7 Ni 16/16 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT IM NAMEN DES VOLKES Ni 16/16 (EP) (Aktenzeichen)
URTEIL Verkündet am 15. März 2018
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In der Patentnichtigkeitssache …
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
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betreffend das europäische Patent 2 167 740 (DE 50 2008 012 205)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Küest, der Richterin Dr. Schnurr sowie der Richter Dipl.-Ing. Dr. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 167 740 wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass a) Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:
1. Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung mit mindestens einem Verbraucher an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang mit an dem Strang anschließbaren Ein- und Auslassöffnungen, einer dazwischenliegenden Einfädelöffnung für die Ringleitung, der in Strömungsrichtung eine Querschnittsverengung vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung einen niedrigeren Druck erzeugt, einer der Querschnittsverengung in Strömungsrichtung ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 vorgelagerten Ausfädelöffnung zum Ausfädeln einer Ringströmung in die Ringleitung und mit Mitteln zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung, wobei die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung eine Vergrößerung der Durchtrittsfläche aufgrund der wirkenden Druckdifferenz bewirken.
b) die Patentansprüche 2 bis 17 bei unverändertem Wortlaut auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 zurückbezogen sind.
c) Patentanspruch 18 folgende Fassung erhält:
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang an dem mehrere Ringleitungen über Ausfädel- und Einfädelöffnungen angeschlossen sind, wobei die Ringleitungen jeweils mindestens einen Verbraucher aufweisen, und einer zwischen den Ausfädel- und Einfädelöffnungen der zugeordneten Ringleitung im Strang vorgesehenen Querschnittsverengung, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der jeweiligen Einfädelöffnung einen niedrigeren Druck erzeugt, und mit Mitteln zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung, wobei die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung eine ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
-4Vergrößerung der Durchtrittsfläche aufgrund der wirkenden Druckdifferenz bewirken.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das in deutscher Verfahrenssprache mit der Bezeichnung „Anschlussarmatur und Wasserleitungsanlage“ u. a. für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 2 167 740, das auf die internationale Anmeldung PCT/EP2008/005677 vom 11. Juli 2008 (veröffentlicht als Druckschrift WO 2009/007127 A1, nachfolgend: WO-Schrift) zurückgeht und die Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 20 2007 009 832 vom 12. Juli 2007 in Anspruch nimmt. Im Deutschen Patent- und Markenamt wird das Patent unter dem Aktenzeichen 50 2008 012 205.2 geführt. Das Streitpatent umfasst in seiner erteilten Fassung 18 Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Auf Anspruch 1, der eine Anschlussarmatur unter Schutz stellt, sind die Ansprüche 2 bis 17 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen. Anspruch 18 schützt als nebengeordneter Anspruch eine Wasserleitungsanlage.
Die Patentansprüche 1 und 18 haben folgenden Wortlaut:
1. Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung mit mindestens einem Verbraucher an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang mit an dem Strang anschließbaren Ein- und Auslassöffnungen, einer dazwischenliegenden Einfädelöff- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 nung (34) für die Ringleitung, der in Strömungsrichtung (S) eine Querschnittsverengung (V) vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung (34) einen niedrigeren Druck erzeugt, gekennzeichnet durch, Mittel (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V).
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerksbzw. Steigrohrstrang an dem mehrere Ringleitungen über Ausfädel- und Einfädelöffnungen (34) angeschlossen sind, und einer zwischen den Ausfädel- und Einfädelöffnungen der zugeordneten Ringleitung im Strang vorgesehenen Querschnittsverengung (V) welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der jeweiligen Einfädelöffnung (34) einen niedrigeren Druck erzeugt, gekennzeichnet durch, Mittel (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V).
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 17 wird auf die Streitpatentschrift EP 2 167 740 B1 (= Anlage A1) Bezug genommen.
Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der unzureichenden Offenbarung und der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) bis c), Art. 54, 56 EPÜ) geltend.
Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit bezieht die Klägerin auf das kennzeichnende Merkmal des erteilten Patentanspruchs 1, wonach bei der Anschlussarmatur Mittel zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsver- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 engung vorhanden sind. Der Fachmann erfahre bei der Lektüre der Streitpatentschrift nicht, wie diese Mittel auszusehen hätten. Auch bestehe ein Widerspruch zwischen den Merkmalen des Anspruchs 1 und dem Ausführungsbeispiel.
Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung wird damit begründet, dass der erteilte Anspruch 1 eine der Einfädelöffnung in Strömungsrichtung vorgelagerte Querschnittsverengung verlange, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung einen niedrigeren Druck erzeuge, während im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 lediglich von einer Querschnittsverengung die Rede sei. Von einem Venturi-Effekt sei in den Anmeldungsunterlagen nur im Zusammenhang mit dem Stand der Technik und dort wiederum nur in Verbindung mit einer Venturi-Düse die Rede.
Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit stützt die Klägerin auf folgende Publikationen:
D1 US-Patentschrift 5,622,203 A D2 deutsche Offenlegungsschrift 198 03 901 A1 D3 deutsche Gebrauchsmusterschrift 296 22 519 U1 D4 deutsche Offenlegungsschrift 39 19 074 A1 D5 internationale Patentanmeldung WO 02/103123 A2 D6 japanische Patentschrift 58-137678 A E1 US-Patentschrift 6,443,609 B2 E2 GB-Patentanmeldung 2 413 623 A E3 GB-Patentanmeldung 2 316 474 A E4 US-Patentschrift 6,993,979 B2 E5 deutsche Patentschrift 728 154 E6 deutsche Offenlegungsschrift 26 05 994 A1 E7 US-Patentschrift 5,518,022 A E8 GB-Patentschrift 1 486 689 ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 E9 E10a E10b E11 E12 E13 E14 E15 E16 E17 E18 US-Patentschrift 4,595,344 internationale Patentanmeldung WO 2009/060285 A1 EPA-Veröffentlichungsnummer EP 2 217 764 A0 zu E10a europäische Patentanmeldung 1 845 207 A1 deutsche Offenlegungsschrift 10 2006 017 807 A1 US-Patentschrift 7,221,281 B1 US-Patentschrift 4,936,289 US-Patentanmeldung 2007/0152355 A1 US-Patentschrift 2,065,789 GB-Patentschrift 1 354 691 japanische Patentanmeldung 2000-192520 A (englischsprachiger Abstract) mit deutscher Übersetzung E18‘ und englischer Übersetzung NIB29 Hierbei geht die Klägerin davon aus, dass das Streitpatent die Priorität des deutschen Gebrauchsmusters 20 2007 009 832 nicht wirksam in Anspruch nehmen könne, weil auch dort nicht offenbart sei, dass die Querschnittsverengung den niedrigen Druck durch den Venturi-Effekt erzeuge.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber A8, E1, E2, E3, E4, E10a, E10b, E11 und E12. Außerdem sei er dem Fachmann am Anmeldetag nahegelegt gewesen.
