2 Ni 32/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 32/13 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
22. Oktober 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 139 805 (DE 699 15 875)
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts durch die Richterin Dr. Hoppe als Vorsitzende, die Richter Paetzold, Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Fetterroll und Dipl.-Ing. Wiegele auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2015 für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 139 805 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Nichtigerklärung des europäischen Patents 1 139 805 (im Folgenden: Streitpatent). Die Beklagte ist Inhaberin dieses am 20. Oktober 1999 angemeldeten Patents, das auf die PCT Anmeldung PCT/IT1999/000333 zurückgeht, die als WO 2000/022948 veröffentlicht worden ist und für das die Priorität der italienischen Patentanmeldung MI982247 vom 20. Oktober 1998 in Anspruch genommen wird. Das Patent wurde am 24. März 2004 als EP 1 139 805 B1 und nach der Durchführung eines Einspruchsverfahrens am 22. Oktober 2008 als EP 1 139 805 B2 veröffentlicht. Das in der Verfahrenssprache Englisch abgefasste Patent mit der Bezeichnung „Pro-
-3cess for waterproofing leather and leather obtained by means of said process“ wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 699 15 875 T3 geführt. Das Streitpatent umfasst die selbständigen Ansprüche 1, 10, 12 und 13 sowie die auf diese rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 und 11. Die Ansprüche 1, 10, 12 und 13 des Streitpatents in ihrer geltenden Fassung (EP 1 139 805 B2) lauten in der englischen Verfahrenssprache:
Die Ansprüche 1, 10, 12 und 13 des erteilten Streitpatents lauten in der deutschen Übersetzung in EP 1 139 805 B2:
Dem Anspruch 1 schließen sich die weiteren rückbezogenen Ansprüche an. Hinsichtlich des Wortlauts dieser weiteren Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 139 805 B2 verwiesen. Die Beklagte verteidigt ihr Patent hilfsweise beschränkt mit Patentansprüchen nach den Hilfsanträgen 1 bis 7.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist, und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist, und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt und das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder(1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, die entfernt wird, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, die entfernt wird, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und an ihrer Oberfläche, welche nicht mit dem Kleber versehen ist, mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, wobei die Trägerschicht (3) entfernbar ist, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und an ihrer Oberfläche, welche nicht mit dem Kleber versehen ist, mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, wobei die Trägerschicht (3) entfernbar ist, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 7 lautet:
1. Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird und die Bildung von Wasserkissen vermieden wird, durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, welche die Innenseite des Leders (1) vollständig bedeckt, wobei die Gesamtheit des Leders und der Membran mittels einer mit einem Heizsystem versehenen Flachbettpresse oder Walzenpresse gepresst wird, und wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt, und wobei ein Gewebe als inneres Futter fest an der Membran (2) befestigt ist.
Wegen des Wortlauts der weiteren Patentansprüche in den Hilfsanträgen 1 bis 7 der Beklagten wird auf die in der mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2015 eingereichten Hilfsanträge (Bl. 457 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin greift das Streitpatent in vollem Umfang an und macht im Hinblick auf das erteilte Streitpatent die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit und der fehlenden Patentfähigkeit geltend, im Hinblick auf die von der Beklagten gestellten Hilfsanträge zusätzlich eine unzulässige Erweiterung. Zur Stützung ihres Vorbringens nennt sie u. a. folgende Dokumente:
D1 JP 64-90300 mit Übersetzungen D1A/B/C sowie „Letter of Attestation“, D1A-B D2 WO 90/00969 A1 D3 L. GOTTWALD, “Water Vapor Perneabke PUR Membranes for Weatherproof Laminates”, Journal of Coated Fabrics, Band 25, Januar 1996, S. 168 bis 175 D4 EP 0 296 364 A2 D5 EP 0 046 071 A2 D6 US 4303712 D7 JP 2-125604 mit Übersetzung D7A/D7B D11 JP 60-75445 mit Übersetzung D11A D15 US 5244716 D16 US 3709864 D17 R.A. Scott, Coated and laminated fabrics, in C.M. Carr (Hrsg.),
Chemistry of the Textiles Industry, Chapman&Hall, 1995, S. 210 bis 248 D18 US 5415924 D19 US 5598644 D20 DE 698 13 525 T2 D21 GB 2 290 455 D22 US 5514459 Anl.6 Entscheidung der Einspruchsabteilung des EPA vom 5 März 2008 (99 954 345.7-2318/1139805)
Die Klägerin ist der Ansicht, das Streitpatent sei nicht ausführbar, weil unklar sei, in welcher Richtung und nach welcher Norm die nach Patentanspruch 1 geforderte elastische Dehnbarkeit von mehr als 50% bestimmt werde. Sowohl die D1 als auch die D15 nehmen zudem Patentanspruch 1 des erteilten Patents neuheitsschädlich vorweg. Im Übrigen beruhe dessen Gegenstand auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit, denn zu ihm gelange der Fachmann durch die Kombination von D1 mit D2 oder D11 oder D7 oder alternativ von D2 oder D3 mit D4 oder D5 oder D6. Auch die Unteransprüche seien im Hinblick auf D1, D2, D4 und D 7 nicht erfinderisch.
Die Gegenstände der Patentansprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 6 seien nicht erfinderisch, da sie nahe gelegt würden durch die D1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen oder mit D2, D3, D7, D11 oder D15 bzw. D18 - D22. Die Hilfsanträge 3 und 4 seien zudem unzulässig, da das Merkmal „entfernt“ eine unzulässige Erweiterung des ursprünglich offenbarten Merkmals „entfernbar“ beinhalte.
Den erst in der mündlichen Verhandlung mit neuen Merkmalen eingereichten Hilfsantrag 7 hält die Klägerin für verspätet, da sie sich zu dem erfinderischen Gehalt der neuen Merkmale in der mündlichen Verhandlung nicht ohne weiteres erklären könne. Zudem beinhalteten die Patentansprüche des Hilfsantrags 7 unzulässige Erweiterungen, da ein Gewebe nur im Zusammenhang mit einer Trägerschicht ursprünglich offenbart sei.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 1 139 805 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte erklärt, dass sie die Ansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen jeweils als geschlossene Anspruchssätze betrachtet und beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise, das Streitpatent mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass seine Ansprüche die Fassung der Hilfsanträge 1 bis 7 vom 22. Oktober 2015 in der angegebenen Reihenfolge erhalten.
