gekennzeichnet, dass das Überwachungssystem
1.4.1 in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegeben werden,
1.4.2 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft.
Anspruch 6 lautet nach Merkmalen gegliedert wie folgt:
6. Verfahren 6.a zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen- Komponenten mit einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 5 in dem
6.1 6.1a
6.2 6.2a 6.2b
6.2c 6.3 6.3b Messsignale aus dem Bearbeitungsprozess von mindestens einem Sensor erfasst werden,
die Messsignale mindestens einer Kraftrichtung, einer Kraftresultierenden, einem Druck, einem Drehmoment, einer Motorleistung , einem Motorstrom, einer Schwingung, einer Beschleunigung, einem Körperschallgeräusch oder einer Abstandsänderung zwischen zwei Maschinenbauteilen gleichzusetzen sind, Überwachungsdaten in werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten von mindestens einer Überwachungshardware mit Software gespeichert und verglichen werden, wobei die Überwachungsabschnitte von der Maschinensteuerung durch das NC- und/oder SPS-Programm über eine Schnittstelle vorgegebenen werden und wobei in den Überwachungsabschnitten ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen durch Überwachungs- und Auswertestrategien erfolgt, derart, dass bei Messsignalen, die die Überwachungsschwellen verletzen, eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung zur entsprechenden Reaktion der Maschine gegeben wird, ein Datenaustauschzwischen der Maschine und dem Überwachungssystem über eine bidirektionalen Schnittstellevorgenommen wird wobei die Werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitte in Form von Datenworten als unterschiedliche Nummern oder Befehle, vorzugsweise als Werkzeugcode, Werkzeugkorrektur- oder Platznummern, Schnittcode oder H- oder M-Befehle , aus dem NC- bzw. SPS-Programm an das Überwachungssystem zwecks Aufteilung der Überwachung in verschiedene Überwachungsabschnitte geleitet, dadurch gekennzeichnet, dass
6.4.1 6.4.2 in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegebenen [sic!], fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkannt, überwacht oder zielgerichtet überprüft werden.
3. Das Streitpatent wendet sich an einen Diplom-Ingenieur oder einen Ingenieur mit Master-Abschluss im Fachbereich Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich der Entwicklung von Überwachungssystemen für industrielle Fertigungsmaschinen, z. B. Werkzeugmaschinen.
4. Zur Auslegung der Anspruchsmerkmale nach erteilter Fassung Patentanspruch 1 betrifft ein Überwachungssystem, das zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen geeignet ist (Merkmale 1 und 1.1). Es soll weiter dazu geeignet sein, um mindestens einen der in Merkmal 1.2 genannten Zustände (Werkzeugbruch, Werkzeugausbruch, Werkzeugverschleiß, Werkzeugzu-Werkstückkontakt mit oder ohne Werkstückmaßkontrolle, Maschinenkollisionen oder Prozessentartungen wie Rattern, werkzeug-, werkstück- oder schnittspezifische Überlast oder Unterlast) zu erkennen.
Räumlich-körperlich besteht das Überwachungssystem aus:
- zumindest einem Sensor zur Erfassung von Messsignalen aus dem Bearbeitungsprozess (Merkmal 1.3.1),
- mindestens einer Überwachungshardware mit Software (Merkmal 1.3.2),
- mindestens einer bidirektionalen Schnittstelle zwischen der Überwachungshardware und der Maschinensteuerung (Merkmal 1.3.3).
Optional („vorzugsweise“) ist eine Bedienungshardware mit Software vorhanden, die zur Bedienung und/oder Parametrierung des Überwachungssystems und/oder zur Visualisierung der Messsignale geeignet ist (Merkmal 1.3.4).
Die in Merkmal 1.3.2a erwähnte Maschinensteuerung ist insofern nicht Teil des Überwachungssystems als sie als eine außerhalb der Überwachungshardware angeordnete Komponente lediglich Überwachungsdaten der durch das NCund/oder SPS-Programm vorgegebenen Überwachungsabschnitte über die bidirektionale Schnittstelle zur Verfügung stellt.
Die von dem zumindest einen Sensor erfassten Messsignale gehen aus dem Bearbeitungsprozess hervor und entsprechen einer der in Merkmal 1.3.1a genannten Größen.
Die (ggfs. mehrfach vorkommende („mindestens eine…“)) Überwachungshardware ist zur Speicherung und zum Vergleich von Überwachungsdaten geeignet, wobei sich aus dem Zusammenhang ergibt, dass die Überwachungsdaten aus den Messsignalen des Sensors bzw. der Sensoren während des Bearbeitungsprozesses gewonnen werden (Merkmal 1.3.2).
Die mindestens eine Schnittstelle zwischen der Maschinensteuerung und der Überwachungshardware ist bidirektional ausgebildet, d. h. sie ist dazu geeignet, dass Daten sowohl von der Werkzeugmaschine an die Überwachungshardware als auch in die umgekehrte Richtung geschickt werden können (Merkmale 1.3.3, 1.3.3a), was beispielsweise standardmäßig mit einer Feldbusschnittstelle realisiert werden kann.
Unter den Überwachungsabschnitten versteht der Fachmann der patentgemäßen Lehre folgend bestimmte zeitliche Abschnitte, die von einer Maschinensteuerung über eine Schnittstelle vorgegeben werden (Merkmal 1.3.2a). Innerhalb dieser Überwachungsabschnitte (Zeitabschnitte) erfolgt ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von dem mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen mittels bekannter Überwachungs- und Auswertestrategien (vgl. Streitpatent Abs. [0015]); Merkmal 1.3.2b). Sollte ein Messsignal die Überwachungsschwelle verletzen, so wird eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung gegeben, die darauf entsprechend reagiert (Merkmal 1.3.2c). Zum Beispiel kann ein Überschreiten eines Schwellwerts einen Werkzeugbruch indizieren und die Maschine stillsetzen (vgl. Streitpatent, Abs. [0007], [0008]).