Des Weiteren beruft sich die Klägerin auf eine durch sie selbst herbeigeführte offenkundige Vorbenutzung und legt diesbezüglich eine Reihe von Unterlagen vor, u. a:
B1 Produktkatalog JRG Rückflussverhinderer, Seiten 234 -237 B8 Technische Zeichnung des Rückschlagventils 1640 ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
-9Außerdem benennt die Klägerin ihren Verkaufsleiter, Herrn S…, als Zeugen.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Die Merkmale der Unteransprüche ergeben sich der Klägerin zufolge für den Fachmann direkt oder in naheliegender Weise aus den Entgegenhaltungen.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 2 167 740 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage insgesamt abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Patentansprüche 1 und 18 in der Fassung der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 21 sowie gegen die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten, auf die jeweils geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 17 richtet,
weiter hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Patentanspruch 1 in der Fassung der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 22 bis 43 richtet (Hilfsantrag 1 eingereicht mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2017, die übrigen Hilfsanträge eingereicht mit Schriftsatz vom 19. Januar 2018).
Weiter hilfsweise macht die Beklagte einen eigenständigen patentfähigen Gehalt der erteilten Patentansprüche 3 und 9 bis 16 geltend.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 In den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 4 lauten die Patentansprüche 1 und 18 wie folgt:
Hilfsantrag 1
(Änderungen gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht)
1. Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung mit mindestens einem Verbraucher an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang mit an dem Strang anschließbaren Ein- und Auslassöffnungen, einer dazwischenliegenden Einfädelöffnung (34) für die Ringleitung, der in Strömungsrichtung (S) eine Querschnittsverengung (V) vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung (34) einen niedrigeren Druck erzeugt, einer der Querschnittsverengung (16) in Strömungsrichtung (S) vorgelagerten Ausfädelöffnung (36) zum Ausfädeln einer Ringströmung (R) in die Ringleitung, gekennzeichnet durch, und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V).
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerksbzw. Steigrohrstrang an dem mehrere Ringleitungen über Ausfädel- und Einfädelöffnungen (34) angeschlossen sind, wobei die Ringleitungen jeweils mindestens einen Verbraucher aufweisen, und einer zwischen den Ausfädel- und Einfädelöffnungen der zugeordneten Ringleitung im Strang vorgesehenen Querschnittsverengung (V), welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der jeweiligen Einfädelöffnung (34) einen niedrigeren Druck erzeugt, und mit gekennzeichnet durch, Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V).
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 12 ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Hilfsantrag 2
(Hinzufügung zum Anspruchswortlaut gemäß Hilfsantrag 1 durch Unterstreichung kenntlich gemacht)
1. Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V) in Abhängigkeit von dem Volumenstrom im Strang.
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerksbzw. Steigrohrstrang (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V) in Abhängigkeit von dem Volumenstrom im Strang.
Hilfsantrag 3
(Hinzufügung zum Anspruchswortlaut gemäß Hilfsantrag 1 durch Unterstreichung kenntlich gemacht)
1. Anschlussarmatur (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V), wobei die Mittel eine Veränderung der Durchtrittsfläche aufgrund der über die Querschnittsverengung (V) wirkenden Druckdifferenz bewirken.
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerksbzw. Steigrohrstrang (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V), wobei die Mittel eine Veränderung der Durchtrittsfläche aufgrund der über die Querschnittsverengung (V) wirkenden Druckdifferenz bewirken.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Hilfsantrag 4
(Hinzufügung zum Anspruchswortlaut gemäß Hilfsantrag 1 durch Unterstreichung kenntlich gemacht)
1. Anschlussarmatur (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V), wobei die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung (V) eine Vergrößerung der Durchtrittsfläche aufgrund der wirkenden Druckdifferenz bewirken.
18. Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerksbzw. Steigrohrstrang (…) und mit Mitteln (12, 28) zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (V), wobei die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung (V) eine Vergrößerung der Durchtrittsfläche aufgrund der wirkenden Druckdifferenz bewirken.
Gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 folgen dem Patentanspruch 1 in der jeweiligen Fassung die Unteransprüche 2 bis 17 mit ihrem gegenüber der erteilten Fassung unveränderten Wortlaut.
Wegen der Patentansprüche in der Fassung der Hilfsanträge 5 bis 43 wird auf Bl. 391 bis 418 der Gerichtsakte verwiesen.
Die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Ausführbarkeit und der unzulässigen Erweiterung liegen nach Meinung der Beklagten nicht vor; insbesondere sei der Venturi-Effekt auch der ursprünglichen Anmeldung - und ebenso der Prioritätsanmeldung - zu entnehmen. Auch seien die von dem Streitpatent geschützten Gegenstände neu und erfinderisch; dies gelte zumindest nach Maßgabe der Hilfsanträge.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Die Klägerin hält die Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen für unzulässig, weil die dort zusätzlich aufgenommenen Merkmale ursprünglich nicht ausreichend offenbart seien. Im Übrigen sei Patentanspruch 1 auch in der Fassung der Hilfsanträge nicht bestandsfähig.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 25. September 2017 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Die Nichtigkeitsgründe der unzureichenden Offenbarung und der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) und c) EPÜ) liegen nicht vor. Wegen der auf mangelnde Patentfähigkeit gestützten Angriffe (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54, 56 EPÜ) hat das Streitpatent in seiner erteilten Fassung und in den von der Beklagten mit Hilfsanträgen 1 bis 3 vorgelegten Fassungen keinen Bestand, jedoch in der Fassung gemäß Hilfsantrag 4.
I.
1. Ausgangspunkt der vorliegenden Erfindung sind nach ihrer Beschreibung in der Streitpatentschrift (Absatz [0001]) Anschlussarmaturen zum Anschließen einer Ringleitung mit mindestens einem Verbraucher an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang mit an den Strang anschließbaren Ein- und Auslassöffnungen und einer dazwischen liegenden Einfädelöffnung für die Ringleitung, der in StrömungsrichECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 16 tung eine Querschnittsverengung vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung einen niedrigen Druck erzeugt.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Im Bereich der Trinkwassertechnik sei es, insbesondere zur Vermeidung von Verkeimung in Trinkwasserleitungen, bekannt, eine Anschlussarmatur der vorstehend erwähnten Art vorzusehen, die einer Abzweigarmatur in Strömungsrichtung des Stranges nachgelagert sei. An der Abzweigarmatur werde eine Teilströmung des Stranges herausgeleitet und über eine Ringleitung zu einem oder mehreren Verbrauchern geführt. Die Ringleitung münde in der Einfädelöffnung der Anschlussarmatur. In Strömungsrichtung der Einfädelöffnung vorgelagert sei eine Querschnittsverengung, die nach Art einer Düse wirke und zwischen der Abzweigung und der Einfädelöffnung eine Druckdifferenz bewirke, durch welche bei einer Strömung in dem Strang auch in der Ringleitung eine Strömung erzeugt werde. Als Strang im Sinne der vorliegenden Erfindung solle jede Hauptleitung verstanden werden, unabhängig davon, ob diese sich innerhalb eines Stockwerkes erstrecke und innerhalb des Stockwerkes mehrere hintereinander angeordnete Nasszellen über jeweils eine Ringleitung mit Trink- bzw. Brauchwasser versorge, oder als Steigrohrstrang beispielsweise in mehreren Stockwerken übereinander liegende Nasszellen miteinander verbinde (Streitpatentschrift, Absatz [0002]).
