Paragraphen in 9 W (pat) 370/06
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
2 | 21 | PatG |
1 | 4 | PatG |
1 | 147 | PatG |
1 | 265 | ZPO |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 4 | PatG |
2 | 21 | PatG |
1 | 147 | PatG |
1 | 265 | ZPO |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 370/06 Verkündet am 14. Januar 2013
…
BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 101 14 347 BPatG 154 05.11 hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dipl.-Ing. Univ. Nees beschlossen:
Das Patent DE 101 14 347 wird aufrechterhalten.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat nach Prüfung das am 23. März 2001 angemeldete Patent mit der Bezeichnung
"Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit" erteilt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 2. Februar 2006 erfolgt. Gegen das Patent hat die K… Aktiengesellschaft am 28. April 2006 Einspruch erhoben. Sie macht den Widerrufsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend und verweist schriftsätzlich auf die folgenden Unterlagen: K1 Prospekt „KBA Commander“ mit Vergrößerung der Seite 9 und ergänzenden Bezeichnungen auf der Darstellung „Satellitentürme mit übereinander liegenden 9er- (links) und 10er-Satelliten (rechts)“.
K2 Druckeinheit „KBA Commander“, die nach Angaben der Einsprechenden vor dem Anmeldetag des Streitpatents durch Lieferung mit der Auftragsnummer 688 155 10/20/30 an die „Rheinische Post“ der Öffentlichkeit zugänglich gewesen sei. Hierzu legt sie folgende Unterlagen vor:
a) Betriebsanleitung Druckeinheit, „KBA Commander“, Kommission 688 155 10/20/30 vom August 2000, Titelseite, mit von der Einsprechenden hinzugefügten Bezugszeichen.
b) Empfangsbestätigung der Rheinisch-Bergische Druckerei GmbH & Co. KG vom 12.09.2000 über den Erhalt der Betriebsanleitung für KBADruckeinheit.
c) Abnahmeprotokoll vom 22.02.2002, Punkte 1., 3., 6.
Zum Nachweis für die Lieferung und die technische Ausstattung dieser Vorbenutzung hat die Einsprechende Zeugenbeweis angeboten.
K3 DE 43 03 904 A1 K4 EP 0 860 273 A2.
Zum Beleg der Offenkundigkeit der K1 hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2006 eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt.
Die Einsprechende stellt den Antrag,
das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag,
das Patent aufrecht zu erhalten.
Sie vertritt die Auffassung, der Einspruch sei mangels ausreichender Substantiierung unzulässig. Dem Einspruchsvorbringen ist sie in allen Punkten entgegengetreten.
Im Prüfungsverfahren sind zudem die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden:
DE 198 33 470 A1 DE 39 39 432 A1 FR 1 284 623 A JP 09-109 360 A Teschner, Helmut: Offsetdrucktechnik, 10. Aufl., Fachschriften-Verlag, 1997, S. 10/32.
Der erteilte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„1. Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit für einen dynamischen Plattenwechsel mit einer etwa vertikal zugeführten, anschließend auf einem Satellitenzylinder geführten, nacheinander die Druckstellen mit einem ersten, zweiten, dritten und vierten Übertragungszylinder passierenden und danach etwa vertikal abgeführten Bahn, wobei erster (12.3) und zweiter (12.4), zweiter (12.4) und dritter (12.5) sowie dritter (12.5) und vierter (12.6) Übertragungszylinder jeweils mit geringerem Abstand zueinander angeordnet sind als der Abstand zwischen erstem (12.3) und viertem (12.6) Übertragungszylinder, wobei unterhalb des Satellitenzylinders zwischen der zu- und abgeführten Bahn am Satellitenzylinder eine Satellitenwascheinrichtung angeordnet ist, und wobei jeweils eine die zugeführte und abgeführte Bahn (15) vom ersten (12.3) und vierten (12.6) Übertragungszylinder in deren Druckabstellung für einen dynamischen Plattenwechsel fernhaltende Leitwalze (16, 17)
unterhalb des Satellitenzylinders zwischen dem ersten (12.3) und dem vierten (12.6) Übertragungszylinder angeordnet ist.“
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.