Mit dem Überwachungssystem werden zudem fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkannt, überwacht oder zielgerichtet überprüft (Merkmal 1.4.2), und zwar in „anderen Überwachungsabschnitten“, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet (Merkmal 1.4.1). Bei diesen „anderen Überwachungsabschnitten“ handelt es sich gemäß Streitpatent beispielsweise um die Hochlaufphase oder das Runterlaufen der Spindel während des Durchlaufens des normalen NC-Programms zur Bearbeitung des Werkstückes (vgl. Streitpatent, Patentanspruch 26: „[…] beim jeweiligen Hochlaufen der Spindel vor dem Bearbeitungsprozess […]“ und Patentanspruch 27: „[…] Überprüfung auch beim Runterlaufen der Spindel […]“). Auch ein Leerlauf, d. h. ein Bewegen der Vorschubschlitten über ihre gesamten Fahrbereiche oder ein Durchführen des normalen NC-Programms, ohne dass ein Werkstück in die Maschine eingelegt ist, ist nicht Teil des Bearbeitungsprozesses (vgl. Ansprüche 7 bis 9) und zählt somit zu den „anderen Überwachungsabschnitten“ gemäß Merkmal 1.4.1. Aus fachmännischer Sicht wird mithin während eines „Bearbeitungsprozesses“ das Werkstück mit dem Werkzeug bearbeitet. Bei einem gemäß Streitpatent zu überwachenden Prozess (vgl. Merkmal 1.1, „[…] zur prozessbegleitenden Überwachung […] “) handelt es sich somit um die Aneinanderreihung der Schritte Hochlaufen einer Spindel, Bearbeitungsprozess und abschließendes Runterlaufen der Spindel. Folglich kann es sich bei den „anderen Überwachungsabschnitten“ gemäß Merkmal 1.4.1 um alle Zeitabschnitte während eines Prozesses handeln, bei denen das Werkstück nicht mit dem Werkzeug bearbeitet wird.
Der Meinung des Beklagten, dass unter den „anderen Überwachungsabschnitten“ nicht prozessbegleitende Zeitabschnitte zu verstehen seien, die auch nicht parallel zu den Überwachungsabschnitten nach Merkmal 1.3.2 stattfinden, kann sich der Senat auf Grund der eindeutigen, prozessbezogenen Definition gemäß dem er- teilten Patentanspruch 26 nicht anschließen (vgl. Streitpatent, PA 26, Unterstreichungen hinzugefügt, „[…] die Maschinensteuerung zur Überprüfung von Werkzeug- oder Werkstückspindeln auf Schäden bzw. verschleiß das normale NC-Programm zur Bearbeitung dieses Werkstückes durchfährt, jedoch jeweils einen spezifischen Überwachungsabschnitt zur Überwachung der Werkzeug- oder Werkstückspindeln auf Schäden bzw. Verschleiß beim jeweiligen Hochlaufen der Spindel vor dem Bearbeitungsprozess mit dem jeweiligen Werkzeug oder Werkstück auf die jeweilige SoIIdrehzahl zusätzlich zu den normalen Überwachungszyklen zur Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen an das Überwachungssystem leitet […]“). Somit können die Werkzeug- und die Maschinenüberwachung – im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten – auch parallel ausgeführt werden („zusätzlich zu den normalen Überwachungszyklen“). Entscheidend ist, dass das Werkstück zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Werkzeug bearbeitet wird, respektive das Werkzeug mit dem Werkstück nicht in Eingriff steht.
Auch der Rückbezug auf den erteilten Patentanspruch 17, wonach „die Spindeln in die zu überprüfenden Drehzahlbereiche gesteuert werden, vorzugsweise diese über ihren gesamten Drehzahlbereich rauf- und runterfährt, ohne dabei einen Bearbeitungsprozess auszuführen“ ändert nichts an dieser Sichtweise, da auch dieser Überwachungsabschnitt außerhalb des patentgemäßen Bearbeitungsprozesses liegt, d. h. das Werkstück nicht bearbeitet wird.
Unter fehlerhaften Zuständen an Komponenten von Werkzeugmaschinen gemäß Merkmal 1.4.2 versteht das Streitpatent beispielsweise Fehler bei einem Vorschubschlitten, einer Spindel oder Aggregaten zum weiteren Betrieb einer Werkzeugmaschine oder eine Unwucht an Bohr- oder Fräswerkzeugen (vgl. Streitpatent Abs. [0002], „Sie beschränken sich deshalb im Wesentlichen auf Vorschubschlitten, Werkzeug- und Werkstückspindeln, aber auch auf Aggregate zum weiteren Betrieb einer spanabhebenden Werkzeugmaschine“; Abs. [0012], „[…] wie zum Beispiel Schäden bzw. Verschleiß an den Vorschubschlitten, an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln bzw. die Unwucht an Werkzeug- oder Werkstückspindeln bzw. an Bohr- oder Fräswerkzeugen […]“; Anspruch 29, „ […] dadurch gekennzeichnet, dass zur Überprüfung von unzulässiger Unwucht an Werkzeugoder Werkstückspindeln bzw. von unzulässiger Unwucht an Bohr- oder Fräswerkzeugen […]“ Unterstreichungen jeweils hinzugefügt).
Woher die Messsignale zur Erkennung von fehlerhaften Zuständen an Komponenten von Werkzeugmaschinen gemäß Merkmal 1.4.2 kommen, lässt der Patentanspruch1 offen, sie können von den Sensoren gemäß Merkmal 1.3.1 oder von zusätzlichen Sensoren geliefert werden (vgl. Streitpatent, Abs. [0017] und [0018]).
Die Merkmale des Patentanspruchs 6 versteht der Fachmann in analoger Weise.
II. Zum Nichtigkeitsgrund fehlender Patentfähigkeit
1. Zur erteilten Fassung
1.1. Die aufgrund der Ausführungen unter Ziff. I.4 dem Fachmann deutlich und vollständig offenbarte technische Lehre nach den Ansprüchen 1 und 6 des Streitpatents ist gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift NK5c nicht neu.
Bei der Druckschrift NK5c handelt es sich um eine Firmenschrift der A… GmbH aus dem Jahr 2005 (vgl. Druckvermerk auf letzter Seite), deren Vorveröffentlichung seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten wurde.
Diese Druckschrift NK5c beschreibt die allgemeine Funktionalität der CTM Systeme der Firma A… GmbH. Die eigentliche Überwachung des Prozesses leistet dabei die dort genannte CTM Karte, welche direkt in einen Bedienrechner der Maschinensteuerung eingesetzt werden kann. Die Verbindung mit der Maschinensteuerung und der Sensorik wird über zwei Busstecker hergestellt (vgl. NK5c, S. 2, li. Sp.).
