9 W (pat) 23/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 23/15
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 11 2004 002 498 …
BPatG 152 08.05
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hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 13. Dezember 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart beschlossen:
Die Beschwerde der Einsprechenden und Beschwerdeführerin wird als unzulässig verworfen.
Gründe I.
Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat nach Prüfung eines eingelegten Einspruchs das Patent 11 2004 002 498 mit der Bezeichnung
„Flüssigkeitsbehälter und Flüssigkeitszuführungssystem“,
durch den am 12. März 2015 nach Anhörung verkündeten Beschluss beschränkt aufrechterhalten.
Gegen den Beschluss, zugestellt am 13. Juli 2015, richtet sich die am 13. August 2015 beim DPMA eingegangene Beschwerde der Einsprechenden gemäß Schriftsatz vom selben Tage, mit der sie die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und den vollumfänglichen Widerruf des Patents begehrt.
Mit Schriftsatz vom 21. April 2016 hat die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin Anschlussbeschwerde erhoben, mit der sie unter Aufhebung des Beschlusses u. a. die Aufrechterhaltung des Patentes in der erteilten Fassung begehrt.
Mit Hinweis vom 12. September 2017 hat der Vorsitzende des Senats die Beteiligten darüber informiert, dass die von der Beschwerdeführerin eingereichte Vollmacht nicht von einem Vertreter der Beschwerdeführerin unterzeichnet sei, sondern am 8. September 2015 von M… als Managing Director der P… AG in W…, S…. Im vorliegenden Verfahren fehle es damit an einer Vollmacht der P1… (M…) oder einem Beleg dafür, dass die Bevollmächtigten vor dem Patentgericht befugt seien, im Rahmen eines mit der Beschwerdeführerin verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) tätig zu werden, worunter rechtlich selbständige Unternehmen zu verstehen seien, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen, …, wechselseitig beteiligte Unternehmen oder Beteiligte eines Unternehmensvertrages seien. Sollten die erforderlichen Nachweise nicht innerhalb von einem Monat beim Senat eingehen, müsse die Beschwerde voraussichtlich als unzulässig verworfen werden, da keine wirksame Inlandsvertretervollmacht vorliege, was im schriftlichen Verfahren geschehen würde. Bei Vorlage einer wirksamen Bevollmächtigung werde der Senat unverzüglich einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen, da die Sache entscheidungsreif sei.
Seitdem ist kein weiterer Schriftsatz der Beteiligten zu den Akten gelangt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten einschließlich der elektronisch geführten Teile verwiesen.
II.
1. Die statthafte Beschwerde der Einsprechenden ist frist- und formgerecht eingelegt worden.
Indessen hat die Beschwerdeführerin nicht die vom Senat angeforderte Vollmacht, insbesondere keine Inlandsvertretervollmacht eingereicht. Die Vollmachtsurkunde vom 7. September 2015 stammt nicht von einem Angehörigen der Beschwerdeführerin. Im vorliegenden Verfahren fehlt es damit an einer Vollmacht der P1 (M…) oder einem Beleg dafür, dass die Bevollmächtigten vor dem Patentgericht befugt sind, im Rahmen eines mit der Beschwerdeführerin verbundenen Unternehmens tätig zu werden; darunter sind gemäß § 15 AktG rechtlich selbständige Unternehmen zu verstehen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17), Konzernunternehmen (§ 18), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§19) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrages (§§ 291, 292) sind.
Die Beschwerdeführerin P1… (M…) hätte also gemäß § 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PatG eine Vollmacht (auch gemäß § 25 PatG) für ihre Vertreter ausstellen und diese nachreichen oder darlegen müssen, dass sie aufgrund eines Konzernverbundes durch die vorgelegte Vollmacht befugt seien, im Namen der Beschwerdeführerin vor dem BPatG aufzutreten.