2. Am Einspruchsverfahren ist nunmehr die jetzige Patentinhaberin beteiligt, die der ursprünglichen Patentinhaberin durch rechtsgeschäftliche Übertragung des Patents nachgefolgt ist. Ein solcher Beteiligtenwechsel ist im Einspruchsverfahren nicht ohne Weiteres zulässig. Vielmehr findet § 265 Abs. 2 ZPO auch hier Anwendung (vgl. BGH PMZ 2007, 459 ff.), wonach der Rechtsnachfolger einer streitbefangenen Sache nicht berechtigt ist, ohne Zustimmung des Gegners das Verfahren als Hauptpartei zu übernehmen, es sei denn, es handelt sich um eine Gesamtrechtsnachfolge. Ob dieser Sonderfall hier vorliegt, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Denn die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 9. Januar 2013 ihre Zustimmung zum Beteiligtenwechsel erklärt.
3. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn der Senat ist entgegen der Auffassung der Patentinhaberin aufgrund des Einspruchsvorbringens ohne eigene Ermittlungen in der Lage, über das Vorliegen oder Nichtvorliegen des geltend gemachten Widerrufsgrundes entscheiden zu können.
Gemäß PatG § 59 Abs. 1 Satz 4 und 5 müssen die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen innerhalb der dreimonatigen Einspruchsfrist angegeben werden. Dieser Tatsachenvortrag ist dann ausreichend substantiiert, wenn er die Patentinhaberin und das Deutsche Patent- und Markenamt bzw. das im vorliegenden Fall noch zuständige Bundespatentgericht in die Lage versetzt, daraus abschließende Folgerungen in Bezug auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen zu können. Dabei kann es genügen, die Tatsachen in knapper Form vorzutragen. Wesentlich ist, dass die Tatsachen einen bestimmten Tatbestand erkennen lassen und dass sie sich auf ihre Richtigkeit nachprüfen lassen (BGH BlPMZ 1987, 203, 204 - „Streichgarn“; BGH BlPMZ 1993, 439, 440 – „Tetraploide Kamille“; BGH BlPMZ 1998, 201, 202 – „Tabakdose“; BGH BlPMZ 2003, 241 – „Automatisches Fahrzeuggetriebe“). Diesen Anforderungen wird das innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Vorbringen gerecht.
Der Einspruchsschriftsatz datiert vom 25. April 2006 ist per Fax beim Deutschen Patent- und Markenamt am 28. April 2006 und somit innerhalb der Einspruchsfrist eingegangen. Weiteres wurde innerhalb der Einspruchsfrist nicht vorgebracht. Die darin enthaltenen Angaben sind somit die einzigen innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist vorgetragenen Tatsachen, die bei der Prüfung des Einspruchs auf dessen Zulässigkeit berücksichtigt werden können.
In dem Einspruchsschriftsatz macht die Einsprechende den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) geltend und zwar ausdrücklich wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG). Der erforderliche Zusammenhang zwischen sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents zu dem Stand der Technik gemäß K1 bis K4 ist darin in nachvollziehbarer Weise hergestellt worden. Ob dieser Tatsachenvortrag alsdann den begehrten Widerruf des Patents rechtfertigt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit.
4. Der Senat geht bei seiner nachfolgenden Bewertung des Standes der Technik sowie dem Verständnis des Streitgegenstandes von einem Durchschnittsfachmann aus, der als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau ausgebildet ist. Er ist bei einem Druckmaschinenhersteller mit der Entwicklung und Konstruktion von Satellitendruckeinheiten befasst und verfügt auf diesem Gebiet über mehrere Jahre Berufserfahrung.
5. Der Patentanspruch 1 ist zulässig. Gegenteiliges hat die Einsprechende auch nicht ausgeführt. Er besteht aus einer Zusammenfassung des ursprünglichen Patentanspruchs 1 mit Merkmalen der Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit aus der ursprünglichen Beschreibung (S. 1 Abs. 3, S. 2 Abs. 5, S. 4 Abs. 2, Figur).
