5 Ni 27/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 27/13 (EP) (Aktenzeichen)
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
7. Oktober 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache …
BPatG 253 08.05
…
betreffend das europäische Patent 1 076 975 (DE 699 41 540)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Klante sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein, Schwarz, Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer und Dipl.Geophys. Dr. Wollny für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 076 975 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinausgeht:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. III. Das Urteil ist jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 076 975 (Streitpatent, veröffentlicht als EP 1 076 975 B1), das aufgrund der internationalen Anmeldung PCT/US1999/009362 vom 29. April 1999, die am 11. November 1999 als WO 1999/057866 veröffentlicht worden ist, unter Inanspruchnahme der Priorität aus den amerikanischen Anmeldungen US 84014P vom 4. Mai 1998 und US 295966 vom 21. April 1999 erteilt worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 699 41 540.3 geführt. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung „USER SPECIFIC AUTOMATIC DATA REDIRECTION SYSTEM“ (in Deutsch: „VERBRAUCHER-SPEZIFISCHES DATENWEITERLEITUNGS-SYSTEM“) und umfasst in der erteilten Fassung 26 Patentansprüche, die mit der am 19. Juli 2013 erhobenen Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen werden.
Die erteilten unabhängigen Patentansprüche 1 und 15 lauten in der geltenden Fassung in der Verfahrenssprache wie folgt:
“1. A redirection server (208) connectable between a user computer (100) and a public network (110), the redirection server programmed with a user’s rule set correlated to a temporarily assigned network address for the user computer, wherein the rule set contains at least one of a plurality of functions used to control the data passing between the user computer and the public network, the redirection server charcterised by being configured to allow modification of at least a portion of the rule set in the redirection server while the rule set remains correlated to the temporarily assigned network address.
15. A method for use in a redirection server (208) connected between a user computer (100) and a public network (110), the redirection server containing a user’s rule set correlated to a temporarily assigned network address for the user computer wherein the user’s rule set contains at least one of a plurality of functions used to control the data passing the user computer and the public network; the method characterised by: modifying at least a portion of the user’s rule set in the redirection server while the user’s rule set remains correlated to the temporarily assigned network address.”
In der Übersetzung laut Streitpatentschrift lauten sie in deutscher Sprache:
„1. Umleitungsserver (208), der zwischen einem Benutzercomputer (100) und einem öffentlichen Netz (110) anschließbar ist, wobei der Umleitungsserver mit einem Benutzer-Regelsatz programmiert ist, der mit einer temporär zugeordneten Netzadresse für den Benutzercomputer korreliert ist, wobei der Regelsatz zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen enthält, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird, wobei der Umleitungsserver dadurch gekennzeichnet ist, dass er eingerichtet ist, um eine Modifikation zumindest eines Teils des Regelsatzes im Umleitungsserver zu ermöglichen, während der Regelsatz mit der temporär zugeordneten Netzadresse korreliert bleibt.
15. Verfahren zur Verwendung in einem Umleitungsserver (208), der zwischen einem Benutzercomputer (100) und einem öffentlichen Netz (110) anschließbar ist, wobei der Umleitungsserver einen Benutzer-Regelsatz enthält, der mit einer temporär zugeordneten Netzadresse für den Benutzercomputer korreliert ist, wobei der Be- nutzer-Regelsatz zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen enthält, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird; wobei das Verfahren gekennzeichnet ist durch: Modifizieren zumindest eines Teils des Benutzer-Regelsatzes im Umleitungsserver, während der Benutzer-Regelsatz mit der temporär zugeordneten Netzadresse korreliert bleibt.“
Bei den Ansprüchen 2 bis 14 und 16 bis 26 handelt es sich um auf die Patentansprüche 1 bzw. 10 jeweils unmittelbar oder mittelbar rückbezogene Unteransprüche.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass der mit ihrer Klage angegriffene Gegenstand des Streitpatents wegen mangelnder Patentfähigkeit infolge fehlender Neuheit, zumindest aber mangels erfinderischer Tätigkeit, wegen unzureichender Offenbarung und wegen unzulässiger Erweiterung für nichtig zu erklären sei.
Dies stützt sie in der Klageschrift auf die Druckschriften (Nummerierung und Kurzzeichen laut Klägerin):
A1 EP 1 076 975 B1 (Streitpatent) A2 US84014P (erste Priorität vom 04.05.1998) A3 US295966 (zweite Priorität vom 21.04.1999) A4 WO 99/57866 A1 (ursprünglich eingereichte Fassung)
E1 EP 0 762 707 A2 E2 WO 98/26555 A2 E3 EP 0 909 075 A1 E4 EP 0 854 621 A1 E5 Pogar, Elliot et al.: Secure Public Internet Access Handler
(SPINACH), Proceedings of the USENIX Symposium in In- ternet Technologies and Systems, Monterey, California, Dezember 1997; E6 Network Working Group, Request for Comments 1009 (RFC 1009), Juni 1987 E7 US 5,696,898 E8 WO 96/05549 A1 E9 EP 0 953 248 B1 E10 WO 96/39668 A1 E11 Postel, J.: „INTERNET CONTROL MESSAGE PROTOCOL“, Request for comments 792, September 1981.
Mit Schriftsatz vom 15. September 2015 hat sie folgende weitere Druckschriften eingereicht (wobei die dort als Dokument E11 bezeichnete Druckschrift zur Abgrenzung von der bereits zuvor eingereichten Druckschrift E11 nachfolgend als „E11a“ bezeichnet wird):
E11a E12 E13 E14 E15 EP 0 811 939 A2 US 5,740,430 Hiden, R. et al.: GATEWAY SPECIAL INTEREST GROUP MEETING NOTES; Request for comments 898898, veröffentlicht im April 1984 Clark, D.: Policy Routing in IUnternet Protokols; Request for comments 1102, veröffentlicht im Mai 1989 Berners-Lee, T et al.: Hypertext Transfer Protokol – http/1.0, Request for comments 1945, veröffentlicht im Mai 1996 In der mündlichen Verhandlung hat sie schließlich noch die Druckschrift A5 Auszug aus WIKIPEDIA zum Stichwort „Weiterleitung“.
überreicht.
Die Klägerin beantragt,
das Europäische Patent 1 076 975 B1 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Hilfsanträgen 1 bis 3 gemäß Schriftsatz vom 26. August 2015 (Bl 317 ff. der Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt auch insoweit die Nichtigerklärung. Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, zumindest aber in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen, für patentfähig. Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 26. August 2015 mit Präklusionsfrist bis zum 16. September 2015 zukommen lassen.
Zum Wortlaut der Hilfsanträge der Beklagten sowie zu weiteren Unterlagen, insbesondere zu weiteren Druckschriften, sowie der Auseinandersetzung der Beteiligten über deren Relevanz wird auf die Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe A.
