Paragraphen in 11 W (pat) 34/16
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 34/16 Verkündet am 3. Juni 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent 10 2007 001 754 ECLI:DE:BPatG:2019:030619B11Wpat34.16.0 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juni 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Schwenke und Dipl.-Ing. (Univ.) Gruber beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2016 aufgehoben, und das Patent wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
Gründe I.
Auf die am 11. Januar 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
„Offenend-Spinnmaschine“
am 3. April 2014 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die Patentinhaberin ihr Patent in der erteilten sowie in den Fassungen der Hilfsanträge 1 bis 5 verteidigt hat. Die Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent durch Beschluss vom 11. April 2016 widerrufen und ist dabei zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 dem Fachmann ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift E1 durch einfache Anwendung seines Wissens und Könnens herleitbar gewesen sei, und hat hierzu auf die Druckschrift E3 verwiesen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 5 beruhe demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, das gelte auch für die Gegenstände der demgegenüber weiter gefassten Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3. Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 sei nach Meinung der Patentabteilung dem Fachmann ausgehend von der Druckschrift E1 durch einfache Anwendung bekannter konstruktiver Maßnahmen nahegelegt. Als Beleg hierfür gibt die Patentabteilung die Druckschrift E4 an.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 28. Juli 2016.
Mit Schriftsatz vom 30. April 2019 hat die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde begründet und vorgetragen, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei neu und beruhe entgegen der Auffassung der Patentabteilung auf einer erfinderischen Tätigkeit. Darüber hinaus hat sie geänderte Hilfsanträge 1 bis 5 vorgelegt und beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2016 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses das Patent in der Reihenfolge der Hilfsanträge 1 bis 5 aus dem Schriftsatz vom 30. April 2019 beschränkt aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin aus der Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 27. Mai 2019 widersprochen. Sie macht geltend, dass weder der Gegenstand des Hauptantrags noch einer der Hilfsanträge patentfähig gegenüber dem entgegenstehenden Stand der Technik seien, und hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihr Vorbringen stützt die Beschwerdegegnerin neben den bereits von ihr im Einspruchsverfahren genannten Druckschriften,
E1 US 5,321,942 E2 DE 41 23 451 A1 E3 EP 0 178 783 A2 E4 EP 0 694 635 A2 E5 DE 2 159 120 A E6 DE 1 685 977 A E7 US 2,425,578 aus der Patentschrift,
noch auf die Druckschriften E8 DE 44 44 851 A1 E9 DE 30 25 064 A1.
und Die weiteren in der Patentschrift und im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften sind von der Einsprechenden nicht aufgegriffen worden.
Der erteilte Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
M1 Offenend-Spinnmaschine (1) mit einer Vielzahl von Arbeitsstellen (2), M2 die jeweils zu Maschinensektionen (3) zusammengefasst sind, M3 sowie einer Klimatisierungseinrichtung, M4 deren im Bereich der Maschinensektionen (3) angeordneten Kanalabschnitte (4) an eine spinnereieigene Klimaanlage (6) angeschlossen sind,
dadurch gekennzeichnet, dass M5 die Offenend-Spinnmaschine (1) eine Vielzahl von Spinn-/Spulmodule (9) an den Arbeitsstellen (2) M6 sowie einen maschinenlangen Klimakanal (5) aufweist, M6.1 der unterhalb von Kanalsegmenten (7) einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung (8) angeordnet ist, wobei M6.2 der Klimakanal (5) neben Luftaustrittsdüsen (10) zur Klimatisierung von Vorlagematerial (11) M6.3 über an den Klimakanal (5) angeschlossene Klimaleitungen (20) verfügt, die die Spinn-/Spulmodule (9) klimatisieren.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der abhängigen Ansprüche 2 bis 18 sowie zur Fassung der Hilfsanträge, wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.
A.
1. Die Erfindung betrifft eine Offenend-Spinnmaschine mit einer Vielzahl von Arbeitsstellen, die jeweils zu Maschinensektionen zusammengefasst sind, sowie einer Klimatisierungseinrichtung, deren im Bereich der Maschinensektionen angeordnete Kanalabschnitte an eine spinnereieigene Klimaanlage angeschlossen sind (SPS [0001]).
In der Beschreibung der Streitpatentschrift (im Folgenden auch als SPS abgekürzt) ist angegeben, dass es bei der Herstellung von Garnen seit langem bekannt sei, Fasermaterial bei bzw. vor seiner Verarbeitung mit einer klimatisierten Atmosphäre zu umgeben (SPS [0002]).
In der Druckschrift DE 41 42 110 A1 sei eine Klimatisierungseinrichtung zur Behandlung von Vorlagematerial am Beispiel einer Ringspinnmaschine beschrieben. Diese bekannte Klimatisierungseinrichtung weise jeweils einen Klimakanal auf, der im Bereich der Spinnsaaldecke angeordnet sei und einen Klimakanal, der oberhalb des Spulengatters der Ringspinnmaschine verlaufe. Die beiden Klimakanäle seien an eine spinnereieigene Klimaanlage angeschlossen. Außerdem sei ein Absaugkanal vorgesehen, der im unteren Bereich der Ringspinnmaschine positioniert sei. Von dem Klimakanal, der auf dem Spulengatter angeordnet sei, zweigten im Bereich der Arbeitsstellen der Ringspinnmaschine jeweils Düsenrohre ab, deren Klimadüsen auf das Vorlagematerial gerichtet seien (SPS [0003] bis [0008]).
Vergleichbare Klimatisierungseinrichtungen seien auch im Zusammenhang mit Offenend-Spinnmaschinen bekannt und beispielsweise in den Druckschriften DE 44 19 440 C2 und DE 44 19 441 C2 beschrieben. Diese bekannten Klimatisierungseinrichtungen wiesen im Bodenbereich der Textilmaschine eine Vielzahl maschinensektionslanger Kanalabschnitte auf, die jeweils an eine spinnereieigene Klimaanlage angeschlossen seien. In den maschinensektionslangen Kanalabschnitten seien Luftauslässe vorgesehen, über die das Vorlagematerial, in Spinnkannen bevorratetes Faserband, klimatisiert werde (SPS [0009], [0010]).