Aus der Druckschrift DE 39 19 074 (D4) sei beispielsweise eine Anschlussarmatur der vorerwähnten Art als Teil eines Reinstwasserversorgungssystems bekannt. Bei dieser vorbekannten Anschlussarmatur werde die aus der Ringleitung in den Strang zurückgeführte Ringleitungsströmung mit einem Winkel von etwa 90 Grad zur Hauptströmungsrichtung in die Anschlussarmatur eingeleitet. Als Hauptströmungsrichtung werde diejenige Richtung verstanden, in der die Hauptströmung, d. h. die Strömung innerhalb des Stranges, verlaufe. Die bekannte Anschlussarmatur habe eine Querschnittsverengung, die nach Art einer Venturi-Düse wirke und im Bereich der Einfädelöffnung einen Druck bewirke, welcher niedriger als der Druck im Strang sei, so dass, bezogen auf eine der Querschnittsverengung in Strömungsrichtung vorgelagerte Stelle der Armatur, beispielsweise an der Einlassöffnung, ein Wirkdruckverlust auftrete (Streitpatentschrift, Absatz [0003]).
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Eine weitere Anschlussarmatur sei aus der Druckschrift US 5,622,203 (D1) bekannt. Die Anschlussarmatur bilde einen Teil eines Warmwasserzirkulationssystems aus und verbinde die Warmwasserzirkulationsleitung mit einem öffentlichen Trinkwasserversorgungsnetz. Mit der Anschlussarmatur werde gewährleistet, dass bei einer an das System angeschlossenen Zapfstelle unmittelbar Warmwasser zur Entnahme zur Verfügung stehe. Die Anschlussarmatur wirke nach Art einer Venturi-Düse, die eine in Strömungsrichtung einer durch einen Spalt realisierten Einfädelöffnung der Zirkulationsleitung vorgelagerte Querschnittsverengung und eine der Einfädelöffnung in Strömungsrichtung nachgelagerte Querschnittserweiterung umfasse. Durch den Venturi-Effekt werde im Bereich der Einfädelöffnung (des Spaltes) ein niedrigerer Druck erzeugt, womit ein Sog generiert werde, der das Wasser aus der Zirkulationsleitung über den Spalt in einem Winkel von annähernd 90° wieder in die Zirkulationsleitung strömen lasse, wobei das zirkulierende Wasser mit dem Trink- oder Brauchwasser aus der öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsnetzleitung vermischbar sei (Streitpatentschrift, Absatz [0004]).
Praktische Versuche hätten ergeben, dass insbesondere bei mehreren in Hauptströmungsrichtung hintereinander angeordneten Ringleitungen der strömungsdynamischen Auslegung besondere Beachtung geschenkt werden müsse. So habe nicht nur der Druckverlust innerhalb einer Ringleitung minimiert, sondern darüber hinaus auch der Druckverlust jeder einzelnen, in Hauptströmungsrichtung hintereinander angeordneten Anschlussarmatur aufeinander abgestimmt werden müssen, so dass der gewünschte Durchspülungseffekt der Ringleitungen sicher gewährleistet werden könne, um bei Wasserentnahme an einem Verbraucher eine Durchspülung sämtlicher Ringleitungen des Stranges zu bewirken. Dabei sei insbesondere darauf zu achten, dass die Druckdifferenz bei jeder einzelnen Anschlussarmatur möglichst gering werde, ohne dass die gewünschte Durchströmung der Ringleitung bei einer Strömung im Strang, beispielsweise durch Wasserentnahme an einer in Hauptströmungsrichtung dieser Ringleitung nachgeordneten Ringleitung, zum Erliegen komme (Streitpatentschrift, Absatz [0005]).
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Der Erfindung liege die Aufgabe zu Grunde, eine Anschlussarmatur der eingangs genannten Art anzugeben, die im Bereich der der Anschlussarmatur zugeordneten Ringleitung zu verbesserten Strömungsverhältnissen führe. Des Weiteren solle mit der vorliegenden Erfindung eine Wasserleitungsanlage mit wenigstens einem Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang, an dem mehrere Ringleitungen über Ausfädelund Einfädelöffnungen angeschlossen seien, und einer zwischen den Ausfädelund Einfädelöffnungen der zugeordneten Ringleitung im Strang vorgesehenen Querschnittsverengung angegeben werden, die in verbesserter Weise den praktischen Anforderungen gerecht werde (Streitpatentschrift, Absatz [0006]).
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch eine Anschlussarmatur gemäß Patentanspruch 1 und durch eine Wasserleitungsanlage gemäß Patentanspruch 18 gelöst werden. Die Merkmale des Anspruchs 1 in seiner erteilten Fassung können (entsprechend einem Vorschlag der Klägerin) wie folgt gegliedert werden:
1.1 Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung mit mindestens einem Verbraucher an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang mit
1.2 an dem Strang anschließbaren Ein- und Auslassöffnungen, 1.3 einer dazwischenliegenden Einfädelöffnung für die Ringleitung, 1.4 der in Strömungsrichtung eine Querschnittsverengung vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung einen niedrigeren Druck erzeugt, wobei 1.5 Mittel zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung vorhanden sind.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Diplom- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 ingenieur (TU oder FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und der Konstruktion von Rohrleitungsarmaturen für Anwendungen im Heizungs- und Sanitärbereich bzw. in der Gebäudetechnik. 4. Dieser Fachmann legt den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 folgendes Verständnis zu Grunde:
a) Entsprechend den Merkmalen 1.1 und 1.2 wird eine Armatur beansprucht, die Ein- und Auslassöffnungen zum Anschluss an einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang aufweist. Wie der Beschreibungseinleitung, insbesondere auch der Aufgabenstellung in der Streitpatentschrift entnommen werden kann, soll die Armatur die Strömungsverhältnisse in einer Wasserleitungsanlage verbessern, d. h. sie muss für den Einsatz in einer solchen Anlage geeignet sein. Offen bleibt hierbei, welchem Versorgungszweck die Wasserleitungsanlage dienen soll. Die Beschreibungseinleitung bezieht sich gleichermaßen auf vorbekannte Trinkwasser-, Reinstwasser- und Warmwassersysteme (Streitpatentschrift, Absätze [0002] bis [0004]), so dass davon auszugehen ist, dass die erfindungsgemäße Armatur für die verschiedensten Anlagen geeignet sein soll.
b) Zwischen den Ein- und Auslassöffnungen ist nach Merkmal 1.3 eine Einfädelöffnung zum Anschluss einer Ringleitung vorgesehen. Durch diese Öffnung in der Armatur soll ein (untergeordneter) Nebenstrom (wieder) in einen Hauptstrom eingebracht bzw. „eingefädelt“ werden. Auch wenn im erteilten Patentanspruch 1 nicht ausdrücklich davon die Rede ist, muss es - nachdem es sich um eine Ringleitung handelt - stromaufwärts eine weitere Stelle geben, an der der Nebenstrom aus dem Hauptstrom (d. h. dem Strang) „ausgefädelt“ worden ist. Somit wird ein Bauelement für eine Rohrleitung beansprucht, das zwischen der Einlassöffnung und der Auslassöffnung für den Hauptstrom eine Anschlussöffnung für die Rückführung eines zuvor abgezweigten Nebenstroms aufweist, wobei diese Öffnung geringer oder maximal gleich groß wie die Ein- oder Auslassöffnung dimensioniert ist.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 21 ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 c) Der Einfädelöffnung ist gemäß Merkmal 1.4 in Strömungsrichtung eine Querschnittsverengung vorgelagert. Diese Querschnittsverengung soll in einem Bereich der Einfädelöffnung durch den Venturi-Effekt einen niedrigeren Druck erzeugen. Unter dem Venturi-Effekt wird nach allgemeinem physikalischen Verständnis der Zusammenhang verstanden, wonach sich in einem sich verengenden Querschnitt die Strömungsgeschwindigkeit erhöht (í µí±‰í µí±‰Ì‡ = v ∙ A = konstant, wobei í µí±‰í µí±‰Ì‡ den Volumenstrom, v die Strömungsgeschwindigkeit und A die durchströmte Querschnittsfläche bezeichnet); hieraus ergibt sich in Verbindung mit dem Gesetz von Bernoulli ein niedrigerer statischer Druck (í µ2í¼Œí µí¼Œ v² + p = konstant, wobei í µí¼Œí µí¼Œ die Dichte, v die Strömungsgeschwindigkeit und p den (statischen) Druck bezeichnet). Bereits daraus folgt für den Fachmann, dass eine Querschnittsverengung - ausgehend von ihrem stromaufwärts gelegenen Beginn - auch im Bereich der Einfädelöffnung vorhanden sein muss, damit der gewünschte Effekt an dieser Stelle auftritt.
