Paragraphen in 15 W (pat) 27/10
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 48 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 48 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 27/10 Verkündet am 3. April 2014
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2007 022 362.7 …
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richter Kätker, Dr. Wismeth und Dr. Freudenreich BPatG 154 05.11 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Patentanmelderin H… GmbH (Deutschland) hat am 4. Mai 2007 die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Biologisch abbaubarer Polymerblend sowie aus dem Polymerblend hergestellter Artikel“
beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, die am 6. November 2008 in Form der DE 10 2007 022 362 A1 veröffentlicht worden ist.
Mit Beschluss vom 4. August 2010 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 08 L des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung nach § 48 PatG zurückgewiesen. Dem Beschluss liegen die mit Schriftsatz vom 4. Juni 2008 eingereichten Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag und die mit Schriftsatz vom 21. Juli 2009 eingereichten Patentansprüche 1 bis 9 gemäß einzigem Hilfsantrag zugrunde, von denen nach Hauptantrag Patentanspruch 1 und der nebengeordnete Patentanspruch 10 folgenden Wortlaut haben:
Der einzige unabhängige Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:
Für die Beurteilung der Patentfähigkeit sind von der Prüfungsstelle für Klasse C 08 L des Deutschen Patent- und Markenamts die Druckschriften D1 und D2 ermittelt worden:
(D1) DE 103 58 779 A1 (D2) DE 197 46 403 A1 Der Zurückweisungsbeschluss nimmt Bezug auf den Bescheid der Prüfungsstelle vom 18. März 2010, in dem die angemeldete Erfindung wegen fehlender Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag gegenüber der Lehre der Druckschrift DE 197 46 403 A1 (D2) beanstandet wurde.
Mit Schriftsatz vom 15. September 2010, eingegangen am selben Tag, hat die Patentanmelderin gegen den ihr am 20. August 2010 zugestellten Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt.
In der Beschwerdebegründung verteidigt sie ihr Patentbegehren unverändert mit den der Zurückweisung zugrunde liegenden Patentansprüchen 1 bis 12 nach Hauptantrag und den Patentansprüchen 1 bis 9 nach Hilfsantrag.
Nach ihrer Auffassung ist der Gegenstand der unabhängigen Patentansprüche 1 und 10 neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Insbesondere offenbare die Druckschrift D1 nicht den anspruchsgemäßen Massenanteil der α-Hydroxycarbonsäure-Einheit von 2 bis 30 Gew.-% bezogen auf die zumindest eine Copolyesterkomponente.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze der Leitentscheidung BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin könne der Druckschrift D2 keine Offenbarung einer Kombination der Komponenten Poly(ε-caprolacton) und Copolyester nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, ebenso wenig ein Massenanteil der α-HydroxycarbonsäureEinheit in der Copolyesterkomponente von 2 bis 30 Gew.-%, und auch nicht die Fähigkeit des Blends, thermoplastisch verarbeitet zu werden, entnommen werden. Zudem fielen die in der Druckschrift D2 offenbarten Copolymere nicht unter den geltenden Patentanspruch 1.
Durch den weder in der Druckschrift D1, noch in der Druckschrift D2 offenbarten geringen Massenanteil der α-Hydroxycarbonsäure-Einheit von 2 bis 30 Gew.-% in der Copolyesterkomponente werde eine niedrige Hydrophilität der Copolyesterkomponente und damit des Blends erzielt, womit sich Effekte verwirklichen ließen, die durch den Stand der Technik nicht nahegelegt seien. In der Druckschrift D2 sei keine Anregung für den vorliegend beanspruchten Massenanteil der α-Hydroxycarbonsäure-Einheit gegeben, da der dort offenbarte Massenanteil nicht im Zusammenhang mit der Erzielung der thermoplastischen Verarbeitbarkeit des Materials beschrieben sei und eine thermoplastische Verarbeitung nicht angestrebt werde. Der erfindungsgemäße Blend hafte wegen seiner geringen Hydrophilie nicht am umgebenden, stark hydrophilen Gewebe und ermögliche die Herstellung fester, selbsttragender Strukturen durch Extrusion. Er zeige zudem ein bemerkenswertes Verhalten hinsichtlich Elastizität, Reißfestigkeit und Abbaurate.
Analoge Ausführungen gelten für den nebengeordneten Verwendungsanspruch 10 aufgrund seiner Rückbezüge.
