19 W (pat) 44/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 44/13 Verkündet am 26. Oktober 2015
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2012 100 568.0 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl. -Ing. J. Müller und Dipl.-Ing. Matter beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 04 M – hat die am 24. Januar 2012 eingereichte Anmeldung mit der Bezeichnung
„Telefonsprechstelle mit einer Kindersicherung“
mit Beschluss vom 28. März 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 sowohl nach Haupt- als auch nach Hilfsantrag seien nicht neu.
Gegen diesen, der Anmelderin am 5. April 2013 zugestellten Beschluss richtet sich deren Beschwerde vom 29. April 2013, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am 2. Mai 2013. Sie hat in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2015 neue Unterlagen eingereicht und stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 M des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2015, Beschreibung, Seiten 1 bis 10, und Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, jeweils vom Anmeldetag 24. Januar 2012,
hilfsweise,
Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2015,
Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2015,
Patentansprüche 1 bis 4 gemäß 3. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2015,
übrige Unterlagen zu den Hilfsanträgen jeweils wie Hauptantrag.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 26. Oktober 2015 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
Telefonsprechstelle (10) mit 1.1 einem Telefongehäuse (12) 1.2 an welchem eine Türöffnertaste (14) zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle (10) elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste (14) erzeugtes Türöffnersignals betätigbar ist; dadurch gekennzeichnet, 1.3 dass eine Kindersicherung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird, 1.4 dass die Kindersicherung auf die elektrische Verbindung zwischen der Türöffnertaste (14) und dem Türöffner wirkt und bei Aktivierung die elektrische Verbindung unterbricht, 1.5 dass die Kindersicherung einen mit einer Betätigungseinrichtung (16) verbundenen elektronischen Schalter (18) aufweist, der in der elektrischen Verbindung zwischen der Türöffnertaste (14) und dem Türöffner angeordnet ist, wobei die Betätigungseinrichtung (16) von einer Freigabestellung (F) in eine Sperrstellung (S) bringbar ist, und wobei der elektronische Schalter (18) in der Freigabestellung (F) geschlossen und in der Sperrstellung (S) geöffnet ist, oder
1.6 1.6.1 dass die elektrische Verbindung mittels einer Softwarefunktion eines μ-Rechners der Telefonsprechstelle (10) unterbrochen wird, wobei die Softwarefunktion unter Einbeziehung von Funktionstasten der Türsprechstelle aktiviert wird.
Der nebengeordnete Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag 26. Oktober 2015 lautet unter Einfügung einer Gliederung:
vom Telefonsprechstelle (10) mit 1.1 einem Telefongehäuse (12) 1.2 an welchem eine Türöffnertaste (14) zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle (10) elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste (14) erzeugtes Türöffnersignals betätigbar ist; dadurch gekennzeichnet, 1.3 dass eine Kindersicherung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird, 2.4 dass die Kindersicherung mechanisch auf die Türöffnertaste (14) wirkt und bei Aktivierung ein Eindrücken der Türöffnertaste (14) durch eine mechanische Sperre verhindert, 2.5 dass die Kindersicherung ein mit einer Betätigungseinrichtung (16) verbundenes mechanisches Gestänge (20) aufweist, das mit einem an der Türöffnertaste (14) vorgesehenen Gegenstück (22) in Eingriff bringbaren Sperrriegel (24) zusammenwirkt, wobei die Betätigungseinrichtung (16) von einer Freigabestellung (F) in eine Sperrstellung (S) bringbar ist, und wobei das Gestänge (20) in der Freigabestellung (F) den Sperrriegel (24) mit dem Gegenstück (22) außer Eingriff bringt, so dass die Türöffnertaste (14) betätigbar ist, und in der Sperrstellung (S) in Eingriff bringt, so dass die Türöffnertaste (14) arretiert ist,
2.6 dass die Betätigungseinrichtung (16) eine am Telefongehäuse (12) angebrachte Schiebereinrichtung (26) aufweist, und
2.7 dass die Betätigungseinrichtung (16) an dem entgegen der Schwerkraftrichtung (SKR) oberen Teilbereich (28) des Telefongehäuses (12) angebracht ist.
Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag vom 26. Oktober 2015 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch das Fehlen des Merkmals 1.5 und lautet daher unter Einfügung einer Gliederung:
1.1 1.2
1.3 1.4
1.6
1.6.1 Telefonsprechstelle (10) mit einem Telefongehäuse (12) an welchem eine Türöffnertaste (14) zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle (10) elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste (14) erzeugtes Türöffnersignals betätigbar ist; dadurch gekennzeichnet, dass eine Kindersicherung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird, dass die Kindersicherung auf die elektrische Verbindung zwischen der Türöffnertaste (14) und dem Türöffner wirkt und bei Aktivierung die elektrische Verbindung unterbricht, dass die elektrische Verbindung mittels einer Softwarefunktion eines μ-Rechners der Telefonsprechstelle (10) unterbrochen wird, wobei die Softwarefunktion unter Einbeziehung von Funktionstasten der Türsprechstelle aktiviert wird.
Der Patentanspruch 1 gemäß 2. Hilfsantrag vom 26. Oktober 2015 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag durch das Fehlen der Merkmale 1.4 und 1.5, sowie durch eine Ergänzung im Merkmal 1.6.1 und lautet unter Einfügung einer Gliederung:
Telefonsprechstelle (10) mit 1.1 einem Telefongehäuse (12) 1.2 an welchem eine Türöffnertaste (14) zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle (10) elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste (14) erzeugtes Türöffnersignals betätigbar ist; dadurch gekennzeichnet, 1.3 dass eine Kindersicherung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird, 1.6 dass die elektrische Verbindung mittels einer Softwarefunktion eines μ-Rechners der Telefonsprechstelle (10) unterbrochen wird, 1.6.1H2 wobei die Softwarefunktion unter Einbeziehung von Funktionstasten der Türsprechstelle nämlich der Rufannahmetaste und/oder der Lichttaste aktiviert wird.
Der Patentanspruch 1 nach dem 3. Hilfsantrag vom 26. Oktober 2015 ist identisch mit dem Patentanspruch 2 nach dem Hauptantrag.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft eine Telefonsprechstelle mit einem Telefongehäuse, an welchem eine Türöffnertaste zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste erzeugtes Türöffnersignal betätigbar ist (Seite 1, Absatz 1).
Nach der Beschreibung könne bei bekannten Türsprechanlagen in der Hausinstallation zwischen einer Türstation im Eingangsbereich eines Gebäudes und einer Telefonsprechstelle in einer Wohnung des Gebäudes eine Sprech- und/oder Videoverbindung hergestellt werden. Zudem könne von der Telefonsprechstelle in der Wohnung durch Betätigen einer Türöffnertaste der Türöffner an der Türstation betätigt werden (Seite 1, Absatz 2).
Es stelle dabei eine Gefahr dar, dass insbesondere Kleinkinder durch Drücken der Türöffnertaste den Türöffner betätigen und somit einer unter Umständen unberechtigten Person die Haustüre öffnen könnten (Seite 2, Absatz 1).
Daher sei es Aufgabe der Erfindung, eine Telefonsprechstelle anzugeben, bei der ein unerlaubtes Betätigen des Türöffners wirkungsvoll verhindert werde (Seite 2, Absatz 2).
Zur Lösung der Aufgabe werde eine Kindersicherung vorgesehen, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert werde. Dadurch werde wirkungsvoll verhindert, dass ein Kind durch Drücken der Türöffnertaste den Türöffner betätigen und somit einer unberechtigten Person die Haustüre öffnen würde (Seite 2, Absatz 4).
Die Beschreibung nennt drei Varianten der Kindersicherung: die Unterbrechung der elektrischen Verbindung zwischen der Türöffnertaste und dem Türöffner mittels eines mit einer mechanischen Betätigungseinrichtung verbundenen elektronischen Schalters (Merkmale 1.4, 1.5), bzw. mittels einer Softwarefunktion eines µRechners der Telefonsprechstelle (Merkmale 1.6, 1.6.1) und eine auf die Türöffnertaste wirkende mechanische Sperreinrichtung (Merkmale 2.4 bis 2.7).
