7 Ni 53/19 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 53/19 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
4. Februar 2020 …
In der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BPatG:2020:040220U7Ni53.19EP.0 betreffend das europäische Patent 1 925 582 (DE 60 2007 007 279)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dr.-Ing. Fritze, der Richterin Dr. Schnurr und der Richter Dipl.-Ing. Wiegele und Dr.-Ing. Schwenke für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 925 582 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass
1. die erteilten Patentansprüche 1 bis 6 und 10 bis 12 entfallen;
2. die Patentansprüche 7 bis 9 folgende Fassung erhalten:
„7. A wind turbine blade lifting system comprising a lifting device (9) with a frame (17) which is designed so as to be connectable to a wind turbine blade (3) and which has two ends (21, 23) and a central area, a crane boom (5), a winch arrangement (11) and control wires (13) for controlling the blade orientation the control wires (13) running from the lifting device (9) via pulleys (27) at the crane boom (5) and from there to the winch arrangement (11), characterised in that the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17) and allow for controlling the blade orientation to be substantially horizontal when it has been lifted off the ground, wherein the pulleys (27) are movable with respect to the crane boom (5).
8. A wind turbine blade lifting system as claimed in claim 7, characterised in that the pulleys (27) are mounted onto a sliding carriage (29) which can be moved along the crane boom (5).
9. A wind turbine blade lifting system as claimed in claim 8, characterised in further comprising a tensioning device acting on the winch arrangement (11) or on the control wires (13) so as to keep the control wires (13) tensioned during the lifting process, and in that the ratio of the tensioning force components which act in the opposite direction to the lifting force to those components which act perpendicular to the lifting force can be set by the position of the sliding carriage (29) relative to the lifting device (9).“
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 1/4, die Beklagte 3/4.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das in englischer Verfahrenssprache mit der Bezeichnung „Method and a device for mounting of wind turbine blades“ (Verfahren und Vorrichtung zur Montage von Windturbinenschaufeln) u. a. für den Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 1 925 582, das auf eine Anmeldung vom 12. Juli 2007 zurückgeht und die Prioritäten der europäischen Voranmeldungen 06024336 und 06024337 vom 23. November 2006 in Anspruch nimmt. Vom Deutschen Patent- und Markenamt wird das Patent unter der Nummer 60 2007 007 279 geführt. Das Streitpatent umfasst zwölf Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Anspruch 1 mit Unteransprüchen 2 bis 5 schützt ein Montageverfahren, Anspruch 6 mit Unteransprüchen 7 bis 12 ein Hebesystem für Windturbinenschaufeln.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 6 haben in ihrer erteilten Fassung folgenden Wortlaut:
1. A method for mounting a wind turbine blade (3) to a wind turbine hub (1) by use of a crane boom (5), wherein the orientation of the blade (3) is kept substantially horizontal when the blade (3) is lifted off the ground and mounted to the rotor hub (1), characterised in that control wires (13) which connect the blade (3) via the crane boom (5) to a winch arrangement (11) are used for keeping the blade (3) orientation substantially horizontal in addition to at least one bearing wire (15) for bearing the blade weight.
6. A wind turbine blade lifting system comprising a lifting device (9) with a frame (17) which is designed so as to be connectable to a wind turbine blade (3) and which has two ends (21, 23) and a central area, a crane boom (5), a winch arrangement (11) and control wires (13) for controlling the blade orientation the control wires (13) running from the lifting device (9) via the crane boom (5) to the winch arrangement (11), characterised in that the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17) and allow for controlling the blade orientation to be substantially horizontal when it has been lifted off the ground.
Die in der Streitpatentschrift wiedergegebene deutsche Übersetzung lautet wie folgt:
1. Verfahren zum Montieren einer Windturbinenschaufel (3) an eine Windturbinennabe (1) unter Verwendung eines Kranauslegers (5), wobei die Ausrichtung der Windturbinenschaufel (3) im Wesentlichen horizontal gehalten wird, sobald die Windturbinenschaufel (3) vom Boden abgehoben und an die Windturbinennabe (1) montiert wird, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich zu mindestens einem Tragseil (15) zum Tragen des Gewichts der Windturbinenschaufel Steuerseile (13) verwendet werden, die die Windturbinenschaufel (3) über den Kranausleger (5) mit einer Windenanordnung (11) verbinden, um die Ausrichtung der Windturbinenschaufel (3) im Wesentlichen horizontal zu halten.
6. Hebesystem für Windturbinenschaufeln, das Folgendes umfasst: eine Hebevorrichtung (9) mit einem Rahmen (17), der dafür ausgelegt ist, mit einer Windturbinenschaufel (3) verbunden zu werden, und der zwei Enden (21, 23) sowie einen Mittelteil besitzt, einen Kranausleger (5), eine Windenanordnung (11) und Steuerseile (13), um die Ausrichtung der Windturbinenschaufel zu kontrollieren, wobei die Steuerseile (13) von der Hebevorrichtung (9) über den Kranbaum (5) zu der Windenanordnung (11) verlaufen, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuerseile (13) mit den Enden (21, 23) des Rahmens (17) verbunden sind und es erlauben, die Ausrichtung der Windturbinenschaufel zu kontrollieren, sodass sie im Wesentlichen horizontal ist, sobald die Windturbinenschaufel vom Boden abgehoben wurde.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 5 und 7 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 925 582 B1 Bezug genommen.
Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) geltend. Hierfür beruft sie sich auf folgende Publikationen:
NK9 NK10 NK11 NK12 NK13 japanische Offenlegungsschrift 10-129980 mit deutscher Übersetzung NK9b Hull Wind II: A Case Study of the Development of a Second Large Wind Turbine Installation in the Town of Hull, MA, by James F. Manwell, John MacLeod, Sally Wright, Lynn DiTullio and Jon G. McGowan, American Wind Energy Association, Windpower 2006 Conference, June 2006 deutsche Offenlegungsschrift 102 25 025 A1 japanische Offenlegungsschrift 2001-302184 mit deutscher Übersetzung NK12b japanische Patentschrift 6-156975 mit englischer Übersetzung NK13a.
Die Klägerin bestreitet die Wirksamkeit der in Anspruch genommenen Prioritäten, da die angeführten Prioritätsschriften nicht auffindbar seien.
Unabhängig davon sei der Gegenstand des Anspruchs 6 dem Fachmann ausgehend von NK9/NK9b oder NK12/NK12b in Kombination mit NK10 oder NK11 nahegelegt gewesen. Auch die auf Anspruch 6 rückbezogenen Unteransprüche 7 bis 12 enthielten nichts Schutzfähiges; so könne der Fachmann bewegliche Umlenkrollen i. S. d.
Anspruchs 9 der Veröffentlichung NK13/NK13a entnehmen. Entsprechendes gelte für die Gegenstände des Anspruchs 1 und der darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 925 582 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen die Patentansprüche in der Fassung der mit Schriftsatz vom 21. November 2019 eingereichten, in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 bis 3 richtet.
Gemäß Hilfsantrag 1 sind gegenüber der erteilten Fassung des Streitpatents nachfolgende (durch Unterstreichung bzw. Streichung kenntlich gemachte) Änderungen vorgesehen:
- Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 soll wie folgt ergänzt werden:
1. A method for …. characterised in that control wires (13) which connect the blade (3) via pulleys located close to the top end of the crane boom (5) to a winch arrangement (11) are used for keeping the blade (3) orientation substantially horizontal in addition to at least one bearing wire (15) for bearing the blade weight, wherein the blade (3) is connected to a frame (17) of a lifting device (9) which frame (17) has two ends (21, 23) and a central area and wherein the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17).
- Die Patentansprüche 2 bis 5 sollen sich bei unverändertem Wortlaut auf die geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbeziehen; lediglich soll der Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 5 durch Einfügung des Wortes „claims“ nach den Worten „of the preceding“ richtiggestellt werden.
- Der Wortlaut des Patentanspruchs 6 soll wie folgt geändert werden:
6. A wind turbine blade lifting system comprising a lifting device (9) with a frame (17) which is designed so as to be connectable to a wind turbine blade (3) and which has two ends (21, 23) and a central area, a crane boom (5), a winch arrangement (11) and control wires (13) for controlling the blade orientation, characterised in that the control wires (13) running from the lifting device (9) via pulleys located close to the top end of the crane boom (5) to the winch arrangement (11), and the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17) and allow for controlling the blade orientation to be substantially horizontal when it has been lifted off the ground.
- Die erteilten Patentansprüche 7 bis 9 sollen durch neue Patentansprüche 7 bis 9 mit folgender Fassung ersetzt werden:
7. A wind turbine blade lifting system comprising a lifting device (9) with a frame (17) which is designed so as to be connectable to a wind turbine blade (3) and which has two ends (21, 23) and a central area, a crane boom (5), a winch arrangement (11) and control wires (13) for controlling the blade orientation the control wires (13) running from the lifting device (9) via pulleys (27) at the crane boom (5) and from there to the winch arrangement (11), characterised in that the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17) and allow for controlling the blade orientation to be substantially horizontal when it has been lifted off the ground, wherein the pulleys (27) are movable with respect to the crane boom (5).
8. A wind turbine blade lifting system as claimed in claim 7, characterised in that the pulleys (27) are mounted onto a sliding carriage (29) which can be moved along the crane boom (5).
9. A wind turbine blade lifting system as claimed in claim 8, characterised in further comprising a tensioning device acting on the winch arrangement (11) or on the control wires (13) so as to keep the control wires (13) tensioned during the lifting process, and in that the ratio of the tensioning force components which act in the opposite direction to the lifting force to those components which act perpendicular to the lifting force can be set by the position of the sliding carriage (29) relative to the lifting device (9).
- Die erteilten Patentansprüche 10 bis 12 sollen sich bei unverändertem Wortlaut auf die geänderten Fassungen der Patentansprüche 6 bis 9 rückbeziehen, wobei in Patentanspruch 11 der Rückbezug auf „claims 6 to 10“ ersetzt wird durch den Rückbezug auf „claims 6, 7, 8 and 10“.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 6 und 7 des Hilfsantrags 1 werden von der Klägerin auch unabhängig voneinander und losgelöst vom Bestand des vollständigen Anspruchssatzes und dessen Rangfolge verteidigt. Für den Fall der Aufrechterhaltung des Patents nach Maßgabe des Anspruchs 7 des Hilfsantrags 1 werden von ihr auch die Unteransprüche 8 und 9 des Hilfsantrags 1, jedoch keine weiteren Unteransprüche verteidigt.
Gemäß Hilfsantrag 2 soll das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 8 i. d. F. des Hilfsantrags 1 Bestand haben.
Gemäß Hilfsantrag 3 soll das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 9 i. d. F. des Hilfsantrags 1 Bestand haben.
Die Klägerin hält die Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen für unzulässig und im Übrigen deren Gegenstände ebenfalls für nicht patentfähig.
Die Beklagte widerspricht dem Vortrag der Klägerin und hält das Streitpatent sowohl in seiner erteilten Fassung als auch in den Fassungen der Hilfsanträge für bestandsfähig.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und in der Sache teilweise begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ) liegt vor, soweit das Streitpatent über die Patentansprüche 7 bis 9 in der von der Beklagten mit Hilfsantrag 1 vorgelegten Fassung hinausgeht.