In der Druckschrift DE 39 19 284 A1 seien verschiedene Möglichkeiten beschrieben, wie an Offenend-Spinnmaschinen bereitstehendes Vorlagematerial direkt in den Spinnkannen klimatisiert werden könne (SPS [0011] bis [0018]).
Gemäß den Ausführungen in der Streitpatentschrift seien auch Einrichtungen bekannt, mit denen verhindert werden solle, dass Maschinenwärme, die beim Betrieb einer Spinnmaschine entstehe, auf das Fasermaterial übertragen werde. Die Druckschrift DE 25 16 519 A1 zeige beispielsweise eine Offenend-Spinnmaschine mit Kühleinrichtungen im Bereich der Vorlagematerial-Zuführeinrichtungen, wobei lange Transportröhren, über die das Vorlagematerial aus einem darüber liegenden Stockwerk zugeführt werde, einem Kühlluftstrom ausgesetzt und dabei auf eine akzeptable Arbeitstemperatur heruntergekühlt würden (SPS [0020], [0021]).
Des Weiteren sei es im Textilmaschinenbau seit langem bekannt, zum Kühlen elektrischer Bauelemente, beispielsweise von Umrichtern, von Antrieben oder von Steuereinrichtungen, eine Druckluftbeblasung zu installieren. Die Druckschrift DE 100 51 248 A1 beschreibe beispielsweise eine Textilmaschine, bei der ein in einem Antriebsgestell angeordneter Frequenzumrichter bei Bedarf mit Druckluft beaufschlagt werden könne (SPS [0022] bis [0024]).
Die Druckschrift DD 285 619 A5 zeige eine ähnliche Kühleinrichtung im Zusammenhang mit einem Steuerschrank einer Wirkmaschine. In der Druckschrift DE 27 14 299 C2 sei ein Spinnrotorantrieb beschrieben, dessen elektromotorischer Einzelantrieb ständig mit Druckluft gekühlt werde. Durch die Druckschrift DE 21 59 120 A sei es außerdem bekannt, eine Offenend-Spinnvorrichtung dadurch zu kühlen, dass erwärmte Luft aus der Spinnvorrichtung abgesaugt und ständig durch kühlere Luft ersetzt werde (SPS [0025], [0026]).
Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, eine Offenend-Spinnmaschine zu schaffen, bei der nicht nur gewährleistet sei, dass während der Produktion des Garnes das zu verarbeitende Vorlagematerial optimal klimatisiert ist, sondern bei der auch sichergestellt sei, dass die an der Produktion beteiligten Funktionselemente der Offenend-Spinnmaschine stets auf einem für die Bearbeitung des Fasermaterials vorteilhaften Wärmeniveau gehalten werden (SPS [0027]).
Als Fachmann ist ein Diplomingenieur des Maschinenwesens mit Fachhochschulabschluss oder entsprechendem akademischen Grad mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Komponenten von Textilmaschinen, insbesondere von Spinnmaschinen anzusehen. Seine Kenntnisse umfassen neben dem Verständnis für technische Zusammenhänge im Gesamtsystem einer Offenend-Spinnmaschine auch konkrete praktische Erfahrungen in der Entwicklung und Konstruktion von Einzelteilen und Baugruppen im Bereich des Sektionsaufbaus, insbesondere der dortigen luftleitenden Komponenten.
2. Einige Merkmale der im Streitpatent vorgeschlagenen Lösung bedürfen der Erläuterung.
Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung stellt auf eine Offenend-Spinnmaschine (1) ab (vgl. nachstehend wiedergegebene Figuren 1 und 2 aus der SPS; erstes Teilmerkmal M1). Unter einer Offenend-Spinnmaschine versteht der Fachmann eine Spinnmaschine, bei der aus vereinzelten Fasern durch Rotationsvorgänge ein Faden gebildet wird. Eine Verbindung zwischen Vor- und Endgarn besteht hier im Unterschied zum Ringspinnen nicht. Beispiele für Offenend-Spinnverfahren sind das Rotorspinnen und das Friktionsspinnen.
Die Offenend-Spinnmaschine soll über eine Vielzahl von Arbeitsstellen (2) (zweites Teilmerkmal M1), also mehrere Stellen, an denen die bei einer Offenend-Spinnmaschine üblichen Spinn- und Spulvorgänge ablaufen, verfügen.
Die Arbeitsstellen sind jeweils zu Maschinensektionen (3) zusammengefasst (Merkmal M2). Es sind demnach mehrere, also zumindest zwei Maschinensektionen oder Montageabschnitte (vgl. SPS [0061]) ausgebildet, aus denen die OffenendSpinnmaschine modular zusammengebaut ist, wobei die Anzahl der Arbeitsstellen einer Maschinensektion im Anspruch nicht näher definiert ist. Das Streitpatent nennt beispielhaft vierundzwanzig Arbeitsstellen, also jeweils zwölf auf der Vorder- und auf der Rückseite einer Maschinensektion, als eine übliche Anzahl von Arbeitsstellen je Maschinensektion (vgl. Abs. [0061], Figur 1 mit drei Maschinensektionen).
