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VIa ZR 216/22

BUNDESGERICHTSHOF VIa ZR 216/22 BESCHLUSS vom 26. September 2022 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2022:260922BVIAZR216.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. September 2022 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges als Vorsitzende, die Richterin Dr. Krüger, die Richter Dr. Götz, Dr. Rensen und die Richterin Wille beschlossen:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 9a. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 21. Januar 2022 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 31. März 2022 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorbezeichneten Urteil wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der dritten Instanz zu tragen. Streitwert: bis 22.000 €

Gründe:

A.

Der Kläger hat die beklagte Fahrzeugherstellerin wegen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Gebrauchtwagen auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 35.700 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs in Höhe eines Betrags von 22.456,07 € stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den zu zahlenden Betrag auf 20.347,25 € nebst zeitlich gestaffelten Zinsen reduziert und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Die Entscheidungsformel des in einem gesonderten Termin am 21. Januar 2022 verkündeten Berufungsurteils enthält unter Ziffer IV den Satz: "Die Revision wird zugelassen". In den Gründen des Berufungsurteils hat das Berufungsgericht ausgeführt: "Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), liegen nicht vor".

Mit Beschluss vom 31. März 2022 hat das Berufungsgericht Ziffer IV des Tenors des Berufungsurteils in "Die Revision wird nicht zugelassen" berichtigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die ursprünglich anderslautende Entscheidungsformel enthalte einen offenkundigen Schreibfehler im Sinne des § 319 Abs. 1 ZPO. Aus der Begründung zu § 543 Abs. 2 ZPO und dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergebe sich, dass ein Zulassungsgrund nicht gegeben sei. Das Berufungsgericht sei in allen Punkten der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt und habe keine Rechtsfrage unter Verweis auf abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Oberlandesgerichte erörtert.

Die Beklagte greift das Berufungsurteil mit der Revision, hilfsweise mit der Nichtzulassungsbeschwerde an. Die Parteien sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat zunächst über die Zulässigkeit der Revision beraten werde.

B.

Beide Rechtsmittel der Beklagten haben keinen Erfolg.

I.

Die von der Beklagten in erster Linie eingelegte Revision ist gemäß § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht gemäß § 543 Abs. 1 ZPO statthaft ist. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht nach § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Diese Entscheidung ist für den Senat insoweit bindend, als sie nur nach Maßgabe des § 544 ZPO mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden kann. Dass die Revision nicht zugelassen worden ist, ergibt sich aus den Gründen und dem nach § 319 Abs. 1 ZPO berichtigten Tenor des Berufungsurteils.

1. Der Ausspruch über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision ist einer Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO zugänglich. Allerdings setzt eine solche Berichtigung - was der Bundesgerichtshof trotz der formellen Rechtskraft des Berichtigungsbeschlusses (§ 319 Abs. 3 Halbsatz 2, § 567 Abs. 1 ZPO) zur Verhinderung eines Unterlaufens der zwingenden Vorschriften über den prozessualen Instanzenzug überprüfen kann (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1994 - IX ZR 193/93, BGHZ 127, 74, 76) - eine offenbare, selbst für Dritte ohne weiteres deutliche Unrichtigkeit voraus. Dafür ist erforderlich, dass sich das dem Ausspruch über die (Nicht-)Zulassung der Revision zugrundeliegende Versehen des Berufungsgerichts aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei ihrer Verkündung zweifelsfrei ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - XI ZR 187/13, WM 2015, 822 Rn. 7 mwN), ohne dass es sich allerdings bereits "auf den ersten Blick" zeigen muss (BeckOK ZPO/Elzer, 45. Edition [Stand: 1. Juli 2022], § 319 Rn. 17; MünchKommZPO/ Musielak, 6. Aufl., § 319 Rn. 7). Nach diesen Grundsätzen kann eine Berichtigung des Tenors zulässig sein, wenn - wie vorliegend - die Revision in der verkündeten Urteilsformel zugelassen worden ist, sich aus den Entscheidungsgründen aber das Gegenteil ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2003 - V ZR 65/03, WM 2004, 891, 893 f.; MünchKommZPO/Krüger, aaO, § 543 Rn. 33).

2. So verhält es sich hier. Das Berufungsgericht hat die Urteilsformel zu Recht berichtigt. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils erschließt sich auch für einen außenstehenden Dritten unmissverständlich, dass das Berufungsgericht die Revision nicht zulassen wollte und im Urteilsausspruch lediglich aufgrund eines Schreibversehens das Wort "nicht" fehlt. Insoweit unterscheidet sich das vorliegende Berufungsurteil von dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Februar 2022 zugrundeliegenden Berufungsurteil, bei dem der III. Zivilsenat den Gründen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen vermochte, dass die Zulassung der Revision in der Entscheidungsformel auf einem offensichtlichen Versehen beruhte (BGH, Urteil vom 17. Februar 2022 - III ZR 276/20, juris Rn. 13).