An die CTM Karte können verschiedene Sensoren angeschlossen werden (vgl. NK5c, S. 2, Figur, „Die CTM-Karte“; „ARTIS-Sensorbus“). Jede Sensorik verfügt dabei über einen Messumformer (vgl. NK5c, S. 6, li. Sp.). Die Messumformer ent- halten Signalverstärker und vorverarbeitende Funktionsgruppen und wandeln die analogen Messsignale in digitale Daten um. Mit hoher Übertragungsrate werden diese dann über den seriellen ARTIS-Sensorbus ASB zur CTM-Karte gesandt, wo sie in Echtzeit verarbeitet und ausgewertet werden (vgl. NK5c, S. 6 re. Sp., „Intelligente Messumformer“). Die CTM Karte weist des Weiteren einen Anschluss für eine bidirektionale Schnittstelle („Profibus DP“) mit der Maschinensteuerung auf (vgl. NK5, Figur auf S. 2). Mittels dieser CTM Karte werden Bruch, Verschleiß und Fehlen des Werkzeugs sicher erkannt (vgl. NK5c, S. 7, mittlere Spalte, dies entspricht der „Werkzeugüberwachung“ gemäß Streitpatent). Zudem kann durch Überwachung der Schwinggeschwindigkeit am Spindelgehäuse ein „unwuchtes Werkzeug“ oder ein sich anbahnender Maschinenschaden, beispielsweise am Wälzlager der Hauptspindel, erkannt werden (vgl. NK5c, S. 12, re. Sp.). Das Überwachungssystem ist damit zur prozessbegleitenden Werkzeug- und auch zur prozessbegleitenden Maschinenüberwachung geeignet, wobei gemäß der Lehre der Druckschrift NK5c sowohl für die Maschinen- als auch für die Werkzeugüberwachung ein und dieselbe Hardware verwendet wird (vgl. NK5c, S. 1, re. oben, „CTM Karte integriert in: PC […]“); S. 1, li. Sp.).
In Bezug auf den erteilten Patentanspruch 1 geht aus der Druckschrift NK5c hervor:
1. Überwachungssystem (vgl. S. 1, li. Sp., „Prozessüberwachungssysteme“)
1.1 zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugen, Werkstücken oder Bearbeitungsprozessen in spanabhebenden Werkzeugmaschinen zum Drehen, Bohren oder Fräsen (vgl. S. 7, mittlere Sp., „Bruch, Verschleiß und Fehlen des Werkzeugs werden sicher erkannt“, Figurenbeschriftung auf S.7 oben, „…bei einer Drehbearbeitung“)
1.2 mit dem Ziel der Erkennung von mindestens einem der Zustände Werkzeugbruch, Werkzeugausbruch, Werkzeugverschleiß, Werkzeug-zuWerkstückkontakt mit oder ohne Werkstückmaßkontrolle, Maschinen- kollisionen oder Prozessentartungen wie Rattern, werkzeug-, werkstück- oder schnittspezifische Überlast oder Unterlast, (vgl. S. 7, mittlere Sp., „Bruch […] des Werkzeugs“)
1.3 1.3.1 bestehend aus mindestens einem Sensor zur Erfassung von Messsignalen aus dem Bearbeitungsprozess, (vgl. S. 1, re. Sp., „Alle bewährten ARTIS Sensortechniken stehen Ihnen zur Verfügung: Wirkleistung, Kraft, Drehmoment, Körperschall und DTA.“)
1.3.1a die mindestens einer Kraftrichtung, einer Kraftresultierenden, einem Druck, einem Drehmoment, einer Motorleistung , einem Motorstrom, einer Schwingung, einer Beschleunigung, einem Körperschallgeräusch oder einer Abstandsänderung zwischen zwei Maschinenbauteilen gleichzusetzen sind, (vgl. S. 1, re. Sp., „Alle bewährten ARTIS Sensortechniken stehen Ihnen zur Verfügung: Wirkleistung, Kraft, Drehmoment, Körperschall und DTA.“; vgl. S. 6, li. Sp. „Für das System CTM haben wir die Sensoriken zusammengestellt, die sich in der Überwachung spanender Bearbeitung besonders bewährt haben: Wirkleistung, Kraft, Drehmoment und Körperschall.“)
1.3.2 mindestens einer Überwachungshardware mit Software zur Speicherung und zum Vergleich von Überwachungsdaten in werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten, (vgl. S. 1, li. Sp., „PC-Einsteckkarte“; S. 2, li. Sp., „Die eigentliche Überwachung des Prozesses leistet die CTM-Karte.“; S. 2, re. Sp., „Als besonderes Plus befindet sich auf der CTM-Karte ein großer, schocksicherer Flashdiskspeicher. Schon die kleinste Speichergröße ist in der Lage, alle Messdaten einer Schicht zu speichern […]“.
1.3.2a die von der Maschinensteuerung durch das NC- und/oder SPS-Programm über eine Schnittstelle vorgegebenen werden
(vgl. S. 3, Figuren. Es werden die Messdaten mit vorgegeben Daten verglichen; S. 11, li. Sp., „Diese Signale werden dem CTM System von der Maschinensteuerung über den Profibus DP zugeleitet.“)
1.3.2b in denen ein Vergleich der Messsignale oder Messsignalkurven von mindestens einem Sensor mit gespeicherten Überwachungsschwellen durch Überwachungs- und Auswertestrategien erfolgt, (vgl. S. 3 und S. 5, Figuren)
1.3.2c derart, dass bei Messsignalen, die die Überwachungsschwellen verletzen, eine entsprechende Meldung an die Maschinensteuerung zur entsprechenden Reaktion der Maschine gegeben wird, (vgl. S 7, mittlere Sp., „Bruch, Verschleiß […] werden sicher erkannt und Folgeschäden durch Auffahren werden durch rechtzeitige Notabschaltung verhindert“. Bei einer Notabschaltung liest der Fachmann zwanglos mit, dass hierfür eine Meldung an die Maschinensteuerung erforderlich ist.)
1.3.3 mindestens einer bidirektionalen Schnittstelle, vorzugsweise einer Feldbusschnittstelle, zwischen der Überwachungshardware und der Maschinensteuerung, (vgl. S. 2, Figur: Die Steckkarte ist über einen Profi-Bus zur Verbindung mit der Maschinensteuerung ausgestattet („Profibus DP“). Ein Profibus ist aus fachmännischer Sicht bidirektional; vgl. S. 2, li. Sp.: „Die CTM-Karte wird in den Bedienrechner der Maschinensteuerung eingesteckt und die Verbindung mit der Maschinensteuerung und der Sensorik durch zwei Busstecker hergestellt.“ Somit ist die CTM-Karte über (genau) eine bidirektionalen Schnittstelle mit der Maschinensteuerung verbunden.)