Für die Offenend-Spinnmaschine ist eine Klimatisierungseinrichtung gefordert (Merkmal M3) und somit eine Einrichtung, über die klimatisierte Luft bereitgestellt werden kann. Eine Lüftungsanlage in Form eines Gebläses ohne die Möglichkeit, Luft zu temperieren, kann daher nicht auf die definierte Klimatisierungseinrichtung gelesen werden. Dabei sollen im Bereich der Maschinensektionen angeordnete Kanalabschnitte der Klimatisierungseinrichtung an eine spinnereieigene Klimaanlage, also eine maschinenexterne Anlage zur Bereitstellung von, insbesondere gekühlter Luft angeschlossen sein (Merkmal M4). Unter dem Anschließen eines Kanalabschnitts an eine Klimaanlage bzw. einem entsprechenden Anschluss versteht der Fachmann hier eine unmittelbare oder mittelbare gegenständliche Verbindung zwischen den Kanalabschnitten und der Klimaanlage, bspw. in Form eines Anschlussstutzens oder eines Verbindungskanals. Anspruchsgemäß ist für die Offenend-Spinnmaschine auch ein maschinenlanger Klimakanal (5) (Merkmal M6) definiert. Auch wenn über die Merkmale M4 und M6 kein gegenständlicher oder funktionaler Zusammenhang zwischen den Kanalab-
- 10 schnitten und dem Klimakanal hergestellt wird, so soll im Sinne des Streitpatents (vgl. Patentanspruch 3, Abs. [0065], [0066], Figur 1) ein sich im Wesentlichen über die gesamte Länge der mehreren Maschinensektionen der Offenend-Spinnmaschine erstreckender, und somit maschinenlanger Klimakanal durch einzelne Kanalabschnitte gebildet werden, die räumlich den jeweiligen Maschinensektionen zugeordnet sind. Bedingt durch den modularen Charakter der Maschinensektionen wird bei deren Zusammenbau der maschinenlange Klimakanal durch die einzelnen Kanalabschnitte ausbildet. Ein Klimakanal stellt für den Fachmann einen einsträngigen Kanal dar, und nicht etwa ein aus einem Hauptkanal mit verschiedenen Abzweigen oder Verästelungen gebildetes Kanalwerk.
Die Offenend-Spinnmaschine soll eine Vielzahl von Spinn-/Spulmodulen (9) an den Arbeitsstellen umfassen (Merkmal M5), wobei im Streitpatent, und hier insbesondere im Abs. [0061] angegeben ist, dass jede Arbeitsstelle mit einem Spinn-/Spulmodul ausgestattet sein soll. Dabei ließe die Anspruchsfassung auch mehrere Spinn-/Spulmodule je Arbeitsstelle zu. Ein Spinn-/Spulmodul soll gemäß Streitpatentschrift die zur Herstellung eines auf einer Kreuzspule aufgewickelten Fadens benötigten Funktionselemente umfassen (vgl. SPS [0061]). Im Einzelnen werden als Funktionselemente ein Rotorantrieb 29, eine Paraffiniereinrichtung 30, eine Fadenchangiereinrichtung 31 sowie eine Spulenantriebseinrichtung 32 genannt (vgl. SPS [0077]).
Für den Klimakanal ist definiert, dass dieser unterhalb von Kanalsegmenten (7) einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung (8) angeordnet sein soll (Merkmal M6.1). Unterdruckversorgungseinrichtungen bzw. Absaugeinrichtungen werden in Offenend-Spinnmaschinen bspw. zum Absaugen von Faserresten und zum Fasertransport verwendet. Unter einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung ist nicht nur ein aus Kanalsegmenten aufgebauter Absaug- oder Unterdruckkanal zu verstehen, der an eine externe hallenseitige Absauganlage angeschlossen ist. Vielmehr ist auch die für die Unterdruckversorgungseinrichtung notwendige Unterdruckquelle, bspw. ein Sauggebläse, Bestandteil der Spinnmaschine bzw. ist in diese integriert, wie dies so auch der Figur 1 der Streitpatentschrift zu entnehmen ist (vgl. Bezugszeichen 8).
Über das Merkmal M6.2 ist festgelegt, dass der Klimakanal Luftaustrittsdüsen (10) zur Klimatisierung von Vorlagematerial (11) aufweisen soll. Unter Vorlagematerial ist das in Kannen 11 gelagerte Fasermaterial bis zu seinem Eintritt in die Funktionselemente der Spinn-/Spulmodule, also das noch unbearbeitete Fasermaterial, zu verstehen. Das Vorlagematerial kommt also noch vor seiner Verarbeitung im Spinn-/Spulmodul in direkten Kontakt mit der aus den am Klimakanal angeordneten Düsen austretenden klimatisierten Luft.
Neben diesen Luftaustrittsdüsen sind am Klimakanal auch noch Klimaleitungen (20) angeschlossen, die die Spinn-/Spulmodule klimatisieren (Merkmal M6.3). Demnach wird klimatisierte Luft vom Klimakanal in oder an die Spinn-/Spulmodule über Leitungen geführt, wobei eine Leitung für den Fachmann durch einen Schlauch oder einen festen Kanal mit beliebiger Querschnittsform, also auch durch ein Rohr ausgebildet sein kann. Ein Anschluss einer Leitung an einen Kanal oder an eine Austrittsöffnung des Kanals stellt für den Fachmann eine unmittelbare oder mittelbare, bspw. über ein Fitting, ausgebildete gegenständliche Verbindung zwischen Leitung und Kanal bzw. Austrittsöffnung dar (vgl. Figur 2 der SPS).
B.
1. Die erteilten Patentansprüche entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen und sind somit ursprünglich offenbart.
Die Ausführbarkeit der schutzbeanspruchten Gegenstände ist unbestritten gegeben.
2. Die gewerblich anwendbare Offenend-Spinnmaschine gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist auch patentfähig.
2.1 Der Gegenstand nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist neu (§§ 1, 3 PatG).
Die Beschwerdegegnerin hat die Neuheit der Offenend-Spinnmaschine nach dem erteilten Patentanspruch 1 in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Frage gestellt.
Die Druckschrift E1 (vgl. Sp. 2, Z. 57 bis Sp. 5, Z. 25, Figuren) offenbart eine Offenend-Spinnmaschine (open end spinning machine 10) mit einer Vielzahl von Arbeitsstellen (spinning positions) (Merkmal M1). In Figur 1 ist eine Maschinensektion 10 mit 24 Arbeitsstellen gezeigt, wobei die Offenend-Spinnmaschine auch aus mehreren dieser Maschinensektionen gebildet werden kann (vgl. Sp. 3, Z. 23 bis 28; Merkmal M2). Aus der Druckschrift E1 ist auch eine Klimatisierungseinrichtung (source of conditioned air; Merkmal M3) mit im Bereich der Maschinensektionen angeordneten Kanalabschnitten (conduit 32, 32‘) bekannt, die über einen Versor- gungskanal (supply air duct 34) an eine spinnereieigene Klimaanlage (convenient source) anschließbar sind (Merkmal M4). Die Offenend-Spinnmaschine umfasst an jeder Arbeitsstelle ein Spinn-/Spulmodul (Bauteile 16, 18, 21, 26, 28, 30 in oder an der spin box 20; Merkmal M5). Die Kanalabschnitte 32, 32‘ sind sektionslang ausgebildet, jedoch nicht an den Grenzen der Maschinensektionen unter Bildung eines maschinenlangen Klimakanals miteinander verbunden, wie streitpatengemäß gefordert (Merkmal M6).
Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung die Meinung vertreten, der im Boden der Spinnerei angeordnete Versorgungskanal 34 bilde in Verbindung mit den Kanalabschnitten 32, 32‘ einen anspruchsgemäßen maschinenlangen Klimakanal im Sinne des Merkmals M6 aus.
Dieser Auffassung kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden: Zum einen ist nicht erkennbar, dass der Versorgungskanal 34, wie anspruchsgemäß gefordert (Merkmal M6), einen Bestandteil der Offenend-Spinnmaschine bildet bzw. dieser zuzuordnen ist. Vielmehr sind der Versorgungskanal 34 ebenso wie eine oberhalb der Offenend-Spinnmaschine vorgesehene Hallenabsaugung (return duct 38) Elemente einer rein bauseitig bereitgestellten, spinnereieigenen Klimatisierungsanlage bzw. Klimaanlage. Darüber hinaus ist unter einem Zusammenschluss der Kanäle 32, 32‘, 34 auch kein Kanal im Sinne des Streitpatents, sondern ein Kanalwerk zu verstehen (vgl. obige Ausführungen zur Auslegung des Merkmals M6 im Kapitel 2 des Abschnitts A).
Die Kanalabschnitte 32, 32‘ sind unterhalb von Kanalsegmenten einer Unterdruckversorgungseinrichtung angeordnet (suction conduit 42), wobei explizit nicht beschrieben ist, dass die Unterdruckversorgungseinrichtung auch über eine maschineneigene Unterdruckquelle verfügt (Teilmerkmal M6.1).
Zur Klimatisierung des Vorlagematerials (vgl. Sp. 3, Z. 36 bis 49, sliver 14) weisen die Kanalabschnitte 32‘, 32 Luftaustrittsdüsen in Form von Luftaustrittsöffnungen (openings 36; Merkmal M6.2) auf. Zwei Luftführungen dienen auch zur Klimatisierung der Spinn-/Spulmodule und sind links und rechts (vgl. Figuren 1 bis 3) der Kanalabschnitte 32, 32‘ von den Luftaustrittsdüsen 36 hin zu Eintrittsöffnungen (openings 40) in Spinnkammern (spinn box 20; vgl. Figuren 2, 4) der Spinn-/Spulmodule vorgesehen, wobei diese Luftführungen zwar strömungstechnisch und funktional an die Klimaanlage angeschlossen sind, aber keine Leitungen im Sinne des Streitpatents ausbilden. Die Luftführungen sind auch nicht gegenständlich an die Kanalabschnitte 32, 32‘ bzw. an deren Luftaustrittsöffnungen 36 angeschlossen oder physisch mit ihnen verbunden (Merkmal M6.3).
Die Druckschrift E1 offenbart demnach nicht die Merkmale M6 und M6.3 und das Teilmerkmal M6.1 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1.
Aber selbst wenn der Fachmann den Versorgungskanal 34 zur spinnereieigenen Klimaanlage auf den anspruchsgemäßen Klimakanal und die Kanalabschnitte 32, 32‘ auf die definierten Klimaleitungen lesen würde, so wäre dann zwar ein maschinenlanger Klimakanal offenbart (Merkmale M6), an den auch Klimaleitungen angeschlossen wären (Merkmal M6.3). Allerdings wären die Luftaustrittsdüsen 36 dann nicht Bestandteil dieses Klimakanals sondernd der Klimaleitungen, so dass bei dieser Lesart neben dem Teilmerkmal M6.1 einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung auch das Merkmal M6.2 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 fehlen würde.
In der Druckschrift E2 (vgl. Sp. 3, Z. 22 bis 41, Figur 1) wird eine Ring-Spinnmaschine und keine Offenend-Spinnmaschine (Merkmal M1) beschrieben. Auch zu einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung (Teilmerkmal M6.1) ist hier nichts offenbart.
Die Druckschrift E3 (vgl. S. 1, zweiter Absatz bis S. 9, letzter Absatz, Figuren) offenbart eine Offenend-Spinnmaschine in Form einer Friktionsspinnmaschine (friction rollers 15, 16) mit 48 Arbeitsstellen bzw. Spinn-/Spulmodulen (vgl. S. 6, erster Absatz bis S. 7, erster vollständiger Absatz, spinning heads 3 mit roll 8, rollers 9, 15, 16 und take-up package 18), wobei eine Maschinensektion jeweils 12 Arbeitsstellen umfasst (vgl. Figur 1; (Merkmale M1, M2, M5). Über eine Lüftungsanlage (duct 22, hose 23, fan 20, filter 19) wird Hallenluft angesaugt und zur Erzeugung eines Überdrucks gegenüber der Umgebung (vgl. den die S. 8 und 9 überspannenden Absatz) innerhalb der Spinn-/Spulmodule verwendet. Ein maschinenlanger Lüftungskanal (duct 22) ist aus sektionslangen Kanalabschnitten gebildet (Teilmerkmale M4 und M6) und ist unterhalb von Unterdruckkanälen (duct 12, 29; Teilmerkmal M6.1) einer ansonsten externen, also nicht maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung angeordnet (vgl. S. 6, Z. 14 bis S. 7, Z. 2); Teilmerkmal M6.1). Dass die Lüftungsanlage auch im Sinne des Streitpatents als Klimatisierungsanlage verwendet werden könnte und die Kanalabschnitte des Kanals 22 hierzu an eine spinnereieigene Klimaanlage angeschlossen sein könnten, ist in dieser Druckschrift nicht offenbart (Merkmale M3, Teilmerkmale M4, M6). An den Lüftungskanal 22 sind Lüftungsleitungen (hose 23) anschließbar, die die Spinn-/Spulmodule belüften, bzw. mit gefilterter Hallenluft einen Überdruck im Bereich der Funktionsteile der Spinn-/Spulmodule erzeugen, diese aber nicht klimatisieren (Teilmerkmal M6.3). Auch zu einer Klimatisierung des Vorlagematerials ist in dieser Druckschrift nichts offenbart (Merkmal M6.2).