Dies ist nicht geschehen. Die Beschwerdeführerin hat keinerlei Erklärung dazu abgegeben. Ein entsprechender Eingang ist der Akte jedenfalls nicht zugeführt worden.
Auf die Erklärung kann auch nicht wegen § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG verzichtet werden, wonach das Patentgericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen nicht zu berücksichtigen hat, wenn als Bevollmächtigter ein Patentanwalt aufgetreten ist.
Diese Vorschrift gilt nicht für die im vorliegenden Fall erforderliche Inlandsvertretervollmacht nach § 25 PatG, da es sich hierbei um eine Verfahrensvoraussetzung für den sachlichen Fortgang des Verfahrens handelt (vgl. Keukenschrijver in Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl. 2016, § 25 Rdn. 30, 47; Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 10. Aufl. 2017, § 25 Rdn. 41 f.; Schulte/Püschel, a. a. O. § 97 Rdn. 5; Benkard/ Schäfers, PatG, 11. Aufl. 2015, § 25 Rdn. 29), die nicht vom Privileg des § 97 Abs. 6 Satz 2 PatG umfasst wird; vielmehr ergibt sich aus § 97 Abs. 1 Satz 2 PatG, dass § 25 PatG unberührt bleibt und daher als lex spezialis vorgeht (BPatGE 55, 57 – Antennenanordnung; Schulte/Püschel a. a. O.; Keukenschrijver a. a. O.). Wird das Verfahrenshindernis der mangelnden Inlandsvertretervollmacht innerhalb einer zu setzenden Frist nicht behoben, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (vgl. Keukenschrijver a. a. O., Rdn. 48; Engels in Busse/Keukenschrijver a. a. O., § 73 Rdn. 134; Schulte/Rudloff-Schäffer a. a. O., Rdn. 42).
Zwar wird auch die Meinung vertreten, dass der Mangel einer Inlandsvertretervollmacht wegen § 97 Abs. 6 PatG bei Anwälten nicht von Amts wegen berücksichtigt werden soll (vgl. BPatGE 54, 276). Danach seien Zulässigkeitsvoraussetzungen zwar grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen; dies bedeute aber nicht, ohne konkrete Veranlassung gerichtliche Nachforschungen anzustellen.
Selbst nach dieser Auffassung wäre hier eine Prüfung von Amts wegen geboten. Denn wenn bereits die eingereichte Vollmacht unter einem offensichtlichen Mangel gelitten hat wie hier in der Person des Vollmachtgebers, so ist hierdurch ein hinreichender Anlass geschaffen, der Frage der speziellen Inlandsvertretervollmacht nachzugehen, die ja den Rechtsverkehr der Gerichte mit ausländischen Verfahrensbeteiligten erleichtern soll (vgl. Rudloff-Schäffer, a. a. O., Rdn. 10).
Nach der Unzulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden kommt es auf die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin nicht mehr an. Denn nachdem sie außerhalb der Beschwerdefrist gegen den Amtsbeschluss eingelegt worden ist, hängt sie gemäß §§ 99 PatG, 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO in ihrer Wirkung von der Hauptbeschwerde ab, die sie mit der Verwerfung der Hauptbeschwerde als unzulässig verliert (vgl. Schulte/Püschel, a. a. O., § 73 Rdn. 184). Allerdings bestehen auch hinsichtlich der Vollmacht der Anschlussbeschwerdeführerin für ihre Verfahrensbevollmächtigten erhebliche Bedenken, da die Vollmacht keinen Hinweis auf die Anschlussbeschwerdeführerin erkennen lässt bzw. darauf, inwiefern der Unterzeichner der Vollmacht zur Erklärung für sie berechtigt sein sollte. Der Senat hat aber einen entsprechenden Hinweis zurückgestellt, solange noch keine wirksame Vollmacht für die Beschwerdeführerin vorlag.
Von einer einseitigen Kostenauferlegung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG hat der Senat abgesehen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Hilber Paetzold Sandkämper Dr. Baumgart Ko