I.
1. Die vorliegende Erfindung geht nach ihrer Beschreibung in der Streitpatentschrift (vgl. die nichtamtliche deutsche Übersetzung NK1a) von bekannten Windturbinen aus, deren Rotoren normalerweise einen beträchtlichen Durchmesser und ebensolche Breite aufwiesen. Der Aufbau einer Windturbine könne die folgenden Schritte beinhalten: Transport der einzelnen Elemente zum Standort der Windturbine, Montage der Turmabschnitte und des Turms, Anheben der Maschinengondel mit Hilfe eines Krans und Montage der Maschinengondel auf dem Turm, Montage des Windturbinenrotors am Boden, Anheben des Windturbinenrotors mit Hilfe eines Krans und Montage des Rotors an einer langsam drehenden Welle, die aus der Windturbinennabe herausragt (Streitpatentschrift, Abs. [0002]).
Das übliche Verfahren zur Montage einer Windturbine bringe eine Reihe von Nachteilen mit sich, die mit zunehmender Größe und Breite des Windturbinenrotors immer schwerwiegender geworden seien. Die Montage des Windturbinenrotors am Boden sei besonders schwierig, da dazu eine große, im Wesentlichen horizontale und stabile Fläche ohne Hindernisse benötigt werde. Darüber hinaus sei es recht kompliziert, den Rotor zur Maschinengondel anzuheben, da der Rotor in der Luft um 90° gedreht werden müsse (Streitpatentschrift, Abs. [0003]).
Aus dem Dokument US 2005/019166 A1 sei ein Verfahren bekannt, mit dem eine Windturbinennabe, an der zwei Windturbinenschaufeln bereits befestigt seien, an der Maschinengondel montiert und dann die verbleibende Schaufel in vertikaler Stellung an der Windturbinennabe angebracht werde (Streitpatentschrift, Abs. [0004]).
Von anderen Hebesystemen sei es bekannt, die Windturbinennabe an der Maschinengondel zu montieren und dann jede Windturbinenschaufel einzeln in eine Position an der Nabe zu heben und die Schaufeln zu montieren. In einem dieser Systeme, welches in der Druckschrift US 2006/0120809 A1 offenbart sei, würden die Windturbinenschaufeln beim Anheben mit einer Hebevorrichtung vertikal gehalten. Bei diesem Hebesystem müsse die Windturbinenschaufel jedoch beim Anheben und bei der Montage vertikal sein. Dies bedeute, dass die Schaufel als Teil des Hebevorgangs gedreht werden müsse, und dass es während der Positionierung der Schaufel nur eine geringe Kontrolle über den Winkel der Schaufelausrichtung gebe (Streitpatentschrift, Abs. [0005]).
Bei einem anderen, in der Druckschrift US 2006/0147308 A1 offenbarten Hebesystem werde die Schaufel im Wesentlichen horizontal gehalten, wobei sie in Schlingen hänge, die von an der Windturbinenschaufel angebrachten Kabeln gehalten würden. Dieses System habe den Vorteil, dass die Schaufelachse während des Anhebens und der Montage in der gleichen Position gehalten werden könne, in der sie auch am Boden liege. Wenn jedoch während des Anhebens Wind wehe, könne dieser die Schaufel ablenken. Daher würden für ein solches Anheben mehrere Personen benötigt, die während des Anhebens in einiger Entfernung von der Turbine stünden und lange Seile hielten, um damit bei der Steuerung der Schaufel zu helfen. Bei großen Schaufeln und hohen Türmen werde die Kontrolle einer solchen Steuerung zu einer großen Herausforderung (Streitpatentschrift, Abs. [0006]).
Daher sei es ein Ziel der vorliegenden Erfindung, ein vorteilhaftes Verfahren zum Anheben einer Windturbinenschaufel an eine Windturbinennabe und ein vorteilhaftes Hebesystem für Windturbinenschaufeln zu liefern (Streitpatentschrift, Abs. [0007]).
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 und ein Hebesystem mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 6 gelöst werden. Die Merkmale dieser Ansprüche in ihrer erteilten Fassung können - entsprechend einem Vorschlag der Klägerin - wie folgt gegliedert werden:
Patentanspruch 1
1.1 Verfahren zum Montieren einer Windturbinenschaufel (3) an eine Windturbinennabe (1)
1.2 unter Verwendung eines Kranauslegers (5),
1.3 wobei die Ausrichtung der Windturbinenschaufel (3) im Wesentlichen horizontal gehalten wird, sobald die Windturbinenschaufel (3) vom Boden abgehoben und an die Windturbinennabe (1)
montiert wird,
1.4 wobei zusätzlich zu mindestens einem Tragseil (15)
1.4.1 zum Tragen des Gewichts der Windturbinenschaufel
1.5 Steuerseile (13) verwendet werden,
1.5.1 die die Windturbinenschaufel (3) über den Kranausleger (5) mit einer Windenanordnung (11) verbinden,
1.5.2 um die Ausrichtung der Windturbinenschaufel (3) im Wesentlichen horizontal zu halten.