Aus der Druckschrift E4 (vgl. Sp. 3, Z. 1 bis Sp. 4, Z. 35, Figuren 1 und 2) ist ein Luftverteiler (diffuser 16) für eine Offenend-Spinnmaschine (jet spinning machine 10) bekannt, der als maschinenlanger Klimakanal ausgebildet ist und klimatisierte Luft gerichtet auf die Spinnmaschine bläst (vgl. Sp. 4, Z. 4 bis 8, Figur 1). Insbesondere finden sich in dieser Druckschrift keine Hinweise auf anspruchsgemäße Klimaleitungen (Merkmal M6.3) und eine Unterdruckversorgungseinrichtung (Merkmal M6.1).
Aus der Druckschrift E5 (vgl. S. 4, zweiter Absatz bis S. 7 zweiter Absatz, Figur) ist eine Offenend-Spinnmaschine (Patentanspruch 1) bekannt, wobei zur Klimatisierung von Spinn-/Spulmodulen (vgl. S. 4, zweiter und dritter Absatz, Bauteile 2, 4, 16, 14, 20, 22, 26, 28) klimatisierte Luft aus einer spinnereieigenen Klimazentrale 42 bzw. Klimaanlage über Klimaleitungen 36, 52 in das Gehäuse 2 einer Spinnturbine 4 und eines Separiermechanismus 16 eingeleitet werden kann (Merkmale M1, M2, M3, M5, Teilmerkmal M6.3). Die Klimazentrale 42 fungiert auch als externe Unterdruckversorgungseinrichtung zur Absaugung von Luft aus den Gehäusen der Spinnturbine und des Separiermechanismus. Zu einem Klimakanal im Sinne des Streitpatents (Merkmale M4, M6) insbesondere mit anspruchsgemäßen Luftaustrittsdüsen (Merkmal M6.2) sowie einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung (Teilmerkmal M6.1) ist in dieser Druckschrift nichts angegeben.
Die Druckschrift E8 (vgl. Sp. 3, Z. 68 bis Sp. 4, Z. 59, Figuren 1, 2) offenbart eine Offenend-Spinnmaschine in Form einer Rotorspinnmaschine (Merkmal M1) mit einer Vielzahl von Arbeitsstellen 3, die zu Maschinensektionen (Zwischeneinheiten 2) zusammengefasst sind (Merkmal M2). An den Arbeitsstellen ist eine Vielzahl von Spinn/Spulmodulen ausgebildet (OE-Rotorspinneinheit 4, Spuleinrichtung 5; Merkmal M5). Eine Unterdruckversorgungseinrichtung wird durch einen Saugkanal 6, eine Verbindungleitung 21 sowie die Komponenten einer Schmutzabsaugeinrichtung 13 ausgebildet (Teilmerkmal M6.1). Hinweise auf eine anspruchsgemäße Klimatisierungseinrichtung mit einem aus Kanalabschnitten gebildeten maschinenlangen Klimakanal (Merkmale M3, M4, M6), hierfür definierte Luftaustrittsdüsen (Merkmal M6.2) und Klimaleitungen (Merkmal M6.3) finden sich in dieser Druckschrift nicht.
Aus der Druckschrift E9 (vgl. S. 7, dritter Absatz bis S. 13, mittlerer Absatz, Figuren) ist eine Flyer-Spinnmaschine mit einer Vielzahl von Arbeitsstellen in Form von Streckwerken 18 bzw. Streckwerkszonen 20 und von Spindelbänken 12 bzw. Spindeln 14 bekannt (vgl. Figur 1; Teilmerkmale M1, M5). Eine Klimatisierungseinrichtung (Merkmal M3) umfasst einen maschinenlangen Klimakanal 70 (Merkmal M6),
der an eine spinnereieigene Klimaanlage KZ angeschlossen ist (Merkmal M4). Der Klimakanal ist unterhalb eines Gehäuses 110 angeordnet, das Kanalsegmente einer maschineneigenen Unterdruckversorgungseinrichtung (Ventilator 49) ausbildet (Merkmal M6.1), wobei an den Klimakanal 70 Klimaleitungen (Stichkanäle 74) angeschlossen sind (Merkmal M6.3). Die Klimatisierung des Vorlagematerials (Streckenband 22, Kannen 24) erfolgt über Rohre 26, die direkt an die spinnereieigenen Klimaanlage KZ angebunden sind. Zu am Klimakanal ausgebildeten Luftaustrittsdüsen zur Klimatisierung des Vorlagematerials ist demnach in dieser Druckschrift nichts offenbart (Merkmal M6.2). Darüber hinaus betrifft die Lehre dieser Druckschrift auch keine Offenend-Spinnmaschine (Teilmerkmal M1).
Die übrigen Druckschriften liegen weiter ab und können keine weiteren Erkenntnisse im Hinblick auf die Neuheit des Gegenstands nach dem erteiltem Patentanspruch 1 liefern.
2.2 Die Offenend-Spinnmaschine gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§§ 1, 4 PatG).
Als geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit eignet sich unstrittig die Druckschrift E1. Als weitere Ausgangspunkte wurden von der Beschwerdegegnerin noch die Druckschriften E3 und E9 genannt.
2.2.1 Ausgangspunkt Druckschrift E1 Aus der Druckschrift E1 ist eine Offenend-Spinnmaschine mit den Merkmalen M1 bis M5 sowie M6.2 und Teilmerkmal 6.1 des Gegenstandes nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag bekannt, wobei zu einem maschinenlangen Klimakanal mit Kanalabschnitten (Merkmal M6) sowie zu an den Klimakanal anschließbaren Klimaleitungen (Merkmal M6.3) und einer maschineneigenen Ausgestaltung der Unterdruckversorgungseinrichtung (Teilmerkmal M6.1) nichts offenbart ist (vgl. auch diesbezügliche Ausführungen im Kapitel 2.1 des Abschnitts B zur Neuheit).