1.3.3a wobei die bidirektionale Schnittstelle einen Datenaustausch zwischen der Maschine und dem Überwachungssystem vornimmt (Einerseits kann das CTM Überwachungssystem eine Notabschaltung der Maschine vornehmen, vgl. S. 7, letzter Absatz, andererseits werden dem CTM System auch Signale von der Maschinensteuerung zugeleitet, vgl. S. 11, li. Sp. erster Absatz).
und
1.3.3b insbesondere dazu geeignet ist, die werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitte, in Form von Datenworten als unterschiedliche Nummern oder Befehle, vorzugsweise als Werkzeugcode, Werkzeugkorrektur- oder Platznummern, Schnittcode, H- oder M-Befehle, aus dem NC- bzw. SPS-Programm an das Überwachungssystem zwecks Aufteilung der Überwachung in verschiedene Überwachungsabschnitte zu leiten, (vgl. S. 11, li. Sp.: „Es analysiert die in der Maschinensteuerung vorliegenden Drehmomentsignale der Spindeln und der Achsantriebe. Diese Signale werden dem CTM-System von der Maschinensteuerung über den Profibus DP zugeleitet.“)
1.3.4 und vorzugsweise einer Bedienungshardware mit Software zur Bedienung und/oder Parametrierung des Überwachungssystems und/oder zur Visualisierung der Messsignale, (vgl. Seite 2, li. Sp.: „Bedienrechner“ vgl. S. 3 bis 5, Beschreibung der Bedienungs - und Visualisierungssoftware CTM-VISU)
dadurch gekennzeichnet, dass das Überwachungssystem
1.4.1 in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegeben werden, (gemäß S. 12, re. Sp., erster Absatz erfolgt die Fehlererkennung „während des Anlaufs“; Da der Spindelanlauf gemäß streitpatentgemäßer Lehre zu den „anderen Überwachungsabschnitten“ zählt (siehe auch Ziff. I.4), ist das Merkmal 1.4.1 aus NK5c bekannt)
1.4.2 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft. (vgl. S. 12: re. Sp.: „Ein unwuchtes Werkzeug wird an einer zu hohen Schwinggeschwindigkeit während des Anlaufs erkannt und über einen Alarm gemeldet“ (Unterstreichungen hinzugefügt). Der Spindelanlauf gehört gemäß Streitpatent zu den „anderen Überwachungsabschnitten“ (Merkmal 1.4.1) und ein unwuchtes Werkzeug zu den fehlerhaften Zuständen an Komponenten von Werkzeugmaschine (Merkmal 1.4.2).
Somit geht aus der Druckschrift NK5c ein Überwachungssystem mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 hervor.
Soweit der Bevollmächtigte des Beklagten ausgeführt hat, das Hochlaufen der Spindel sei Teil des Bearbeitungsprozesses und würde daher nicht zu den beanspruchten „anderen Üerwachungsabschnitten“ zählen, widerspricht diese Auffassung dem streitpatentgemäßen Verständnis des Fachmanns von „Bearbeitungsprozess“ (siehe Ausführungen in Ziff. I.4). Mit dem gleichen Verständnis liest der Fachmann die NK5c, so dass auch das dort erwähnte Anlaufen [der Spindel] nicht Teil des Bearbeitungsprozesses ist und für die Messwerterfassung genutzt wird Der nebengeordnete Patentanspruch 6 beansprucht ein Verfahren zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen-Komponenten, bei dem die in Patentanspruch 1 angegebenen Wirkungsangaben der Vorrichtung in Verfahrensmerkmale umformuliert sind. Zu diesen Merkmalen gelten die Ausführungen zu Patentanspruch 1 entsprechend. Demnach gehen alle Verfahrensschritte aus der Druckschrift NK5c hervor.
Im Ergebnis ist das Streitpatent daher mangels Neuheit in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
1.2 Damit erübrigen sich an dieser Stelle weitere Ausführungen zur von der Klägerin geltend gemachten unzulässigen Erweiterung des Patentanspruchs 6 gegenüber der ursprünglich eingereichten Fassung.
1.3 Die weiteren Patentansprüche des Hauptantrags bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben hat, dass sie die erteilte Fassung als geschlossenen Anspruchssatz versteht und das Streitpatent in der Reihenfolge erteilte Fassung und Hilfsanträge I, II, V und VI verteidigt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, BGHZ173, 47 - Informationsvermittlungsverfahren II; Beschluss vom 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG, Urteil vom 29. April 2008 - 3 Ni 48/06 (EU), BPatGE 51, 45 - Ionenaustauschverfahren).
2. Zu den hilfsweise verteidigten Anspruchsfassungen
2.1 Hilfsantrag I:
a) Unterschied zur erteilten Fassung Die erteilten Ansprüche 1 und 6 sind gemäß Hilfsantrag I jeweils auf drei nebengeordnete Ansprüche aufgespalten, wobei jeweils das Merkmal 1.4.2 (und 6.4.2) der erteilten Fassung eingeschränkt und jeweils zusätzlich erteilte, abhängige Ansprüche aufgenommen wurden.
aa) Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag I setzt sich aus den erteilten Patentansprüchen 1 und 7 zusammen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durchgestrichen bzw. unterstrichen):
Merkmale [1.] bis [1.4.1] unverändert
1.4.2HAI_PA1 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft, wobei
7. die Maschinensteuerung in der Zeit, in der sie den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Vorschubschlitten an das Überwachungssystem vorgibt, auch den oder die Vorschubschlitten über die zu überprüfenden Verfahrbereiche, vorzugsweise über die gesamten Verfahrbereiche, bewegt, ohne dabei einen Bearbeitungsprozess auszuführen, und sie diese Bewegungen über einen NC-Unterprogrammteil ausführen kann, der zusammen mit dem Datenwort für den Überwachungsabschnitt aufgerufen wird.
bb) Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag I setzt sich aus den erteilten Patentansprüchen 1, 16 und 17 zusammen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durchgestrichen bzw. unterstrichen):
Merkmale [1.] bis [1.4.1] unverändert
1.4.2HAI_PA2 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft,
16. dass zur Überwachung von Schäden bzw. Verschleiß an Werkzeug- oder Werkstückspindeln, vorrangig an deren Lagern, sowie zur Überprüfung von unzulässiger Unwucht an Werkzeug- oder Werkstückspindeln diese über Körperschallsensoren zur Erfassung des Laufgeräusches bzw. über Schwingungssensoren zur Erfassung von Spindelschwingungen bzw. über Abstandssensoren zur Erfassung von Verlagerungen zwischen zwei Spindelbauteilen, bevorzugt von Rotor und Stator zueinander bzw. über Temperatursensoren zur Erfassung verlustleistungsbedingter Temperaturerhöhungen jeweils im unmittelbaren Bereich der Lagerungen bzw. über Strom- oder Leistungssensoren am Werkzeug- oder Werkstückspindelmotor, auch durch Auslesen der Messwerte der vorhandenen Stromsensoren an den Spindelan- trieben aus der Maschinensteuerung über die bidirektionale Schnittstelle zur Erfassung verlustleistungsbedingter Strom- oder Leistungserhöhungen verfügen,
17. dass die Maschinensteuerung in der Zeit in der sie den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Werkzeug- oder Werkstückspindeln an das Überwachungssystem vorgibt, auch die Spindeln in die zu überprüfenden Drehzahlbereiche steuert, vorzugsweise diese über ihren gesamten Drehzahlbereich rauf- und runterfährt, ohne dabei einen Bearbeitungsprozess auszuführen und sie das Ansteuern der Spindeln über einen NC-Unterprogrammteil ausführen kann, der zusammen mit dem Datenwort für den Überwachungsabschnitt aufgerufen wird.