Patentanspruch 6
6.1 Hebesystem für Windturbinenschaufeln, das Folgendes umfasst:
6.2 eine Hebevorrichtung (9) mit einem Rahmen (17),
6.2.1 der dafür ausgelegt ist, mit einer Windturbinenschaufel (3)
verbunden zu werden,
6.2.2 und der zwei Enden (21, 23) sowie einen Mittelteil besitzt,
6.3 einen Kranausleger (5),
6.4 eine Windenanordnung (11)
6.5 und Steuerseile (13),
6.5.1 um die Ausrichtung der Windturbinenschaufel zu kontrollieren,
6.5.2 wobei die Steuerseile (13) von der Hebevorrichtung (9)
über den Kranbaum (5) zu der Windenanordnung (11) verlaufen,
dadurch gekennzeichnet, dass
6.5.3 die Steuerseile (13) mit den Enden (21, 23) des Rahmens (17) verbunden sind
6.5.4 und es erlauben, die Ausrichtung der Windturbinenschaufel zu kontrollieren, sodass sie im Wesentlichen horizontal ist, sobald die Windturbinenschaufel vom Boden abgehoben wurde.
3. Als Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Team anzusehen, das zum einen aus einem Maschinenbauer mit Hochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung in der Errichtung von großen Krananlagen besteht, zum anderen aus einem Hochbauingenieur, der über umfangreiches Fachwissen und Erfahrung in der Errichtung von Windkraftanlagen verfügt.
4. Dieser Fachmann geht bei der Auslegung der Merkmale 1.3, 1.5.2 und 6.5.4, in denen von einer im Wesentlichen horizontalen Ausrichtung der Windturbinenschaufel die Rede ist, von Folgendem aus:
a) Generell wird eine Last an einem die Hauptlast tragenden Seil (im Streitpatent Tragseil 15) befestigt. Bereits am Boden, bei der Vormontage des Tragseils an der Last, ist wesentlich, dass der Schwerpunkt der Last entsprechend der gewünschten Einbaulage unterhalb der Tragseilaufhängung liegt. Beim Anheben der Last durch Hochziehen des Tragseils ist die Last somit bereits in der gewünschten horizontalen Lage. Die Steuerseile sollen es erlauben, diese Lage zu kontrollieren, das heißt, bei Abweichungen durch auftretende Kräfte (Auftriebskräfte durch Winde, Trägheitskräfte) während des Hochziehens soll die horizontale Lage im Wesentlichen beibehalten werden. Eine geringfügige Abweichung ist hierbei unschädlich; dem Fachmann ist bewusst, dass eine zu 100% exakte horizontale Ausrichtung nicht möglich ist.
b) Laut dem Streitpatent, vgl. NK1a, Abs. [0035], haben die Spannkräfte, die von den Steuerseilen 13 ausgeübt werden, bedeutende Komponenten in die der dem Tragseil 15 ausgeübten Hebekraft entgegengesetzten Richtung, wodurch die Position der Schaufel sicher stabilisiert werde. Auch eine gleichgerichtet zur Hebekraft wirkende Komponente ermögliche die gewünschte Kontrolle, vgl. Abs. [0016]. Diese Kraftkomponente bewirkt somit eine Stabilisierung um die Querachse der Schaufel. Gleichzeitig seien die Komponenten, die senkrecht zur Hebekraft wirken, immer noch groß genug, um die horizontale Ausrichtung der Schaufel 3 angemessen zu steuern. Die horizontale Ausrichtung der Schaufel ist daher nicht nur in dem Sinn zu verstehen, dass lediglich Schwankungen um die Querachse der Schaufel vermieden bzw. reduziert werden sollen. Vielmehr geht es streitpatentgemäß auch um das Unterbleiben eines Verdrehens in der horizontalen Ebene um eine vertikale Achse. Eine solche Sichtweise wird auch durch die Absätze [0010], [0037] und [0040] gestützt.
c) Das Streitpatent lehrt, dass die horizontale Ausrichtung der Windturbinenschaufel kontrolliert werden soll, indem durch die Steuerseile Kraftkomponenten entgegen (vgl. Abs. [0035]) oder gleichgerichtet (vgl. Abs. [0016]) zu der Hebekraft wirken. Diese Kraftkomponenten treten auf, sobald die Last vom Boden ab- und bis zur Montagehöhe angehoben wird. Die Größe der auftretenden Kraftkomponenten ist dabei abhängig von der Hubhöhe und der Positionierung der Umlenkrollen an dem Kranbaum. Diese können in beliebiger Höhe angebracht sein, vgl. Abs. [0016] und den erteilten Anspruch 8. Dabei ist zu berücksichtigen, dass beim Anheben der Last auch eine Höhe überfahren wird, in der diese Kraftkomponente zu Null wird, nämlich zu dem Zeitpunkt, in dem sich die Umlenkrollen und die Aufhängepunkte der Steuerseile an der Hebevorrichtung in gleicher Höhe befinden.
II.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 6 in der erteilten Fassung des Streitpatents sind gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Auf die Frage, ob die von dem Streitpatent in Anspruch genommenen Prioritäten wirksam sind, kommt es dabei nicht an, weil keine der im Verfahren befindlichen Veröffentlichungen aus dem Prioritätsintervall stammt.
1. Das mit Patentanspruch 6 beanspruchte Hebesystem war dem Fachmann am Prioritätstag ausgehend von der Offenbarung der deutschen Offenlegungsschrift 102 25 025 A1 (NK11) nahegelegt.