2. Als Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit langjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Türgegensprechanlagen mit Türöffnerfunktion.
3. Dieser Fachmann versteht die Angaben in den unabhängigen Ansprüchen wie folgt:
Die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche tragen die Bezeichnung Telefonsprechstelle. Im Kontext der Anmeldung ist zwar nur deren Verwendung zur Herstellung einer Sprach- und/oder Videoverbindung zu einer Türstation erwähnt. Von dem Begriff sind jedoch auch solche Sprechstellen umfasst, die externe Fernsprechverbindungen ermöglichen.
Bei der in Merkmal 1.4 genannten elektrischen Verbindung kann es sich sowohl um eine physikalische Verbindung handeln, die in der Lage ist, elektrischen Strom zu führen, als auch um einen rein logischen, funktionellen Zusammenhang, der mittels elektrotechnischer Bauteile realisiert wird.
Den Begriff des elektronischen Schalters 18 gemäß Merkmal 1.5 ist nicht auf ein Halbleiterbauelement, etwa einen Transistor oder Thyristor, beschränkt. Der Begriff umfasst für den Fachmann auch Ein/Aus-Schalter mit einer sich mechanisch bewegenden Kontaktzunge.
Der Angabe „µ-Rechner“ in Merkmal 1.6 misst der Fachmann nicht mehr Bedeutung bei, als dass es sich um die Hardware handelt, auf der die im selben Merkmal genannte Softwarefunktion abläuft.
Der Fachmann erkennt auch, dass es sich bei der in Merkmal 1.6.1 genannten Türsprechstelle ebenfalls um die Telefonsprechstelle mit dem Bezugszeichen 10 handelt und nicht etwa um eine davon zu unterscheidende Sprechstelle an der mit dem Türöffner ausgestatteten Tür. Letztere ist in der Beschreibung als Türstation erwähnt (Seite 1, Absatz 2; Seite 6, Absätze 2 bis4).
Weiter ist in Merkmal 1.6.1 von Funktionstasten in der Mehrzahl die Rede. Hierzu entnimmt der Fachmann der Beschreibung (Seite 3, Absatz 1), dass sowohl die Auswahl einer einzelnen Taste aus einer Mehrzahl von Funktionstasten als auch die Kombination mehrerer Tasten gemeint ist.
4. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 nach Hauptantrag sind nicht patentfähig.
4.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach geltendem Hauptantrag umfasst zwei Varianten, da das Merkmal 1.5 mit den beiden zusammengehörenden Merkmalen 1.6 und 1.6.1 „oder“-verknüpft ist.
a) Die erste Variante ist nicht neu (§ 3 PatG).
Aus der Druckschrift E6: USER's MANUAL, CM-06DN Series Video Door System For Villas (Edition: 2.10). 27.10.2008, INTERNET [online]. http://www.videosprechanlagen.net/download/CM-06.pdf ist eine herkömmliche Gegensprechanlage bekannt, die eine Telefonsprechstelle mit Gehäuse und Türöffnertaste umfasst. Mit der Türöffnertaste lässt sich eine entfernt angeordnete Tür öffnen (vgl. die Darstellung des Gesamtsystems auf den Seiten 1 und 2). Nach Abheben des Hörers bzw. nach Aufbau einer Sprechverbindung zwischen der Telefonsprechstelle in der Wohnung und der Türstation kann an der Telefonsprechstelle durch Drücken der Türöffnertaste die Haus- oder Wohnungstür geöffnet werden.
Unter Berücksichtigung des oben dargelegten fachmännischen Verständnisses einzelner Begriffe offenbart die Druckschrift E6 – ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag – eine Telefonsprechstelle („indoor phone“) mit 1.1 einem Telefongehäuse (Seite 1, oberes Bild)
1.2 an welchem eine Türöffnertaste 4 (Seite 9, 1.2 sowie Seiten 15 bis 17 „unlook button“) zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle („indoor phone“) elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet ist, der durch ein durch Drücken der Türöffnertaste erzeugtes Türöffnersignals betätigbar ist (Seite 9, 1.2).
Durch diesen Stand der Technik sind noch weitere Merkmale des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 zumindest in der Variante gemäß Merkmal 1.5 vorweggenommen; im Einzelnen:
1.3 dass eine Schaltung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird,
1.4 dass die Schaltung auf die elektrische Verbindung zwischen der Türöffnertaste 4 und dem Türöffner wirkt und bei Aktivierung die elektrische Verbindung unterbricht,
1.5 dass die Schaltung einen mit einer Betätigungseinrichtung (Seite 9, 5.1: „handset“ oder „talk button“) verbundenen elektronischen Schalter aufweist, der in der elektrischen Verbindung zwischen der Türöffnertaste und dem Türöffner angeordnet ist, wobei die Betätigungseinrichtung (handset oder talk button) von einer Freigabestellung (abgehoben bzw. gedrückt) in eine Sperrstellung (aufgelegt bzw. nicht gedrückt) bringbar ist und wobei der elektronische Schalter in der Freigabestellung geschlossen und in der Sperrstellung geöffnet ist.
Dabei liest der Fachmann selbstverständlich mit, dass mittels eines elektrischen Schaltkontaktes überwacht wird, ob der Hörer (handset) aufliegt oder nicht bzw. ob alternativ durch Betätigung der Sprechtaste (talk button), also ebenfalls durch Betätigen eines Schalters, die Freisprecheinrichtung aktiviert ist.
Damit ist in der Druckschrift E6 ein Gegenstand mit den die erste Alternative definierenden Merkmalen 1 bis 1.5 bekannt. Die Schaltung wird in der Druckschrift E6 zwar nicht als Kindersicherung bezeichnet, jedoch vermag allein eine andere Bezeichnung eines an sich bekannten Gegenstandes nicht dessen Neuheit zu begründen. Zudem wird auch mit der Telefonsprechstelle nach der Druckschrift E6 eine gewisse Sicherung gegenüber einer nicht gewünschten Betätigung der Türöffnertaste durch Kinder erreicht.
b) Die zweite Variante des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Die vom Senat eingeführte Druckschrift E9 Telegärtner Elektronik GmbH: DoorLine a/b T01 – T04 Montageund Bedienungsanleitung, Stand 23.02.2004.
zeigt eine Telefonsprechstelle mit Türöffnerfunktion, bei der eine an einer Haustür angebrachte Torstelle an einen analogen Haupt- oder Nebenstellenanschluss einer TK-Anlage angeschlossen wird (Seite 1, Absatz 1). Die Torstelle wird wie ein zusätzliches Telefon in die TK-Anlage eingebunden. Von der Torstelle kann eine Sprechverbindung zu den angeschlossenen Telefonen der TK-Anlage aufgebaut werden. Von diesen kann durch Wahl einer bestimmten Kennziffer der mit der Torstelle elektrisch verbundene Türöffner betätigt werden (Seite 16, Absätze 1 und 2). Durch geeignete Programmierung kann die Öffnungszeit des Türöffners auf „Null“ festgelegt und damit eine wirksame Kindersicherung erzielt werden (Seite 13, Absatz 1).