Die zulässige Nichtigkeitsklage hat teilweise Erfolg, soweit mit ihr der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ gegenüber der erteilten Fassung und den von der Beklagten eingereichten Hilfsanträgen 1 und 2 geltend gemacht wird, so dass das Streitpatent insoweit teilweise für nichtig zu erklären ist. Demgegenüber erweisen sich die Gegenstände des Streitpatents in der Fassung laut Hilfsantrag 3 als patentfähig, so dass die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen ist.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents 1. Das Streitpatent betrifft das Gebiet der Internetkommunikation, insbesondere ein Datenbanksystem für den Einsatz bei der dynamischen Umleitung („redirecting“) und Filterung („filtering“) des Internetverkehrs (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]). Das Streitpatent beschreibt zunächst im Absatz [0002] mit Verweis auf Figur 1 die zum Prioritätszeitpunkt typische Umgebung für den Zugang zum Internet:
Der Nutzer, der auf das Internet zugreifen will, meldet sich zunächst bei seinem Internetdienstanbieter mittels Nutzer-ID und Passwort an, damit dieser den Nutzer authentifizieren und ggfs. Gebühren abrechnen könne. Dies geschehe über den Dial-up-Server 102 des Internetdienstanbieters und dessen angeschlossene Infrastruktur. Der Autorisierungssserver 104 bestätige die Autorisierung des Nutzers gegenüber dem Dial-up-Server 102. Der Dial-up-Server stelle nun die Verbindung des Nutzers zum öffentlichen Netzwerk, dem Internet, her, indem er dem Nutzer eine temporäre IP-Adresse für den Datenverkehr im Internet zuweise. Der Zugang zum Internet erfolge über ein Gateway 108, wobei der Nutzer über die zugewiesene temporäre Internetadresse identifiziert würde (vgl. Streitpatent, Abs. [0002]).
Wie das Streitpatent weiter ausführt, sei es aus dem Stand der Technik bekannt, den Internetverkehr umzuleiten („redirection of internet traffic“). Ein Nachteil bei der beschriebenen und bekannten Lösung sei, dass die Kontrolle über das Umleiten am entfernten Ende („at the remote end“) und nicht lokal oder auf der Benutzerseite liege (vgl. Streitpatent, Abs. [0003]).
Weiter führt das Streitpatent aus, dass das Filtern von Datenpaketen mittels einer Firewall bekannt sei. Danach könnten an den Nutzer adressierte sowie vom Nutzer an bestimmte Ziele versandte Datenpakete gefiltert werden. Beispielsweise könne das Filtern anhand von Portnummern erfolgen, die Teil eines jeden IP-Datenpaketes sind. Im Gegensatz zu der oben zum Stand der Technik beschriebenen Umleitung erfolge dieses Filtern am lokalen Ende der Netzwerkverbindung, d. h. am Nutzerende, typischerweise durch den Netzwerkadministrator. Die Filterregeln seien statisch. Einmal programmiert, würden sie unverändert gelten, bis sie durch eine Neuprogrammierung geändert würden (vgl. Streitpatent, Abs. [0004]).
Ausgehend von diesem Stand der Technik, wegen dessen Einzelheiten das Streitpatent auf die Druckschriften US 5,696,898, EP 0854621 A1 und WO 98/26548 A1 verweist, sieht die Erfindung gemäß der Patentansprüche das Generieren und Implementieren sich dynamisch ändernder Regeln für das Umleiten, Blockieren oder Erlauben von spezifischem Datenverkehr für spezifische Nutzer als Funktion von Datenbankeinträgen und der Nutzeraktivität vor (vgl. Abs. [0008] der Streitpatentschrift). Dies soll durch einen sog. „Umleitungsserver“ („redirection server“), der sich zwischen einem Nutzercomputer und dem öffentlichen Netzwerk befindet, realisiert werden, wie dies in Figur 2 der Streitpatentschrift gezeigt ist:
2. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 15 der erteilten Fassung lassen sich (hinsichtlich der inhaltlichen Aufteilung in Merkmale in Übereinstimmung mit der von der Klägerin in der Klageschrift genannten Merkmalsgliederung) wie folgt gliedern:
Patentanspruch 1 M1 A redirection server connectable between a user Computer and a public network,
M2 the redirection server programmed with a user's rule set M3 the rule set is correlated to a temporarily assigned network address for the user Computer M4 the rule set contains at least one of a plurality of functions used to control the data passing between the user Computer and the public network Umleitungsserver, der zwischen einem Benutzercomputer und einem öffentlichen Netz anschließbar ist; der Umleitungsserver ist mit einem Benutzer-Regelsatz programmiert, der Benutzer-Regelsatz ist mit einer temporär zugeordneten Netzwerkadresse für den Benutzercomputer korreliert, der Regelsatz enthält zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird M5 the redirection server being configured to allow modification of at least a portion of the rule set in the redirection server M6 while the rule set remains correlated to the temporarily assigned network address.
Patentanspruch 15 V1 A method for use in a redirection server connected between a user Computer and a public network,
V2 the redirection server containing a user's rule set V3 correlated to a temporarily assigned network address for the user Computer V4 the user's rule set contains at least one of a plurality of functions used to control the data passing [between] the user Computer and the public network V5 modifying at least a portion of the user's rule set in the redirection Server der Umleitungsserver ist eingerichtet, um eine Modifikation zumindest eines Teils des Regelsatzes im Umleitungsserver zu ermöglichen während der Regelsatz mit der temporär zugeordneten Netzwerkadresse korreliert bleibt.
Verfahren zur Verwendung in einem Umleitungsserver, der zwischen einem Benutzercomputer und einem öffentlichen Netz anschließbar ist, wobei der Benutzercomputer einen Benutzer-Regelsatz enthält der Benutzercomputer ist mit einer temporär zugeordneten Netzadresse für den Benutzercomputer korreliert, der Benutzer-Regelsatz enthält zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird; modifizieren zumindest eines Teils des Benutzer-Regelsatzes im Umleitungsserver V6 while the user's rule set remains correlated to the temporarily assigned network address.
während der Benutzer-Regelsatz mit der temporär zugeordneten Netzadresse korreliert bleibt.
3. Seinem sachlichen Gehalt nach richtet sich das Streitpatent an einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit einschlägiger Erfahrung auf dem Gebiet der Realisierung von Computernetzwerken.