Dieses Verständnis ergibt sich auch aus der Beschreibung und den Zeichnungen der Streitpatentschrift. So nimmt die Beschreibungseinleitung (Absätze [0003], [0004]) Bezug auf die Druckschriften DE 39 19 074 (D4) und US 5,622,203 (D1) und die dort offenbarten Venturi-Düsen, die durch Querschnittsverengungen im Bereich der Einfädelöffnung charakterisiert sind (siehe insbesondere D4, Figur 2, Querschnittsverengung 40; D1, Figur 2, Venturi 46). Diese Verengungen bewirken jeweils einen niedrigeren Druck im Bereich der Einfädelöffnung, wodurch Fluid aus der Einfädelöffnung angesaugt wird (Streitpatentschrift, Spalte 1, Zeilen 44 bis 51; Spalte 2, Zeilen 7 bis 15).
Die streitpatentgemäße Erfindung macht sich diese als „Venturi-Effekt“ bezeichnete (Streitpatentschrift, Spalte 2, Zeilen 8 f.) Wirkung zunutze. Nach dem Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 1 bis 6 der Streitpatentschrift ist hierfür ein Einsatzteil 2 mit einem beweglichen Drosselelement 12 vorgesehen, das relativ zu einer im Bereich des Ringabschnitts 14 ausgebildeten Querschnittsverengung V angeordnet ist, und an der sich auch der engste Düsenquerschnitt befindet (StreitECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 patentschrift, Absatz [0025]). Der Fachmann entnimmt dem Ausführungsbeispiel weiter, dass sich die vorgelagerte Querschnittsverengung V in Strömungsrichtung fortsetzt, wobei im Bereich der Einfädelöffnung 28 der Strömungsquerschnitt weiterhin durch den Drosselkörper 12, den Ring 24 und die Stege 8 verengt ist.
Hinweise auf eine Ausführungsform, bei der - entsprechend der Argumentation der Beklagten - die gegenständliche Querschnittsverengung vollständig vorgelagert ist und die Ansaugung des Fluids durch strömungstechnische Effekte (etwa durch eine Strahlkontraktion im Nachlauf der Querschnittsverengung einer Blende) bewirkt wird, gehen aus der Streitpatentschrift nicht hervor. Vielmehr ist nach dem dortigen Ausführungsbeispiel das - dort eine ringförmige Einschnürung ausbildende - Einsatzteil bewusst auch im Bereich der Einfädelöffnung und nicht lediglich davor angeordnet (Streitpatentschrift, Absatz [0029]).
Eine bestimmte bauliche Ausgestaltung der Querschnittsverengung - etwa als klassische Düse oder als „Venturi-Rohr“ - gibt Merkmal 1.4 des Streitpatents nicht vor.
d) Das Merkmal 1.5 wird der Fachmann in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung (insbesondere Streitpatentschrift, Absätze [0008] und [0009]) so verstehen, dass die Querschnittsverengung in ihrem Verlauf eine Durchtrittsfläche im Sinne einer durchströmten Querschnittsfläche aufweist, wobei die Größe der durchströmten Fläche durch „Mittel“ veränderbar ist. Hierbei kann es sich um ein bewegliches Drosselelement handeln (siehe Streitpatentschrift, Figuren 4 bis 6, Bezugszeichen 12, 16, 18 und 28). Die Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung befindet sich dort zwischen den beiden Kegelflächen 16, 18 und kann in ihrer Größe durch eine axiale Verlagerung des Drosselelements 12 verändert werden.
Das Merkmal 1.5 ist darüber hinaus in Zusammenhang mit Merkmal 1.4 in der Weise zu sehen, dass die Durchtrittsfläche des der Einfädelöffnung vorgelagerten Abschnitts der Querschnittsverengung variiert werden soll, d. h. dass die variier- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 bare Durchtrittsfläche in dem verengten Bereich vor der Einfädelöffnung angeordnet ist. Für den Fachmann folgt diese Anordnung aus dem Grundgedanken des Streitpatents, wonach „mit der erfindungsgemäßen Ausgestaltung - abhängig von der Stellung eines die Querschnittsverengung variierenden Mittels - jede beliebige Strömungscharakteristik, insbesondere jede beliebige Strömungsteilung, d. h. die Verteilung auf Teilströme durch die Ringleitung einerseits und durch den Strang andererseits, erreicht werden soll“ (Streitpatentschrift, Spalte 3, Zeilen 3 bis 9). Hierfür ist es zwingend erforderlich, dass die Durchtrittsfläche, die durch Mittel variiert werden kann, in dem der Einfädelöffnung vorgelagerten Bereich angeordnet ist, weil nur unter dieser Voraussetzung der Widerstand im Strang und damit auch der Durchfluss durch die Ringleitung variiert werden kann. Bei einer Anordnung im Bereich der Einfädelöffnung würden zugleich beide Teilströme gedrosselt, wodurch die angestrebte Wirkung nicht erzielt werden könnte.
II.
Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit liegt nicht vor.
Diesen Nichtigkeitsgrund bezieht die Klägerin auf das Merkmal 1.5, wonach bei der beanspruchten Anschlussarmatur Mittel zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung vorhanden sind. Dem Fachmann sind derartige Mittel jedoch bekannt, zumal gemäß der Streitpatentschrift (Spalte 3, Zeilen 11 bis 13) jedes beliebige Mittel zum Variieren der Durchtrittsfläche denkbar ist. Davon abgesehen wird dem Fachmann anhand eines Ausführungsbeispiels in der Streitpatentschrift ein konkretes Mittel i. S. d. Merkmals 1.5 auch gelehrt. Widersprüche zwischen den Anspruchsmerkmalen (in deren Interpretation gemäß I.4) und den in der Streitpatentschrift beschriebenen Ausführungsbeispielen sind nicht erkennbar.