Diese Entgegenhaltung betrifft eine Vorrichtung zum Handhaben von Rotorblättern von Windenergieanlagen (NK11, Abs. [0001]). In ihrer einleitenden Beschreibung (NK11, Abs. [0002] bis [0006]) geht die Druckschrift auf bekannte Montageverfahren von Windenergieanlagen ein. Als problematisch wird bei der Montage das Handhaben der teils mehrere Tonnen schweren Rotorblätter genannt. Um diese zu erleichtern, schlägt die Druckschrift ein Hebesystem für Windturbinenschaufeln (Rotorblätter 29) entsprechend Merkmal 6.1 vor (vgl. NK11, Fig. 1 und 2, sowie Abs. [0025] und [0026]). Das System umfasst eine Hebevorrichtung (Tragelement 10) mit einem Rahmen (Merkmal 6.2). In dem Rahmen sind Polster 24 angeordnet (vgl. NK11, Abs. [0030], [0031]), um die Windturbinenschaufel 29 sicher zu halten. Der Rahmen 10 ist somit ausgelegt, mit einer Windturbinenschaufel 29 verbunden zu werden (Merkmal 6.2.1). Der Rahmen 10 besitzt zwei Enden und ein Mittelteil (Merkmal 6.2.2). An den beiden Enden des Rahmens sind Ösen 26 angebracht. Durch diese können Seile geführt werden, „die z. B. eine Drehung der gesamten Vorrichtung um ihre Hochachse auch dann erlauben, wenn diese bereits von einem Kran angehoben wurde“ (NK11, Abs. [0026]); demnach sind auch die Merkmale 6.5., 6.5.1, 6.5.3 sowie teilweise das Merkmal 6.5.4 verwirklicht.
Bzgl. der Anbindung des Rahmens an einen Kran wird in NK11, Abs. [0010], [0011], ausgeführt, dass an dem Tragelement, im Zentrum der Oberseite, eine Kugeldrehverbindung vorgesehen ist, die eine Drehung der Vorrichtung erlaubt. Die Drehung kann mit einem Drehwerksantrieb an der Kugeldrehverbindung maschinell durchgeführt werden. Über die in den Ösen befestigten Führungsseile kann z. B. die Ausrichtung des Rotorblattes bei Ausfall oder an Stelle des Drehwerkantriebs (der Kugeldrehvorrichtung) vom Boden aus manuell erfolgen. Hiervon unterscheidet sich das Hebesystem gemäß Anspruch 6 des Streitpatents somit darin, dass es einen Kranausleger (Merkmal 6.3) und eine Windenanordnung (Merkmal 6.4) umfasst, wobei die Steuerseile von der Hebevorrichtung über den Kranbaum zu der Windenanordnung verlaufen und es erlauben, die horizontale Ausrichtung zu kontrollieren (Merkmal 6.5.4).
Die Ausgestaltung eines hierzu vorgesehenen Krans ist in der Druckschrift NK11 nicht offenbart. Um das in der Druckschrift NK11 offenbarte Hebesystem mit einem Rahmen für die Montage eines Rotorblatts benutzen zu können, muss der Fachmann also einen aus dem Stand der Technik bekannten Kran auswählen, der eine Montage des Rahmens gemäß den in der Druckschrift NK11 beschriebenen Anbindungsmöglichkeiten ermöglicht.
Druckschrift NK9 betrifft so einen Kran mit einer hydraulischen Leitseilvorrichtung. Er weist eine Führung von zwei Steuerseilen 9 über an dem Kranbaum oberhalb der Last 8 befestigten Umlenkrollen 10 zu den am oberen Schwenkkörper 3 des Krans befestigten Winden 11 auf, vgl. die Fig. 1 (Merkmale 6.3, 6.4 und 6.5). Der Fachmann erkennt dabei die Vorteile von über die Winden angesteuerten und über Umlenkrollen geführten Steuerseile: Zum einen ermöglichen diese eine gesteuerte Drehung der Last (vgl. Abs. [0008] sowie Fig. 1(B)). Zum anderen verhindert die Zugkraft jedes Leitseils eine darüber hinausgehende Drehung der Last (i. S. einer Schwingung, vgl. Abs. [0001]). Die maschinelle Steuerung macht eine manuelle Verdrehung der Last vom Boden und zusätzliches Personal dafür folglich überflüssig. Der aus der Druckschrift NK9 bekannte Kran bietet sich somit dem Fachmann förmlich an, wenn es darum geht, ausgehend von dem in der Druckschrift NK11 gelehrten Stand der Technik ein vorteilhaftes Verfahren zum Anheben einer Windturbinenschaufel an eine Windturbinennabe und ein vorteilhaftes Hebesystem für Windturbinenschaufeln zu liefern, mit dem die Wirkung des Windes während der Blattmontage und die Wirkung der Masseträgheit reduziert und Schwingungen weiter vermindert werden können.
Die Fig. 1 (A) und 1 (B) und Abs. [0016] in der Druckschrift NK9 zeigen bzw. beschreiben, wie zur Reduzierung der Schwingung der Last über die Steuerseile 9 eine Zugkraft auf die Last 8 ausgeübt wird. Die Steuerseile sind durch oberhalb der Last 8 am Kranbaum 4 befestigte Umlenkrollen geführt und ziehen die Last 8 zum Kranbaum hin, vgl. die Fig. 1(B), wo die Last 8 dann in Position gehalten wird. Der Fachmann entnimmt unmittelbar aus der Fig. 1 (A), dass dabei Kraftkomponenten auftreten, die gleichzeitig sowohl senkrecht als auch parallel zur Hebekraft wirken. Durch die senkrecht wirkende Komponente wird, wie in Abs. [0008] erläutert, ein Verdrehen der Last 8 in der horizontalen Ebene um eine vertikale Achse verhindert und deren Ausrichtung gesteuert. Kraftkomponenten, die parallel zur Hebekraft wirken und ein Verkippen um die Querachse verhindern, sind zwar nicht explizit erwähnt, aber zwangsläufig ebenfalls vorhanden. Diese treten in identischer Weise wie die streitpatentgemäßen Kraftkomponenten auf, sobald die Last vom Boden abgehoben und zur Montagehöhe gehoben wird.
