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VIa ZR 176/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 176/21 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:101224UVIAZR176.21.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2024 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. August 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers hinsichtlich des Berufungsantrags zu 1 in Höhe von 35.593,89 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. August 2019 Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie hinsichtlich der Berufungsanträge zu 2 und zu 3 ohne Erfolg geblieben ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. Er erwarb im April 2017 von einem Händler - teilweise darlehensfinanziert - einen gebrauchten Mercedes-Benz V-Klasse AVANTGARDE EDI, der mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist.

Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 44.290,72 € (Kaufpreis zuzüglich Finanzierungskosten) nebst Delikts- und Verzugszinsen abzüglich einer bezifferten Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs zu verurteilen (Berufungsantrag zu 1). Ferner hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten (Berufungsantrag zu 2) sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten nebst Verzugszinsen (Berufungsantrag zu 3) begehrt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat im tenorierten Umfang zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz insoweit weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Ausführungen des Klägers zu einem in seinem Fahrzeug verbauten Thermofenster begründeten keinen Anspruch gegen die Beklagte. Es könne offenbleiben, ob es sich dabei um eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handele. Der Umstand, dass die Abgasrückführung im klägerischen Fahrzeug durch eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems bei einstelligen Positivtemperaturen reduziert und schließlich ganz abgeschaltet werde, reiche für sich genommen nicht aus, um dem Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen ein sittenwidriges Gepräge zu geben. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung des Thermofensters in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten.

Die weiteren von dem Kläger in erster Instanz vorgetragenen Abschalteinrichtungen begründeten ebenfalls keine Haftung der Beklagten gemäß § 826 BGB. Der Vortrag dazu sei teilweise nicht genau genug, zum Teil erfolge er ins Blaue hinein und sei danach unbeachtlich.

Ein Anspruch lasse sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV herleiten, weil das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Aufgabenbereich dieser Vorschriften liege.

II.

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB abgelehnt hat. Die darauf bezogene Verfahrensrüge der Revision, der Kläger habe zu seiner Behauptung, das Fahrzeug verfüge in Form der KühlmittelSolltemperatur-Regelung über eine Prüfstandserkennung, die bei erkanntem Prüfstand die Schadstoffausstöße erheblich reduziere, über beide Instanzen hinweg ausführlich und nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend vorgetragen, hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird gemäß § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.

2. Die Revision wendet sich indessen mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

Das Berufungsurteil ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil es sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu der - bislang lediglich unterstellten - Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu treffen haben.

C. Fischer Wille Möhring Liepin Krüger Vorinstanzen: LG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.03.2020 - 14e O 153/19 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.08.2021 - I-22 U 94/20 - Verkündet am: 10. Dezember 2024 Neumayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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