Der auf einen Artikel gerichtete Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag sei wegen des in den Druckschriften D1 und D2 nicht beschriebenen Massenanteils der α-Hydroxycarbonsäure-Einheit im Copolymer ebenfalls neu und unterscheide sich zudem von der D1 durch die im Patentanspruch 1 genannten speziellen Ausgestaltungen, von der D2 durch die fehlende Offenbarung der Kombination von Poly(ε-caprolacton) und Copolyester, sowie durch die fehlende thermoplastische Verarbeitbarkeit.
Die spezielle Auswahl der Blendkomponenten mit den verbundenen bemerkenswerten mechanischen Eigenschaften sei in der Druckschrift D1 nicht nahegelegt, da dort die Rolle des Lactidanteils (eine α-Hydroxycarbonsäure) hinsichtlich der Klebrigkeit weder erkannt noch beschrieben sei. Auch die als nächstliegender Stand der Technik anzusehende Druckschrift D2 lege keinen über Standardverfahren der Kunststoffverarbeitung, insbesondere durch Extrusion, herstellbaren Artikel aus dem erfindungsgemäßen Blend und die mit ihm verbundenen überlegenen Eigenschaften nahe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch aus nachfolgenden Gründen keinen Erfolg.
1. Als Fachmann ist ein Diplom-Chemiker der Fachrichtung Makromolekulare Chemie bzw. Polymerchemie mit Kenntnissen und langjährigen Erfahrungen auf dem Gebiet bioabbaubarer Polymermassen zu sehen, der für den Einsatz von Polymerblends im medizinischen und pharmazeutischen Umfeld einen DiplomIngenieur der Verfahrenstechnik zur Rate zieht.
2. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gliedert sich in folgende Merkmale:
M1 M2 M3 M3.1 M3.2 M3.3 Hydrolytisch abbaubarer, thermoplastisch verarbeitbarer Polymerblend umfassend Poly(ε-caprolacton) und zumindest eine Copolyesterkomponente enthaltend zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit und zumindest eine mit Poly(ε-caprolacton) mischbare CoMonomereinheit, wobei die zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit einen Massenanteil von 2 bis 30 Gew.-% bezogen auf die zumindest eine Copolyesterkomponente aufweist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 10 nach Hauptantrag gliedert sich in folgende Merkmale:
M4 M4.1 M4.2 Verwendung eines Polymerblends nach einem der Ansprüche 1 bis 9 für medizinische oder pharmazeutische Anwendungen im oder in Kontakt mit dem menschlichen oder tierischen Körper.
3. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag gliedert sich in folgende Merkmale:
M5 Artikel für M5.1 medizinische oder pharmazeutische Anwendungen M5.2 im oder in Kontakt mit dem menschlichen oder tierischen Körper,
M5.3 wobei der Artikel zumindest teilweise hergestellt ist aus einem M5.4 hydrolytisch abbaubaren, thermoplastisch verarbeitbaren M5.5 Polymerblend umfassend Poly(ε-caprolacton) und M5.6 M5.6.1 M5.6.2 zumindest eine Copolyesterkomponente enthaltend zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit und zumindest eine mit Poly(ε-caprolacton) mischbare Co- Monomereinheit, M5.6.3 wobei die zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit einen Massenanteil von 2 bis 30 Gew.-% bezogen auf die zumindest eine Copolyesterkomponente aufweist,
M5.7 wobei der Artikel ausgewählt ist aus der Gruppe der chirurgischen Nahtmaterialien, der Geweben oder Filmen zur Wundabdeckung, der Geweben oder Filmen zur Besiedelung mit menschlichen oder tierischen Zellen und aus pharmazeutischen Präparationen, umfassend eine aus dem Polymerblend hergestellte Matrix zur Aufnahme zumindest eines in die Matrix einzubettenden pharmakologischen Wirkstoffs.
4. Im Polymerblend nach Haupt- und Hilfsantrag sind die Anteile der beiden Komponenten Poly(ε-caprolacton) und Copolyester nicht spezifiziert und können nach oben und unten beliebige Werte annehmen (Merkmale M1 bis M3.2 nach Hauptantrag und M5.4 bis M5.6.2 nach Hilfsantrag). Die Copolyesterkomponente enthält zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit und zumindest eine mit Poly(ε-caprolacton) „mischbare“ Co-Monomereinheit. Zum Merkmal „mischbar“ (M3.2 beziehungsweise M5.6.2) führt die Beschreibung auf Seite 5, Absatz 2 vom Anmeldetag aus, dass es sich bei der zumindest einen Co-Monomereinheit um ein mit der ersten Komponente PCL „möglichst gut“ mischbares Monomer handelt, wobei vorzugsweise ε-Caprolacton eingesetzt wird, welches im Copolyester verestert vorliegt.