4. Dieser Fachmann wird die weitgehend fachübliche Terminologie der Streitpatentschrift aus sich selbst heraus verstehen. Allerdings bedürfen einige der im Anspruch verwendeten Begriffe der Erläuterung:
Zentraler Bestandteil der geltenden Ansprüche ist ein „Umleitungsserver“ („redirection server“), der zwischen einem Benutzercomputer und einem öffentlichen Netz anschließbar ist (Merkmal M1). Dieser „Umleitungsserver“ ist mit einem Benutzer-Regelsatz („user’s rule set“) programmiert (Merkmal M2), welcher mit einer temporär zugeordneten Netzwerkadresse eines Benutzercomputers korreliert ist (Merkmal M3). Der Fachmann versteht dabei unter dem Begriff „Korrelation“ jede Art von Beziehung untereinander (vgl. Anlage NK1, Duden). Im vorliegenden Fall ist dies mithin eine Wechselbeziehung zwischen den im Umleitungsserver umgesetzten Regeln und der temporären Netzwerkadresse. Der Benutzer-Regelsatz enthält zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen („…contains at least one of a plurality of functions…“), die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird (Merkmal M4). In der Beschreibung findet sich hierzu der Hinweis, dass der „Umleitungsserver“ hierfür vorgegebene Filter- und Umleitungsinformationen nutzt. Als Funktionen nennt die Streitpatentschrift das Blockieren oder das Zulassen von Daten zum und vom Benutzer-Computer oder das Umleiten der Daten (vgl. Streitpatent Abs. [0008] und [0009]). Dieses Verständnis findet sich auch in den erteilten Patentansprüchen 10 bis 12 wieder, in denen die im erteilten Patentanspruch 1 genannten Funktionen spezifiziert werden. Somit kann der Umleitungsserver zwar eine Umleitung ausführen, muss es aber nicht.
Nachdem der Benutzer-Regelsatz im „Umleitungsserver“ zumindest eine dieser Funktionen beinhaltet (es kann also auch nur genau eine Funktion sein), versteht der einschlägige Fachmann den Begriff des „Umleitungsservers“ dahingehend, dass er den Datenfluss zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netzwerk allgemein steuern kann.
Die Beklagte hat hiergegen eingewandt, dass diese Auslegung zu breit sei. Vielmehr müsse der „Umleitungsserver“, wie sich schon aus dem Begriff selber ergebe, auf jeden Fall eine Umleitung durchführen können; der Fachmann werde dabei den Begriff „Umleitung“ im anspruchsgemäßen Kontext und aufgrund der Ausführungen in der Beschreibung nur so verstehen, dass die vom Benutzer gewünschte Netzwerkadresse, also das von diesem gewählte Ziel, geändert werde. Dem hat die Klägerin entgegen gehalten, in den Patentansprüchen des Streitpatents werde gerade kein Zieländerungsserver, sondern nur ein nicht näher definierter Umleitungsserver für eine „Umleitung“ beansprucht. Der Begriff der „Umleitung“ könne nur allgemein dahin verstanden werden, dass dasselbe Ziel auf unterschiedlichen Wegen erreicht werde. Eine derartige Umleitung sei jedoch auch die Funktion eines an eine Datenautobahn angeschlossenen Routers, der somit auch unter den Begriff des „Umleitungsservers“ falle.
Letztlich kommt es zur Überzeugung des Senats nicht darauf an, welche Auslegung der Fachmann dem Begriff „Umleitungsserver“ zugrunde legt, wie im Einzelnen später zur Patentfähigkeit ausgeführt wird. Denn selbst unter Zugrundelegung der engeren Auslegung, welche die Beklagte vertritt, ist der Gegenstand des Streitpatents laut den selbständigen Ansprüchen 1 und 15 in der erteilten Fassung sowie in den selbständigen Ansprüchen laut den Hilfsanträgen 1 und 2 ausgehend von der Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3), die auch einen Umleitungsserver beschreibt, der der engeren Auslegung der Beklagten entspricht, nahe gelegt; andererseits lassen sich auch unter Zugrundelegung der von der Klägerin vertretenen breiteren Auslegung des Begriffs „Umleitungsserver“ den im Verfahren befindlichen Druckschriften weder sämtliche Merkmale des Erfindungsgegenstands laut den unabhängigen Ansprüchen in der Fassung des Hilfsantrags 3 entnehmen noch sind diese aus diesen Druckschriften allein oder in Kombination nahelegt.
Das Merkmal M4 beschränkt den Gegenstand lediglich darauf, dass es sich um Daten handelt, die zwischen einem Nutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelt werden. Art und Zusammensetzung der Daten lässt der Anspruch 1 offen. Eine Beschränkung auf einen http-Datenverkehr, wie die Beklagte dies in ihrer Widerspruchsbegründung vom 28.02.2014 mehrfach ausführt (vgl. S. 10, 2. Absatz, S. 20, zweiter Spiegelstrich), ist dadurch nicht vorgegeben.
Gemäß dem Merkmal M5 ist der Umleitungsserver eingerichtet, um eine Modifikation zumindest eines Teils des Regelsatzes im Umleitungsserver zu ermöglichen. Ob eine Signalisierung für eine Modifikation des Regelsatzes dabei vom Umleitungsserver selbst oder durch eine Signalisierung von außerhalb, z. B. von einem weiteren Server, erfolgt, dazu verhält sich der Anspruch 1 nicht.
II. Zu den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen
1. Zur unzulässigen Erweiterung Der Ansicht der Klägerin, die Merkmale M1 und M3 bzw. V3 seien nicht ursprungsoffenbart, vermag sich der Senat – wie bereits im Qualifizierten Hinweis vom 26. August 2015, dem die Klägerin insoweit nicht widersprochen hat, ausgeführt – nicht anzuschließen. Hierzu im Einzelnen:
a) Zu Merkmal M1:
Selbst wenn die Figur 2 das gesamte System zeigt, lässt die Beschreibung klar erkennen, dass der Umleitungsserver 208 alle zentrale Aufgaben des Systems ausführt, wie dies aus dem zweiten Satz des Absatzes [0018] ersichtlich ist (entsprechend in der Anlage A4 (WO 99/57866 A1), S. 5, Z. 6-7). Dort ist auch detailliert beschrieben, welche Funktionen der Umleitungsserver erfüllen soll (vgl. Anlage A4, S. 3, Z. 17 bis 20).
Auch die Ansprüche der veröffentlichten Anmeldung (WO 99/57866 A1) lassen die selbständige Funktionalität des Umleitungsservers klar und eindeutig erkennen: Zwar bezieht sich der ursprüngliche Patentanspruch 26 auf ein „System comprising a redirection server". Jedoch betreffen alle seine Merkmale den Umleitungsserver, in dem der Benutzerregelsatz enthalten ist. Das System wird dabei nicht näher definiert.
b) Zu den Merkmalen M3 bzw. V3:
In der Zusammenfassung in den ursprünglichen Unterlagen (vgl. Anlage A4) ist angegeben, dass während des Verbindungsprozesses (Anmeldung des Nutzers mit Nutzer-ID und Passwort am Netzwerk) dem Nutzer eine temporäre Netzwerkadresse zugeordnet wird (vgl. S. 3, Z. 10 bis 12). Damit wird die temporäre Netzwerkadresse auch der Nutzer-ID zugeordnet, so dass Nutzer-ID und Netzwerkadresse danach zueinander korreliert sind. Dies entspricht der Offenbarung in der Streitpatentschrift in Absatz [0008].