6. Die Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit nach Patentanspruch 1 ist patentfähig.
Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:
a) Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit. b) Die Satellitendruckeinheit ist für einen dynamischen Plattenwechsel geeignet. c) Die Satellitendruckeinheit ist mit einer etwa vertikal zugeführten, anschlie- ßend auf einem Satellitenzylinder geführten, nacheinander die Druckstellen mit einem ersten, zweiten, dritten und vierten Übertragungszylinder passierenden und danach etwa vertikal abgeführten Bahn ausgebildet. d) Erster (12.3) und zweiter (12.4), zweiter (12.4) und dritter (12.5) sowie dritter (12.5) und vierter (12.6) Übertragungszylinder sind jeweils mit geringerem Abstand zueinander angeordnet als der Abstand zwischen erstem (12.3) und viertem (12.6) Übertragungszylinder. e) Unterhalb des Satellitenzylinders ist zwischen der zu- und abgeführten Bahn am Satellitenzylinder eine Satellitenwascheinrichtung angeordnet.
f) Erster (12.3) und vierter (12.6) Übertragungszylinder sind in Druckabstellung für einen dynamischen Plattenwechsel positionierbar.
g) Jeweils eine die zugeführte und abgeführte Bahn (15) vom ersten (12.3) und vierten (12.6) Übertragungszylinder fernhaltende Leitwalze (16, 17) ist unterhalb des Satellitenzylinders zwischen dem ersten (12.3) und dem vierten (12.6) Übertragungszylinder angeordnet.
6.1 Gewerbliche Anwendbarkeit und Neuheit Die mit Patentanspruch 1 beanspruchte Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit ist unbestritten gewerblich anwendbar und auch neu, weil ein Gegenstand mit sämtlichen Merkmalen dieses Patentanspruchs durch den Stand der Technik nicht bekannt ist. Insbesondere zeigt keine der Druckschriften K3 und K4 sowie keine der im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften DE 198 33 470 A1, DE 39 39 432 A1, FR 1 284 623 A, JP 09-109 360 A und die Literaturstelle „Teschner“ eine Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit, bei der erster und zweiter, zweiter und dritter sowie dritter und vierter Übertragungszylinder jeweils mit geringerem Abstand zueinander angeordnet sind als der Abstand zwischen erstem und viertem Übertragungszylinder (Merkmal d). Die Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheiten nach K1 und K2 weisen keine dem Satellitenzylinder zugeordnete Satellitenwascheinrichtung auf.
6.2 Erfinderische Tätigkeit Die mit Patentanspruch 1 beanspruchte Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn weder ein vorbekannter Gegenstand für sich in Verbindung mit dem einschlägigen Fachwissen noch eine Zusammenschau verschiedener Druckschriften vermag die beanspruchte NeunZylinder-Satellitendruckeinheit in ihrer Gesamtheit nahezulegen.
Hierbei ist von den Dokumenten K1 und K2 auszugehen, deren Gegenstände der streitpatentgemäßen Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit jeweils am nächsten kommen.
K1 betrifft eine in verschiedene Konfigurationen zusammenstellbare Rollenoffsetmaschine „KBA COMMANDER“, die sowohl 9er- als auch 10er-Satellitendruckwerke aufweisen kann (Merkmal a). Die (auf der Vergrößerung) der Seite 9 abgebildete obere linke 9-Zylinder-Druckeinheit mit der Überschrift „Satellitentürme mit übereinander liegenden 9er- (links) und 10er-Satelliten (rechts)“ ist mit einer etwa vertikal zugeführten, anschließend auf einem Satellitenzylinder geführten, nacheinander die Druckstellen mit einem ersten, zweiten, dritten und vierten Übertragungszylinder passierenden und danach etwa vertikal abgeführten Bahn ausgebildet (Merkmal c). Die Übertragungszylinder sind ersichtlich in der Weise angeordnet, dass erster (12.3K1) und zweiter (12.4K1), zweiter und dritter (12.5K1) sowie dritter und vierter Übertragungszylinder (12.6K1) – die genannten Bezugszeichen sind von der Einsprechenden in der K1 nachgetragen – jeweils mit geringerem Abstand zueinander angeordnet sind als der Abstand zwischen erstem und viertem Übertragungszylinder (Merkmal d). Der Beschreibung ist schließlich noch zu entnehmen, dass Papierbahn-Freistelleinrichtungen den Plattenwechsel an den obenliegenden Zylindern ohne Papierabriss ermöglichen, vgl. S. 9 Abs. 1. Ob dies bei laufender Produktion möglich ist, geht aus der genannten Textstelle nicht hervor. Eine Abstellbarkeit der unteren Zylinder ist in K1 nicht beschrieben.