cc) Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag I setzt sich aus den erteilten Patentansprüchen 1, 39 und 40 zusammen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durchgestrichen bzw. unterstrichen):
Merkmale [1.] bis [1.4.1] unverändert
1.4.2HAI_PA3 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft,
39. dass zur Überwachung von Schäden oder Verschleiß an sonstigen motorbetriebenen Vorrichtungen der Maschine, wie Hydraulikaggregat, Kühlschmiermittelpumpe, Antrieb der Schutztür etc., im folgenden Aggregate genannt, Messsignale von Strom- oder Leistungssensoren an den Antriebsmotoren bzw. für eine Überwachung von Geräuschen oder Schwingungen an den Aggregaten Geräusche und Schwingungen an einen oder mehrere Körperschallsensoren und/oder Schwingungssensoren erfasst werden,
40. dass die Maschinensteuerung in der Zeit in der sie den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Aggregaten an das Überwachungssystem vorgibt, auch die entsprechenden Aggregate über die zu überprüfenden Leistungsbereiche, vorzugsweise über die gesamten Leistungsbereiche betreibt bzw. hin und her bewegt ohne dabei einen Bearbeitungsprozess auszuführen und sie diese Bewegungen über einen NC-Unterprogrammteil ausführen kann, dass zusammen mit dem Datenwort für den Überwachungsabschnitt aufgerufen wird.
dd) Die nebengeordneten Verfahrensansprüche 7, 16 und 28 nach Hilfsantrag I sind entsprechend angepasst.
b) Gegen die Zulässigkeit dieser Fassung hat der Senat keine Bedenken.
Die Aufspaltung in mehrere nebengeordnete Vorrichtungsansprüche ist zulässig, da diese jeweils eine Beschränkung des erteilten Gegenstands darstellen. Zudem muss die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (sowieso) auf Grund der Rückbeziehung des erteilten Anspruchs 6 auf Anspruch 1 dazu geeignet sein, die Verfahren entsprechend der erteilten Verfahrensansprüche auszuführen. Somit schränkt die Aufnahme der Verfahrensmerkmale auch den Gegenstand der Vorrichtungsansprüche ein.
c) Die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 bis 3 nach Hilfsantrag I beruhen auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geht der Senat von der Druckschrift NK5c aus, welche ein System sowohl zur Werkzeug- als auch zur Maschinenüberwachung mit den Merkmalen 1 bis 1.3.4 und 1.4.1 offenbart. Zur Offenbarung wird auf die Ausführungen zur erteilten Fassung (siehe oben, Gliederungspunkpunkt 4.) verwiesen wird.
Von diesem Stand der Technik unterscheiden sich die nunmehr in den Patentansprüchen 1 bis 3 nach Hilfsantrag 1 beanspruchten Gegenstände dadurch, dass bei der Maschinenüberwachung – statt, wie aus der NK5c bekannt, eines un- wuchten Werkstücks als fehlerhaften Zustand an Komponenten von Werkzeugmaschinen – Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten (Patentanspruch 1, Merkmal 1.4.2HAI_PA1), Schäden oder Verschleiß an Werkzeug- oder Werkstückspindeln (Patentanspruch 2, Merkmal 1.4.2HAI_PA2) bzw. fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen wie Schäden oder Verschleiß an sonstigen motorbetriebenen Vorrichtungen der Maschine (Patentanspruch 3, Merkmal 1.4.2HAI_PA33 und Merkmal 39teilw) erkannt, überwacht oder zielgerichtet überprüft werden.
In der Druckschrift NK5c wird bereits ausgeführt, dass neben einem unwuchten Werkzeug durch regelmäßige, vergleichende Messungen der Schwinggeschwindigkeit eines für diese Messungen bestimmten Masterwerkzeuges mit dem aktuellen Schwinggeschwindigkeitswert auch sich anbahnende Maschinenschäden – z. B. am Wälzlager der Hauptspindel – erkannt werden können (vgl. NK5c, S. 12, letzter Absatz). Damit wird der Fachmann durch die NK5c angeregt, nach Lösungen zu suchen, wie mittels des in der Druckschrift NK5c beschriebenen Überwachungssystems weitere Arten von Maschinenschäden erkannt werden können.
Dabei wird er die Druckschrift NK9 („EP 0 762 248 A1“) berücksichtigen, die sich mit dem Problem der Charakterisierung einer Werkzeugmaschine einschließlich der Maschinenstruktur, des Werkzeugs, der Befestigung, des Werkstücks und der Betriebsumgebung auseinandersetzt (vgl. NK9, Titel, Sp. 2, Z. 18 bis 23, „The present invention provides a complete characterisation of an industrial machine tool including the machine structure, tooling, fixturing, workpiece, and operating environment under transient and steady state conditions both with and without machining loads.“).
Dem Einwand der Beklagten, wonach ein Fachmann diese Druckschrift nicht in Erwägung ziehen würde, da sie sich lediglich mit der Charakterisierung einer Maschine unter Laborbedingungen und nicht im laufenden Betrieb befasse, kann sich der Senat nicht anschließen. Zwar wird in der Druckschrift NK9 beschrieben, dass eine Spindel zusätzlich separat von der Maschine in einem Labortest – ohne Werkstückbearbeitung – überwacht werden kann (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 10 bis 13), jedoch ist in der Druckschrift NK9 explizit erwähnt, dass die beschriebene Vorge- hensweise auch mit einer an der Maschine angebrachten Spindel durchgeführt werden kann (vgl. Sp. 5, Z. 13 bis 15) und zudem auch dazu verwendet werden kann, um die Ursache von verschiedenen Anomalien in bestehenden Maschinen zu erkennen (vgl. NK9, Sp. 2, Z. 25 bis 27, „The present invention may also be used to identify the root cause of various anomalies in existing machinery.“). Eine komplette Maschinenüberwachung beinhaltet auch eine Überwachung während einer Werkstückbearbeitung, mithin im normalen Anwendungsbetrieb einer Werkzeugmaschine (vgl. Sp. 5, Z. 24 bis 26, „Complete machine characterisation also includes vibrations monitoring while a workpiece is being machined.“), wobei die Überwachung auch fortlaufend durchgeführt wird (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 16 bis 17, „Transient conditions are charaderised by a significant variation as a function of time.“).