Ein Beispiel einer Zuordnung zwischen dem Benutzerregelsatz und der IP-Adresse ist auf Seite 7, Z. 14 ff. der veröffentlichten Anmeldung WO 99/57866 A1 gezeigt. Daraus geht klar und eindeutig hervor, dass eine Wechselwirkung zwischen dem Benutzerregelsatz und der temporär zugeordneten Netzwerkadresse besteht. Sie sind somit miteinander korreliert.
2. Zur Frage der mangelnden Offenbarung Auch der von der Klägerin hinsichtlich der Merkmale M3 bzw. V3 erhobene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit ist für den Senat nicht erkennbar. Auch insoweit ist auf die Ausführungen des Senats im Qualifizierten Hinweis vom 16. August 2015 Bezug zu nehmen, denen die Klägerin ebenfalls nicht widersprochen hat.
Danach ist auf die Seite 7, Z. 14 ff. der veröffentlichten Anmeldung WO 99/57866 A1 (Anlage A4) und auf die Absätze [0020] und [0036] der Streit- patentschrift (Anlage A1) zu verweisen, woraus für den Fachmann klar ersichtlich ist, was unter der Korrelation zwischen Benutzer-Regelsatz und der IP-Adresse zu verstehen ist.
Auch die Bedeutung der in den Merkmalen M4 bzw. V4 beanspruchten „Funktionen“ geht für den Fachmann aus der Beschreibung der Streitpatentschrift hervor. So sollen diese Funktionen zur Steuerung des Datenflusses, insbesondere zum Blockieren, Weiterleiten oder Umleiten des Datenflusses dienen (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0036], Patentansprüche 10 bis 12).
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 sind im Streitpatent daher so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
3. Zur Patentfähigkeit
3.1 Zur Frage der Inanspruchnahme der Priorität Die Priorität aus der amerikanischen Anmeldung US 84014P vom 4. Mai 1998 (Anlage D2) kann - worauf der Senat bereits im Qualifizierten Hinweis, dessen Ausführungen die Parteien insoweit nicht widersprochen haben, hingewiesen hat nicht wirksam in Anspruch genommen werden.
a) Bei der Anmeldung eines europäischen Patents kann das Prioritätsrecht einer vorangegangenen Gebrauchsmusteranmeldung nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ in Anspruch genommen werden, wenn beide dieselbe Erfindung betreffen.
Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die mit der Nachanmeldung beanspruchte Merkmalskombination in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist. Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muss im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muss sich um dieselbe Erfindung handeln. Dabei ist die Offenbarung des Gegenstands der ersten Anmeldung nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt, vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen zu ermitteln. Für die Beurtei- lung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung. Es ist danach erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen "unmittelbar und eindeutig" als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 Rn. 19 ff. - Kommunikationskanal). b) Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben nimmt das Streitpatent das Prioritätsrecht der US 84014P vom 4. Mai 1998 (Anlage A2) nicht zu Recht in Anspruch. Das in der Priorität US 84014P vom 4. Mai 1998 (Anlage A2) beschriebene System geht aus der dortigen Fig. 2 auf Seite 6 hervor:
Gemäß der zugehörigen Beschreibung wählt sich ein Nutzer in einem ersten Schritt in ein Modem ein, und die Verbindungssoftware beginnt mit dem Aufbau einer Verbindung. Die Verbindungssoftware verhandelt dabei mit einem Authentifizierungsserver, in dem die Anmeldeinformationen („login information“), die in einer Datenbank abgelegt sind, überprüft werden (vgl. Druckschrift A2, S. 6, „Step 1“ und Step 2“). Ist die Anmeldung erfolgreich, wird eine Netzwerkverbindung für den Nutzer über das Netzwerkgateway zum öffentlichen Netz („Internet“) eingerichtet. Zugleich wird eine Meldung an den Umleitungsserver geschickt, um diesem die neue Sitzung und die zugeordneten Informationen (einschließlich der Anmelderidentifikation („login-ID“) mitzuteilen (vgl. Druckschrift A2, S. 6, „Step 3“). Welche weiteren Parameter diese Informationen neben der Anmelderidentifikation enthalten, dazu verhält sich die Druckschrift nicht. Aus dem Umstand, dass der Nutzer gemäß dem Schritt 4 des Prioritätsdokuments, nachdem er mit dem öffentlichen Netz (Internet) verbunden ist und sich innerhalb einer bestimmten Zeit mit einer Web-Seite verbinden möchte, basierend auf seiner Anmelderidentifikation („loginID“) auf eine für ihn vorkonfigurierte Seite umgeleitet wird, schließt der Fachmann unmittelbar, dass zu den Informationen neben der Anmelderidentifikation („login ID“), noch die Adresse der Umleitungsseite gehört (vgl. Druckschrift A2, S. 6, „Step 4“). Der Umleitungsserver gemäß dem Prioritätsdokument enthält aus fachmännischer mithin einen Nutzerregelsatz, der mit der Anmelderinformation („login Id“) korreliert ist. Eine Netzwerkadresse (weder eine feste noch eine temporäre) wird in dem gesamten Prioritätsdokument nicht erwähnt. Somit ist diesem auch nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass der Benutzer-Regelsatz mit einer temporären Netzwerkadresse verknüpft ist bzw. bei einer Änderung verknüpft bleibt (Merkmale M3, M6 bzw. V3, V6).
Die Priorität der Anmeldung US 84014P vom 4. Mai 1998 kann somit nicht zu Recht in Anspruch genommen werden.
3.2 Zur Patentfähigkeit Der Erfindungsgegenstand ist in den Fassungen der Patentansprüche wie erteilt und laut den Hilfsanträgen 1 und 2 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Demgegenüber erweist sich der Erfindungsgegenstand in der Fassung des Hilfsantrags 3 als patentfähig.
3.2.1 Zur erteilten Fassung Es kann dahinstehen, ob, wie der Senat in seinem Qualifizierten Hinweis vom 16. August 2015 ausgeführt hat, die Erfindungsgegenstände laut den Patentansprüchen 1 und 15 unter Zugrundelegung einer weiten Auslegung des Begriffs „Umleitungsserver“ bereits durch die Druckschriften E1, E2, E4 und E5 – was auch die Beklagte, die dieser Auffassung nur ihre abweichende Auslegung des Begriffs „Umleitungsserver“ entgegengehalten hat, als solches wohl nicht bestreitet – neuheitsschädlich getroffen sind. Denn selbst wenn von der engeren Auslegung dieses Begriffs durch die Beklagte ausgegangen wird, erweisen sich die Gegenstände nach den Patentansprüchen 1 und 15 gegenüber der Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.