Der Fachmann hat in Anbetracht der Aufgabe, eine Offenend-Spinnmaschine zu schaffen, bei der nicht nur gewährleistet ist, dass während der Produktion des Garnes das zu verarbeitende Vorlagematerial optimal klimatisiert ist, sondern bei der auch sichergestellt ist, dass die an der Produktion beteiligten Funktionselemente der Offenend-Spinnmaschine stets auf einem für die Bearbeitung des Fasermaterials vorteilhaften Wärmeniveau gehalten werden, Veranlassung, sich mit weiterem Stand der Technik zu befassen, welcher verbesserte Belüftungskonzepte bei Spinnmaschinen und insbesondere bei Offenend-Spinnmaschinen erwarten lässt.
2.2.1.1 Zusammenschau der Druckschriften E1 und E3 bzw. Druckschrift E1 i. V. m. dem Wissen und Können des Fachmanns Aus der Druckschrift E3 (vgl. auch diesbezügliche Ausführungen im Kapitel 2.1 des Abschnitts B zur Neuheit) ist eine Offenend-Spinnmaschine in Form einer Friktionsspinnmaschine bekannt. Die Druckschrift E3 lehrt, dass eine solche Friktionsspinnmaschine gegenüber einer Rotorspinnmaschine u. a. vorteilhaft im Hinblick auf die sich beim Betrieb einstellenden Temperaturen innerhalb der Spinnmaschine sei. Aufgrund der gegenüber einer Rotorspinnmaschine geringeren Temperaturbelastung könne somit auf eine Kühlung der rotierenden Friktions-Rollen und auf eine Klimatisierung des Vorlagematerials verzichtet werden (vgl. S. 1, Z. 6 bis S. 2, Z. 20). Allerdings müsse über das Unterdruckversorgungssystem eine sehr hohe Saugleistung bereitgestellt werden, wodurch es zu einer erhöhten Schmutzbelastung innerhalb des Spinnmoduls durch die über Öffnungen am Spinnmodul angesaugte staubhaltige Luft käme (vgl. den die S. 2 und 3 überspannenden Absatz). Zur Belüftung der Spinnstellen sind an Austrittsöffnungen eines maschinenlangen Lüftungskanals 22 Lüftungsleitungen (hose duct 23) anschließbar, um über Austrittsdüsen (nozzles 24) der Lüftungsleitungen Luft in die Spinnmodule (spinning head 3) einzubringen.
Der Fachmann erhält in der Druckschrift E3 den Hinweis (vgl. S. 8, zweiter vollständiger Absatz), dass über die Lüftungsleitungen ein abgestimmter Luftstrom in den Bereich der jeweiligen Spinnmodule einbringbar sei. So ließe sich in den Spinnmodulen ein Überdruck erzeugen, um das Eindringen von Verunreinigungen in Form von Staub zu verhindern (vgl. den die S. 4 und 5 überspannenden Absatz). Eine gleichmäßige Luftverteilung könne hierzu durch das Vorsehen einer Lüftungsleitung an jeder Spinnstelle erreicht werden (vgl. S. 9, letzter Absatz). Die Lehre dieser Druckschrift umfasst nicht, die Bereiche der Kannen bzw. des Vorlagematerials seitlich des Lüftungskanals 22 mit Luft zu versorgen. Die Lüftungsleitungen dienen lediglich der verlustfreien Übertragung von Luft aus dem Lüftungskanal in den darüber gelegen Bereich der Spinnmodule. Die Einstellung der mittels der Lüftungsleitungen übertragenen Luftmenge in die Spinnmodule erfolgt im Wesentlichen über die Leistung des Gebläses 20.
Bei der aus der Druckschrift E1 bekannt gewordenen Offenend-Spinnmaschine wird Kühlluft aus den Luftaustrittsdüsen 36 der Kanalabschnitte 32‘ seitlich ausgeblasen und strömt über das Vorlagematerial 14, den Außenbereich der Spinn-/Spulmodule 20 und die Spulen (spool 30) bis zur Hallenabsaugung 38. Dieser Kühlluftstrom ist über die Gebläseleistung der Hallenlüfter und Hallenabsaugung einstellbar. Eine Teilmenge der aus den Luftaustrittsdüsen der Kanalabschnitte austretenden Kühlluft soll aber gezielt ins Innere der Spinn-/Spulmodule gelangen. Hierzu sind Öffnungen, wie die in Figur 4 gezeigte Öffnung 40, in den Gehäusen der Spinn-/Spulmodule vorgesehen (vgl. Sp. 4, Z. 34 bis 43). Durch den vom Hallenlüfter an der Außenseite der Spinn-/Spulmodule 20 erzeugten Überdruck strömt die klimatisierte Luft durch die Öffnungen 40 in die Spinn-/Spulmodule, wobei die Unterdruckversorgungseinrichtung 42 bzw. das angeschlossene Sauggebläse die klimatisierte Luft dann ansaugt und unter gezielter Leitung über die Rotoren 21 wieder aus den Spinn-/Spulmodulen abführt (vgl. Sp. 4, Z. 28 bis 34, suction conduit carries away air passing through the spinn box).
Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass moderne Rotorspinnmaschinen mit immer höheren Rotordrehzahlen betrieben würden. Hierdurch stiegen auch die Anforderungen an die Kühlung der Rotoren weiter. Daher wäre es für den Fachmann allein schon unter Zuhilfenahme seines Fachwissens, belegt durch die Druckschrift E3, naheliegend, bei der aus der Druckschrift E1 bekannt gewordenen Offenend-Spinnmaschine anspruchsgemäße Klimaleitungen zwischen den Luftaustrittsdüsen 36 der Kanalabschnitte 32‘ und den Öffnungen 40 der Spinn-/Spulmodule vorzusehen, um den Kühlluftstrom zu den Spinn-/Spulmodulen zu erhöhen. Nach Meinung der Beschwerdegegnerin wäre der Fachmann aber auch im Bestreben, Energieverluste bei der Leitung bzw. dem Transport der klimatisierten Luft zu reduzieren, zu einer solchen Maßnahme veranlasst gewesen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Für die Kühlung des Rotors ist die Menge der über ihn geleiteten Kühlluft maßgeblich. Für den Fachmann lässt sich der Kühlluftmassenstrom aber erkennbar nur über eine Erhöhung des von der Unterdruckversorgungseinrichtung über die Absaugleitung geförderten Luftstroms ggf. i. V. m. einer Querschnittsvergrößerung der Öffnungen 40 steigern. Ob die an den Luftaustrittsdüsen 36 der Kanalabschnitte 32‘ mit einem bestimmten Druck bereitgestellte Kühlluft über die in der Druckschrift E1 gelehrte offene Luftführung oder über Schläuche an die Öffnungen 40 gelangt, ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich. Um die Kühlleistung an den Rotoren zu erhöhen, ist somit die Ausbildung von anspruchsgemäßen Klimaleitungen erkennbar nicht veranlasst.
Wollte der Fachmann andererseits Kühlverluste signifikant reduzieren, so wäre es naheliegend, nicht nur den Kühlluftstrom in die Spinn-/Spulmodule über isolierte Leitungen zu führen, sondern vielmehr die gesamte Luftführung oberhalb der Kannen als einen nach unten und seitlich abschließenden und entsprechend isolierend wirkenden Kanal auszugestalten. Der Fachmann würde einen solchen Kanal direkt an den Kanalabschnitt 32‘ anschließen und Durchführungen für das Vorlagematerial vorsehen. Darüber hinaus läge es nahe, über an diesem Kanal ausgebildete Austrittsöffnungen die Strömung von klimatisierter Luft in die Kannen und in die Spinn-/Spulmodule hinein sowie aus dem Kanal heraus hin zum Außenbereich der Spinn-/Spulmodule zu gewährleisten.
Die Beschwerdegegnerin hat darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung die Meinung vertreten, der Fachmann würde der entsprechenden Lehre der Druckschrift E3 folgen und auch bei der in der Druckschrift E1 beschriebenen OffenendSpinnmaschine anspruchsgemäße Klimaleitungen vorsehen, um innerhalb der Spinn-/Spulmodule einen Überdruck zu erzeugen und somit das Eindringen von Staub aus der Umgebung in die Spinn-/Spulmodule zu verhindern.
Dieser Vortag vermag nicht zu überzeugen. Die Druckschrift E1 lehrt, in den Spinn/Spulmodulen erzeugte Verunreinigungen über die Unterdruckversorgungseinrichtung aus den Spinn-/Spulmodulen abzusaugen. Verunreinigungen in Form von Mikrostaub oder anderen kleinen Partikeln, die als Folge der Garnbehandlung außerhalb der Spinn-/Spulmodule anfielen, würden von der über die Außenseiten der Spinn-/Spulmodule strömenden klimatisierten Luft mitgerissen und über die Hallenabsaugung abgeführt (vgl. Sp. 3, Z. 60 bis Sp. 4, Z. 17). Von einer erhöhten Staubbelastung außerhalb der Spinn-/Spulmodule, die dann zu einer Ansaugung von Staub in die Spinn-/Spulmodule und zu einer unerwünschten Verschmutzung innerhalb der Spinn-/Spulmodule führen würde, wie es in der Druckschrift E3 beschrieben wird, ist bei der aus der Druckschrift E1 bekannt gewordenen Offenend-Spinnmaschine somit nicht auszugehen. Warum der Fachmann dennoch zusätzlich zu den bereits in der Druckschrift E1 gelehrten Maßnahmen zur inneren und äußeren Staubabsaugung auch noch innerhalb der Spinn-/Spulmodule über anspruchsgemäße Klimaleitungen einen Überdruck aufbauen sollte, ist nicht erkennbar. Sollte der Fachmann aber dennoch den Druck in den Spinn-/Spulmodulen erhöhen wollen, so wäre eine Erhöhung der Leistung des zuluftseitigen Hallenlüfters ggf. i. V. m. mit einer Vergrößerung des Öffnungsquerschnitts der Öffnungen 40 nahegelegt. Separater Leitungen bedürfte es hierzu auch nicht.
Offensichtliche Vorteile oder Gründe, aus denen heraus der Fachmann die aus der Druckschrift E3 bekannt gewordenen Schlauchleitungen auf die Offenend-Spinnmaschine nach Druckschrift E1 auch tatsächlich übertragen würde oder solche Schlauchleitungen als Klimaleitung schon allein unter Zuhilfenahme seines Fachwissens auch wirklich vorsehen würde, sind daher, entgegen dem Vortrag der Beschwerdegegnerin, nicht gegeben.
Aber selbst, wenn der Fachmann anspruchsgemäße Klimaleitungen bei der in der Druckschrift E1 beschriebenen Offenend-Spinnmaschine ausbilden würde, so müsste er, um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen, auch noch dazu veranlasst sein, die Kanalabschnitte 32, 32‘ als anspruchsgemäße Kanalabschnitte eines maschinenlangen Klimakanals, bspw. analog zu dem, in der Druckschrift E3 offenbarten Lüftungskanal 22 auszugestalten, und darüber hinaus gestützt auf sein Fachwissen, eine Unterdruckversorgungseinrichtung im Sinne des Streitpatents mit einer maschineneigenen Unterdruckquelle vorsehen. Gründe hierfür sind nicht erkennbar.
2.2.1.2 Zusammenschau der Druckschriften E1 und E5 Ausgehend von der Druckschrift E1 ist eine Zusammenschau mit der Druckschrift E5 zur Steigerung der Produktivität (vgl. E5, S. 2 zweiter Absatz) naheliegend. Dabei wird der Fachmann zur Steuerung des Kühlluftstroms durch das Gehäuse des Rotors 21 (vgl. E1, Figur 4), der Lehre der Druckschrift E5 folgend, am Rotorgehäuse eine zum Inneren des Spinn-/Spulmoduls 20 hin offene Einlassleitung mit regelbarer Drossel (vgl. E5, Zuluftleitung 36, Drossel 38) vorsehen (vgl. E5, der die S. 4 und 5 überspannende Absatz). Gleiches gilt für das Gehäuse des Separiermechanismus 18. Das Vorsehen einer regelbaren Drossel in der Absaugleitung 42 ist sicherlich ebenfalls naheliegend (vgl. E5, Leitung 44, Drossel 48). Diese Einlassleitungen sind aber nicht an die Kanalabschnitte 32‘ bzw. den Klimakanal im Sinne des Streitpatents angeschlossen und können somit auch nicht auf die anspruchsgemäßen Klimaleitungen gelesen werden (Merkmal M6.3).