Unter Berücksichtigung des oben dargelegten fachmännischen Verständnisses einzelner Begriffe offenbart die Druckschrift E9 – ausgedrückt in den Worten des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag – eine Telefonsprechstelle mit (in der Druckschrift E9 stellen die mit der Torstelle verbundenen Telefone der TK-Anlage jeweils eine „Telefon-
1.1 1.2teils
1.3 1.4teils sprechstelle“ dar, z. B. die Telefone der auf Seite 11, vorletzter Absatz genannten TK-Anlage „T-Concept X- 311A“) einem Telefongehäuse (die Telefone der TK-Anlage weisen selbstverständlich ein Gehäuse auf) an welchem Tasten zur Betätigung eines mit der Telefonsprechstelle elektrisch verbindbaren Türöffners angeordnet sind, der durch ein durch Drücken der Tasten erzeugtes Türöffnersignal betätigbar ist; (vgl. Seite 15, Kap. 5, Absatz 2: „Durch die Wahl der Tastenfolge 9 wird der Türöffner aktiv“. Zum Betätigen des Türöffners werden an der Telefonsprechstelle zwei Tasten hintereinander betätigt („ “ und „9“). Der Türöffner ist elektrisch an die Torstelle angeschlossen, welche wiederum elektrisch mit den Telefonen der TK-Anlage verbunden ist (vgl. die Abbildung auf Seite 10). Somit ist der Türöffner auch mit der Telefonsprechstelle funktionell elektrisch verbunden.) wobei eine Kindersicherung vorgesehen ist, mit welcher die Erzeugung des Türöffnersignals verhindert wird, (vgl. Seite 13, Absatz 1: „Möchte man verhindern, dass z. B. Kinder während der Abwesenheit der Eltern den Türöffner betätigen, so kann man diesen durch Eingabe der Zeitdauer „0 Sekunden“ auch ganz abstellen.“) wobei die Kindersicherung funktionell auf die elektrische Verbindung zwischen den Tasten und dem Türöffner wirkt und bei Aktivierung die elektrische (Wirk-) Verbindung unterbricht, (ist gemäß Seite 13, Absatz 1 die Schaltzeit des Türöffners auf „0 Sekunden“ gestellt, so wird trotz Drücken der entsprechenden Tastenkombination („ 9“, vgl. Seite 15, Kap. 5, Absatz 2) der Türöffner nicht betätigt, d. h. die
1.6 1.6.1 elektrische Verbindung zwischen den Tasten und dem Türöffner ist unterbrochen) wobei die elektrische Verbindung mittels einer Softwarefunktion eines μ-Rechners der Telefonsprechstelle unterbrochen wird, (auf der Seite 13, Kap. 4.5.5 der Druckschrift E9 ist die spezielle Befehlsfolge („ 05 0“) angegeben, die an der Telefonsprechstelle eingegeben werden muss, um die Kindersicherung zu aktivieren; zur korrekten Auswertung dieser Befehlsfolge muss der μ-Rechner der Telefonsprechstelle eine entsprechende Softwarefunktion aufweisen) wobei die Softwarefunktion unter Einbeziehung einer Funktionstaste der Türsprechstelle aktiviert wird. (die auf Seite 13 genannte Befehlsfolge lautet „ 05 0“; es wird somit die Funktionstaste „ “ einbezogen.)
Somit unterscheidet sich der Gegenstand der zweiten Variante des Patentanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag von der aus der Druckschrift E9 bekannten Telefonsprechstelle lediglich dadurch, dass in der Telefonsprechstelle eine – dedizierte – Türöffnertaste zur Betätigung des Türöffners vorgesehen ist (Rest der Merkmale 1.2 und 1.4), wohingegen bei der aus der Druckschrift E9 bekannten Telefonsprechstelle der Türöffner durch das serielle Drücken zweier Tasten der Telefontastatur („ “ und „9“) betätigt wird.
Zur Vereinfachung von Bedienvorgängen anstelle einer Tastenkombination eine spezielle Funktionstaste vorzusehen, liegt aber für den Fachmann im Rahmen fachgemäßer Überlegungen nahe. In zahlreichen, dem Fachmann hinlänglich bekannten, elektronischen Geräten, wie beispielsweise Computertastaturen, Telefonen, Fernbedienungen etc., sind zur Vereinfachung der Dateneingabe Funktionstasten – auch in Form sogenannter Softkeys – vorgesehen, die fest programmiert sind oder frei programmiert werden können und jeweils eine Reihe von Einzelein- gaben zusammenfassen. Nunmehr anstelle der Tastenkombination 9 eine spezielle Funktionstaste vorzusehen, die dann ihrer Funktion entsprechend „Türöffnertaste“ genannt werden kann, weil sie die für die Betätigung des Türöffners notwendige Codefolge 9 generiert, liegt insoweit nahe. Hinzu kommt, dass gerade solche Türöffnertasten als Spezialtasten bei anderen bekannten Türsprechanlagen gebräuchlich sind (vgl. z. B. „unlock button“ gemäß Druckschrift E6)
Daher beruht die zweite Variante des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.2 Was den Gegenstand des Patentanspruchs 2 nach Hauptantrag anbelangt, denkt der Fachmann bei der Aufgabe, die als Kindersicherung wenig wirkungsvolle Schaltung gemäß Druckschrift E6 geeignet zu ergänzen, alternativ auch an mechanische Maßnahmen. So werden in der Druckschrift E8 DD 258 005 A1 auf mechanischen Arretierungssystemen beruhende Kindersicherungen auch im Zusammenhang mit elektrischen Tür-Schließeinrichtungen als bekannt beschrieben (Seite 2, Abschnitte „Anwendungsgebiet der Erfindung“ und „Charakteristik der bekannten technischen Lösungen“). Insoweit gehört es für den hier angesprochenen Fachmann zum Grundwissen, das Eindrücken einer Türöffnertaste durch eine mechanische Sperre zu verhindern (Merkmal 2.4).