Bei der Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) handelt es sich um die Offenlegung einer europäische Patentanmeldung mit wirksamer Benennung der Bundesrepublik Deutschland nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG und Artikel 79 Abs. 2 EPÜ, die am 1. September 1998 angemeldet und am 14. April 1999 veröffentlicht wurde. Sie beansprucht eine Priorität vom 12. September 1997. Nachdem das Streitpatent die Priorität US 84014P vom 4. Mai 1998 nicht zu Recht in Anspruch nehmen kann, ist der Zeitrang des Streitpatents der 21. April 1999 (Priorität der Anmeldung US 295966, (A3)). Somit ist die Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) gegenüber dem Streitpatent vorveröffentlicht und gehört somit zum Stand der Technik im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG.
Die Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung (vgl. Titel) für eine verbesserte Netzwerk-Firewall, die mehrere Eigenschaften für eine verbesserte Effektivität aufweist. Die dort offenbarte Firewall unterstützt eine Reihe von Sicherheitsstrategien und mehrere Benutzer, indem unterschiedliche Sätze von Zugangsregeln angewendet werden (vgl. E3, Abstract: „The invention provides improved computer network firewalls which include one or more features for increased processing efficiency. A firewall in accordance with the invention can support multiple security policies, multiple users or both, by applying any one of several distinct sets of access rules”). Unter anderem kann die Firewall eingerichtet sein, um eine Netzwerksitzung für die weitere Verarbeitung auf einen anderen Server umzuleiten (vgl. E3, Abstract: „…the firewall can be enabled to redirect a network session to a separate server for processing.“).
Gemäß den Figuren 1 und 2 der EP 0 909 075 A1 (E3) ist die bekannte Firewall 111, 211 zwischen einem Nutzercomputer A, B, P, D und dem Internet 105 angeschlossen; es handelt sich mithin um einen Server, der zwischen einem Benutzercomputer und einem öffentlichen Netzwerk anschließbar ist (Merkmal M1teilw).
Dieser Server ist mit einem Benutzer-Regelsatz programmiert (vgl. E3, Abstract, Abs. [0010]: „…, a computer network firewall may make use of dynamic rules which are added to a set of access rules for processing packets.”; Merkmal M2). Den Aufbau eines derartigen, vorbekannten Benutzer-Regelsatzes zeigt die Tabelle auf Seite 5 der EP 0 909 075 A1 (E3). Demnach korreliert dieser Regelsatz mit einer Netzwerkadresse des Computers (vgl. E3, Tabelle auf Seite 5: „Source Host“ = „Source host group identifier or IP address „IP address“; vgl. Abs. [0030], „For example, with reference to Fig 3, a packet from source host A to destination host D and representing mail will be dropped under rule 20.“; Merkmal M3teilw).
Die in der Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) offenbarten Regelsätze umfassen Aktionen wie beispielsweise das Weiterleiten, Blockieren oder Proxy (vgl. E3, Seite 5, Zeile 26: „Rule Action, e.g. „pass“, „drop“ or „proxy“). In Übereinstimmung mit dem anspruchsgemäßen Umleitungsserver enthält der Benutzer-Regelsatz mithin zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten Daten verwendet wird (Merkmal M4).
Mittels der aus der Druckschrift EP 0 909 075 A1 (E3) offenbarten „Proxy-Reflection“ kann eine Netzwerk-Sitzung („network session“) auf einen anderen, „entfernten“ Proxyserver umgeleitet werden (vgl. E3, Abs. [0045]: „Proxy reflection in accordance with the present invention involves redirecting a network session to another, "remote" proxy server for processing“). Für diesen Fall ersetzt die Firewall die Zieladresse in einem (Daten-)Paket durch die Host-Adresse der Proxy-Anwendung (vgl. E3, Abs. [0045], Zeile 39: „If so, the firewall replaces the destination address in the packet with the host address of the proxy application,…”). Mithin werden Datenpakete auf ein neues Ziel (Hostadresse der Proxy-Anwendung) umgeleitet. Bei der aus der Entgegenhaltung EP 0 909 075 A1 (E3) bekannten Firewall handelt es sich selbst bei der engeren Auslegung im Sinne der Beklagten mithin um einen Umleitungsserver (Merkmal M1Rest).
Gemäß der Offenbarung in der EP 0 909 075 A1 (E3) können die Benutzer-Regelsätze auch modifiziert werden (vgl. E3, Abs. [0010]: „…a computer network firewall may make use of dynamic rules which are added to a set of access rules for processing packets. The dynamic rules allow a given rule set to be modified based on events happening in the network without requiring that the entire rule set be reloaded“; Unterstreichungen hinzugefügt; Merkmal M5). Da eine derartige Änderung auf Grund von Ereignissen im Netzwerk erfolgen kann, ohne dass der komplette Regelsatz erneut geladen werden muss, erfolgt diese Änderung aus fachmännischer Sicht - in Übereinstimmung mit dem anspruchsgemäßen Gegenstand - während der Regelsatz mit der temporär zugeordneten Netzwerkadresse korreliert bleibt (vgl. E3, Abs. [0010] und [0043]: „The dynamic rules allow a given rule set to be modified based on events happening in the network without requiring that the entire rule set be reloaded”; Unterstreichung hinzugefügt, Merkmal M6).
Der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 unterscheidet sich vom Gegenstand nach der EP 0 909 075 A1 (E3) nun lediglich noch darin, dass der Benutzerregelsatz mit einer temporär zugeordneten Netzwerkadresse für den Benutzercomputer korreliert ist.
Die Verwendung temporärer Netzwerkadressen für den Benutzercomputer liegt für den Fachmann allerdings auf der Hand, da die Netzwerkadressen eines Benutzercomputers in einem Netzwerk entweder fest vorgegeben sind oder temporär (z. B. über einen DHCP-Server) vergeben werden, wie dies auch die Streitpatentschrift zum Stand der Technik beschreibt (vgl. Streitpatent, Abs. [0002]: „The dial-up networking server then passes the user ID and password, along with a temporary Internet Protocol (IP) address for use by the user.”; zum Fachwissen bezüglich DHCP vgl. auch Druckschrift WO 98/26555 A2 (E2), S. 3, Z. 16 bis 21). Da die in der EP 0 909 075 A1 (E3) beschriebene Firewall ebenfalls in einem „Dial up-access gateway“ implementiert werden kann (vgl. E3, Abs. [0012]: „For example, the invention may be implemented in a dial-up access gateway.“), ist es für ihn selbstverständlich, dass es sich auch bei dem in der Druckschrift E3 beschriebenen Sachverhalt um temporäre Netzwerkadressen handeln kann. Eine erfinderische Tätigkeit kann dies somit nicht begründen.
Für den nebengeordneten, erteilten Patentanspruch 15 gilt das zum erteilten Patentanspruch 1 Gesagte entsprechend, da die dort beanspruchten Verfahrensmerkmale den Wirkungsweisen der Vorrichtungsmerkmale des erteilten Patentanspruchs 1 entsprechen.