Eine einfache Zusammenschau von Merkmalen der technischen Lehren der Druckschriften NK11 und NK9 führt den Fachmann somit zu einem Hebesystem, das sowohl ein Verkippen um die Querachse als auch ein Verdrehen um die horizontale Achse steuert bzw. verhindert, und welches es erlaubt, wie streitpatentgemäß vorgesehen die horizontale Lage der Windturbinenschaufel zu kontrollieren, sobald sie vom Boden abgehoben ist (Merkmal 6.5.4).
Der Gegenstand des Anspruchs 6 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
2. Das Verfahren zum Montieren einer Windturbinenschaufel an eine Windturbinennabe gemäß Anspruch 1 des Streitpatents beruht aus den zu Anspruch 6 dargelegten Gründen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Ausrichten der Windturbinenschaufel gemäß Merkmal 1.5.2 sowie den weiteren Merkmalen des Anspruchs 1 ergibt sich analog zu den Vorrichtungsmerkmalen des Streitgegenstandes aus einer einfachen Zusammenschau der Vorgehensweisen, die die Druckschriften NK11 und NK9 lehren; insoweit liegt das patentgemäße Vorgehen somit ebenfalls nahe.
III.
In der Fassung des Hilfsantrags 1 erweist sich das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 5 und 6 ebenfalls als nicht rechtsbeständig, wohingegen es im Umfang der Patentansprüche 7 bis 9 Bestand hat.
1. In der Fassung nach dem Hilfsantrag 1 enthält Patentanspruch 1 gegenüber seiner erteilten Fassung folgende zusätzliche Merkmale (Änderungen unterstrichen):
1.5.1 which connect the blade (3) via pulleys located close to the top end of the crane boom (5) to a winch arrangement (11)
[die die Windturbinenschaufel (3) über Umlenkrollen, die in der Nähe des oberen Endes des Kranauslegers angeordnet sind, mit einer Windenanordnung (11) verbinden]
1.6 wherein the blade (3) is connected to a frame (17) of a lifting device (9)
[wobei die Windturbinenschaufel (3) mit einem Rahmen (17) einer Hebevorrichtung (9) verbunden ist]
1.7 which frame (17) has two ends (21, 23) and a central area and wherein the control wires (13) are connected to the ends (21, 23) of the frame (17)
[wobei der Rahmen (17) zwei Enden (21, 23) und ein Mittelteil besitzt und wobei die Steuerseile (13) mit den Enden (21, 23) des Rahmens (17) verbunden sind].
a) Der Patentanspruch 1 ist in dieser Fassung zulässig, weil die hinzugekommenen Merkmalen bereits den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen unmittelbar entnehmbar sind und den Schutzgegenstand der erteilten Ansprüche weiter einschränken. Die Merkmale 1.6 und 1.7 stammen aus dem Vorrichtungsanspruch 6 der ursprünglich eingereichten Anmeldung (vgl. EP 1 925 582 A1; nachfolgend: A1-Schrift) und aus dem dortigen Beschreibungsabsatz [0013]. Das Teilmerkmal 1.5.1, wonach die Steuerseile über Umlenkrollen geführt werden, die in der Nähe des oberen Endes des Kranauslegers angeordnet sind, geht aus der A1-Schrift (vgl. Abs. [0016], entsprechend Streitpatentschrift, Abs. [0016]) eindeutig als zur Erfindung gehörig hervor. Denn dort werden die Vorteile herausgestellt, die sich aus einer Positionierung der Umlenkrollen nahe am oberen Ende des Kranauslegers ergeben.
b) Auf die Zulässigkeit kommt es letztlich aber nicht an, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 war dem Fachmann ausgehend von dem sich aus der Druckschrift NK11 ergebenden Stand der Technik am Prioritätstag nahegelegt.
Das in der Druckschrift NK11 beschriebene Tragelement 10 ist als Rahmen konstruiert, der zwei Enden aufweist und ein Mittelteil besitzt, vgl. die Fig. 1 sowie die Abs. [0025] und [0026]. An beiden Enden ist jeweils eine Öse 26 vorgesehen, die der Befestigung mit Führungsseilen dient, vgl. Abs. [0011]. Zur Montage wird das Windturbinenblatt in einer horizontalen Lage in diesen Rahmen eingelegt und mit ihm verbunden, vgl. Fig. 2 und Abs. [0030]. Das stimmt mit den in den in den Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 mit aufgenommenen Merkmalen 1.6 und 1.7 überein.
Entgegen der Auffassung der Beklagten lag auch die im Merkmal 1.5.1 des Hilfsantrags näher definierte Positionierung der Umlenkrollen in der Nähe des oberen Endes des Kranbaumes (which connect the blade (3) via pulleys located close to the top end of the crane boom (5)) für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt nahe. Es lag nämlich im Bereich üblichen fachmännischen Handelns, abhängig von der Art und Geometrie der anzuhebenden Last sowie der geforderten Hubhöhe die Umlenkung der Leitseile derart zu positionieren, dass eine möglichst vorteilhafte Wirkung der Steuerseile erzielt wird. Die höchsten Windlasten treten bei der Montage von Windturbinenschaufeln naturgemäß in der Montagehöhe an der Nabe auf. Gleichzeitig ist gerade dort zur Verbindung der Schaufel an der Nabe aber auch eine möglichst präzise Lage der Windturbinenschaufel einzuhalten. Der Fachmann wird daher bei der Montage von Windturbinenrädern mit einem Kran die Umlenkrollen – deren Existenz ihm im Prioritätszeitpunkt auch aus der Druckschrift NK9 bekannt war (dort zeigt Figur 1 (A) eine ungefähr am unteren Drittel des Kranauslegers 4 angeordnete Umlenkrolle 10) – in der Nähe des oberen Endes des Kranbaums positionieren. Denn nicht zuletzt aufgrund entsprechender Praxiserfahrung weiß er, dass auf diese Weise die Länge der Steuerseile zwischen Umlenkrolle und Windturbinenschaufel reduziert und folglich eine präzisere Steuerung der Lage der Windturbinenschaufel in der Einbauposition erreicht werden kann.