III.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Eine unzulässige Erweiterung liegt ebenfalls nicht vor. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das Merkmal 1.4, wonach der Einfädelöffnung in Strömungsrichtung eine Querschnittsverengung vorgelagert ist, welche durch den Venturi-Effekt in einem Bereich der Einfädelöffnung einen niedrigeren Druck erzeugt. Dieses Merkmal ist zwar erst im Erteilungsverfahren in den Patentanspruch 1 eingefügt worden. Jedoch konnte der Fachmann das damit zum Ausdruck gebrachte Wirkprinzip und die Bedeutung, die dem Begriff „Venturi-Effekt“ im Kontext der Anmeldung zukommen soll, bereits den - insoweit mit den Absätzen [0002] bis [0004] der Streitpatentschrift (s. o. I.4.c) übereinstimmenden - Unterlagen der ursprünglich eingereichten Anmeldung entnehmen (vgl. WO-Schrift, Seite 1, zweiter Absatz, bis Seite 2, erster Absatz). Dabei wird ausdrücklich offenbart, dass die „Querschnittsverengung nach Art einer Venturi-Düse wirken soll“, womit das allgemeine Wirkprinzip und keine konkrete bauliche Ausgestaltung zum Ausdruck gebracht wird (siehe WO-Schrift, Seite 1, letzter Satz).
IV.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents ist gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig.
1. Maßgeblich für diese Beurteilung ist der Stand der Technik am Tag der Anmeldung des deutschen Gebrauchsmusters 20 2007 009 832, d. h. der 12. Juli 2007, weil das Streitpatent dessen Priorität zu Recht in Anspruch nimmt. Auch aus der Gebrauchsmusterschrift geht das in Merkmal 1.4 des erteilten Patentanspruchs 1 zum Ausdruck gebrachte Prinzip klar hervor, insbesondere vor dem Hintergrund der dortigen - insoweit mit der Streitpatentschrift übereinstimmenden – Absätze [0002], [0003] der Beschreibungseinleitung mit der Bezugnahme auf die Druckschrift D4. Dass in der Gebrauchsmusterschrift - im Unterschied zur Streitpatentschrift und zu den Anmeldungsunterlagen zum Streitpatent die weitere Druckschrift D1 nicht referiert wird, ändert nichts an dieser Bewertung.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 26 2. Gegenüber der europäischen Patentanmeldung 1 845 207 A1 (E11) und der Prioritätsschrift zu dieser Anmeldung, der deutschen Offenlegungsschrift 10 2006 017 807 A1 (E12), ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht neu.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Diese Entgegenhaltungen, die als nachveröffentlichter Stand der Technik bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen sind (Art. 54 Abs. 3 EPÜ bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 1 PatG), zeigen jeweils in Figur 7 eine Anschlussarmatur zum Anschließen einer Ringleitung an einen Stockwerksstrang mit den Merkmalen 1.1 bis 1.3 (siehe auch Figuren 3 und 4, Bezugszeichen 2.1 bis 2.4, 10, 14 und 16, i. V. m. der Beschreibung, E11, Absatz [0030], bzw. E12, Absatz [0036]). Mit der Armatur soll, wie beim Streitpatent, ein Wasseraustausch dadurch stattfinden, dass „zwischen dem Abzweig und der Mündung einer jeden Ringleitung des Stranges eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche in der zugeordneten Ringleitung eine Spülströmung erzeugt wird“ (siehe E11, Spalte 8, Zeilen 37 bis 44; E12, Absätze [0020] und [0021]). Darüber hinaus ist für den Fachmann in Figur 7 ohne weiteres erkennbar, dass die Drossel 50 in der Gestalt eines Venturi-Rohres ausgebildet ist, so dass bei einer Durchströmung S der Drossel 50 an der Einfädelöffnung 16, der eine Querschnittsverengung vorgelagert ist, in bekannter Weise ein Unterdruck (insbesondere gegenüber der unverengten Stelle bei der Ausfädelung 14) erzeugt wird (Merkmal 1.4). Auch wenn in E11 bzw. E12 der Venturi-Effekt nicht ausdrücklich erwähnt ist und jeweils nur von einer Drossel gesprochen wird, so weist die offenbarte Ausgestaltung dennoch das Merkmal 1.4 auf, weil bei ihr der VenturiEffekt zwangsläufig auftreten muss.
In E11, Absatz [0036], und in E12, Absatz [0042], wird darüber hinaus als Alternative zu der Drossel mit fest vorgegebenem Düsenquerschnitt auch eine einstellbare Drossel, d. h. die Verwendung einer Drossel mit veränderbarer Durchtrittsfläche, genannt. Mit diesem Hinweis ist das Merkmal 1.5 - auch wenn dort keine konkrete Ausgestaltung der Einstellmittel beschrieben wird - für den Fachmann ausreichend offenbart und daher bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen (vgl. hierzu Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 3 Rn. 95). Schon lange vor dem Prioritätstag waren im Querschnitt einstellbare Drosseln als Standardelemente zur Einstellung von Volumenströmen in der Fluidtechnik allgemein gebräuchlich und somit dem Fachmann nach Funktion und Aufbau bekannt. Beispiele zeigen die britische Patentschrift 1 486 689 (E8, Figur 6, elastisches Element 26, mit Beschrei- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 bung Seite 2, Zeilen 15 bis 34), die US-Patentschrift 4,595,344 (E9, Figur 7, flexibler Ring 69, mit Beschreibung Spalte 6, Zeilen 59 bis 62) sowie die US-Patentschrift 4,936,289 (E14, Figur 2, Drosselventil 49, mit Beschreibung, Spalte 7, Zeilen 47 f.).
Somit werden durch E11 oder E12 sowohl sämtliche baulichen Merkmale als auch die Funktionalität des beanspruchten Streitgegenstandes vorweggenommen, da bei E11 oder E12 durch die einstellbare Drossel u. a. ein hydraulischer Abgleich zwischen einzelnen Ringleitungen ermöglicht wird (siehe E11, Spalte 13, Zeilen 42 ff., bzw. E12, Absatz [0042], letzter Satz). Letzteres besagt nämlich nichts anderes, als dass durch die einstellbare Drossel die Durchströmung der angeschlossenen Ringleitung bzw. die Strömungsaufteilung zwischen Ringleitung und Strang eingestellt werden kann.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 wird damit durch E11 oder E12 neuheitsschädlich vorweggenommen.
3. Demgegenüber gehen die im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmale in ihrer Gesamtheit weder aus den weiteren entgegengehaltenen Druckschriften noch aus den Unterlagen, die die Klägerin zum Nachweis einer offenkundigen Vorbenutzung vorgelegt hat, hervor.
a) Der Gegenstand der britischen Patentanmeldung 2 413 623 A (E2) weist die im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmale nicht in ihrer Gesamtheit auf. Das in E2, Figur 4, offenbarte, bei Heizungs- bzw. Sanitäranwendungen verwendete Venturi-Rohr ist zwar in erster Linie für die Zuführung von Luft in eine Wasserleitung vorgesehen; jedoch ist diese Armatur grundsätzlich auch i. S. d. Merkmale 1.1 bis 1.3 zum Anschluss einer Ringleitung an eine Strangleitung und zum Ansaugen bzw. zur Rückführung von den im Vergleich zum Hauptstrang relativ geringen Wassermengen aus Ringleitungen geeignet. Der Einfädelöffnung ist eine Querschnittsverengung vorgelagert, wobei an dieser Stelle durch den Venturi-Ef- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 fekt ein niedrigerer Druck erzeugt wird (Merkmal 1.4). Die Variation der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung erfolgt durch einen kegelförmigen Drosselkörper 18, der in Abhängigkeit von der Durchströmung des Hauptstrangs gegen die Kraft einer Feder 20 verstellt wird (siehe E2, Figur 4, Bezugszeichen 18, 20). Die durch den Drosselkörper 18 variierte bzw. definierte (engste) Durchtrittsfläche befindet sich im Ruhezustand auf Höhe der Einfädelöffnung 16 und wandert bei zunehmender Durchströmung des Hauptstrangs in einen der Einfädelöffnung nachgelagerten Bereich der Querschnittsverengung, wobei sie sich vergrößert. Damit wird allerdings nicht die Durchtrittsfläche der der Einfädelöffnung vorgelagerten Querschnittsverengung verändert, so dass Merkmal 1.5 in Verbindung bzw. im Zusammenhang mit Merkmal 1.4 nicht vorweggenommen wird (siehe Auslegung gemäß I.4.d).