Die auf die Patentansprüche 1 bzw. 15 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Unteransprüche teilen das Schicksal der zuvor abgehandelten Patentansprüche, weil sie nicht mehr als handwerkliche Lehren zum technischen Handeln darstellen (vgl. BGH, Urteil X ZR 51/04 vom 11. November 2008) und damit nichts eigenständig Patentfähiges enthalten.
3.2.2 Zu Hilfsantrag 1 Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 14 laut Hilfsantrag 1 sind ebenfalls nicht patentfähig.
Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 14 nach Hilfsantrag 1 unterscheiden sich von den selbständigen Patentansprüchen 1 und 15 der erteilten Fassung in den neuen Merkmalen M7 bzw. V7:
M7 „wobei der Umleitungsserver (208) die Daten zum und vom Benutzercomputer (100) als Funktion des Benutzerregelsatzes umleitet.“
V7 „und den Schritt des Umleitens der Daten zum und vom Benutzercomputer (100) als Funktion des Benutzer-Regelsatzes.“
a) Diese Änderungen sind zulässig. Denn die zusätzlichen Merkmale M7 und V7 entsprechen dem erteilten Patentanspruch 12 bzw. dem erteilten Patentanspruch 18, welche auf den erteilten Patentanspruch 1 bzw. 15 rückbezogen sind.
b) Bezüglich der Merkmale M1 bis M6 bzw. V1 bis V6 wird auf die Ausführungen zur erteilten Fassung verwiesen.
Auch das zusätzliche Merkmal M7 bzw. V7 kann eine Patentfähigkeit nicht begründen, denn wie der Druckschrift E3 aus der Tabelle auf Seite 5 zu entnehmen ist, werden Daten zum und vom Benutzercomputer als Funktion des Benutzerregelsatzes (vgl. Z. 26, „Ruel action, e.g. … „proxy““) umgeleitet, wie dies in der E3 ausführlich in Kapitel „5 Proxy Reflecion“ in den Absätzen [0045] bis [0047] beschrieben ist.
c) Die auf die geänderten Patentansprüche 1 und 14 zurückbezogenen Unteransprüche entsprechen den Unteransprüchen in der erteilten Fassung und enthalten wie diese nichts eigenständig Patentfähiges.
3.2.3 Zu Hilfsantrag 2 Auch die Erfindungsgegenstände gemäß Hilfsantrag 2 sind nicht patentfähig.
Die selbständigen Patentansprüche 1 und 14 laut Hilfsantrag 2 unterscheiden sich von den unabhängigen Ansprüchen 1 und 14 laut Hilfsantrag 1 in den Merkmalen M4, M7 und M8 bzw. V4, V7 und V8 (Änderungen gegenüber Hilfsantrag 1 fett und unterstrichen hervorgehoben):
M4;V4 M7;V7 der Regelsatz enthält zumindest eine einer Mehrzahl von Funktionen, die zum Kontrollieren der zwischen dem Benutzercomputer und dem öffentlichen Netz übermittelten httpDaten verwendet wird wobei der Umleitunqsserver (208) die http-Daten zum und vom Benutzercomputer (100) als Funktion des Benutzerregelsatzes umleitet.
M8;V8 durch Beantworten der Benutzeranfrage von http-Daten mit einem http-Umleitunqsbefehl.
a) Die in den Patentansprüchen 1 und 14 gemäß Hilfsantrag 2 durchgeführten Änderungen, zu deren Offenbarung die Beklagte hinsichtlich der Merkmale M4 und M7 auf die Absätze [0003], [0021], [0026] und [0030] und hinsichtlich des Merkmals M8 auf die Absätze [0003] und [0021] Bezug nimmt, sind entgegen der Auffassung der Klägerin zulässig.
aa) Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Grundsätze der Neuheitsprüfung. Es ist danach erforderlich, dass der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 – X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 – Drehmomentübertragungseinrichtung). Das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss dabei in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbar wird, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet. Insoweit ist zugrunde zu legen, dass das Interesse des Anmelders regelmäßig erkennbar darauf gerichtet ist, möglichst breiten Schutz zu erlangen, also die Erfindung in möglichst allgemeiner Weise vorzustellen und nicht auf aufgezeigte Anwendungsbeispiele zu beschränken (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 – X ZR 51/13 – Einspritzventil, Rn. 45). Der Sinngehalt eines Merkmals ist dabei mit Blick darauf zu ermitteln, was mit dem Merkmal aus der Sicht des Fachmanns im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Dabei können der allgemeine wie auch der übliche fachliche Sprachgebrauch Anhaltspunkte für das Verständnis des Fachmanns geben. Mit Rücksicht darauf, dass Begriffe in einer Patentbeschreibung abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 – Spannschraube), ist letztlich aber der sich aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich. Soweit es die Heranziehung der Beschreibung in ihrer Gesamtheit für die Anspruchsauslegung betrifft, ist grundsätzlich ein Verständnis des Anspruchs angezeigt, das im Einklang mit den Erläuterungen in der Beschreibung insgesamt steht (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 – X ZR 101/13 – Polymerschaum II).
bb) Auf das in den von der Klägerin genannten Druckschriften E15 und A5 bezüglich des fachmännischen Verständnisses zu einen http-Umleitungsbefehl Dargelegte kommt es unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung alleine nicht an.
In Absatz [0021] der Streitpatentschrift ist der Datenverkehr im WWW (World Wide Web) beschrieben, bei dem es sich speziell um http-Datenverkehr handelt (vgl. auch Abs. [0003] der Streitpatentschrift: „…World Wide Web (WWW) traffic (more specifically traffic using the HTTP (hypertext transfer protocoI))“). In den Absätzen [0025] bis [0027] der Streitpatentschrift ist beschrieben, wie Benutzerregeln aufgebaut sind, um jeglichen Zugriff auf Seiten „xyz.com“ im Internet auf die Seite „www.us.com“ umzuleiten (vgl. Abs. [0025]: „…redirect all web access from any server at xyz.com to www.us.com,...”). Falls z. B. die Quell-Adresse „10.0.0.1“ ist, der Anfragetyp „http“ und die Zieladresse eine beliebige Adresse „*.xyz.com“ ist, dann wird umgeleitet auf die Adresse „www.us.com“ (vgl. Streitpatent, S. 5, Z. 46 bis 49):
Mithin werden gemäß der Offenbarung des Streitpatents http-Daten zum und vom Benutzercomputer (100) als Funktion des Benutzerregelsatzes umleitet (Merkmal M4, M7, V4, V7). Da diese Umleitung unter dem http-Protokoll stattfindet, wird die Benutzeranfrage auch mit einem http-Umleitungsbefehl beantwortet (vgl. Streitpatent, Abs. [0027]: „…the traffic is redirected by the redirection server 208 to www.us.com.”). Dieser http-Umleitungsbefehl kann gemäß dem Streitpatent auch in eine übertragene Seite eingebettet sein (vgl. Streitpatent, S. 4, Z. 40 bis 41: „…replies to the user’s request with a page containing a redirection command.“). Unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung handelt es sich bei den von der Klägerin unter Verweis auf die Absätze [0003] und [0021] des Streitpatents in diesem Zusammenhang genannten Textstellen ebenfalls um http-Umleitungsbefehle im Sinne des Streitpatents.