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen. Sie meint, das Patent sei ausführbar und sein Gegenstand patentfähig.
Die Ausführbarkeit ergebe sich schon daraus, dass „Elastisches Material“ einheitlich definiert sei und das Streitpatent selbst Polyurethane offenbare, die die geforderte Elastizität aufwiesen. Die D1 sei nicht neuheitsschädlich, weil sie keine feste Membran, sondern einen flüssigen Film offenbare. Mangels Membran werde auch keine solche mit einem Dehnungsgrad größer 50% offenbart. Der Film werde in der D1 zudem auf die Außenfläche, nicht auf Innenfläche des Leders aufgebracht, und es werde dort auch kein Klebemuster offenbart. Die D15 offenbare nur das Aufpressen auf eine innere Schicht aus gestricktem Gewebe, nicht aber auf ein Leder. Für die Membran selbst werde zudem auch kein Dehnungsgrad größer 50% offenbart und zwar auch nicht durch Verweis auf D16.
Im Übrigen führten jedenfalls die Hilfsanträge zum Erfolg. Diese seien zulässig. Insbesondere sei die Ersetzung von „entfernbar“ durch „entfernt“ eine bloße Beschränkung und beinhalte daher keine unzulässige Erweiterung. Die D15 stehe der Patentfähigkeit nicht entgegen, weil sie keinen Schuh offenbare, sondern Leder nur in Verbindung mit einem Handschuh darstelle. Die D15 zeige zudem auch keine Trägerschicht, sondern nur eine Schicht, um das Hängenbleiben von Klebstoff an der Presse zu verhindern. Auch den übrigen Druckschriften seien nicht alle zusätzlichen Merkmale der gestellten Hilfsanträge zu entnehmen. Hilfsantrag 7 enthalte schließlich keine unzulässigen Erweiterungen, da ein Gewebe bereits in der ursprünglichen Anmeldung offenbart worden sei.
Ihr Vorbringen belegt die Beklagte u. a. mit folgenden Dokumenten:
B3 Tom Bayes, Water-resistant footwear, SATRABulletin, Dec. 2009, S. 13-16 B4 ASTM International, Standard Test Method For Determining Water Vapor Transmission Rates Through Nonwoven and Plastic Barriers, Designation: D 6701-01, veröffentlicht: Oktober 2001 B5 Übersetzung D1 B6 ISO 1382 – Rubber-Vocabulary, 6. Ausg., 15.10.2012 B7 Entscheidung des Tribunale di Milano vom 11. April 2014, N.R.G. 2012/87332, mit deutscher Übersetzung B7a B8 Gutachten des Sachverständigen Dr. Filippo Ferroni vom 3. März 2014 in dem Verfahren des Tribunale di Milano in N.R.G. 2012/87332, mit deutscher Übersetzung B8a Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der fehlenden Ausführbarkeit (Art. 138 Abs. 1 Buchst. b), 83 EPÜ i. V. m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG) und der fehlenden Patentfähigkeit (Artikel 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ, Artikel II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG) geltend gemacht werden, ist zulässig.
II.
Die Klage ist auch begründet, denn der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung, die mit dem Hauptantrag verteidigt wird, ist nicht patentfähig. Die Patentfähigkeit fehlt ebenfalls den Gegenständen der mit den Hilfsanträgen 1 bis 6 verteidigten Ansprüchen. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 ist unzulässig, da er eine Änderung beinhaltet, die zu einer unzulässigen Erweiterung gegenüber der ursprünglichen Anmeldung und zu einer unzulässigen Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents führt.
1. Das Streitpatent betrifft gemäß der Beschreibung ein Verfahren zum Wasserdichtmachen (process for waterproofing) von Leder, insbesondere Leder für die Herstellung von Schuhen, Kleidungsstücken oder Lederaccessoires. Die vorliegende Erfindung betrifft auch das durch dieses Verfahren erhaltene Leder (vgl. Abs. [0001] der DE 699 15 875 T3-Schrift).
In der Beschreibung der Streitpatentschrift wird einleitend ausgeführt, Leder, insbesondere solches, das zur Herstellung von Schuhen, Bekleidung oder Lederaccessoires diene, werde bekannter Weise wasserdicht gemacht durch chemische Behandlung, die in dem Aufbringen dünner Schichten von wasserabstoßenden Substanzen außerhalb des Leders selbst bestehe, zum Beispiel mittels Sprühen.
Aufgrund der niedrigen Wirksamkeit dieses Verfahrens auf lange Sicht sei ein neues Verfahren geschaffen worden, das in dem Einnähen einer mit einem semipermeablen Film kombinierten Gewebeauskleidung in die Innenseite des Leders bestehe, was nicht nur das weitere Eindringen von Wasser in den Schuh oder Kleidungsgegenstand verhindere, sondern dem Körper auch eine Transpiration nach außen erlaube (vgl. Abs. [0002] in DE 699 15 875 T3).
Dieses Verfahren sei jedoch insofern nachteilig, als es dem Wasser auf jeden Fall das Eindringen unter das Leder ermögliche. Insbesondere wenn das letztere für die Schuhherstellung verwendet werde, bilde sich ein unerwünschtes Wasserkissen zwischen dem gegen Wasser abgedichteten Gewebe und der Lederinnenfläche. Dieses Verfahren erfordere ferner notwendigerweise das Aufbringen einer Auskleidung in Kombination mit einem semi-permeablen Film, welches, neben der Erhöhung der Produktionskosten, in einigen Fällen nicht ratsam sei, zum Beispiel bei der Herstellung von Sommerschuhen und Sommerbekleidung. Die US 5,598,644 offenbare ein Verfahren zur Imprägnierung einer Lederlauffläche, bei dem eine semi-permeable Membran an die Umfangsbereiche derselben geklebt werde. Dieses Verfahren vermeide jedoch nicht die Bildung von Wasserkissen und das Erfordernis eines oberen Umfangsteils zur Befestigung der Membrane an der Lauffläche, wodurch deren Transpirationseigenschaften vermindert würden (vgl. Abs. [0003] in DE 699 15 875 T3).