b) Entsprechendes gilt für die in der britischen Patentanmeldung 2 316 474 (E3), Figur 4, offenbarte Venturi-Einrichtung 19 einer Warmwasseranlage für den häuslichen Bereich, wobei die Einrichtung ebenfalls grundsätzlich zum Anschluss an einen Strang und zum Einfädeln einer Ringleitung (vgl. Einlassleitung 36) in den Hauptstrang einer Wasserleitung genutzt werden kann (Merkmale 1.1 bis 1.3). In der Hauptleitung ist eine ringförmige Blende 30 angeordnet, deren Durchtrittsfläche (gap 38) mittels eines kegelförmigen Ventilelements 33 variiert wird. Die Einlassleitung 36 mündet innerhalb der Blende 30 in den Ringspalt 38, wobei durch die Verengung an dieser Stelle auf Grund des Venturi-Effekts ein Unterdruck im Bereich der Einfädelöffnung 36 i. S. d. Merkmals 1.4 bewirkt wird (siehe Seite 7, Zeilen 8 bis 11). Mittel zum Variieren der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung (Merkmal 1.5) sind zwar in Gestalt des in Strömungsrichtung verschieblichen Ventilkörpers 33 und der Feder 32 vorhanden, jedoch befindet sich die variierbare Durchtrittsfläche wiederum nicht in einem der Einfädelöffnung vorgelagerten Bereich der Querschnittsverengung, sondern exakt an der Einfädelöffnung.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 c) Die US-amerikanische Patentschrift 6,443,609 B2 (E1) betrifft eine Vorrichtung zum Vermischen zweier Flüssigkeitsströme, bei der unter Ausnutzung des Venturi-Effekts ein sekundärer Fluidstrom in einem einstellbaren Verhältnis einem primären Hauptstrom beigemischt wird (siehe Figur 2 i. V. m. Spalte 2, Zeilen 45 bis 52). Im Unterschied zum Gegenstand des Streitpatents ist bei dieser Vorrichtung keine Querschnittsverengung in Strömungsrichtung einer Einfädelöffnung vorgelagert; es fehlt Merkmal 1.4 i. V. m. Merkmal 3. Vielmehr mündet das Rohr 28 in einen von der primären Strömung abgeschirmten Innenraum eines keilförmigen Körpers 34, der eine einstellbare Querschnittsverengung im Bereich der primären Strömung bewirkt. Das Einbringen der sekundären Flüssigkeit in den primären Flüssigkeitsstrom erfolgt im Hinblick auf eine gute Durchmischung über eine Vielzahl von Öffnungen 84 an der Rückseite des Keilkörpers 34, wobei die sekundäre Flüssigkeit durch Ausnutzung des Venturi-Effekts aus dem Innenraum des Keilkörpers 34 angesaugt und erst mittelbar Flüssigkeit aus dem Rohr 28 nachgeführt wird (siehe Spalte 5, Zeilen 32 bis 46). Dies stellt jedoch keine streitpatentgemäße Einfädelöffnung gemäß Merkmal 1.3 dar, bei der die Flüssigkeit einer sekundären (Ring-) Leitung unmittelbar in den Hauptstrang eingeführt wird.
d) Die Gegenstände der weiteren Entgegenhaltungen unterscheiden sich vom Streitpatent entweder dadurch, dass bei ihnen der niedrigere Druck an der Einfädelöffnung nicht i. S. d. Merkmals 1.4 durch den Venturi-Effekt in Verbindung mit einer streitpatentgemäßen Querschnittsverengung erzeugt wird (siehe E5, E6, E8, E9, E13, E14, E16, E17), oder (zusätzlich) dadurch, dass keine Mittel i. S. d. Merkmals 1.5 zur Variation der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung vorhanden sind (siehe D1, D4, E5, E7, E8, E9, E15, E16, E18/E18‘). E4 betrifft eine Messvorrichtung basierend auf einem Venturi-Rohr, dessen Messanschlüsse nicht zum Anschluss einer Ringleitung geeignet sind. E16 zeigt den Anschluss einer Ringleitung über einen Strömungsteiler, und E17 ein Klappenventil mit einem elastischen Diaphragma. Der Zeitrang der internationalen Patentanmeldung E10a liegt nach dem Prioritätstag des Streitpatents, weshalb diese (ebenso wie die ent- ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 sprechende europäische Anmeldung E10b) nicht zu berücksichtigen ist. Somit sind alle diese Druckschriften nicht als neuheitsschädlich anzusehen.
e) Die den JRG Rückflussverhinderer betreffenden Unterlagen, die die Klägerin zum Nachweis einer offenkundigen Vorbenutzung vorgelegt hat, können dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ebenfalls nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Aus der technischen Zeichnung (B8) geht weder die Eignung des dort offenbarten Rückschlagventils zum Anschluss an eine Ringleitung (Merkmal 1.1), noch die Nutzung des Venturi-Effekts zur Erzeugung eines niedrigeren Drucks (Merkmal 1.4) hervor. Die gezeigten Rückschlagventile dienen vielmehr dazu, einen Rückfluss der Strömung zu verhindern. Auf Grund dieser Funktion verbietet sich die Überbrückung des Ventilkörpers durch einen Bypass (bzw. über eine Ringleitung). An den Stellen 10 und 11 verfügt das Rückschlagventil zwar über Gewinde. Diese dienen jedoch nicht dem Anschluss einer (Ring-) Leitung, sondern der Aufnahme von Verschlussstopfen (Prüfstopfen 10 und Entleerungstopfen 11), die zum Anschließen einer Leitung erst entfernt werden müssten.
Darüber hinaus mangelt es aber vor allem an dem Merkmal 1.4. So entnimmt der Fachmann dem Produktkatalog B1 (Seite 16, zweite Zeile), dass das Ventil möglichst druckverlustarm sein soll und erkennt in diesem Zusammenhang, dass sich der Strömungsquerschnitt hinter dem Kegel 7 aufweitet. Hierdurch soll bei geöffnetem Ventil um den Kegel herum ein möglichst großer und damit verlustarmer Strömungsquerschnitt geschaffen werden. Dies bedeutet, dass - bezogen auf den (engsten) Querschnitt bei Ziffer 10 - auf Höhe der Öffnung für den Prüfstopfen 11 keine Querschnittsverengung, sondern eine Querschnittserweiterung auftritt. Somit wird an dieser Stelle in Folge des Venturi-Effekts kein niedrigerer, sondern ein höherer Druck erzeugt, so dass im Vergleich zum Streitpatent sogar umgekehrte Verhältnisse vorliegen. Damit weist das Rückschlagventil nicht die bauliche Ausgestaltung auf, um die beanspruchte Wirkung gemäß Merkmal 1.4 zu erzeugen.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Da dem JRG Rückflussverhinderer somit wesentliche Merkmale des Streitpatents fehlen, kommt es auf einen Nachweis der behaupteten Vorbenutzung nicht an.
4. Dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 fehlt nicht die erforderliche Erfindungshöhe.
a) Als nächstliegender Stand der Technik ist die in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift genannte deutsche Offenlegungsschrift D4 anzusehen. Diese zeigt zwar die gattungsbildenden Merkmale 1.1 bis 1.4, jedoch wird dort keine variable Durchtrittsfläche i. S. d. Merkmals 1.5 gelehrt.
Für den Fachmann ist insbesondere aus D4, Figur 1, ersichtlich, dass sich bei einer steigenden Anzahl von Ringleitungen 36a bis 36c bzw. bei größeren Durchsätzen und mehreren Verbrauchern 30a, 30b und 32a durch die hintereinander geschalteten Venturi-Düsen 38a bis 38c auch die Druckverluste im Hauptstrang 18 erhöhen. Diesbezüglich erhält er in Spalte 3, Zeilen 58 ff., den Hinweis, die Venturi-Düsen so zu dimensionieren, dass diese einen geringeren bleibenden Druckverlust erzeugen, damit mehr Verbraucher im Hauptstrang angeordnet werden können. Bereits dadurch wird er angeregt, die Venturi-Düsen im Hinblick auf einen geringeren Strömungswiderstand zu verbessern und - gerade für den Einsatz in größeren Anlagen - jeweils die einzelnen Komponenten strömungstechnisch zu optimieren. Durch den von der Beklagten angesprochenen Einbau einer stärkeren Pumpe ist eine strömungstechnische Optimierung nicht zu erreichen, weil er vermeidbare Druckverluste, die gerade bei einer Anhäufung mehrerer derartiger Komponenten auftreten, nicht verhindert.
Die Anregung, die Strömungsverhältnisse einer den Venturi-Effekt nutzenden Abschlussarmatur zu verbessern, konnte den Fachmann jedoch auch in Verbindung mit dem übrigen zu berücksichtigenden Stand der Technik nicht zu der erfindungsgemäßen Ausgestaltung führen.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 33 Dem Fachmann war zwar aus den Entgegenhaltungen E2 und E3 bekannt, bei Venturi-Apparaturen Mittel zum Verändern der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung vorzusehen. Jedoch dient die in E2, Figur 4, gezeigte Einrichtung einem anderen Zweck als die Erfindung des Streitpatents, nämlich der selbsttätigen Einstellung der dort angesaugten Luftmenge. Bei zunehmendem Wasserdurchfluss wird die Durchtrittsfläche vergrößert und hierdurch unabhängig von den vorgegebenen Installationsbedingungen ungefähr die gleiche Luftmenge angesaugt (siehe E2, Seite 6, zweiter Absatz, vorletzter Satz).
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 In vergleichbarer Weise dient der in E3, Figur 4, dargestellte federbelastete Kegelkörper 33 dazu, bei verschiedenen Wasserdurchflüssen die angesaugte Luftmenge in einem engen, vorgegebenen Bereich einzustellen (siehe E3, Seite 7, Zeilen 14 bis 16).
Den beiden Entgegenhaltungen ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die dortigen Ausgestaltungen der Minimierung von Strömungsverlusten im Hauptstrang der Venturi-Düse dienen sollen. Sie sind - im Unterschied zum Streitpatent - nicht dazu konzipiert, als Teil einer Gesamtanlage mehrfach hintereinander installiert zu werden, und sie befassen sich daher nicht mit einer Minimierung von Strömungsverlusten. Der Fachmann war daher auch nicht dazu angeregt, die dort beschriebenen Mittel zur Variation der Durchtrittsfläche auf die in D4 offenbarte Vorrichtung zu übertragen. Zudem hätte eine (als rückschauend zu bewertende) Kombination der Entgegenhaltungen E2 bzw. E3 mit D4 den Fachmann auch nicht zu einer Anordnung der einstellbaren Durchtrittsfläche in einem Bereich der Querschnittsverengung geführt, der - entsprechend Merkmal 1.5 (siehe hierzu oben I.4.d) - der Einfädelöffnung vorgelagert ist.
b) Ausgehend von der japanischen Offenlegungsschrift 2000-1925520 A (E18) gelangt man zu keinem anderen Ergebnis. Diese Schrift zeigt z. B. in Figur 1 ein Verbindungsstück T mit der Form eines Venturi-Rohres, in das am engsten Querschnitt eine Warmwasserzirkulationsleitung 2 eingefädelt ist. Die Aufteilung der Strömung zwischen dem Hauptstrang 1 und der Zirkulationsleitung 2 erfolgt laut der Beschreibung in NIB29, Absatz [0007], durch einen etwas erhöhten Durchflusswiderstand in der Hauptleitung 1; dabei kann das Maß der Drosselung entsprechend dem Verhältnis der Rohrdurchmesser von Zirkulations- und Hauptleitung angepasst sein (NIB29, Absatz [0007], letzter Satz). Ein Hinweis auf eine Variation der Durchtrittsfläche im Sinne einer einstellbaren Drossel nach Merkmal 1.5 ergibt sich hieraus allerdings nicht. Damit geht der Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung E18 nicht über denjenigen der Schrift D4 hinaus und führt auch in ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Kombination mit E2, E3 aus den zu 4.a) genannten Gründen nicht zum Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung mangels Neuheit des durch ihn geschützten Gegenstands keinen Bestand hat.
V.
Auch in den Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 der Beklagten ist der Patentanspruch 1 nicht bestandsfähig.
1. Gemäß Hilfsantrag 1 wird der Anspruchsgegenstand durch eine der Querschnittsverengung in Strömungsrichtung vorgelagerte Ausfädelöffnung zum Ausfädeln einer Ringströmung in die Ringleitung präzisiert.
Dieses zusätzliche Merkmal geht aus den Figuren 4 und 5 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hervor, weshalb es sich um eine zulässige Anspruchsfassung handelt, die jedoch - ebenso wie die erteilte Fassung - durch die nachveröffentlichten Schriften E11 und E12 neuheitsschädlich vorweggenommen wird (vgl. E11, Figur 7, und Beschreibung, Spalte 11, Zeilen 45 bis 48; vgl. E12, Figur 7, und Beschreibung, Absatz [0036], erste Hälfte).
2. In der Fassung des Hilfsantrags 2 wird das Merkmal 1.5 des erteilten Patentanspruchs 1 dahingehend ergänzt, dass die Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung mit Hilfe der dafür vorgesehenen Mittel in Abhängigkeit von dem Volumenstrom im Strang variiert werden soll.
Auch mit dieser Ergänzung ist der beanspruchte Gegenstand ursprünglich offenbart (vgl. etwa WO-Schrift, A4, Seite 3, dritter Absatz) und damit zulässig, jedoch durch die Entgegenhaltungen E11 (Absatz [0030], zweite Hälfte, i. V. m. Absatz [0036]) und E12 (Absatz [0036], zweite Hälfte, i. V. m. Absatz [0042]) in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen. Entsprechend den vorgenannten TextECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 stellen ist die Drossel nämlich so auszulegen bzw. einzustellen, dass bei einer Strömungsgeschwindigkeit von 1,5 m/s im Strang etwa 90 % des Volumenstroms durch den Strang geführt werden. Eine Variation der Durchtrittsfläche erfolgt hier also - durch Einstellung der Drossel - in Abhängigkeit von dem Volumenstrom im Strang.