b) Der Senat erachtet auch die von der Klägerin beanstandete Ausführbarkeit für gegeben. Denn wie ein http-Antwortbefehl aussehen soll, ist dem Fachmann aus dem in Absatz [0003] und Absatz [0027] der Streitpatentschrift beschriebenen Stand der Technik bekannt, bei dem ein derartiger http-Umleitungsbefehl – im Gegensatz zum Streitgegenstand – auf einem Server im öffentlichen Netz erzeugt wird.
c) Allerdings vermögen auch diese Änderungen eine Patentfähigkeit nicht zu begründen.
Die Ermittlung des einem Patent zugrunde liegenden technischen Problems ist Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Das technische Problem ist aus dem zu entwickeln, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08 – Gelenkanordung). Demnach ergibt sich für das vorliegende Patent das technische Problem, Benutzer-Regelsätze zu implementieren, um einen http-Datenverkehr eines Benutzers auf einem Server, der zwischen einem Benutzercomputer und einem öffentlichen Netz anschließbar ist, umzuleiten.
Bei den gemäß der Druckschrift E3 umgeleiteten Datenpaketen kann es sich aus fachmännischer Sicht auch um http-Daten handeln, da dort der Datenverkehr mit dem Internet über das Internet-Protokoll (IP) behandelt wird (vgl. E3, Figuren 1 und 2; Abs. [0032]).
Der einzige Unterschied zur Druckschrift E3 besteht somit nur noch darin – wie auch im Streitpatent ausgeführt (vgl. Streitpatent, Seite 2, Zeilen 34 bis 35: „One disadvantage with current redirection technology is that control of the redirection is at the remote end, or WWW server end - and not the local, or user end.“) -, dass die einen Umleitungsbefehl enthaltende Antwort nicht von einem Server im Internet, sondern vom Umleitungsserver generiert wird. Dies vermag jedoch eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen.
Patentgemäße http-Umleitungsbefehle gemäß Merkmal M8 sind - wie auch im Streitpatent dargelegt (vgl. Streitpatent, Abs. [0003] und Abs. [0027]) - bereits aus dem Stand der Technik bekannt (vgl. E11a, Sp. 15, Z. 12 bis 23; E12, Sp. 5, Z. 21 bis 35), allerdings findet diese Umleitung jeweils auf einem Server im Internet statt.
Für den Fachmann liegt es unmittelbar auf der Hand, diese ihm für einen entfernten Server bekannte Technologie auch hier zu realisieren. Eine Veranlassung zur Heranziehung dieser technischen Lösung besteht für den Fachmann bereits deshalb, da sie als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Fachmanns gehört und sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 Rn. 26 Farbversorgungssystem).
Mithin beruhen die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 14 nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
d) Hinsichtlich der auf die geänderten Patentansprüche 1 und 14 zurückbezogenen Unteransprüche gilt das zu den Unteransprüchen laut Hilfsantrag 1 Gesagte entsprechend.
3.2.4 Zu Hilfsantrag 3 Demgegenüber erweisen sich die Erfindungsgegenstände in der Fassung der Ansprüche laut Hilfsantrag 3 als patentfähig.
Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von Hilfsantrag 2 hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche 1 und 14 in dem zusätzlichen Merkmal M9 bzw. V9:
M9, V9
„wobei der Benutzer lediglich auf eine vorbestimmte http-Zieladresse oder einen Satz von vorbestimmten http-Zieladressen zugreifen darf und auf diese immer umgeleitet wird, wenn der Benutzer auf eine andere http-Zieladresse versucht zuzugreifen.“
a) Diese Fassung ist entgegen der Ansicht der Klägerin zulässig.
Bezüglich der Merkmale M1 bis M8 wird hierzu auf die Ausführungen zur Zulässigkeit zum Hilfsantrag 2 verwiesen, insbesondere auf die Ausführungen zum httpUmleitungsbefehl.
Entgegen der Meinung der Klägerin, geht auch das Merkmal M9, wonach ein Benutzer „…auf diese immer umgeleitet wird, wenn der Benutzer auf eine andere http-Zieladresse versucht zuzugreifen“, unmittelbar und eindeutig aus dem Absatz [0021] der Streitpatentschrift hervor (vgl. Streitpatent, S. 4, Z. 38 bis 39: „Each time a locked user attempts to access another location, the redirection server 208 redirects the user to a default location.“; Unterstreichung hinzugefügt).
Soweit die Klägerin anzunehmen scheint, die Beklagte sei, um ihr Patent wirksam einzuschränken, bei einem Rückgriff auf die Beschreibung gehalten, sämtliche Merkmale der erörterten Ausführungsbeispiele in den beschränkten Anspruch auf- zunehmen, entspricht dies nicht der ständigen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 110, 123 [125] = GRUR 1990, 432 – Spleißkammer; BGH, GRUR 2006, 319 – Koksofentür; BGH, GRUR 2008, 60 – Sammelhefter II; BGHZ 194, 107 Rn. 52 = GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum). Im Übrigen hat weder die Klägerin dargelegt noch ist dies für den Senat anderweitig ersichtlich, dass für den Fachmann die aufgenommenen Merkmale für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg nicht förderlich sind und nur zusammen mit nicht aufgenommenen Merkmalen einen sinnvollen Beitrag zur Erfindung leisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 542 Rn. 23 – Kommunikationskanal).
b) In der Fassung nach Hilfsantrag 3 sind die Gegenstände des Streitpatents neu und beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Mit den zusätzlich einschränkenden Merkmalen M9 bzw. V9 am Ende der Ansprüche 1 und 14 wird spezifiziert, dass der Benutzer lediglich auf eine vorbestimmte http-Zieladresse oder einen Satz von vorbestimmten http-Zieladressen zugreifen darf und auf diese immer umgeleitet wird, wenn der Benutzer auf eine andere httpZieladresse versucht zuzugreifen. Dieses Merkmal ist keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften zu entnehmen.
Der Druckschrift E3 ist schon keine anspruchsgemäße http-Umleitung zu entnehmen. Es wird hierzu auf die Ausführungen zu Hilfsantrag 2 verwiesen. Soweit die Klägerin auf die Figur 3 der Druckschrift E3 und dort insbesondere auf die Regel 40 in Verbindung mit den Absätzen 28 und 30 verweist, so ist dem lediglich zu entnehmen, dass jeglicher Mail-Verkehr (Source Host =“*“, Service=Mail) immer auf das Ziel D (Dest. Host=D) durchgelassen wird (Action=pass). Eine Umleitung wird damit nicht offenbart.