Bezogen auf die Copolyesterkomponente soll der Anteil der zumindest einen α-Hydroxycarbonsäure-Einheit bei 2 bis 30 Gew.-% liegen. Hinsichtlich weiterer möglicher α-Hydroxycarbonsäure-Einheiten liegt keine Aussage vor.
Die beanspruchte Zusammensetzung des Blends ist damit bezüglich der Gewichtsanteile der Komponenten Poly(ε-caprolacton) einerseits und Copolymer mit 2 bis 30 Gew.-% einer beliebigen α-Hydroxycarbonsäure-Einheit andererseits nicht festgelegt. In der mindestens zweiten Copolymer-Komponente ist die zumindest zweite Co-Monomereneinheit undefiniert, außer über die „möglichst gute“ Mischbarkeit mit Poly(ε-caprolacton).
5. Die Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag sind in den Patentansprüchen 1 und 8 vom Anmeldetag und in Bezug auf die thermoplastische Verarbeitbarkeit auf Seite 2, letzter Absatz bis Seite 3, erster Absatz und auf Seite 6, dritter Absatz der Beschreibung vom Anmeldetag offenbart. Auf Seite 6 der Beschreibung ist ausgeführt, dass der erfindungsgemäße Blend durch Mischen in der Schmelze oder Coextrusion und damit auf thermoplastischem Weg hergestellt werden kann. Die Offenbarung für den nebengeordneten Patentanspruch 10 ist in den Anmeldeunterlagen im Patentanspruch 10 und hinsichtlich der Verwendung des Polymermaterials selbst auf Seite 2, vorletzte Zeile bis Seite 3, Zeile 4 gegeben.
Die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 9 und 11 bis 12 sind in den Patentansprüchen 2 bis 9 und 11 bis 12 vom Anmeldetag offenbart.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist auf einen Artikel für spezifizierte medizinische oder pharmazeutische Anwendungen gerichtet und enthält neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag die Merkmale der Patentansprüche 10 bis 12 vom Anmeldetag. Die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 9 nach Hilfsantrag sind in den Patentansprüchen 2 bis 9 vom Anmeldetag offenbart. Dabei ist die Formulierung einer aus dem Polymerblend hergestellten Matrix zur Aufnahme zumindest eines in die Matrix einzubettenden pharmakologischen Wirkstoffs (Merkmal M5.7) vor dem Hintergrund des Patentanspruchs 10 vom Anmeldetag, nach welchem der Artikel aus dem Polymerblend für pharmazeutische Anwendungen hergestellt ist, in Zusammenschau mit dem Patentanspruch 12 vom Anmeldetag, nach welchem der Artikel eine pharmazeutische Präparation ist, umfassend eine aus dem Polymerblend hergestellte Matrix sowie zumindest einen in der Matrix eingebetteten pharmakologischen Wirkstoff, offenbart. Die Matrix ist durch die Zusammensetzung gekennzeichnet und damit geeignet den Wirkstoff einzubetten.
6. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 10 gemäß Hauptantrag und Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag sind neu.
Druckschrift D1 offenbart nicht den mit Patentanspruch 1 beanspruchten Massenanteil der α-Hydroxycarbonsäure-Einheit von 2 bis 30 Gew.-% bezogen auf die zumindest eine Copolyesterkomponente (Merkmal M3.3). Dieses Merkmal findet sich aufgrund des Rückbezugs auch im Verwendungsanspruch 10 sowie im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (Merkmal M5.6.3).
Die Offenbarung der D2 führt nicht explizit die Kombination von Poly(ε-caprolacton) mit zumindest einer Copolyesterkomponente enthaltend zumindest eine α-Hydroxycarbonsäure-Einheit auf (Merkmale M1 bis M3.3). Damit unterscheidet sich auch der Verwendungsanspruch 10 aufgrund des Rückbezuges von der Druckschrift D2 in gleicher Weise wie Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (Merkmale M5.4 bis M5.6.3).
7. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 10 gemäß Hauptantrag und Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag beruhen nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne des § 4 Patentgesetz. Sie sind durch die Druckschrift D2 nahegelegt.