Genauso ist es in der E8 als bekannt vorausgesetzt, wenn auch als wenig wirkungsvoll bezeichnet, Betätigungselemente möglichst weit oben anzuordnen, wie in Merkmal 2.7 angegeben, also außerhalb des Griffbereiches von Kindern (Seite 3, Absatz 3).
Wenn der Fachmann eine mechanische Sperre für einen elektrischen Schalter, wie sie in der Druckschrift E8 als bekannt beschrieben ist, realisiert, ist es am einfachsten und damit naheliegend, ein Gestänge vorzusehen, das die Betätigung des Schaltgliedes blockiert, also quer in die Bewegungsbahn des Schalterantriebs (z. B. Taste) eingreift. Für die Betätigung dieses Gestänges bedarf es selbstverständlich wiederum einer geeigneten Betätigungsvorrichtung.
Somit sind in den Merkmalen 2.5 und 2.6 lediglich Maßnahmen genannt, die der Fachmann ausweislich des in der Druckschrift E8 als bekannt beschriebenen Standes der Technik offensichtlich ergreift, ohne dass er dazu detaillierte konstruktive Erläuterungen braucht.
Daher ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 2 nach Hauptantrag für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem 1. Hilfsantrag ist nicht patentfähig, denn er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist identisch mit der zweiten Variante (Merkmale 1.6; 1.6.1) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Daher wird auf die Ausführungen zu dieser Variante des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unter 4.1.b verwiesen, die hier gleichermaßen gelten.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem 2. Hilfsantrag ist nicht patentfähig, denn er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Der Patentanspruch 1 nach dem 2. Hilfsantrag basiert ebenfalls auf der zweiten Variante des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag.
Hinsichtlich der Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.3, 1.6 und 1.6.1 wird auf die Ausführungen zu der zweiten Variante des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag verwiesen, die hier gleichermaßen gelten.
In dem Merkmal 1.6.1H2 ist gegenüber dem Merkmal 1.6.1 ergänzt, dass es sich bei den für die Aktivierung der Softwarefunktion verwendeten Funktionstasten der Türsprechstelle um die Rufannahmetaste und/oder die Lichttaste handelt.
Die Auswahl bestimmter einzelner Tasten (hier: Rufannahmetaste und/oder die Lichttaste) zur Belegung mit einer gewünschten Funktion (hier: Aktivierung der Softwarefunktion) geht nicht über eine Routinetätigkeit des Fachmanns hinaus. Ein konkreter technischer Effekt, der aus der Auswahl resultiert, ist nicht ersichtlich und auch nicht besonders offenbart. Demzufolge ist die Ergänzung, die das Merkmal 1.6.1 durch das Merkmal 1.6.1H2 erfahren hat, nicht geeignet das Beruhen des Anspruchsgegenstandes auf einer erfinderischen Tätigkeit zu begründen.
7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem 3. Hilfsantrag ist nicht patentfähig, denn er beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
Der Patentanspruch 1 nach dem 3. Hilfsantrag ist identisch mit Patentanspruch 2 nach Hauptantrag. Daher wird auf die Ausführungen zu dem Patentanspruch 2 nach Hauptantrag verwiesen, die hier gleichermaßen gelten.
8. Nachdem sich der Anmeldungsgegenstand in keiner der beanspruchten Fassungen als patentfähig erwiesen hat, war die Beschwerde der Anmelderin insgesamt zurückzuweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substantiierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt.
2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt.
4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat.
5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind.
6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck J. Müller Matter Hu