Um Maschinenschäden zu detektieren, lehrt die NK9 dem Fachmann eine gezielte Anordnung von Beschleunigungs- und Schwingungssensoren an verschiedenen Komponenten der Werkzeugmaschine, um Informationen über Spindellager, Schlitten, Werkstücke, Befestigungen, Maschinenstruktur, Spindelmotoren und Pumpen zu erhalten (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 52 bis 54; Sp. 6, Z. 27 bis 30, Fig. 2 in Verbindung mit Sp. 10, Z. 7 bis 12, „As illustrated, preferably measurements are taken at multiple positions on the various machine components such as machine base 52, slide 54, spindle 56, tool 58, workpiece 60 and clamping fixture 62 so as to characterise the vibrations associated with interaction of the various components.“). Die entsprechende Signalauswertung kann dazu verwendet werden, um Unwucht, Fehlausrichtung, mechanische Lockerheit, Gangdefekte, Lagerdefekte, Rattern, unzureichende Befestigung, Werkzeugprobleme und strukturelle Probleme, unter anderem operative Anomalien, zu erkennen (vgl. NK9, Sp. 9, Z. 22 bis 26, „Signal interpretetion may be utilised to detect imbalance, misalignment, mechanical looseness, gear defects, bearing defects, chatter, inadequate fixturing, tooling problems, structural problems, among other operating anomalies“). Mithin entnimmt der Fachmann der Druckschrift NK9 die Anregung, das aus der NK5c bekannte Überwachungssystem für Werkzeugmaschinen derart weiterzubilden, dass auch die Erkennung von Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 9, „slide 54“; Merkmal 1.4.2HAI_PA1), Schäden oder Verschleiß an Werkzeug- oder Werkstückspindeln (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 10, „spindle 56“; Merkmal 1.4.2HAI_PA2) und fehlerhaften Zuständen an Komponenten von Werkzeugmaschinen (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 11 bis 12, „vibrations associated with interaction of the various components“; Merkmal 1.4.2HAI_PA3) ermöglicht wird. Die aus der Druckschrift NK5c bekannte Überwachungseinheit ist auch bestimmungsgemäß dazu vorbereitet, da sie die Möglichkeit bietet, an die CTM Karte eine Vielzahl von Sensoren über entsprechende Adapter anzuschließen und auszuwerten (vgl. NK5c, S. 6, rechte Spalte, letzter Absatz, „Mit der Überwachung von Wirkleistung, Kraft, Drehmoment und Körperschall ist aber bei weitem nicht die Grenze des CTM-Systems erreicht. Durch einen Sensor-Adapter können andere kontinuierlich messende Sensoren wie beispielsweise für Druck oder Temperatur eingesetzt werden.“).
Weiter geht aus der Druckschrift NK9 hervor, diese Maschinenüberwachungen in einem Leerlaufzyklus, in dem „Luft“ geschnitten wird, durchzuführen, d. h. ohne dass ein Bearbeitungsprozess im Sinne des Streitpatents durchgeführt wird (vgl. NK9, Sp. 4, Z. 49, „under idle conditions (i.e. when cutting air)“; Sp. 4, Z. 58 bis Sp. 5, Z. 2 bis 6, „Monitoring of an idle cyde of a machine refers to the condition when the machine executes the entire machine cycle, but actual machining of the workpiece is not performed. Characterisation of machines under idle conditions is performed to monitor vibrations due to positioning of various components, such as slides, and to capture the general vibrational characteristics of the machine structure without the cutting action.“; Unterstreichungen hinzugefügt). Aus fachmännischer Sicht können so Maschinenkomponenten vollständig überprüft werden, ohne dass störende Signale aus dem Bearbeitungsprozess das Prüfergebnis beeinflussen (vgl. NK9, Sp. 5, Z. 27 bis 34; Sp. 10, Z. 13 bis 19).
Damit entnimmt der Fachmann der Druckschrift NK9 auch die Anregung, dass die Maschinensteuerung in der Zeit, in der sie den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Vorschubschlitten (Patentanspruch 1), zur Überprüfung von Werkzeug- oder Werkstückspindeln (Patentanspruch 2) und zur Überprüfung von Aggregaten (Patentanspruch 3) an das Überwachungssystem vorgibt, auch den oder die Vorschubschlitten über die zu überprüfenden Verfahrbereiche bewegt, die Spindeln in die zu überprüfenden Drehzahlbereiche steuert bzw. die entsprechenden Aggregate über die zu überprüfenden Leistungsbereiche betreibt, ohne dabei einen Bearbeitungsprozess auszuführen (Merkmal 7teilw, Merkmal 17teilw, Merkmal 40teilw). Diese Bewegungen über einen NC-Unterprogrammteil auszuführen, der zusammen mit dem Datenwort für den Überwachungsabschnitt aufgerufen wird, ergibt sich für den Fachmann von selbst, da bereits in der NK5c alle Bewegungen über ein NC-Programm durchgeführt werden (Merkmal 7Rest ,Merkmal 17Rest, Merkmal 40Rest).
Eine erfinderische Tätigkeit kann dies somit nicht begründen.
Sensoren, die zu einer Überwachung der unterschiedlichen Maschinenkomponenten eingesetzt werden können, sind dem Fachmann bereits allgemein bekannt. So gehen aus der Druckschrift NK5c verschiedene Sensoren zur Maschinenüberwachung hervor, z. B. Körperschallsensoren (vgl. NK5c, S. 6, linke Spalte), Schwingungssensoren, die am Spindelgehäuse angebracht sein können (vgl. NK5c, S. 12, rechts oben), Temperatursensoren (vgl. NK5c, S. 6, rechte Spalte, letzter Absatz) und Leistungssensoren (vgl. NK5c, S. 6, linke Spalte), die zur Auswertung der von einem Spindelmotor aufgenommenen Wirkleistung dienen können (NK5C, S. 7, linke Spalte). Die Druckschrift NK9 offenbart eine Anordnung von Beschleunigungssensoren (NK9, Sp. 5, Z. 52 bis 54), z. B. an Spindellagern oder Spindelmotor (NK9, Sp. 6, Z. 27 bis 30) und eine Anordnung von „Schwingungssensoren“ z. B. an der Spindel (NK9, Sp. 10, Z. 4 bis 12).