a) Das Berufungsgericht wollte die angefochtene Entscheidung ersichtlich an den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum sogenannten Dieselskandal ausrichten, auf die es in den Gründen bei jeder erörterten Rechtsfrage verwiesen hat. So hat es für seine Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten ausdrücklich darauf abgestellt, eine solche Annahme setze nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die verfassungsmäßig berufenen Vertreter der Beklagten von dem Einbau der "Umschaltlogik" in die von der Volkswagen AG gelieferten Motoren EA 189 gewusst hätten und die Fahrzeuge der Beklagten mit ihrer Kenntnis und Billigung mit diesen Motoren in Verkehr gebracht worden seien. Soweit es das Berufungsgericht aufgrund verschiedener Umstände für erwiesen gehalten hat, dass den verfassungsmäßig berufenen Vertretern der Beklagten die Verwendung der Umschaltlogik in den eingebauten Motoren bekannt gewesen sei, hat es seine Bewertung im Einklang mit von ihm zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gesehen, in denen eine entsprechende tatgerichtliche Würdigung als rechtsfehlerfrei gebilligt worden ist. Für seine Annahme, die Verjährung habe nicht vor dem Jahr 2016 begonnen, weil dem Kläger eine Klageerhebung gegen die Beklagte vorher nicht zumutbar gewesen sei, hat das Berufungsgericht die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien für die Zumutbarkeit einer Klage gegen die Volkswagen AG angeführt, anhand derer es erkennbar auch die Zumutbarkeit einer Klage gegen die Beklagte als Abnehmerin der Motoren beurteilen wollte.

Demnach wollte das Berufungsgericht offenkundig die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwenden, ohne eine Rechtsfrage abweichend beantworten zu wollen oder als vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden anzusehen und ohne diese Rechtsprechung durch abweichende Rechtsansichten in Instanzrechtsprechung oder Schrifttum in Frage gestellt zu sehen. Dann aber hat das Berufungsgericht offenkundig bei Erlass der angefochtenen Entscheidung keinen Grund zur Zulassung der Revision gesehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2000 - V ZR 206/99, NJW-RR 2001, 61).

b) Aus dem Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit unter Ziffer III des Tenors des Berufungsurteils folgt nichts Anderes. Das Berufungsgericht hat für beide Parteien die Befugnis zur Abwendung der Zwangsvollstreckung der gegnerischen Partei unter Verweis auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO angeordnet. Der Umstand, dass es nicht gemäß § 713 ZPO wegen eines unzweifelhaft nicht gegebenen Rechtsmittels von einer Schuldnerschutzanordnung abgesehen hat, lässt nicht den Schluss zu, es habe die Revision zulassen wollen.

Da der Wert der mit einer Revision geltend zu machenden Beschwer der Beklagten 20.000 € übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), durfte das Berufungsgericht wegen der Statthaftigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten von der Anordnung der Befugnis des Klägers zur Abwendung der Zwangsvollstreckung der Beklagten nicht absehen (vgl. Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 713 Rn. 2). Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wäre mangels Erreichens des Beschwerdewerts zwar nicht statthaft. Es kann indessen offenbleiben, ob die Befugnis zur Abwendung der Zwangsvollstreckung nach § 711 ZPO nur im Fall einer statthaften Nichtzulassungsbeschwerde oder der zugelassenen Revision (so BGH, Beschluss vom 13. Mai 2020 - VIII ZR 222/18, NJW 2020, 3258 Rn. 15; OLG Brandenburg, Urteil vom 5. April 2018 - 6 U 50/13, juris Rn. 120; OLG Braunschweig, Urteil vom 20. Mai 2021 - 9 U 8/20, juris Rn. 64; OLG Köln, Urteil vom 21. Juli 2020 - 25 U 53/19, juris Rn. 71) oder aber auch für den Fall einer möglichen Anschlussrevision anzuordnen ist (so OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Juni 2020 - 19 U 248/19, juris Rn. 36; KG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 8 U 1/18, juris Rn. 73; OLG München, Urteil vom 11. April 2019 - 29 U 3773/17, juris Rn. 80; Schmidt in Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl., § 713 Rn. 3; BeckOK ZPO/Ulrici, 45. Edition [Stand: 1. Juli 2022], § 713 Rn. 3; MünchKommZPO/ Götz, 6. Aufl., § 713 Rn. 3; Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl., § 713 Rn. 4). Jedenfalls lässt die begründungslose Nichtanwendung von § 713 ZPO angesichts der zweifelsfrei gegen die Revisionszulassung sprechenden Gründe des Berufungsurteils keinen Rückschluss auf einen abweichenden Willen des Berufungsgerichts zu, die Revision für Kläger und Beklagte zuzulassen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 2020, aaO, Rn. 16).

II.

Die hilfsweise eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten ist unbegründet, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Die geltend gemachten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet.

Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Menges Rensen Krüger Wille Götz Vorinstanzen: LG Görlitz Außenkammern Bautzen, Entscheidung vom 05.10.2020 - 5 O 764/19 OLG Dresden, Entscheidung vom 21.01.2022 - 9a U 2349/20 -

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