Die Aufgabe der verfahrensgegenständlichen Anmeldung liegt in der Bereitstellung eines physiologisch kompatiblen, hydrolytisch abbaubaren und thermoplastisch verarbeitbaren Polymermaterials für medizinisch-pharmazeutische Anwendungen, das über vorteilhafte mechanische Eigenschaften verfügt, die durch einfache systematische Variation der Materialzusammensetzung beeinflussbar sind (DE 10 2007 022 362 A1: Absatz [0009]).
Der Fachmann wird in seinem Bemühen um die Bereitstellung eines verbesserten physiologisch kompatiblen, hydrolytisch abbaubaren und thermoplastisch verarbeitbaren Polymermaterials für medizinisch-pharmazeutische Anwendungen die Druckschriften D2 und D1 zur Rate ziehen, da sich beide Druckschriften mit gattungsgemäßen Polymerblends befassen. Insbesondere die Druckschrift D2 stellt hydrolysierbare, resorbierbare Polyester zur Verfügung, die in der Implantat-Medizin Verwendung finden (D2: Seite 2, Zeilen 44 bis 46).
Die Druckschrift D2 offenbart mit den Ansprüchen 1 bis 3 in Verbindung mit der Beschreibung auf Seite 2, Zeilen 50 bis 51 einen hydrolytisch abbaubaren, resorbierbaren Polyester, der über eine peroxidische Vernetzungsreaktion hergestellt ist, und ein Homopolymer, Random- oder Block-Copolymer oder Terpolymer eines zyklischen Esters oder eine beliebige Mischung daraus (Merkmal M1) umfasst. Die zyklischen Ester umfassen L-Lactid, D-Lactid, Meso-Lactid, Glycolid, Trimethylencarbonat, Dioxanon, Caprolacton und beliebige Mischungen daraus.
Als ein Beispiel für Polyester-Homopolymere wird Poly(caprolacton) genannt (Seite 3, Zeilen 29 bis 32; Merkmal M2), als Beispiele für Copolyester (Merkmale M3 bis M3.2) werden unter anderem Poly(L-lactid-co-ε-caprolacton), Poly(D,L-lactidco-ε-caprolacton), Poly(glycolid-co-ε-caprolacton) oder eine beliebige Mischung daraus oder mit einem der beschriebenen Polyester-Homopolymeren (Seite 3, Zeilen 40 bis 45) offenbart.
Wie auch die Anmelderin nicht in Abrede stellt, sind in D2 Copolyester mit α-Hydroxycarbonsäure-Einheiten wie D,L-Lactid und Glycolid-Anteilen von 10 bis 50 Gew.-% beschrieben (D2: Seite 3, Zeilen 50 bis 54; Merkmale M3, M3.1 und M3.3). Im Einzelnen sind dies Poly(D,L-lactid-co-trimethylencarbonat) mit einem Anteil von Trimethylencarbonat in einem Bereich von etwa 20 bis 90 Gew.-% (D2: Seite 3, Zeilen 53 bis 54), also 10 bis 80 Gew.-% α-Hydroxycarbonsäure, Poly(D, L-lactid-co-glycolid) mit einem Anteil von Glycolid in einem Bereich von etwa 10 bis etwa 50 Gew.-% (D2: Seite 3, Zeile 54) oder Poly(L-lactid-co-D,L-lactid) mit einem Anteil von D,L-Lactid von etwa 10 bis etwa 50 Gew.-% (D2: Seite 3, Zeilen 50 bis 51). Sowohl bei Trimethylencarbonat, als auch wahlweise bei Glycolid oder Lactid ist aus Sicht des Fachmanns von einer zumindest geringen Mischbarkeit (Merkmal M3.2) mit Poly(ε-caprolacton) auszugehen; Trimethylencarbonat muss bereits aufgrund seiner drei Methylengruppen und der fehlenden Hydroxylgruppen als Bestandteil eines Copolymers hydrophobe Eigenschaften aufweisen. Gegenteiliges wurde von der Patentanmelderin nicht belegt. Auch sind der Patentanmeldung keine Angaben zu den Grenzen der Mischbarkeit zu entnehmen so dass eine anmeldungsgemäße „möglichst gute“ Mischbarkeit in jedem Fall vorliegt. Nicht zuletzt ist der Anteil der ersten Blendkomponente Poly(caprolacton) nach oben unbegrenzt, wodurch Mischbarkeit eines als Minderkomponente eingesetzten Copolymers, das nur in Spuren vorhanden sein muss, gegeben sein dürfte.