3. Gemäß der Anspruchsfassung nach Hilfsantrag 3 wird die Veränderung der Durchtrittsfläche auf Grund der über die Querschnittsverengung (V) wirkenden Druckdifferenz bewirkt.
a) Auch diese Ausgestaltung ist zulässig, weil sie der Fachmann ebenfalls den Anmeldungsunterlagen entnehmen kann. Anhand des Ausführungsbeispiels gemäß den Figuren 4 bis 6 wird dort erläutert, dass die Querschnittsverengung in Abhängigkeit von der Druckdifferenz veränderbar ist, wobei mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung das Drosselelement 14 gegen die Kraft des Federelements 28 in Strömungsrichtung nach hinten gedrängt wird (WOSchrift, Seite 9, zweiter und dritter Absatz). Der Fachmann erkennt, dass die Verwendung eines Federelements ein mögliches, aber kein zwingend notwendiges Mittel ist, um die Querschnittsverengung über die Druckdifferenz zu beeinflussen, und dass zur praktischen Umsetzung dieses technischen Prinzips auch andere Ausführungsformen in Frage kommen. Diese Sichtweise wird bestätigt durch die in der WO-Schrift, Figur 7, dargestellte, von einer Druckdifferenz abhängige Strömungskennlinie, die in der Beschreibung (Seite 9, vierter Absatz, bis Seite 10, zweiter Absatz) in Abgrenzung zu der Strömungscharakteristik einer konstanten Drossel und ohne jeglichen Bezug zu einem Federelement erläutert wird. Zusätzlich ergibt sich dies auch aus den Ansprüchen 16 und (insbesondere) 17 der WOSchrift, in denen ebenfalls nur eine von der Druckdifferenz abhängige Charakteristik der Anschlussarmatur beansprucht wird.
Aus diesem Grund ist es zulässig, die in dem Ausführungsbeispiel beschriebene Veränderung der Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung auf Grund der über ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 die Querschnittsverengung (V) wirkenden Druckdifferenz als ergänzendes Merkmal in den Patentanspruch aufzunehmen, ohne dort zugleich das in dem Ausführungsbeispiel ebenfalls beschriebene Federelement zu erwähnen. Dies gilt unabhängig davon, dass in den Anmeldungsunterlagen ein anderer Weg zur Erzielung derselben Wirkung nicht offenbart ist (vgl. BGH GRUR 2008, 60, Abs. 30 f. – Sammelhefter II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 21 Rn. 88 m. w. N.).
b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist aber auch in der Ausgestaltung gemäß Hilfsantrag 3 durch die Entgegenhaltungen E11 und E12 in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen. Die beanspruchte Anspruchsfassung umfasst auch Ausführungsformen, bei denen die Durchtrittsfläche der Querschnittsverengung in Abhängigkeit von einer über der Querschnittsverengung wirkenden statischen Druckdifferenz verändert bzw. eingestellt wird. Diese Funktionalität ist auch bei der Ausführungsform der E11 und E12 gegeben. Auch dort kann die Drossel so ausgelegt bzw. eingestellt werden, dass sich die gewünschte Druckdifferenz ergibt, wobei eine bestimmte Druckdifferenz einen entsprechenden Drosselquerschnitt bedingt (siehe E11, Spalte 12, Zeilen 3 bis 19, i. V. m. Absatz [0036]; E12, Absatz [0036], zweite Hälfte, i. V. m. Absatz [0042]).
VI.
In der Fassung des Hilfsantrags 4 erweist sich Patentanspruch 1 dagegen als bestandsfähig. Gemäß dieser Anspruchsfassung bewirken die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz über der Querschnittsverengung (V) eine Vergrößerung der Durchtrittsfläche auf Grund der wirkenden Druckdifferenz.
1. Ebenso wie das in Hilfsantrag 3 zusätzlich enthaltene Merkmal kann auch die in Hilfsantrag 4 vorgesehene Ergänzung dem Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 4 bis 6 sowie den entsprechenden Textpassagen der WO-Schrift entnommen werden, weshalb es sich aus den zu V.3.a) genannten Gründen um eine zulässige Einschränkung handelt.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 wird mit der in Hilfsantrag 4 vorgenommenen Ergänzung von den Druckschriften E11 und E12 nicht in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen. Durch diese Ergänzung, wonach die Mittel mit zunehmender Druckdifferenz eine Vergrößerung der Durchtrittsfläche bewirken, wird nämlich eine dynamische Funktionalität der Anschlussarmatur zum Ausdruck gebracht, die über eine Einstellung hinausgeht, bei der einer bestimmten Druckdifferenz eine entsprechende Durchtrittsfläche zugeordnet wird. Hierzu müssen die Mittel so beschaffen sein, dass bei Änderungen der Druckdifferenzen selbsttätig die beanspruchte Wirkung, d. h. die entsprechende Veränderung der Durchtrittsfläche, eintritt. Eine derartige Funktionalität geht aus E11 oder E12 nicht hervor, da im Rahmen der dort beschriebenen Einstellmöglichkeiten lediglich ein hydraulischer Abgleich zwischen einzelnen Ringleitungen bzw. einzelnen Strängen offenbart ist. Hierbei wird die Drossel bzw. deren Durchtrittsfläche einer Ringleitung oder eines Stranges in Abhängigkeit von den anderen Ringleitungen oder Strängen üblicherweise auf einen bestimmten Wert eingestellt, so dass in allen Ringleitungen oder Strängen möglichst gleiche Strömungsverhältnisse vorliegen (siehe E11, Absatz [0036], bzw. E12, Absatz [0042]). Die Aussage der Klägerin hierzu, dass eine momentane Anpassung an die Druckdifferenzen über eine Steuerung möglich sei, mag grundsätzlich zutreffen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die nunmehr im Hilfsantrag 4 genannten Mittel mit der konkret beanspruchten Wirkungsweise zum Variieren der Durchtrittsfläche in den Entgegenhaltungen E11 und E12 nicht offenbart sind.
3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 war aus den zur erteilten Fassung genannten Gründen (s. o. IV.3 und IV.4) auch durch den sonstigen Stand der Technik am Prioritätstag - dem im Übrigen auch die mit Hilfsantrag 4 zusätzlich beanspruchte steuerungstechnische Anpassung nicht entnommen werden kann - weder vorweggenommen noch dem Fachmann nahegelegt.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0
- 39 VII. Von dem in der Fassung des Hilfsantrags 4 bestandsfähigen Patentanspruch 1 werden die in ihrem Wortlaut unveränderten, auf den geänderten Hauptanspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 17 mitgetragen.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Ebenso ist der nebengeordnete, eine Wasserleitungsanlage betreffende Patentanspruch 18 in der Fassung des Hilfsantrags 4 bestandsfähig. Die dort gegenüber der erteilten Fassung vorgenommene Ergänzung, wonach die Ringleitungen jeweils mindestens einen Verbraucher aufweisen, führt zu einer Anpassung an das Merkmal 1.1 des erteilten Anspruchs 1. Im Übrigen enthält die gemäß Hilfsantrag 4 geänderte Fassung des Anspruchs 18 die entsprechende Ergänzung zur geänderten Fassung des Anspruchs 1, weshalb sie aus den zu Anspruch 1 genannten Gründen zulässig und bestandsfähig ist.
VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
IX. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0 Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Küest Dr. Schnurr Dr. Großmann Richter Pr ECLI:DE:BPatG:2018:150318U7Ni16.16EP.0