Selbst wenn der Fachmann anstelle von zum Inneren der Spinn-/Spulmodule offenen Einlassleitungen in den Gehäusen der Rotoren und der Separiermechanismen geschlossene bzw. angeschlossene Klimaleitungen vorsehen sollte (vgl. E5, S. 7, zweiter Absatz), so wäre es nicht naheliegend, diese Klimaleitungen bis zu etwaigen Anschlussöffnungen an den Kanalabschnitten 32‘ zu führen, sondern vielmehr hierzu Anschlussöffnungen, analog der Öffnungen 40 direkt an den Gehäusen der Spinn-/Spulmodule 20 vorzusehen.
Somit fehlen auch in dieser Zusammenschau die merkmalsgemäßen Klimaleitungen (Merkmal M6.3) sowie die definierte maschineneigene Unterdruckversorgungseinrichtung (Teilmerkmal M6.1) und der geforderte maschinenlange Klimakanal (Merkmal M6).
2.2.2 Ausgangspunkt Druckschrift E3 i. V. m. der Druckschrift E4 oder der E5 Die Druckschrift E3 geht von einer Friktionspinnmaschine als Offenend-Spinnmaschine aus, bei der aufgrund der gegenüber einer Rotorspinnmaschine geringeren Temperaturbelastungen anstelle von klimatisierter Luft lediglich filtrierte Hallenluft verwendet wird, um einen Überdruck in den Spinn-/Spulmodulen zu erzeugen (vgl. S. 2, erster vollständiger Absatz sowie diesbezügliche Ausführungen im Kapitel 2.1 des Abschnitts B zu Neuheit bzw. im Kapitel 2.2.1.1 des Abschnitts B zur erfinderischen Tätigkeit).
Ausgehend von dieser Lehre ist sowohl ein Hinzuziehen der Druckschrift E4 als auch der Druckschrift E5 entgegen dem schriftsätzlichen Vortrag der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren nicht angezeigt.
Warum der Fachmann bei der Friktionsspinnmaschine der Druckschrift E3 einen Luftverteiler gemäß der Lehre der Druckschrift E4 verwenden sollte, ist nicht ersichtlich. Die E3 lehrt explizit unklimatisierte Luft mittels einer Düse gezielt in der Nähe der Spinnmodule einzublasen. Hierzu einen großflächigen Luftverteiler, wie in der Druckschrift E4 beschrieben, zu verwenden und dabei auch noch entgegen der Hinweise aus der E3 „teure“ klimatisierte Luft zu verwenden, liegt dem Fachmann fern.
Die E3 stellt aufgrund von geringen Wärmebelastungen für das Spinngut und für die Antriebskomponenten eine Friktionsspinnmaschine als vorteilhaft gegenüber einer Rotorspinnmaschine heraus. Daher ist nicht nachvollziehbar, warum und wie der Fachmann die in der Druckschrift E5 beschriebenen und der Lehre der Druckschrift E3 entgegenstehenden Maßnahmen zur Kühlung eines Spinnrotors und eines Separiermechanismus einer Rotorspinnmaschine mittels klimatisierter Luft bei einer Friktionsspinnmaschine berücksichtigen sollte.
2.2.3 Ausgangspunkt Druckschrift E9 i. V. m. dem Wissen und Können des Fachmanns Die Druckschrift E9 (vgl. S. 7, dritter Absatz bis S. 13, mittlerer Absatz, Figuren) geht von einer „Flyer“-Spinnmaschine aus, bei der an einem Klimakanal 70 Klimaleitungen in Form von Stichkanälen 74 angeschlossen sind (Merkmal M6.3). Gemäß der Lehre dieser Druckschrift wird das in Kannen 24 bereitgestellte Vorlagematerial (Streckenband 24) direkt über eine spinnereieigene Klimaanlage KZ und Leitungen in Form von Rohren 26 mit klimatisierter Luft versorgt (vgl. diesbezügliche Ausführungen im Kapitel 2.1 des Abschnitts B zu Neuheit).
Warum der Fachmann diese Lehre überhaupt auf eine Offenend-Spinnmaschine übertragen und dabei die Stichkanäle 74 zur Klimatisierung der Spinn-/Spulmodule einer solchen Offenend-Spinnmaschine adaptieren sollte, ist nicht erkennbar (Merkmale M1, M6.3). Selbst wenn von einer gegebenen Veranlassung für eine solche fachmännische Übernahme bzw. Anpassung ausgegangen würde und der Fachmann dabei auch, wie von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vertreten, die Kannen, wie bei einer Offenend-Spinnmaschine üblich, in unmittelbarer Nähe der Spinn-/Spulmodule lagern würde, so wäre dennoch nicht ersichtlich, warum der Fachmann die direkt an die Klimaanlage KZ angebundenen Rohre 26 zur Klimatisierung der Kannen durch anspruchsgemäße, am Klimakanal 70 ausgebildete Luftaustrittsdüsen ersetzten sollte (Merkmal M6.2).
Der Fachmann gelangt demnach ausgehend von der Druckschrift E9 unter Hinzuziehung seines Fachwissens nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand mit sämtlichen Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1.
Die Gesamtbetrachtung des Standes der Technik ergibt somit, dass die über den Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages vorgeschlagene Lösung nicht nahe lag.
3. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 18 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Weiterbildungen der Offenend-Spinnmaschine nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrags. Sie sind mit diesem ebenfalls bestandsfähig.
4. Auf die Hilfsanträge kommt es demnach nicht mehr an.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Eisenrauch Dr. Schwenke Gruber Ko
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