Die Herstellung des Polyesters in der Druckschrift D2 erfolgt in zwei Schritten, nämlich zunächst durch Versetzen der Polymere mit einer Lösung des Peroxids und sodann durch Verarbeitung des mit Peroxid versetzten Materials mittels Spritzguss, Extrusion und/oder Formpressen, also thermoplastisch (D2: Seite 4, Zeilen 44 bis 64, Ansprüche 16 bis 19). Gemäß Anspruch 17 kann die Vernetzung gleichzeitig mit dem zweiten Schritt durchgeführt werden und der mit Peroxid behandelte Polyester kann in einem Zeitraum von ungefähr 0,5 bis ungefähr 30 Minuten weiterverarbeitet werden (D2: Seite 4, Zeilen 59 bis 61).
Soweit die Patentanmelderin bei der Lehre der Druckschrift D2 keine thermoplastische Verarbeitbarkeit (Merkmal M1) nach der Vernetzung als offenbart ansieht, vermag diese Argumentation nicht durchzugreifen, da der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag einen lediglich thermoplastisch verarbeitbaren Polymerblend beansprucht und die Druckschrift D2 das Merkmal der „thermoplastischen Verarbeitbarkeit“ mit einer Dauer für die Weiterverarbeitung nach Zusatz des Peroxids von bis zu 30 Minuten (D2: Seite 4, Zeilen 56 bis 61) ausdrücklich belegt.
Die Beschreibung der Druckschrift D2 hat dem Fachmann die Anregung gegeben, die dort genannten Polyester als Homopolymere, als Copolymere oder als Blends einzusetzen, um resorbierbare, hydrolysierbare Artikel mit guten mechanischen Eigenschaften für den medizinischen Bereich herzustellen (D2: Seite 2, Zeilen 47 bis 58 und Seite 5, Zeilen 5 bis 8). Die Druckschrift D2 verweist explizit auf Poly(εCaprolacton) als Homopolymer und führt Co-Polymere mit HydroxycarbonsäureAnteilen im beanspruchten Bereich als bevorzugt im Gemisch mit einem der beschriebenen Homopolymere auf. Damit können die Beispiele der Druckschrift D2 und dort besonders bevorzugte Polyester nicht von der anmeldungsgemäßen Lehre wegführen, wie dies von der Patentanmelderin geltend gemacht worden ist. Auch lehrt die Druckschrift D2 auf Seite 4, Zeile 65 bis Seite 5, Zeile 3, dass das unvernetzte Polyestermaterial eine definierte inhärente Viskosität aufweisen soll, die die mechanischen Eigenschaften des daraus hergestellten Formkörpers beeinflusst und gibt damit die Anregung die Polymerkomponenten so aufeinander abzustimmen, dass ebendiese Viskosität erreicht wird.
Was die von der Patentanmelderin geltend gemachten verbesserten Eigenschaften der erfindungsgemäßen Blends anbelangt (DE 10 2007 022 362 A1: Absatz [0011]), sind die Ausführungsbeispiele in der Patentanmeldung mit einem Blend aus PCL (Poly(ε-caprolacton)) und PCG (Poly[(ε-caprolacton)-co-glycolid]) mit 8 Gew.-% Glycolid durchgeführt worden, wobei die Mengenanteile PCL und PCG variiert wurden (DE 10 2007 022 362 A1: Tabellen 3 und 4 in Verbindung mit Absatz [0032]). Bis auf die Reinsubstanzen PCL und PCG sind damit alle Beispiele erfindungsgemäß.
Die in der Patentanmeldung durchgeführten Versuche zur Änderung der Reißdehnung L und des Elastizitätsmodulus (E-Modul) bei Variation der Mengenanteile PCL und PCG bei Lösungs- und Schmelz-Blends liefern Ergebnisse, die keinem einheitlichen Trend folgen.
Beim Vergleich von reinem PCL mit einem von der Patentanmelderin als besonders vorteilhaft geltend gemachtem hydrophoben Blend aus PCL und zum Beispiel 12,5 Gew.-% PCG (vergleiche Schriftsatz vom 8. Juni 2011, Seite 6, Absatz 1) liegt gemäß den Tabellen 3 und 4 der Patentanmeldung die Reißdehnung oberhalb der von PCL, bei Extruder-Blends bei 37°C jedoch innerhalb der Fehlergrenze im gleichen Bereich. Der Elastizitätsmodulus liegt bei den durchgeführten vier Versuchen alternierend oberhalb und unterhalb von PCL (DE 10 2007 022 362 A1: Tabellen 3 und 4).