Gegenüber dem genannten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein von diesen Nachteilen freies Verfahren zur Wasserabdichtung (process for waterproofing) bereitzustellen, d. h. ein Verfahren, das die Wasserabdichtung von Leder ohne Verhinderung der Körpertranspiration und unter Vermeidung der Verwendung der oben genannten semi-permeablen inneren Auskleidungen oder Befestigungsteile ermöglicht (vgl. Abs. [0004] in DE 699 15 875 T3).
2. Die Lösung des aufgeführten technischen Problems soll mit den Gegenständen der Ansprüche gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den Gegenständen der Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 7 erfolgen.
Anspruch 1 in der nach Hauptantrag verteidigten Fassung ist hier zum leichteren Vergleich mit einer Gliederung versehen und lautet im Wortlaut der deutschen Übersetzung der EP 1 139 805 B2:
M1 Verfahren zum Imprägnieren von Leder (1), M2 das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst, M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist.
3. Der für die Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstandes des Streitpatents maßgebende Fachmann ist Hochschulabsolvent der Fachrichtung Textiltechnik mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Entwicklung wasserdichter, atmungsaktiver Materialien.
4. Die in den Ansprüchen des Streitpatents verwendeten Begriffe sind auszulegen.
Maßgeblich für die Auslegung ist die Fassung der Patentansprüche in der gewählten Verfahrenssprache, weshalb der Auslegung hier die englische Fassung der Patentansprüche zugrunde zu legen ist. Der englische Ausdruck „waterproofing“ bedeutet „Wasserdichtmachen“. Die in der deutschen Übersetzung des Streitpatents gewählte Übersetzung mit „Imprägnieren“ entspricht dem nicht und ist daher unzutreffend. Anspruch 1 des erteilten Patents bezieht sich danach auf ein Verfahren zum Wasserdichtmachen von Leder (Merkmal M1) und die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen jeweils auf einen Schuh, dessen Leder durch ein derartiges Verfahren wasserdicht gemacht wird (Merkmal S1).
Gemäß Merkmal M2 umfasst das Verfahren das Aufpressen „wenigstens einer“ („at least one“) semi-permeablen Membran. Das bedeutet mit anderen Worten, dass auch mehr als eine semi-permeable Membran vorgesehen sein kann.
Die Membran soll nach Merkmal M2 auf die Innenfläche des Leders aufgepresst werden. Der Ausdruck „Innenfläche des Leders“ („internal surface of the leather“) lässt keine Aussage darüber zu, welche Seite des Leders gemeint ist. Mit dem Gegenstand des erteilten Anspruch 1 wird nämlich weder die Herstellung eines Kleidungsstücks beansprucht, noch dass die membranbeschichtete Seite des Leders als Innenseite eines solchen Kleidungsstücks verwendet werden soll. Vor diesem Hintergrund ist das Merkmal M2 auch in den Ansprüchen, mit denen ein Schuh beansprucht wird (vgl. z. B. erteilte Patentansprüche 12, 13), der aus dem erfindungsgemäß hergestellten Leder gefertigt wird, nicht anders auszulegen. Die spätere Verwendung des Leders zur Schuhherstellung ist nicht geeignet, die dem vorgelagerte Herstellung des wasserabgedichteten Leders zu präzisieren. Für das Wasserabdichtungsverfahren ist es daher unerheblich, zu welcher Lederfläche hin orientiert die Membran oder Membranen auf das Leder gepresst wird bzw. werden.
Das Streitpatent differenziert nicht zwischen „semi-permeable film“ und „semipermeable membrane“. Vielmehr werden „film“ und „membrane“ synonym verwendet (vgl. Streitpatent EP 1 139 805 B2, Sp. 1 Z. 16, 26, 31 und 46), wobei darunter jeweils eine dünne Schicht zu verstehen ist. Jedenfalls kann der Film bzw. die Membran im vorliegenden technischen Zusammenhang kein flüssiges Gebilde sein, vielmehr handelt es sich um einen dünnen Festkörper. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der Merkmale M2 und M3 gemäß Patentanspruch 1. Danach umfasst das Verfahren das Aufpressen einer semi-permeablen Membran auf die Innenfläche des Leders, wobei die das Leder berührende Oberfläche der Membran mit einem Klebermuster versehen sein soll. Wird zum Verbinden des Films mit dem Leder ein Kleber auf den Film aufgetragen, so ist das aus fachmännischer Sicht nur sinnvoll ausführbar, wenn der Film hinreichend fest ist. Der Ausdruck „Klebermuster“ impliziert hier einen diskontinuierlichen Kleberauftrag (vgl. EP 1 139 805 B2, Abs. [0006]), d. h. Teile der Membranfläche bleiben frei von Kleber.
Mit Merkmal M4, wonach die Membran mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist (elastic with a grade of elongation higher than 50%), ist gemeint, dass das Membranmaterial unter Zugbelastung um mehr als 50% bezogen auf seine ursprüngliche Länge gedehnt werden kann, ohne dass eine plastische, d. h. bleibende, Verformung eintritt. Die Membran nimmt somit nach Wegfall der Krafteinwirkung wieder ihre Ursprungsform ein.
5. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, weil er nicht neu ist (Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 54 EPÜ, Art. II § 6 Abs.1 Nr. 1 IntPatÜG). Es kann daher dahinstehen, ob daneben auch der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit vorliegt.
Sämtliche Merkmale des streitigen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sind bereits aus der Druckschrift US 5,244,716 (D15) bekannt.
Die D15 zeigt Merkmal M1, denn sie befasst sich mit der Herstellung von wasserdichten, aber atmungsaktiven Bekleidungsgegenständen (vgl. Sp. 1, Z. 5 bis 10), wozu ein Film oder eine Membran verwendet wird, die ein Eindringen von Wasser verhindert, für Wasserdampf aber durchlässig ist (vgl. Sp. 1, Z. 54 bis 57 und Sp. 2, Z. 7 bis 11). Dieser Film ist aus einem Polymer hergestellt (vgl. Sp. 3, Z. 13 bis 15). Als einen weiteren Aspekt offenbart die Druckschrift D15 ein Verfahren zum Wasserdichtmachen von Leder. Im Anspruch 11 i. V. m. Spalte 7, Zeile 57 bis Spalte 8, Zeile 7 ist nämlich offenbart, dass zwei dünne innere Schichten an einer dritten äußeren Schicht befestigt werden (Sp. 7, Z. 57 und 58), wobei eine der inneren Schichten aus einem Polymer besteht und die dritte äußere Schicht aus Leder sein kann (Sp. 7, Z. 60).
Dass es sich bei der Polymerschicht in der D15 um eine semi-permeable Membran im Sinne von Merkmal M2 des Streitpatents handelt, ergibt sich unmittelbar daraus, dass diese Schicht das Eindringen von Wasser verhindern, aber gleichzeitig für Wasserdampf durchlässig sein soll (vgl. Sp. 3, Z. 13 bis 15 u. Anspruch 11). Die Polymerschicht wird in der D15 zudem mittels eines Klebers (adhesive) und, ebenfalls entsprechend Merkmal M2, mittels Druck auf dem Leder befestigt (Sp. 8, Z. 4 bis 7, Sp. 7 Z. 63 bis Sp. 8 Z. 15).
Da der Kleber netzartig oder punktförmig (Sp. 8, Z. 10 bis 17, Sp. 7 Z. 67 bis 68) auf der Polymerschicht aufgetragen wird, zeigt die D15 auch ein Klebemuster im Sinne von Merkmal M3.
Die Auffassung der Beklagten, die Druckschrift D15 zeige keine Membran, die auf die Innenfläche eines Leders aufgepresst werde, wird dem Offenbarungsgehalt der D15 nicht gerecht. Wie aus der Spalte 7, Zeile 68, bis Spalte 8, Zeile 7, hervorgeht, wird der Film in einem ersten Schritt mittels Kleber und Druck mit einem inneren Gewebe verbunden, um dann in einem zweiten Schritt mit seiner freien Seite (the other face of this film) mit dem äußeren Material (outer material) verbunden zu werden. Wie in Spalte 7, Zeile 60, dargelegt, kann das äußere Material auch Leder sein, das mittels Kleber (vgl. Sp. 7, Z. 60 bis 65) und Druck (vgl. Sp. 8, Z. 4 bis 7) mit dem Film verbunden wird. Dass der Film 105 direkt mit dem Leder, dort eines Handschuhs (glove), mittels Kleber und Druck verbunden wird, geht ebenfalls aus der D15 (Sp. 22, Z. 3 bis 8) hervor.
Auch das Merkmal M4 wird in der D15 offenbart, denn die dort genannte Polymerschicht ist identisch mit dem Film 105 (vgl. Sp. 13, Z. 9 bis 11 i. V. m. Fig. 1 und 2), der eine elastische Dehnung von mehr als 50% aufweist (vgl. Sp. 18, Z. 21 bis 24). In Spalte 18 Zeile 21 bis 24 der D15 wird nämlich nicht nur offenbart, dass der Film bis zu einer Dehnung von 200% nicht bricht („does not break until an elongation of about 200% is reached“), sondern auch, dass er bis dahin elastisch verformbar ist („does not show a yield point“).
Auch die Berücksichtigung der Einwände der Beklagten sowie der Auffassung der Einspruchsabteilung des EPA, in deren Entscheidung vom 5. März 2008 (99 954 345.7-2318/1139805, Anlage 6, dort S. 7) führen zu keiner anderen Beurteilung. Die Einspruchsabteilung des EPA argumentiert nur mit Offenbarungsstellen der D15, die sich ausschließlich auf das Komposit (dehnbare Schicht plus semi-permeable Membran) beziehen. Den Figuren 9 und 10 der D15 ist jedoch unmittelbar zu entnehmen, dass allein die semi-permeable Membran, die - wie bereits gezeigt - dem Film 105 entspricht, eine elastische Dehnung von mehr als 50% aufweist. Dies geht insbesondere aus der Kurve 1005 in der Figur 9 und aus der Kurve 1105 in der Figur 10 hervor. Die Kurven 1005 und 1105 beziehen sich in beiden Figuren ausschließlich auf den Film 105 (vgl. Sp. 13, Z. 14 bis 18). Danach weist das Material für die dortige semi-permeable Membran in einem Bereich von 0% bis etwa 200% Dehnung (Extension) keine Streckgrenze und folglich keinen Übergang zu plastischer Verformung auf. Dies findet seine Stütze auch im Text in der Spalte 18, Zeilen 21 bis 23, wonach der Film 105 keine Streckgrenze (yield point) aufweist und nicht reißt, bevor er um 200% gedehnt wurde. Dies heißt nichts anderes, als dass der Film 105 selbst im Bereich von 0% bis < 200% elastisch dehnbar ist, ohne dass diese Eigenschaft auf einen gewellten („corrugated“) Film bzw. das Komposit beschränkt wäre, wie die Einspruchsabteilung des EPA meint. Daher geht auch der Einwand der Beklagten ins Leere, die meint, in der Spalte 18, Zeilen 21 bis 23, der D15 werde lediglich offenbart, dass der Film 105 nicht reiße, bevor er nicht um 200% gestreckt werde, und ein elastisches Verhalten nur im Zusammenhang mit der Barriere-Komponente beschreibe.