Es liegt daher im Bereich des fachmännischen Handelns, zur Überwachung von Schäden bzw. Verschleiß an Werkzeug- oder Werkstückspindeln sowie zur Überprüfung von unzulässiger Unwucht an Werkzeug- oder Werkstückspindeln (Merkmal 16 aus Patentanspruch 2) oder zur Überwachung von Schäden oder Verschleiß an sonstigen motorbetriebenen Vorrichtungen der Maschine (Merkmal 40 aus Patentanspruch 3), diese Elemente mit einem der an sich bekannten Sensoren auszustatten.
Somit gelangt der Fachmann ausgehend von der Druckschrift NK5c unter Berücksichtigung der Druckschrift NK9 in nahe liegender Weise zu den Gegenständen der Patentansprüche 1, 2 und 3 nach Hilfsantrag I.
d) Die nebengeordneten Patentansprüche 7, 16 und 28 nach Hilfsantrag I beanspruchen ein Verfahren zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen-Komponenten, bei denen die in den Patentansprüchen 1 bis 3 angegeben Wirkungsangaben der Vorrichtung lediglich in Verfahrensmerkmale umformuliert sind. Zu diesen Merkmalen gelten die Ausführungen zu den Patentansprüchen 1 bis 3 nach Hilfsantrag I entsprechend. Demnach beruhen auch diese Gegenstände gegenüber der Druckschrift NK5c und der Druckschrift NK9 auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
Im Ergebnis ist das Streitpatent auch in der Fassung nach Hilfsantrag I nicht patentfähig.
2.2 Hilfsantrag II:
a) Unterschied zur Fassung nach Hilfsantrag I aa) Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag II enthält gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag I das zusätzliche Merkmal aus dem erteilten Patentanspruch 8:
8. wobei die Maschinensteuerung den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Vorschubschlitten dann ausführt, wenn sich kein Werkstück in der Maschine befindet, so dass ohne Kollisionsgefahr und ohne Bearbeitungsprozess die gesamten Verfahrbereiche bewegt bzw. hin und her bewegt werden können.
bb) Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag II enthält gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag I die zusätzlichen Merkmale aus den erteilten Patentansprüchen 18 und 19:
18. wobei die Maschinensteuerung den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Werkzeugspindeln dann ausführt, wenn sich kein Werkzeug in der Maschine befindet, so dass die Messsignale nicht durch das Werkzeug verfälscht werden können oder
19. wenn sich kein Werkstück in der Maschine befindet und das Werkstückfutter identisch positioniert ist, so dass die Messsignale nicht durch das Werkstück oder das Werkstückfutter verfälscht werden können.
cc) Patentanspruch 3 nach Hilfsantrag II enthält gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag I das zusätzliche Merkmal aus dem erteilten Patentanspruch 41:
41. wobei die Maschinensteuerung den Überwachungsabschnitt zur Überprüfung von Aggregaten dann ausführt, wenn sich kein Werkstück in der Maschine befindet, so dass ohne Kollisionsgefahr und ohne Bearbeitungsprozess die Aggregate in ihrem gesamten Leistungsbereiche betrieben bzw. hin und her bewegt werden können.
dd) Die nebengeordneten Verfahrensansprüche 7, 15 und 25 nach Hilfsantrag II sind gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag I entsprechend angepasst.
b) Gegen die Zulässigkeit dieser Fassung hat der Senat keine Bedenken. Es gelten die Ausführungen oben unter II., Ziffer 2.1b) zu Hilfsantrag I entsprechend.
c) Auch die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 bis 3 nach Hilfsantrag II beruhen ausgehend von der NK5c unter Berücksichtigung der Druckschrift NK9 auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
Bezüglich der unveränderten Merkmale wir auf die Ausführungen zu Hilfsantrag I verwiesen.
Die in den Patentansprüchen 1 bzw. 3 eingefügten Merkmale 8, 18 bzw. 41 bilden die Gegenstände aus Hilfsantrag I dahingehend fort, dass der Vorschubschlitten, bzw. die sonstigen Aggregate dann überprüft werden, wenn sich kein Werkstück in der Maschine befindet. So kann der Vorschubschlitten über den gesamten Verfahrbereich bewegt werden (Patentanspruch 1 bzw. 2) bzw. die Aggregate in ihrem gesamten Leistungsbereiche betrieben bzw. hin und her bewegt werden (Patentanspruch 3), ohne dass Kollisionsgefahr besteht oder ein Bearbeitungsprozess ausgeführt wird.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass dieses Merkmal die Gegenstände der Patentansprüche 1 bzw. 3 aus Hilfsantrag I weiter einschränkt (zweifellos sind die aus Hilfsantrag I nahe gelegten Gegenstände dazu geeignet, einen Prozesszyklus auszuführen, ohne dass sich ein Werkstück in der Maschine befindet), so kann dies eine Patentfähigkeit nicht begründen. Die NK9 offenbart explizit, dass beim Überwachen im Leerlaufzyklus („idle cycle“) der gesamte Verfahrbereich verwendet wird („the machine executes the entire machine cycle“), und zwar ohne Bearbeitungsprozess bzw. Kollisionsgefahr (“machining of the workpiece is not performed“; vgl. NK9, Sp. 4, Z. 58 bis NK9, Sp. 5, Z. 1 bis 2). Aus der Bezeichnung dieses Verfahrens als „cutting air“ (vgl. Sp. 4, Z. 49, „under idle conditions (i.e. when cutting air“)) ergibt sich zudem, dass dies ohne eingelegtes Werkstück erfolgt. Andernfalls würde ja gerade nicht „Luft“ geschnitten („cutting air“), sondern das Werkstück. Somit gehen die zusätzlichen Merkmale 8 bzw. 41 ebenfalls aus der Druckschrift NK9 hervor.
Bei dem Merkmal 18 aus Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag II handelt es sich um eine Trivialität, denn wenn gemäß der Druckschrift NK9 das Signal für die Werkzeugspindel gemessen und ausgewertet werden soll, ohne dass dieses durch ein Störsignal des Werkzeugs gestört bzw. verfälscht wird, so ist es eine nahe liegende Möglichkeit bzw. es drängt sich geradezu auf, das Werkzeug einfach zu entfernen. Dass das Werkstückfutter dabei identisch positioniert wird, damit dadurch die Signale nicht verfälscht werden (Merkmal 19), drängt sich den Fachmann ebenfalls auf. Damit können die Merkmale 18 und 19 eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen. Es wird hierzu zudem auf die Ausführungen zu den Merkmalen 8 bzw. 41 zu den Patentansprüchen 1 bzw. 3 nach Hilfsantrag II verwiesen.