Diese Ergebnisse können daher nicht mit dem Anteil der α-Hydroxycarbonsäure im Copolymer korreliert werden.
Auch die in der Beschreibung der Patentanmeldung mit Bezug auf Tabelle 4 angesprochene hohe Bruchdehnung von extrudierten PCL/PCG-Blends mit gleichen Mengenanteilen (PCL/PCG 50,0), kann aufgrund der Versuchsergebnisse nicht auf den Anteil der α-Hydroxcarbonsäure zurückgeführt werden (DE 10 2007 022 362 A1: Absatz [0011]). So liegt die Bruchdehnung eines Extruder-Blends bei 20°C bei 1069 %, bei 37°C nur noch bei 666 % und damit gleichauf mit der Reinsubstanz PCL mit 689 % (Tabelle 4). Die Bruchdehnung eines entsprechenden PCL/PCG-Schmelz-Blends liegt mit nur 92 % deutlich unterhalb der Reinsubstanz PCL (DE 10 2007 022 362 A1: Tabellen 3 und 4).
Weder zu den durchgeführten Versuchen zur Änderung der Reißdehnung L und des Elastizitätsmodulus (E-Modul) bei Variation der Mengenanteile des erfindungsgemäßen Blends, noch zu den Versuchen zur Abbaurate eines erfindungsgemäßen Blends (DE 10 2007 022 362 A1: Figuren 1A und 1B) liegen Vergleichsversuche mit den in den Druckschriften D1 und D2 offenbarten Polymerblends vor.
Auch liegen keine Vergleichsversuche vor, bei welchen der Anteil der α-Hydroxycarbonsäure im Copolymer außerhalb der erfindungsgemäßen Grenzen von 2 bis 30 Gew.-% angesiedelt wurde. Zudem kann nach geltendem Patentanspruch 1 im Haupt- und Hilfsantrag der Anteil des Copolymers im Blend beliebig klein gehalten sein. Für den Fachmann ist es nicht nachvollziehbar und auch den präsentierten Daten nicht zu entnehmen, dass der geringe Anteil der α-HydroxycarbonsäureEinheit von 2 bis 30 Gew.-% bei beliebig kleinem Anteil des Copolymers im Blend für die geltend gemachten überraschenden Eigenschaften verantwortlich ist, insbesondere dann, wenn der Anteil an Copolymer im Blend nur im einstelligen Prozentbereich liegt.
Damit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Gleiches gilt für die Verwendung nach Patentanspruch 10 (Merkmale M4 bis M4.2), da aus den Blends der Druckschrift D2 hergestellte Formkörper als geeignet zur Besiedelung mit körpereigenem Gewebe beschrieben sind, die als künstliches Band, als Platte, als Nahtmaterial, als Wundverschlussmaterial oder als Wirkstoffträger für Arzneimittel ausgebildet sein können (D2: Seite 2, Zeilen 50 bis 58 und Seite 5, Zeilen 4 bis 8).
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag beinhaltet die Merkmale M1 bis M4.2 nach Hauptantrag und ist auf die Ausbildungen M5.7 gemäß den Ansprüchen 11 und 12 vom Anmeldetag präzisiert. Diese sind in der Druckschrift D2, wie bei der Diskussion des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag oben ausgeführt wurde, offenbart, so dass auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.
Selbst ein unerwarteter synergistischer Effekt kann keine erfinderische Leistung bei der Kombination des erfindungsgemäßen Blends begründen, da für den Fachmann Anlass bestand, von den in der Druckschrift D2 gelehrten Maßnahmen Gebrauch zu machen.
Die Patentanmelderin hat sich sachlich ausführlich zu den Gründen der Zurückweisung der Patentanmeldung geäußert und beantragt, das Patent mit den der Zurückweisung zugrunde liegenden Patentansprüchen 1 bis 12 und hilfsweise den der Zurückweisung zugrunde liegenden Patentansprüchen 1 bis 9 zu erteilen.
Somit hat die Patentanmelderin die Patenterteilung erkennbar nur im Umfang von Anspruchssätzen beantragt, die zumindest einen nicht rechtsbeständigen Anspruch enthalten. Deshalb war die Beschwerde zurückzuweisen, ohne dass noch auf die übrigen Patentansprüche gesondert eingegangen zu werden braucht (vgl.
BGH v. 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
F. Feuerlein Kätker Wismeth Freudenreich Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 48 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 48 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen