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20 W (pat) 41/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 41/14 Verkündet am 10. Juli 2017

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2007 016 274 hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, den Richter Dipl.-Ing. Gottstein, den Richter Dipl.-Ing. Musiol und die Richterin Dorn beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2014 aufgehoben und das Patent 10 2007 016 274 widerrufen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe I.

Auf die am 4. April 2007 eingereichte Patentanmeldung wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt das Patent 10 2007 016 274 mit der Bezeichnung „Vorrichtung und Verfahren zur Nutzung von Audio-Plugins in einem Mischpult“ erteilt. Die Patenterteilung wurde am 7. Februar 2013 im Patentblatt veröffentlicht. Das Patent umfasst insgesamt 12 Patentansprüche.

Gegen das Patent hat die Einsprechende am 7. Mai 2013 Einspruch erhoben, mit dem der vollständige Widerruf des Patents begehrt wurde. Der Einspruch stützt sich auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und nennt zur Begründung folgende Druckschriften:

D1 DE 101 46 887 A1, D2 US 2002 / 0 065 568 A1, D3 US 2006 / 0 152 398 A1, D4 US 2007 / 0 046 980 A1, D5 VDI Lexikon-Auszug, ISBN 3-540-63249-2 Springer Verlag, 1999, D6 AWS 900+ Manual, Initial release (0A) März 2006, D7 02R96 Version 2 Owners-Manual, 2004, D8 Cantus Handbuch Teil 1, Berlin, mit Copyrightangabe 2003, D9 Cantus Handbuch Teil 2, Berlin, mit Copyrightangabe 2003, D10 Auszug aus Wikipedia zu RDP, D11 Auszug aus Microsoft-Internetauftritt zu RDP, D12 EP 1 507 359 A1, D13 WO 2004/ 079486 A2, D14 WO 2003/ 087980 A2, D15 DE 43 33 954 A1 und Anlage A (handschriftlich markierte Seite 54 der D8).

Davon waren im Prüfungsverfahren die Druckschriften D1 bis D4 in Betracht gezogen worden.

Mit am Ende der Anhörung vom 23. Mai 2014 verkündetem Beschluss hat die Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent aufrechterhalten. Sie hielt den Einspruch zwar für zulässig, in der Sache jedoch für unbegründet, insbesondere, weil der im Verfahren befindliche Stand der Technik dem Gegenstand des Patents nicht patenthindernd entgegenstehe. Der schriftlich begründete Beschluss wurde der Einsprechenden am 30. Juli 2014 zugestellt.

Hiergegen wendet sich die Einsprechende mit ihrer am 29. August 2014 eingelegten Beschwerde.

Sie ist der Auffassung, sowohl der Gegenstand des Patentanspruches 1 als auch der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruches 4 beruhten jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Mai 2014 aufzuheben und das Patent 10 2007 016 274 in vollem Umfang zu widerrufen,

ferner,

die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin, für die - wie mit Schriftsatz vom 6. Juli 2017 angekündigt - niemand zum Termin erschienen ist, hat mit genanntem Schriftsatz beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Gegenstand des erteilten Patents patentfähig sei.

Der geltende erteilte Patentanspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:

M1 Vorrichtung zur Nutzung von Audio-Plugins in einem digitalen Mischpult welche umfasst:

M1.1 ein digitales Mischpult (2) und M1.2 einen Rechner.

M2 Das digitale Mischpult weist auf: M2.1 eine Bedieneinheit (2.5),

M2.2 eine Signale verarbeitende Elektronik (2.1) und M2.3 ein mehrere Effekt-Slots beinhaltendes Steuersystem (2,2), welches zur Zuweisung von Audio-Plugins zu jeweils einem Effekt-Slot ausgebildet ist.

M3.1 Der Rechner weist eine Audio-Schnittstelle (1.1) auf, M3.2 auf dem Rechner sind Audio-Plugins (1.2.1, 1.2.2) installierbar und M3.3 auf dem Rechner (1) ist ein Audio-Plugin-Host (1.2) zur Aufnahme von mehr als einem Plugin (1.2.1, 1.2.2) installiert.

M4 Der Rechner und das digitale Mischpult sind durch Audio-Verbindungen (Audio-Tielines) und mindestens eine Steuerleitung verbunden.

M5 Ein Datenstamm, welcher einen Namen und alle Parameter des [eines] Audio-Plugins aufweist, ist ausschließlich durch das Steuersystem des digitalen Mischpults verwaltbar.

M6 Die gesamte Steuerung, einschließlich der Audio-Plugins, ist ausschließlich vom digitalen Mischpult vornehmbar.

Der geltende nebengeordnete Patentanspruch 4 lässt sich wie folgt gliedern:

N1 Verfahren zur Nutzung von Audio-Plugins in einem digitalen Mischpult (2), wobei N2 einzusetzende Audio-Plugins (1.2.1) von einem Steuersystem (2.2) des digitalen Mischpults (2) automatisch in einem auf einem Rechner installierten Audio-Plugins (1.2.1) enthaltenen Ordner gesucht werden,

N3 die Audio-Plugins (1.2.1) jeweils einem von mehreren Effekt-Slots (FXSlots) zugewiesen werden, wobei N3.1 die für diesen notwendigen Audio-Verbindungen (Audio-Tielines) (2.3) belegt werden,

N3.2 wodurch die Audio-Plugins (1.2.1) zur Nutzung im digitalen Mischpult (2) zur Verfügung stehen und N4 ein Datenstamm, der Name und alle Parameter des Audio-Plugins enthält, ausschließlich durch das Steuersystem (2.2) des digitalen Mischpults (2) verwaltet wird, wodurch dieses alle Parameter des Audio-Plugins (1.2.1) auf dem Rechner steuert.

Bezüglich des Wortlauts der erteilten abhängigen Unteransprüche 2 und 3 sowie 5 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat in der Sache Erfolg, da der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

1. Der Patentgegenstand betrifft eine Vorrichtung zur Nutzung von Audio-Plugins in einem Mischpult sowie ein Verfahren zur Nutzung von Audio-Plugins in einem Mischpult (vgl. Streitpatent, Absatz [0001]).

Ein „Plugin“ ist allgemein eine Software-Erweiterung oder ein optionales SoftwareModul, das eine bestehende Software erweitert bzw. verändert. Ein „Audio-Plugin“ erweitert eine Software zur Audiobearbeitung bzw. Musikproduktion. AudioPlugins dienen der Klangerzeugung bzw. Klangveränderung, können z. B. ein Instrument oder ein Effektgerät „nachbilden“. Audio-Plugins benötigen für ihre Ausführung Host-Programme, die auf mehreren Plattformen (z. B. Windows) laufen können. Quasi ein Industriestandard als Schnittstelle hierfür ist die vom Streitpatent auch hervorgehobene „virtuelle Studiotechnik“ (VST), ein Software- Protokoll für die Musik- und Tonproduktion. Hier wird das Plugin als DLL-Paket direkt in den Host geladen.

Die Erfindung geht davon aus, dass Audio-Plugins bislang insbesondere in AudioArbeitsstationen (DAW = ursprüngliche Bezeichnung für Harddisk-RecordingGeräte; zum Anmeldetag nannte man auch PCs mit entsprechender Hardware [hochwertige Audiokarte] und Musiksoftware DAWs) verwendet würden. Die hierfür entwickelten und vielfältig angebotenen Audio-Plugins würden nun für den Einsatz in digitalen Mischpulten verlangt, könnten bisher dort jedoch nicht eingesetzt und auch nicht in rationeller Weise hierfür angepasst werden (vgl. Streitpatent, Absatz [0003]).

Der Erfindung liege daher die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zu schaffen, mittels derer herkömmliche Audio-Plugins, wie sie bei digitalen Audio-Arbeitsstationen eingesetzt würden, auch zum Einsatz bei digitalen Mischpulten nutzbar zu machen, um dem Anwender solcher Mischpulte das gleiche Resultat in der Bedienung und Anwendung zur Verfügung zu stellen, wie es bei digitalen Audio-Arbeitsstationen gegeben sei (vgl. Streitpatent, Absatz [0007]).

Als Lösung ist die Verbindung eines digitalen Mischpults mit einem Rechner vorgesehen. Das Mischpult weist mehrere Effekt-Slots (das sind virtuelle freie Plätze für eine Plugin-Instanz) auf, denen Audio-Plugins zugewiesen werden können. Auf dem Rechner ist ein Audio-Plugin-Host installiert; Rechner und Mischpult sind durch Audio-Verbindungen und mindestens eine Steuerleitung verbunden (vgl. Streitpatent, Patentanspruch 1).

2. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat (in Übereinstimmung mit dem Einspruchsbeschluss) einen Diplomingenieur der Nachrichtentechnik mit Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Audio-Systemen und insbesondere digitalen Mischpulten für die Studiotechnik.

3. Zu folgenden Begrifflichkeiten der Patentansprüche sind Anmerkungen veranlasst:

Ein „digitales Mischpult“ verarbeitet die ihm zugeführten Audiosignale mit Hilfe digitaler Technik, also insbesondere digitaler Signalprozessoren (DSPs; vgl. Streitpatent, Absatz [0011]).

Der „Rechner“ gemäß Streitpatent ist dadurch gekennzeichnet, dass er als PluginHost dienen kann. Es kann sich um einen leistungsfähigen PC mit üblichem Betriebssystem handeln (vgl. Streitpatent, Absatz [0010]).

An die „Audio-Schnittstelle“ stellt das Streitpatent keine speziellen Anforderungen, beispielhaft genannt ist die aus dem professionellen Umfeld bekannte AESSchnittstelle (vgl. Streitpatent, Absatz [0010]).

Die „Steuerverbindung“ kann per TCP/IP-Protokoll realisiert sein (vgl. Streitpatent, Absatz [0010] und Fig. 1, BZ 2.4).

Die „Bedieneinheit“ des Mischpults ist ausgelegt, sowohl die eigene Audioverarbeitung als auch die Verarbeitung mittels der Audio-Plugins auf dem Rechner zu steuern (vgl. Streitpatent, Absätze [0011], [0024] und [0025]).

Soweit Merkmal M5 fordert, dass ein Datenstamm, welcher einen Namen und alle Parameter des Audio-Plugins aufweist, ausschließlich durch das Steuersystem des digitalen Mischpults verwaltbar ist, meint dies lediglich, dass dieser Datenstamm vom Mischpult aus verwaltet werden kann.

Das Merkmal M6 spricht von der „gesamten Steuerung“ und meint damit die Steuerung des Mischpultes und der vom Mischpult genutzten Audio-Plugins. Diese Steuerung soll alleine vom Mischpult vorgenommenem werden können, wofür gemäß Streitpatent z. B. Nutzereingriffe direkt am Rechner ausgeschlossen werden können, um die Plugin-Verarbeitung auf dem Rechner nicht durch Eingriffe Dritter zu stören (vgl. z. B. Absatz [0034]).

Der Senat kann sich der Auslegung der Patentinhaberin (und auch der Patentabteilung) nicht anschließen, dass eine klangtechnische Bearbeitung von durch das Mischpult bereitgestellten Audiosignalen durch die Plugins auf dem Rechner nicht erfolge (vgl. Einspruchsbeschluss, S. 6, 5. Abs.). Dies widerspricht offensichtlich der Lehre des Streitpatents und wirft sofort die Fragen auf, wofür in diesem Falle ein Rechner gebraucht und wie das gestellte technische Problem gelöst würde, die Plugins, die ja gerade „herkömmliche“, nur auf dem Rechner lauffähige Software darstellen sollen, auf dem Mischpult zu nutzen. Das Streitpatent beschreibt vielmehr eindeutig, dass die Plugins auf dem Rechner ausgeführt werden, wie folgende Textstellen belegen: • Absatz [0011], zweiter Satz; Absätze [0013] und [0026] sowie Patentanspruch 4: nur wenn die Plugins auf dem Rechner ausgeführt werden, macht die Belegung von Audio-Verbindungen zwischen Mischpult und Rechner Sinn; • Absatz [0034]: „Um Störungen und Fehler bei der Audioverarbeitung mittels auf dem Rechner installierter Audio-Plugins 1.2.1, 1.2.2…“ • Absätze [0014], [0027] und [0029] sowie Patentanspruch 7: die AudioPlugin-Instanzen auf dem Rechner werden mit den Daten des Datenstamms parametrisiert; • Absatz [0022] i. V. m. Fig. 1, auch Absatz [0027]: auf dem Rechner ist der Plugin-Host installiert und auf ihm die Audio-Plugins gespeichert; nur die Rechenleistung des Servers begrenzt hierbei die Anzahl der Instanzen. Dies ist für den Fachmann nur dahingehend zu verstehen, dass die Rechenleistung des Rechners für den Ablauf der Plugins genutzt wird; • Absätze [0024] und [0034] sowie Patentanspruch 10: die Bedienung der Plugins erfolgt mittels einer Bedieneinheit des Mischpults über RDP, wozu auf dem Rechner ein RDP-Host und auf dem Mischpult ein RDP-Client vorhanden ist, auch hier ist der Rechner nach fachmännischer Betrachtung damit das „ausführende Organ“.

4. Die Druckschrift D6 stellt die Bedienungsanleitung für das Mischpult „AWS 900+“ dar. Die vorliegende Fassung der Bedienungsanleitung trägt den Bearbeitungsstand „Juni 2006“ (vgl. dort Seite 2), gehört somit nach der allgemeinen Lebenserfahrung zum Stand der Technik am Anmeldetag des Streitpatents (04.04.2007); eine Vorveröffentlichung der Druckschrift D6 wurde von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten.

Das Mischpult AWS 900+ ist eine Kombination aus einem analogen Mischpult und einem Controller für eine an das Mischpult anzuschließende Digital Audio Workstation (DAW), arbeitet somit im Audioteil analog und im Steuerungsteil digital (vgl. Seite 2-1).

Das Mischpult ist mit bis zu 24 Kanälen mit der DAW verbunden. Audiosignale können der DAW übergeben und von dort (bearbeitet) zurück an das Mischpult gesendet werden (vgl. Seite 4-1).

Das Mischpult fungiert als Steuergerät für die DAW und nutzt hierfür das HUIProtocol, ein Protokoll zur Verbindung von Steueroberflächen mit DAW-Software über MIDI-Schnittstellen. Ausdrücklich genannt ist die direkte Steuerung von Plugin-Einstellungen (vgl. Seite 5-1).

Die graphische Bedienoberfläche jedes Plugins wird auf dem Mischpult angezeigt und ist von dort bedienbar; einzelne Kanäle des Mischpults können einzelnen Plugins zugewiesen werden (vgl. Seiten 5-15 und 5-16).

Bei der Zuordnung eines Plugins zu einem Kanal des Mischpults wird automatisch aus der DAW eine Liste von Plugins gelesen und angezeigt, aus dieser Liste wird ein Plugin und nachfolgend ein Kanal ausgewählt und beide einander zugewiesen; die Parameter des Plugins können über die Oberfläche des Mischpultes verwaltet werden (vgl. Seiten 5-17 und 5-18).

Die Druckschrift D6 zeigt somit eine M1 Vorrichtung zur Nutzung von Audio-Plugins in einem teildigitalen Mischpult welche umfasst:

M1.1 ein teildigitales Mischpult (das Mischpult „AWS 900 +“) und M1.2 einen Rechner (eine DAW).

M2 Das teildigitale Mischpult weist auf: M2.1 eine Bedieneinheit (vgl. Seite 5-16; Abschnitt „Plug-In-Editor“), M2.2 eine Signale verarbeitende Elektronik (die Elektronik, welche u. a. die Eingaben an der Bedieneinheit verarbeitet ) und M2.3 ein mehrere Effekt-Slots beinhaltendes Steuersystem, welches zur Zuweisung von Audio-Plugins zu jeweils einem Effekt-Slot (hier einem Kanal des Mischpults) ausgebildet ist (denn einzelnen Kanälen des Mischpults können einzelne Plugins zugewiesen werden, vgl. Seiten 5-15 und 5-16).

M3.1 Der Rechner weist eine Audio-Schnittstelle auf (Anschluss der 24 AudioKanäle, vgl. Seite 4-2),

M3.2 auf dem Rechner sind Audio-Plugins installierbar (diese sind auf der DAW instanziiert) und M3.3 auf dem Rechner ist ein Audio-Plugin-Host zur Aufnahme von mehr als einem Plugin installiert (zwangsläufig, wenn auf der DAW mehrere Plugins laufen, vgl. oben).

M4 Der Rechner und das teildigitale Mischpult sind durch Audio-Verbindungen (24 Kanäle) und mindestens eine Steuerleitung (zur Übertragung der MIDISignale gemäß HUI-Protokoll) verbunden (vgl. Seiten 4-2 und 5-1).

M5 Ein Datenstamm, welcher einen Namen und alle Parameter des [eines] Audio-Plugins aufweist, ist ausschließlich durch das Steuersystem des teildigitalen Mischpults verwaltbar (da aus einer Liste mit den Namen der Plugins ausgewählt werden kann und dann die Parameter des Plugins gesteuert werden können, kann ausschließlich mittels des Mischpults der genannte Datensatz (Datenstamm) verwaltet werden, vgl. Seiten 5-17 und 5-18).