2. Analog zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 erfolgt in zulässiger Weise eine Änderung des Patentanspruchs 6 gegenüber der erteilten Fassung durch Ergänzung in dem Merkmal 6.5.2 wie folgt (Änderungen unterstrichen):
6.5.2 the control wires (13) running from the lifting device (9) via pulleys located close to the top end of the crane boom (5) to the winch arrangement (11)
[wobei die Steuerseile über Umlenkrollen geführt werden, die in der Nähe des oberen Endes des Kranauslegers angeordnet sind].
Aus den bereits im Abschnitt II.1. b) dargelegten Gründen ist jedoch die Patentfähigkeit auch dieses Anspruchsgegenstandes nicht gegeben.
3. Anders verhält es sich mit dem Hebesystem für Windturbinenschaufeln gemäß Patentanspruch 7 nach Hilfsantrag 1. Dieser umfasst die Merkmale 7.1 bis 7.5.4, die den Merkmalen 6.1 bis 6.5.4 des erteilten Patentanspruchs 6 entsprechen, und zusätzlich die Merkmale 7.5.2 und 7.5.4 (Änderungen durch Streichung bzw. Unterstreichung kenntlich gemacht):
7.5.2 running from the lifting device (9) via to pulleys (27) at the crane boom (5) and from there to the winch arrangement (11),
[wobei die Steuerseile (13) von der Hebevorrichtung (9) zu Umlenkrollen (27) am Kranbaum (5) und von dort zu der Windenanordnung (11) verlaufen,
7.5.4 and allow for controlling the blade orientation to be substantially horizontal when it has been lifted off the ground, wherein the pulleys (27) are movable with respect to the crane boom (5).
[und es erlauben, die Ausrichtung der Windturbinenschaufel zu kontrollieren, sodass sie im Wesentlichen horizontal ist, sobald die Windturbinenschaufel vom Boden abgehoben ist, wobei die Umlenkrollen (27) in Bezug auf den Kranausleger (5) beweglich sind.]
a) Die mit dem neuen Patentanspruch 7 beanspruchte Merkmalskombination ergibt sich aus den erteilten - und ebenso den mit der ursprünglichen Anmeldung eingereichten - Ansprüchen 6, 8 und 9, weshalb der Anspruch zulässig ist. Dem steht nicht entgegen, dass nunmehr an Stelle des erteilten Anspruchs 6 neue nebengeordnete Ansprüche 6 und 7 treten sollen, mit denen zwei unterschiedliche Gegenstände beansprucht werden. Die Aufspaltung eines einheitlichen Patentanspruchs in mehrere nebengeordnete Ansprüche ist nämlich zulässig, wenn jeder dieser nebengeordneten Ansprüche den erteilten Anspruch - wie im vorliegenden Fall - lediglich einschränkt (vgl. Engel, Zur Beschränkung des Patents und deren Grenzen, GRUR 2009, 248, 251).
b) Der Gegenstand des gemäß Hilfsantrag 1 geänderten Patentanspruchs 7 ist auch patentfähig.
Die Klägerin trägt vor, dass es lediglich eine offensichtlich zweckmäßige Maßnahme darstelle, Umlenkrollen beweglich an einem Kranausleger anzubringen. Dies könne daher keine erfinderische Tätigkeit begründen. So ergebe sich aus der Druckschrift NK12/12b eine offensichtliche Anregung dazu, Umlenkrollen beweglich in Bezug auf den Kranausleger anzubringen. Dort seien die Umlenkrollen 39 bzw. 40 (vgl. die Fig. 1 dieser Druckschrift) in verschiedenen Bereichen des Kranauslegers beispielhaft gezeigt. Darüber hinaus zeige NK13/13a beispielhaft eine solche bauliche Ausgestaltung.
Diese Argumentation überzeugt jedoch nicht, denn selbst unter der Annahme, dass der Fachmann die technischen Lehren der Druckschriften NK12 und der NK11 miteinander kombinieren würde, wie von der Klägerin vorgetragen, gelangt er nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 7 nach Hilfsantrag 1. Die Fig. 1 und 2 der Druckschrift NK12/12b zeigen Steuerseile 36, 37, die an Schwingungsverhinderungsarmen 15 eines Hubbalkens befestigt sind. Die Steuerseile 36, 37 werden zur Verminderung der Schwingungen der Last 9 durch Seilwinden 29a, 29b unter Spannung gehalten und über Umlenkrollen 39 und 40 geführt. Im unteren Bereich, zu den Winden 29a, 29b hin, haben die Steuerseile einen geringen Abstand zueinander, der eine gezielte Aufwicklung auf den nebeneinander liegenden Winden 29a, 29b ermöglicht. Wie aus der Fig. 2 ersichtlich, dienen die Umlenkrollen 39 und 40 der Aufweitung des Steuerseilabstandes auf die durch die Schwingungsverhinderungsarme 15 vorgegebene Breite. Warum der Fachmann eine weitere Funktion dieser Umlenkrollen hätte vorsehen und diese in Bezug auf den Kranausleger hätte beweglich ausführen sollen (Merkmal 7.5.4 des Anspruchs 7 nach Hilfsantrag) erschließt sich nicht. Er hatte hierzu weder eine Veranlassung noch konnte er hierin eine vorteilhafte Weiterbildung der in der Druckschrift NK12/12b offenbarten, in sich geschlossenen technischen Lehre erkennen.