Auch die Auffassung der Beklagten, der Film der D15 sei gewellt (corrugated) und könne daher die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe gar nicht lösen, vermag nicht zu überzeugen. Zum einen weist der Wortlaut von Anspruch 1 des erteilten Patents nur ganz allgemein auf eine semi-permable Membran und schließt damit weder eine gewellte Membran aus noch fordert er eine vollständig plan aufliegende Membran. In Absatz [0003] des Streitpatents (EP 1 139 805 B2) wird die im Stand der Technik zu beobachtende Bildung von Wasserkissen zwar als nachteilig dargestellt, die Verhinderung solcher Wasserkissen hat sich in der Formulierung der Patentansprüche indes nicht niedergeschlagen. In die Patentansprüche des erteilten Patents sind nämlich weder konkrete Merkmale noch eine Zweckbestimmung aufgenommen worden, die es erlauben würden, der semi-permeablen Membran eine bestimmte räumliche Beschaffenheit zu zuweisen, die es ermöglicht, Wasserkissen zu vermeiden. Auch die Beschreibung des Streitpatents enthält insoweit keine Hinweise darauf, dass die Membran nicht gewellt sein darf. Zum anderen kommt es bei der Neuheitsbetrachtung nicht auf die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe an, sondern nur darauf, ob alle Merkmale des Patentanspruchs in der Entgegenhaltung offenbart sind.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 1 ist, ungeachtet der Frage, ob er zulässig ist, jedenfalls nicht patentfähig, weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung lautet gegliedert:
S1 Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder S1.1 eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein M2 Verfahren das das Aufpressen von wenigstens einer semipermeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst,
M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist M5 und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist M6 und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Die Ausgestaltung eines Schuhs gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist dem Fachmann ausgehend von dem Stand der Technik der Druckschrift JP64-90300 (D1/B5) nahe gelegt. Die Druckschrift D1 offenbart sämtliche räumlich körperlichen Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 bis auf die in Merkmal M3 vorgesehene Art der Verklebung mittels eines Klebemusters, die dem Fachmann aber durch sein allgemeines Fachwissen nahegelegt wird. Der Senat hat der vorzunehmenden Prüfung die von der Beklagten vorgelegte Übersetzung (B5) der Druckschrift D1 zugrunde gelegt.
Die D1 betrifft insbesondere die Bereitstellung eines wasserdichten Leders, das für Schuhe verwendet wird (S. 1 der Übersetzung/S. 835, li. Sp. 3. Abs. in B5). Da wasserdichte Schuhe aus Leder immer eine wasserdichte Sohle, ein wasserdichtes Oberleder oder beides aufweisen, werden die Merkmale S1 und S1.1 dort offenbart.
Das Wasserdichtmachen des Leders erfolgt gemäß (D1/B5) durch Laminieren (laminating) oder direktes Beschichten (direkt coating) mit einem nichtporösen, wasserdampfdurchlässigen Polyurethan-Elastomer (vgl. Patentanspruch 1, S. 1 der Übersetzung/835 in B5). Für den Laminierungsprozess wird eine Lösungsmittellösung eines Polyurethanpolymers hergestellt (vgl. S. 4 der Übersetzung/837 li. Sp. 3. Abs. in B5). Aus dieser Lösung wird auf einem abziehbaren Papier (release paper) ein 10 µm dicker Film hergestellt. Auf den so hergestellten Film wird ein Kleber (adhesive agent) aufgebracht. Danach wird der Film samt Kleber mit dem Leder in einem Laminierungsprozess verbunden, wozu das Laminat einer 24stündigen Druckbelastung ausgesetzt wird (S. 3 der Übersetzung/837, li. Sp. 3. Abs. in B5). Dadurch wird eine semi-permeable Membran im Sinne von Merkmal 2 und 3 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, die aufgepresst und ver- klebt wird, unmittelbar offenbart, allerdings ohne den expliziten Hinweis auf das in Merkmal 3 geforderte Klebemuster. Die Auffassung der Beklagten, der Film zum Laminieren gemäß D1 sei flüssig, und daher keine Membran im Sinne des Streitpatents, trifft nicht zu. Die D1 unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Laminieren und dem direkten Beschichten. Beim Laminieren wird zum Verbinden des Films mit dem Leder ein Kleber auf den Film aufgetragen, was - wie oben bereits erläutert - aus fachmännischer Sicht nur sinnvoll ausführbar ist, wenn der Film hinreichend fest ist. Dagegen kommen die direkten Beschichtungsverfahren ohne Kleber aus (vgl. Eigenschaftsvergleichstabelle, S. 4 der Übersetzung/838 in B5). Außerdem beschreibt die D1 ein Messverfahren zur Bestimmung des Quellfaktors, wozu ein Film von 20 µm x 300 mm Breite x 150 mm Länge hergestellt wird. Dieser Film wird dann in Wasser eingelegt und nach 24 h daraus wieder entnommen, um die Abstände zwischen den zuvor aufgebrachten Messlinien auszumessen (vgl. S. 2 der Übersetzung/S.836, re. Sp. letzter Abs. in B5). Im Anschluss an die zitierte Beschreibungsstelle ist in der B5 weiter ausgeführt, dass zur Volllaminierung (des Leders) aus demselben Polymer auf einem abziehbaren Papier ein Film mit einer Dicke von 10 µm hergestellt wird. Für den Fachmann liegt es hiernach auf der Hand, dass der dort zum Einsatz kommende Film nicht flüssig, sondern ein Festkörper ist.
Die D1 offenbart allerdings nicht, dass das Aufpressen der Membran auf die Innenfläche des Leders erfolgt. Wie bereits unter Ziffer II. 4. dargelegt, ist mit dem Hinweis auf die Innenfläche des Leders in Merkmal M2 indes kein räumlich-körperliches Merkmal verbunden, das eine Abgrenzung zum Stand der Technik erlauben würde. Der Einwand der Beklagten, die D1 offenbare nicht das Auftragen der Membran auf die Innenfläche des Leders, der Fachmann erkenne aber beim Lesen von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1, dass streitpatentgemäß die Membran auf die Innenseite des Schuhs aufzubringen sei, kann nicht durchgreifen. Letzteres wird in dieser Form nicht beansprucht. Das Merkmal Innenfläche des Leders bezieht sich in dem streitigen Anspruch auf das Verfahren zum Wasserdichtmachen von Leder im Allgemeinen. Da es bei diesem Verfahren auf die Seite des Leders, auf der die Membran aufgebracht wird, nicht ankommt, kann dem Merk- mal auch keine technische Funktion zukommen. Der Fachmann kann zudem durch Aussagen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren zum Wasserdichtmachen von Leder stehen, nicht zu einer bestimmten Handlung bei der Schuhherstellung angeleitet werden. Schließlich besteht auch ein Unterschied zwischen der Anweisung, auf der Außenseite eines Leders eine Membran anzubringen und der Anforderung, das so hergestellte Leder bei der Schuhherstellung so einzusetzen, dass die Membranseite des Leders die Schuhinnenseite bildet.
Die D1 zeigt auch Merkmal M4 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1. Wie weiter aus der D1 (insbesondere S. 2 der Übersetzung/836, rechte Spalte, vorletzter Absatz in B5), hervorgeht, soll nämlich ein Polymer verwendet werden, das zum Zustand des Leders und dessen Verwendungszweck passt. Der Fachmann erhält damit den Hinweis, dass ein Polymer auszuwählen ist, das eine zur Härte oder dem Weichheitsgrad (des Leders) passende Dehnbarkeit aufweist; dort soll sie bei einer Zugspannung von mindestens 30 kg/cm2 100% betragen. Dass es sich hierbei um eine elastische Dehnung handelt, liegt für den Fachmann auf der Hand, da eine Membran, die sich unter Belastung plastisch - also irreversibel verformen würde, ungeeignet für die Schuhherstellung wäre. Sie muss sich vielmehr der Bewegung des Schuhmaterials beim Gehen stets elastisch anpassen, da bei plastischer Verformung der Schuh unbrauchbar und unansehnlich würde, was mit der Erfindung gerade verhindert werden soll (S. 2 der Übersetzung/836 re. Sp. 1. Abs. in B5).
Die D1 offenbart auch die Merkmale M5 und M6. Entsprechend Merkmal M6 wird der Wasserdampf auch in der D1 durch Osmose ausgetragen, weil die Membran in der D1 entsprechend Merkmal M5 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls aus nicht porösem Polyurethan besteht (S. 2 der Übersetzung/836 li. Sp. unten), aber dennoch wasserdampfdurchlässig sein soll (Patentanspruch 1 und S. 3 der Übersetzung/837, li. Sp. unten in B5).
Von dem in der D1 gezeigten Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 folglich lediglich dadurch, dass der Kleber in einem Muster auf die Membranoberfläche, die das Leder berührt, aufgetragen wird.
Das Aufbringen eines Klebemusters ist für den Fachmann jedoch naheliegend. Wenn - im Sinne der hier zugrunde liegenden Aufgabe - die Membran den Schuh wasserdicht machen soll, ohne den Durchtritt von Wasserdampf zu behindern, dann ist es nämlich vorteilhaft, Teile der Membranfläche frei von Kleber zu belassen, zumal dies eine höhere Elastizität des Komposits gewährleistet und zudem Kosten einspart. Ein solches Vorgehen entspricht dem allgemeinen Fachwissen, das durch den weiteren herangezogenen Stand der Technik belegt wird. Wie die Druckschriften D3 (S. 169, letzter Abs.), D2 (S. 3, Z. 9 bis S. 4, Z. 11) und D15 (Sp. 7, Z. 66 bis 67; Sp. 8 Z. 14) belegen, ist es nämlich gängige Praxis auf dem Gebiet des Wasserdichtmachens von Leder mittels Membran, den Kleber als diskontinuierliches Klebemuster auf die Membran aufzutragen.
7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 2 ist, ungeachtet der Frage, ob er zulässig ist, jedenfalls nicht patentfähig, weil er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art.56 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 2 verteidigten Fassung umfasst die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 und zusätzlich das Merkmal, wonach:
M7 das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 wird dem Fachmann durch den in der D1 gezeigten Stand der Technik in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen zur Verklebungstechnik nahegelegt.
Das punktweise Applizieren von Klebstoff ist aus der Druckschrift D3 (S. 169 unten), aus der Druckschrift D2 (S. 3 Z. 9 bis S. 4 Z. 11) und aus der Druckschrift D15 (Sp. 7 Z. 66 bis 68) bekannt. Die beanspruchte Punktdichte wird der Fachmann aufgrund von Festigkeitsvorgaben für die Verbindung zwischen Leder und Membran einerseits, die er in Einklang bringen muss mit der nach der Aufgabe einzuhaltenden Durchlässigkeit für Wasserdampf andererseits, ermitteln. Den diesen Zielen gleichermaßen gerecht werdenden Wertebereich bestimmt er durch routinemäßige Versuche. So vorzugehen, gehört zu seinem normalen Können und bedarf keines erfinderischen Zutuns (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 4 Rd. 40, 45).
8. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 3 beruht, ungeachtet der Frage, ob er zulässig ist, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 3 verteidigten Fassung umfasst alle Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 und ein zwischen die Merkmale M4 und M5 eingefügtes weiteres Merkmal, wonach die semi-permeable Membram (2)
M 4.1. mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, die entfernt wird, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 wird dem Fachmann durch den in der D1 gezeigten Stand der Technik in Verbindung mit seinem allgemeinen Fachwissen zur Verklebungstechnik nahegelegt. Er unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 1 dadurch, dass die Membran (2) mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, die entfernt wird, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde. Ob die Ersetzung der ursprünglich offenbarten Ausgestaltungsmöglichkeit, wonach das Papier [lediglich optional] „entfernbar sein kann“ („the paper…can be detachable“ laut der prioritätsbegründenden WO 00/22948, S. 3, Z. 18 bis 19) durch das Merkmal „entfernt wird“, eine unzulässige Erweiterung beinhaltet, kann dahinstehen, denn der Anspruch ist jedenfalls nicht patentfähig.
Dem gegenüber dem Hilfsantrag 1 zusätzlichen Merkmal M 4.1. kommt keine die Patenfähigkeit des Streitgegenstands begründende Bedeutung zu, denn auch dieses Merkmal wird dem Fachmann durch die D1 nahegelegt. So beschreibt bereits die D1, dass der Film auf einem abziehbaren Papier hergestellt ist (Übersetzung Seite 3/837, linke Spalte oben in B5). Dabei handelt es sich um eine Trägerschicht im Sinne des Streitpatents, da sie geeignet ist, die Membran zu tragen und zu stützen und vor Beschädigungen und Verbiegungen zu schützen (Streitpatent EP 1 139 805 B2 [0013]). Anhaltspunkte dafür, dass diese Schicht ausschließlich dazu dient, das Anhaften von Klebstoff an der Presse zu verhindern, wie die Beklagte meint, ergeben sich demgegenüber weder aus der Druckschrift selbst noch aus dem allgemeinen technischen Verständnis des Fachmanns. Dieses abziehbare Papier nach der Herstellung des Schuhs auch tatsächlich wieder vom Leder abzuziehen, ist für den Fachmann naheliegend, weil der Gebrauch des Schuhs sonst beeinträchtigt wäre.
9. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 4 beruht, ungeachtet der Frage, ob er zulässig ist, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 4 verteidigten Fassung lautet gegliedert:
S1 Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder S1.1 eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein M2 Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semipermeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst,
M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, wobei die entfernt wird, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und M7 das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist M5 und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist M6 und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 ist gebildet aus einer Zusammenführung der Merkmale des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 mit denen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3. Der zu Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 3 aufgezeigte Stand der Technik, insbesondere die Druckschrift D1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen zur Verklebung, legt sämtliche davon umfassten Merkmale bereits nahe. Da die Merkmale auch in ihrer Gesamtheit erkennbar kein unerwartetes Ergebnis bewirken, ist ein Schuh gemäß diesem neuen Anspruch 1 aus den Gründen, wie sie bereits zum Hauptantrag und zu den Hilfsanträgen 1 bis 3 dargelegt wurden, ebenfalls nicht patentfähig.
10. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 5 beruht, ungeachtet der Frage, ob er zulässig ist, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätig- keit (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ, Art. II §6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 5 verteidigten Fassung lautet gegliedert:
S1 Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder S1.1 eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein M2 Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semipermeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst,
M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran(2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und an ihrer Oberfläche, welche nicht mit dem Kleber versehen ist,
mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist,
wobei die Trägerschicht (3) entfernbar ist, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde M5 und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist M6 und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 3 durch das Merkmal, dass die Membran (2) an ihrer Oberfläche, welche nicht mıt dem Kleber versehen ist, mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist,
wobei die Trägerschicht entfernbar ist, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde.
Diese Ausgestaltung ist dem Fachmann ebenfalls aus dem bereits dargestellten Stand der Technik bekannt und nahe gelegt aufgrund des Verfahrens in der D1 (B5). Dort wird der Verfahrensschritt des Aufbringens von Klebestoff auf den Film nach dem Verfahrensschritt des Aufbringens des Films auf dem abziehbaren Papier ausgeführt, so dass das Papier nur auf der Seite des Films aufgebracht sein kann, auf der sich kein Kleber befindet (vgl. Seite 3 der Übersetzung/837, li. Sp. oben in B5).
11. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach dem Hilfsantrag 6, unbeachtet der Frage, ob er zulässig ist, beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG), denn er wird nahegelegt durch die Druckschrift D1 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen zur Verklebungstechnik.
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 6 verteidigten Fassung lautet gegliedert:
S1 Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder S1.1 eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird durch ein M2 Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semipermeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst,
M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist und an ihrer Oberfläche, welche nicht mit dem Kleber versehen ist,
mit einer Trägerschicht (3) aus Papier kombiniert ist, wobei die Trägerschicht (3) entfernbar ist, nachdem die Membran (2) an dem Leder befestigt wurde und M7 das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist M5 und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist M6 und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt.
Anspruch 1 nach Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von dem des Hilfsantrags 5 durch das Merkmal, dass das Klebermuster aus einer Vielzahl von Punkten mit einer Dichte zwischen 50 Punkten/cm² und 200 Punkten/cm² gebildet ist. Wie bereits zum Hilfsantrag 2 ausgeführt, ist das punktweise Applizieren eines Klebers auf einer Membran indes aus dem Stand der Technik bekannt, und die Angabe der Punktdichte betrifft eine Maßnahme, die dem Bereich des handwerklichen Könnens des zuständigen Fachmanns zuzurechnen ist.
12. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 7 ist unzulässig. Er enthält eine unzulässige Erweiterung (Artikel 138 Absatz 1 lit. c) EPÜ i. V. m. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 3 IntPatÜG), da er über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Außerdem wird der Schutzbereich des Streitpatents in der geltenden Fassung (EP 1 139 805 B2) erweitert (Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ i. V. m. Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 IntPatÜG).
Anspruch 1 in der nach Hilfsantrag 7 verteidigten Fassung lautet gegliedert:
S1 Schuh, dadurch gekennzeichnet, dass er ein Oberteil aus wasserdicht gemachtem Leder (1) oder S1.1 eine Sohle aus wasserdicht gemachtem Leder (1) umfasst, wobei das Leder (1) wasserdicht gemacht wird und die Bildung von Wasserkissen vermieden wird, M2 durch ein Verfahren, das das Aufpressen von wenigstens einer semi-permeablen Membran (2) auf die Innenfläche des Leders (1) umfasst,
welche die Innenseite des Leders (1) vollständig bedeckt,
wobei die Gesamtheit des Leders und der Membran mittels einer mit einem Heizsystem versehenen Flachbettpresse oder Walzenpresse gepresst wird, und M3 wobei die das Leder (1) berührende Oberfläche derselben mit einem Klebermuster versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M4 die semi-permeable Membran (2) mit einem Dehnungsgrad größer als 50% elastisch ist M5 und dass die semi-permeable Membran (2) nicht porös ist M6 und der Austrag des Wasserdampfs durch Osmose erfolgt,
und wobei ein Gewebe als inneres Futter fest an der Membran (2) befestigt ist.
Der danach geltende Anspruch 1 berücksichtigt nicht, dass ursprünglich die Membran (2) mit einer Trägerschicht (support sheet) (3) kombiniert gewesen ist (vgl. WO 00/22948 A1, S. 3, Z. 16 bis 22). Diese Trägerschicht kann zwar aus einem fest an der Membran befestigten Gewebe bestehen. Damit ist aber nur eine Trägerschicht aus Gewebe und nicht ein Gewebe an sich offenbart. Die Trägerschicht ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht vom hinzugekommenen Merkmal, wonach ein Gewebe als inneres Futter fest an der Membran (2) befestigt ist, mit umfasst, da nicht jedes beliebige Gewebe, das zwar fest, aber auf beliebige Art an der Membran befestigt wird, die Eigenschaften einer Trägerschicht aufweist.
Die ursprüngliche Offenbarung (WO 00/22948 A1) beschreibt eine auf der nicht mit Kleber versehenen Seite der Membran aufzubringende Trägerschicht („The surface of the semi-permeable membrane 2 which is not provided with glue is generally fastened to a support sheet 3“), die dazu dient, Beschädigungen und Verbiegungen der Membran vor deren Aufbringen zu vermeiden („which avoids possible accidental breakage or bendings before application“, WO 00/22948 A1, S. 3 Z. 16 bis 18). Diese Trägerschicht, deren räumliche Position festgelegt ist, kann auch aus einem Gewebe bestehen, das an der Membran befestigt wird (WO 00/22948 A1, S. 3 Z. 19 bis 22). In Patentanspruch 8 der ursprünglichen Offenbarung wird ein Verfahren zur Wasserabdichtung von Leder beansprucht, bei dem die Trägerschicht (3) aus Gewebe hergestellt und fest an der Membran befestigt ist („Process according to the preceding claim, characterized in that the support sheet (3) is made of fabric and is firmly fastened to the Membrane (2)“). Damit ist aber nicht irgendein Gewebe offenbart, sondern lediglich ein solches, das als Trägerschicht fungiert. Eine Trägerschicht (support sheet) dient als Träger bzw. Auflage. Was darüber hinaus unter einer Trägerschicht (support sheet) zu verstehen ist, definiert die Beschreibung des Patentes, die insoweit ihr eigenes Lexikon darstellt (vgl. BGH GRUR 2015, 875 (Rd. 16) - Rotorelemente; BGH GRUR 2015, 972 (Rd. 22) - Kreuzgestänge; BGH GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Die Auslegung mittels der Beschreibung dient insoweit der Klarstellung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe (BGH GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube). Ausweislich der Beschreibung ist die Trägerschicht so ausgestaltet, dass sie Beschädigungen oder Verbiegungen der Membran vor ihrem Aufbringen verhindert (WO 2000/22948 A1, S. 3 Z. 16 bis 18). Demgegenüber wird mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 ganz allgemein ein
„Gewebe als inneres Futter“ beansprucht, das fest an der Membran (2) befestigt ist. Demnach wäre auch ein Gewebe erfasst, dass nicht als Trägerschicht im Sinne des Streitpatents zu definieren wäre, weil es entweder keine Schicht darstellt und/ oder nicht als Träger bzw. Auflage der Membran dient oder weil es nicht die erforderliche Eignung zur Verhinderung von Beschädigungen oder Verbiegungen der Membran (WO 2000/22948 A1, S. 3 Z. 16 bis 18) aufweist. Das Merkmal, dass das Gewebe „als inneres Futter fest an der Membran (2) befestigt ist“, besagt insoweit nichts darüber, ob es sich um eine Schicht handelt oder ob das Gewebe die Membran trägt. Der so formulierte Anspruch würde vielmehr auch ein Gewebe erfassen, das bspw. als Innenfutter bzw. Innensocke ausgestaltet ist und lediglich punktuell fest mit der Membran verbunden ist, ohne diese als Schicht zu tragen. Durch die Entkoppelung des Gewebes von der Trägerschicht wird somit ein Merkmal beansprucht, das weiter ist als die ursprünglich offenbarte „Trägerschicht aus Gewebe“ („support sheet made of fabric“).
Damit ist zugleich der Schutzbereich des geltenden Streitpatents (EP 1 139 805 B 2) gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 4 IntPatÜG i. V. m. Artikel 138 Absatz 1 lit. d) EPÜ erweitert, da auch der geltende Patentanspruch 7 lediglich eine Trägerschicht (3) aus Gewebe offenbart und nicht irgendein Gewebe, das nicht als Trägerschicht fungiert. Durch das Weglassen der Trägerschicht als beschränkendes Merkmal erhält der Anspruch eine allgemeinere Fassung und folglich einen weiteren Schutzbereich.
Die Beklagte hat die geänderte Fassung des Hilfsantrags 7, der mehrere neue Merkmale beinhaltet, erst nach der Frist zur Stellungnahme auf den rechtlichen Hinweis des Senats vom 29. Juni 2015 und damit verspätet vorgebracht, ohne die Verspätung zu entschuldigen. Eine Zurückweisung des Hilfsantrags 7 gemäß § 83 Abs. 4 PatG war jedoch nicht geboten, weil die Zurückweisung wegen der Unzulässigkeit des Hilfsantrags 7 erfolgen konnte, ohne dass eine Vertagung (§ 83 Abs. 4 Nr. 1 PatG) notwendig war.
III.
Mit den jeweiligen Ansprüchen 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge fallen auch die jeweils auf sie rückbezogenen Unter- und Nebenansprüche der mit Haupt- und Hilfsantrag begehrten Anspruchssätze. Indem die Beklagte erklärt hat, dass sie die Ansprüche in dem Hauptantrag und in den Hilfsanträgen jeweils als abgeschlossene Anspruchssätze betrachtet, hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie das angegriffene Streitpatent in dieser Form nur insgesamt aufrechterhalten möchte. Weil keinem der gestellten Anträge entsprochen werden konnte, war das Patent vollumfänglich für nichtig zu erklären. Davon abgesehen weisen diese Ansprüche auch keinen selbständig patentfähigen Gehalt auf.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gemäß § 110 PatG statthaft.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils - spätestens nach Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung durch einen in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Die Berufungsschrift muss
- die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet ist, sowie - die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde,
enthalten. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Auf die Möglichkeit, die Berufung nach § 125a PatG in Verbindung mit § 2 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) auf elektronischem Weg beim Bundesgerichtshof einzulegen, wird hingewiesen (www. bundesgerichtshof.de/erv.html).
Dr. Hoppe Paetzold Dr. Fritze Fetterroll Wiegele Pr