M6 Die gesamte Steuerung, einschließlich der Audio-Plugins, ist ausschließlich vom teildigitale Mischpult vornehmbar (da das Mischpult die Steueroberfläche auch für die DAW bildet, sind alle Vorgänge auch ausschließlich über das Mischpult steuerbar).

Einziger Unterschied zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist somit der Umstand, dass das AWS 900+ ein teildigitales Mischpult darstellt. Die Lehre der Druckschrift D6 auf ein volldigitales Mischpult (das auch bezüglich der Audioverarbeitung volldigital arbeitet) zu übertragen, stellt jedoch keinerlei erfinderische Leistung dar, da die Art der Audioverarbeitung für das Zusammenspiel zwischen Mischpult und DAW für den Fachmann offensichtlich nicht relevant ist und die Steuerung der DAW durch das Mischpult von der Druckschrift D6 in vollem Umfang gezeigt und beschrieben wird.

5. Hinsichtlich des nebengeordneten Patentanspruchs 4 und der abhängigen Patentansprüche ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage konnte der Senat daher nur über den zur Entscheidung gestellten Satz von Patentansprüchen entscheiden.

6. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen konnte es dahinstehen, inwieweit die Gegenstände der geltenden Patentansprüche von der Offenbarung der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen getragen sind.

7. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr entspricht hier der Billigkeit (§ 80 Abs. 3 PatG).

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist veranlasst, wenn es aufgrund besonderer Umstände unbillig wäre, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände können u. a. in einem schwerwiegenden Verfahrensfehler oder einer anderweitig fehlerhaften Sachbehandlung durch das DPMA liegen, soweit diese(r) aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers Anlass für die Einlegung der Beschwerde war (vgl. Benkard, PatG, 11. Aufl., § 80 Rdn. 22 ff.; Schulte, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 112 f., § 73 Rdn. 135 ff.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der angefochtene Beschluss an einem schwerwiegenden Begründungsmangel leidet (vgl. Benkard, a. a. O., § 80 Rdn. 27 m. w. N; Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 143 m. w. N).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13 - Rotorelemente). Die Auslegung des Patentanspruchs bildet die Grundlage für jegliche Überlegung zur Patentfähigkeit, sie ist somit unabdingbare Voraussetzung für alle weiteren diesbezüglichen Prüfungen. Der angefochtene Beschluss enthält jedoch keine eindeutige und nachvollziehbare Auslegung des Patentgegenstandes. Wie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend vorgetragen, stehen sich in dem Beschluss zwei widersprüchliche Auslegungen des Patentgegenstandes in einem zentralen Aspekt diametral entgegen. So wird auf Seite 6, 5. Abs. ausgeführt: „Eine klangtechnische Bearbeitung von durch das Mischpult bereitgestellten Audiosignalen durch die Plugins auf dem Rechner (…) erfolgt nicht.“ (Unterstreichung hinzugefügt). An anderer Stelle (auf Seite 12, 5. Absatz) nimmt die Patentabteilung dagegen eine andere, mit der vorgenannten unvereinbare Auslegung desselben Gegenstandes vor, denn hier führt sie aus: „Ein solcher Aufbau der Vorrichtung ist für den Fachmann auch nicht nahe gelegt, denn gerade durch diesen Aufbau wird es erfindungsgemäß ermöglicht, den Rechner über die mindestens eine Steuerleitung vom Mischpult-Steuersystem, beinhaltend die Effekt-Slots, aus zu steuern und so die Audio-Plugins im Rechner aufzurufen und dort auszuführen und als Audiosignale über Audio-Verbindungen dem Mischpult bereitzustellen.“ (Unterstreichung hinzugefügt). Auf welcher dieser beiden sich widersprechenden Auslegungen des Patentgegenstandes die Beurteilung fußt, bleibt unklar. Damit sind weder die Beteiligten noch das Beschwerdegericht in der Lage, der angefochtenen Entscheidung die tragenden Erwägungen zu den zentralen Fragen der Patentfähigkeit zweifelsfrei zu entnehmen. Dies war aus Sicht eines verständigen Beschwerdeführers auch ursächlich für die Beschwerdeeinlegung, so dass es der Billigkeit entsprach, die Beschwerdegebühr zu erstatten.

Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).

Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist

(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).

Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgesetzes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet: Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.

Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Patentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird;

2. die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm; 3. insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben

(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).

Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgesetzes).

Dr. Mayer Gottstein Musiol Dorn Me

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