Die Druckschrift E1 beschreibt einen Router, der für die Zugangskontrolle eines Computers zum Internet mit einem Filter programmiert ist. Dieser Filter ist benutzerspezifisch so programmiert, dass anhand der dem Computer temporär zugeordneten IP-Adresse bestimmte Regeln für die Kommunikation mit dem Internet angewendet werden (vgl. E1, Sp. 1, Z. 5 bis 14). Nach einer Autorisierungsüberprüfung wird ein Programmodul gestartet, welches eine Nachricht an den Filter schickt, um ihn für die IP-Adresse des Nutzers zu öffnen, damit dieser Zugriff auf verschiedene Server im Internet erhält (vgl. E1, Sp. 2, Z. 54 bis Sp. 3, Z. 2). Somit ist es möglich, Zugang nur zu bestimmten Internetinhalten freizugeben bzw. den Zugang zu bestimmten Internetinhalten zu sperren, wobei dies ebenfalls ausdrücklich nutzerspezifisch implementiert werden kann (vgl. E1, Sp. 3, Z. 21 bis 41). Damit offenbart die Druckschrift E1 zwar, dass der Benutzer entsprechend dieser Filterfunktionalität lediglich auf eine vorbestimmte http-Zieladresse oder einen Satz von vorbestimmten http-Zieladressen zugreifen darf (Merkmal M9teilw). Wie der Server darauf reagiert, wenn ein Nutzer versucht auf für ihn gesperrte Seite zuzugreifen (vgl. z. B. Sp. 3, Z. 39 bis 41: „This functionality can for instance be utilized to prevent that certain users get access to certain pornography-related Servers“), dazu verhält sich die die Druckschrift aber nicht. Üblicherweise reagiert der Server aus fachmännischer Sicht jedoch mit einem entsprechenden Hinweis auf die Sperrung für den Nutzer. Eine http-Umleitung im Allgemeinen und speziell, dass er in einem solchen Fall auf diese für ihn vorbestimmten und zugelassenen http-Zieladressen immer umgeleitet wird, wenn er versucht auf eine andere (gesperrte) http-Zieladresse zuzugreifen, ist dieser Druckschrift damit nicht zu entnehmen (nicht Merkmal M9rest).
Die Druckschrift E2 beschreibt ebenfalls eine dynamische Paketfilterung in einem Computernetzwerk. Eine http-Umleitung wie in Merkmal M9 beschrieben, wird durch diese Druckschrift nicht offenbart. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts Gegensätzliches vorgetragen.
Die im Streitpatent zum Stand der Technik genannte Druckschrift E4 betrifft eine Firewall, die zwischen einem Firmennetzwerk und dem Internet für die Sicherheit der Kommunikation sorgt. Die Firewall blockiert oder leitet Pakete in Übereinstimmung mit einer Tabelle für verschiedene Kombinationen von Quell-und Zieladressen weiter (vgl. E4, Fig. 8A, 8B, S. 6, Z. 22 bis 37). Eine http-Umleitung wie in Merkmal M9 beschrieben, wird durch diese Druckschrift nicht offenbart. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts Gegensätzliches vorgetragen.
Die Druckschrift E5 offenbart einen sogenannten „SPINACH-Router“, der zwischen einem Nutzercomputer (beispielsweise einem Laptop) und dem Internet angeschlossen ist (vgl. E5, Fig. 1). Dieser weist eine Filterfunktionalität auf, denn er kontrolliert die Kommunikation zwischen den an öffentliche Ports angeschlossenen Nutzercomputern und dem Internet, wobei er Datenpakete sowohl nach der Hardwareadresse als auch nach deren IP-Adresse filtern kann (vgl. E5, Kapitel 2. und Kapitel 4.1). Soweit die Klägerin auf das Kapitel 7 („Future Work“) verweist, so ist dem lediglich zu entnehmen, dass ein nutzerfreundlicheres http-Interface für Gäste und ein alternatives Protokoll für die Autorisierung von Universitätsnutzern ohne manuelle Anmeldeprozedur realisiert werden soll. Eine http-Umleitung im Sinne des Merkmals M9 geht daraus jedoch nicht hervor.
Die Druckschriften E11a und E12 beschreiben eine http-Umleitung nach dem in der Streitpatentschrift genannten Stand der Technik. Auch diese zeigen keine httpUmleitung im Sinne des Merkmals M9. Die Klägerin hat diesbezüglich auch nichts Gegensätzliches vorgetragen.
Die anderen von der Klägerin in das Verfahren eingebrachten Druckschriften liegen demgegenüber weiter ab und liefern keine Anregung in Richtung auf den Gegenstand der Patentansprüche 1 und 14 gemäß Hilfsantrag 3. Die Klägerin hat hierzu weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung etwas Gegensätzliches vorgetragen.
Die zwangsweise Umleitung auf eine zugelassene http-Zieladresse, wenn der Benutzer auf eine nicht zugelassene http-Zieladresse versucht zuzugreifen, stellt somit einen gegenüber dem Stand der Technik zusätzlichen Schritt eines Umleitungsservers dar. Er war vom Stand der Technik und dem fachmännischen Wissen nicht angeregt und verlässt daher den Bereich fachmännischen Handelns. Dieses Teilmerkmal begründet somit alleine schon eine erfinderische Tätigkeit.
c) Die Merkmale der abhängigen Patentanspüche gehen über reine Selbstverständlichkeiten hinaus und begegnen hinsichtlich ihrer Patentfähigkeit keinen Bedenken.
III.
Da sich das Streitpatent somit in der Fassung des Hilfsantrags 3 als patentfähig erweist, war es nur insoweit für nichtig zu erklären, soweit es über diese Fassung dieser Patentansprüche hinausgeht, und im Übrigen war die Klage abzuweisen.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der nach Hilfsantrag 3 als schutzfähig verbleibende Patentgegenstand gegenüber demjenigen der erteilten Fassung deutlich eingeschränkt ist, sodass die Beklagte trotz teilweisem Fortbestand des Streitpatents in beschränkter Fassung zwei Drittel der Rechtsstreitkosten zu tragen hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
C. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift, die auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130) eingereicht werden kann, muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet oder im Fall der elektronischen Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur versehen sein, die von einer internationalen Organisation auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes herausgegeben wird und sich zur Bearbeitung durch das jeweilige Gericht eignet. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb eines Monats schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht oder als elektronisches Dokument in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes (www.bundesgerichtshof.de/erv.html) übertragen werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht.
Vorsitzende Richterin Klante befindet sich in Urlaub und ist daher an der Beifügung ihrer Unterschrift gehindert.
Gottstein Schwarz Albertshofer Dr. Wollny Schwarz Hu