In gleicher Weise ist die Kombination der Druckschriften NK11 und NK9 zu bewerten. Die in der Druckschrift NK9 offenbarte Umlenkrolle 10 ist an einer vorgegebenen Position fest am Kranausleger befestigt, vgl. die Fig. 1 (A). Auch hier fehlt die Veranlas- sung, abweichend von der technischen Lehre der Entgegenhaltung NK9 eine beweglich angeordnete Umlenkrolle 10 vorzusehen. Selbst unterstellt, der Fachmann würde anstelle der fest positionierten Umlenkrollen 10 bewegliche, am Kranbaum angeordnete Umlenkrollen vorsehen, wie in der Druckschrift NK13/13a beschrieben, läge der Gegenstand des Anspruchs 7 nicht nahe. Wie in den Absätzen [0013] bis [0015] beschrieben und in den Fig. 1 bis 3 der Druckschrift NK13/13a gezeigt, sind zusätzlich zum Tragseil 14 der Last W weitere Drahtseile vorgesehen. Zum einen sind dies die Abspanndrahtseile (guy wire ropes 8). Diese sind an ihrem oberen Ende fest fixiert und werden über die kombinierten Umlenkrollen 9 und die Umlenkrolle 10 zu einer Winde 12 an der Bodenplatte des Schwenkkrans geführt. Durch die Winde 12 wird die Spannung der Abspanndrahtseile 8 kontrolliert, so dass die Last W, die über das Befestigungsmittel 16 mit der der Umlenkrolle 10 verbunden ist, mit einer gewünschten Spannung angezogen wird. Zum anderen ist in den Führungsdrahtseilen (guide wire ropes 7) eine weitere kombinierte Umlenkrolle 9 geführt, die als Gegenlager die Abspannkraft mit aufnimmt. Durch diese Maßnahmen wird das Schwingen der Last reduziert, vgl. Abs. [0001].
Insofern findet sich in der Druckschrift NK13/13a zwar ein Bezug zu der Aufgabenstellung des vorliegenden Streitpatents. Die Bewegung der Umlenkrollen 9 im Bezug auf den Kranausleger erfolgt jedoch durch die Bewegung der Last W. Wenn diese angehoben wird, rollen die beiden kombinierten Umlenkrollen 9 auf dem Abspanndrahtseil ab und bewegen sich gleichmäßig mit der Last mit. Die Abspanndrahtseile 8 zwischen den kombinierten Umlenkrollen 9 und der Umlenkrolle 10 befinden sich daher immer in einer nahezu horizontalen Lage. In dieser können jedoch keine Kraftkomponenten in Richtung bzw. Gegenrichtung zur Hebekraft in den Steuerseilen wirken, so dass ein Verkippen der Last um die Querachse nicht reduziert bzw. verhindert wird, wie es zur Kontrolle der horizontalen Lage in der Definition des Streitpatents notwendig ist. Die Ausgestaltung eines Krans gemäß der Druckschrift NK9 mit beweglich ausgestalteten Umlenkrollen, wie in der Druckschrift NK13/13a beschrieben, führt den Fachmann daher von dem Merkmal 7.5.4 des Anspruchs 7 weg, da sie es nicht erlaubt, die Ausrichtung der Windturbinenschaufel streitpatentgemäß zu kontrollieren.
Die pauschale Argumentation der Klägerin, es wäre eine für den Fachmann naheliegende konstruktive Ausgestaltung, die beweglichen Umlenkrollen so auszugestalten, dass die Steuerseile entsprechende Kraftkomponenten übertragen, kann nicht überzeugen. Wie oben bereits ausgeführt, ist der Druckschrift NK9 kein Hinweis dahingehend zu entnehmen, dass und wie die in Richtung bzw. Gegenrichtung der Hebekraft auftretende Kraftkomponenten zu berücksichtigen sind. Warum der Fachmann nun, in Unkenntnis der technischen Lehre des Streitpatents, genau diese Komponenten berücksichtigen und eine entsprechende aufwendige Umgestaltung bzw. Umkonstruktion der in der Druckschrift NK13/13a beschriebenen beweglichen Umlenkrollen durchführen sollte, erschließt sich nicht.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, auch die in der mündlichen Verhandlung noch angesprochene Veröffentlichung NK10, liegen weiter ab und können dem Fachmann ebenfalls keinen Hinweis und keine Veranlassung geben, das beanspruchte Hebesystem mit Umlenkrollen im Sinne des Merkmals 7.5.4 auszuführen.
Nach alledem ist das Hebesystem gemäß Patentanspruch 7 nach Hilfsantrag 1 patentfähig.
4. Die von Hilfsantrag 1 mitumfassten und geänderten Ansprüche 8 und 9 sind als Unteransprüche auf Anspruch 7 rückbezogen und werden von dessen Bestandskraft mitgetragen; auf die selbständige Verteidigung dieser Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3 braucht nicht eingegangen zu werden.
Auf die Bestandsfähigkeit der Ansprüche 10 und 11 gemäß Hilfsantrag 1, auch soweit diese dort auf die bestandsfähigen Ansprüche 7 bis 9 rückbezogen sind, kommt es entsprechend dem Antrag der Beklagten ebenso nicht an.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Dr. Schnurr Dr. Fritze Wiegele Dr. Schwenke Fa