Die Gegenstände aus den Patentansprüchen 1 bis 3 nach Hilfsantrag II gehen somit in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik, ausgehend von der Druckschrift NK5c in Verbindung mit der Druckschrift NK9, hervor.
d) Die nebengeordneten Patentansprüche 7, 15 und 25 nach Hilfsantrag II beanspruchen Verfahren zur prozessbegleitenden Überwachung von Werkzeugmaschinen-Komponenten, bei denen die in den Patentansprüchen 1 bis 3 angegebenen Wirkungsangaben der Vorrichtung in Verfahrensmerkmale umformuliert sind. Zu diesen Merkmalen gelten die Ausführungen zu den Patentansprüchen 1 bis 3 nach Hilfsantrag II entsprechend. Demnach beruhen auch diese Gegenstände gegenüber der Druckschrift NK5c und der Druckschrift NK9 auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
Im Ergebnis ist das Streitpatent auch in der Fassung nach Hilfsantrag II nicht patentfähig.
2.3. Hilfsanträge V und VI:
Die Hilfsanträge V und VI gehen von der erteilten Fassung aus. Im Unterschied hierzu beanspruchen diese in Patentanspruch 1 und 6 jedoch nur eine Überwachungseinheit (HAV) bzw. eine bidirektionale Schnittstelle (HAVI). Die entsprechend geänderten Merkmale in Patentanspruch 1 lauten (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durchgestrichen bzw. unterstrichen):
1.3.2HAV mindestens einer Überwachungshardware mit Software zur Speicherung und zum Vergleich von Überwachungsdaten in werkzeug- oder schnittspezifischen Überwachungsabschnitten,
1.3.3HAVI mindestens einer bidirektionalen Schnittstelle, vorzugsweise einer Feldbusschnittstelle, zwischen der Überwachungshardware und der Maschinensteuerung,
1.4.1 mit ein und derselben Überwachungshardware (Hilfsantrag V) und mit ein und derselben bidirektionalen Schnittstelle (Hilfsantrag VI) in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Be- arbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegeben werden,
1.4.2 fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft.
a) Unstrittig handelt es sich jeweils um eine Beschränkung des Schutzbereichs und sind diese Änderungen in den ursprünglichen Unterlagen offenbart (vgl. ursprüngliche Unterlagen, NK1a (WO 03/023327 A2), Patentanspruch 1, vgl. S. 3, letzter Absatz). Folglich bestehen gegen die Zulässigkeit dieser Fassungen keine Bedenken.
b) Diese technische Lehre nach den Ansprüchen 1 und 6 nach den Hilfsanträgen V und VI ist gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift NK5c nicht neu.
Zu den gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Merkmalen wird auf die Ausführungen zur erteilten Fassung oben unter Ziff. I.4. verwiesen.
Nach der Lehre der Druckschrift NK5c wird sowohl für die Maschinen- (z.B. unwuchtes Werkzeug) als auch für die Werkzeugüberwachung (z. B. Bohrerbruch) ein und dieselbe Hardware (CTM Karte) verwendet (vgl. NK5c, S. 1, re. oben, „CTM Karte integriert in: PC […]“); S. 1, li. Sp.), an die verschiedene Sensoren über einen Messumformer (vgl. NK5c, S. 6, li. Sp.) und den Sensorbus an die CTM Karte angeschlossen sind (vgl. NK5c, S. 2, Figur, „Die CTM-Karte“; „ARTISSensorbus“). Die Messumformer enthalten Signalverstärker und vorverarbeitende Funktionsgruppen und wandeln die analogen Messsignale in digitale Daten um, die mit hoher Übertragungsrate dann über den seriellen ARTIS-Sensorbus ASB zur CTM-Karte gesandt werden. In der CTM Karte werden diese Daten in Echtzeit verarbeitet und ausgewertet (vgl. NK5c, S. 6 re. Sp., „Intelligente Messumformer“; vgl. S. 5, Auswertediagramme). Die CTM Karte weist zudem einen Anschluss für
(genau) eine bidirektionale Schnittstelle („Profibus“) zwischen der CTM Karte und der Maschinensteuerung auf (vgl. NK5, Figur auf S. 2).
Mithin lehrt auch die Druckschrift NK5c ein Überwachungssystem mit einer Überwachungshardware (CTM-Karte) und mit einer bidirektionalen Schnittstelle (Profibus) (Merkmale 1.3.2HAV und 1.3.2HAVI), wobei das Überwachungssystem mit ein und derselben Überwachungshardware (Hilfsantrag V) und mit ein und derselben bidirektionalen Schnittstelle (Hilfsantrag VI) in anderen Überwachungsabschnitten, die zu Zeiten, in denen kein Bearbeitungsprozess stattfindet, von der Maschinensteuerung vorgegeben werden (Merkmal 1.4.1HAV/VI), fehlerhafte Zustände an Komponenten von Werkzeugmaschinen, vorzugsweise Schäden oder Verschleiß an den Vorschubschlitten oder an den Werkzeug- oder Werkstückspindeln erkennt, überwacht oder zielgerichtet überprüft (Merkmal 1.4.2).
Soweit der Beklagte zur Auslegung der Offenbarung der Druckschrift NK5c auf die von ihm eingereichte Präsentation „Steuerungsintegrierte Überwachung in der industriellen Anwendung“ vom 19.10.2000 bzw. auf die Druckschrift NK5d verweist, wonach aus seiner Sicht der Messwandler VG4 ein zusätzliches Modul darstelle, welches eine Kollisionsüberwachung ermögliche und dort eine eigene Schnittstelle zur Maschinensteuerung realisiert wäre (vgl. NK5d, S. 2), so ändert dies nichts an der Sichtweise des Senats. Diese Druckschriften ändern den Offenbarungsgehalt der Druckschrift NK5c nicht.
Diese Ausführungen gelten für den nebengeordneten Patentanspruch 6 nach den Hilfsanträgen V und VI gleichermaßen.
2.4 Im Ergebnis kann das Streitpatent daher in keiner der hilfsweise verteidigten Fassungen Bestand haben.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Soweit die Kosten der Nebenintervention betroffen sind, findet § 101 Abs. 1 ZPO Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011, X ZR 109/08 - Sensoranordnung, veröffentlicht in GRUR 2012, 149ff:).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
C.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung, durch einen Rechts- oder Patentanwalt als Bevollmächtigten schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
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