Die Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit nach Patentanspruch 1 geht somit über die bekannte Vorrichtung der K1 durch die Merkmale b, e, f und g hinaus.
Eine Anregung zur Implementierung dieser Merkmale erhält der Fachmann durch die K1 aus sich heraus nicht, selbst wenn die einzelnen Merkmale für sich gesehen dem Fachmann aufgrund seines Fachwissens bekannt wären. Denn insbesondere für eine Kombination von den unteren Übertragungszylindern zugeordneten Leitwalzen mit einer Satellitenwascheinrichtung ist der verfügbare Bauraum nicht ausreichend. Somit kommt, wenn überhaupt, nur einer dieser beiden Maßnahmen, nämlich entweder den unteren Übertragungszylindern zugeordneten Leitwalzen oder eine Satellitenwascheinrichtung in Frage.
Das Deckblatt K2a der Betriebsanleitung der „KBA Commander“ aus der Kommission 688 155 10/20/30 zur geltend gemachten Vorbenutzung zeigt, wie die K1, lediglich die streitpatentgemäßen Merkmale a, c und d. Im Unterschied zu K1 ist bei dieser Darstellung einer KBA-Commander die 9-Zylinder-Druckeinheit untenliegend. Jeweils eine die zugeführte und abgeführte Bahn vom ersten (12.3K2) und vierten (12.6K2) Übertragungszylinder fernhaltende Leitwalze ist – im Unterschied zu Merkmal g – nicht unterhalb, sondern oberhalb des Satellitenzylinders zwischen dem ersten und dem vierten Übertragungszylinder der K2a angeordnet (die Bezugszeichen sind von der Einsprechenden auf dem Deckblatt nachgetragen). Auch die K2a vermittelt dem Fachmann damit keine Anregung, wie in den engen verbliebenen Bauraum zwischen Leitwalzen 16K2 und 17K2, ein- und auslaufender Bahn und dem Satellitenzylinder eine Satellitenwascheinrichtung integriert werden kann.
In der Beschreibungseinleitung der K3 ist ausgeführt, dass Druckeinheiten aus zwei übereinander angeordneten 9-Zylinder-Satelliten bekannt seien und verweist dazu auf die Figur 3, vgl. Sp. 1 Z. 58 bis 60. Die obere Neun-ZylinderSatellitendruckeinheit weist eine Wascheinrichtung 34 unterhalb des Satellitenzylinders auf. Den Übertragungszylindern zugeordnete Leitwalzen sind nicht beschrieben. Die Vorrichtung nach Figur 3 der K3 gibt daher keinen Hinweis, wie eine solche Wascheinrichtung in den oben beschriebenen, beengten Bauraum der Druckeinheit nach der K1 (falls den betreffenden Übertragungszylindern 12.3K1 und 12.6K1 zugeordnete Leitwalzen vorhanden wären) oder der K2 integriert werden könnte. Die übrigen Ausführungsbeispiele, die Wascheinrichtungen 34 aufweisen, offenbaren Zehnzylindersatellitendruckwerke (vgl. Fig. 4 und 5) bzw. Teilausgebaute Zehnzylindersatellitendruckwerke (vgl. Fig. 7g und 7i), die ebenso keine den Übertragungszylindern zugeordnete Leitwalzen aufweisen und zudem im markanten Unterschied zum Streitgegenstand im Bereich des Satelliten- bzw. Gegendruckzylinders einen im Vergleich zu einem Neun-Zylinder-Satellitendruckwerk signifikant größeren freien Bauraum bieten und daher die Anbringung von Wascheinrichtungen am Gegendruckzylinder ermöglichen, vgl. insbes. Fig. 4a, 5a, 7g.
Die in der mündlichen Verhandlung diskutierte DE 198 33 470 A1 zeigt eine Offsetdruckmaschine, bei der in einer ersten Produktionsart vier Gummizylinder an einen Satellitenzylinder (linkes oberes Druckwerk der Fig. 3 mit Druckeinheiten 03 und 04) und in einer zweiten Produktionsart je zwei Gummizylinder an einen ersten und einen zweiten Satellitenzylinder (linkes oberes Druckwerk der Fig. 4 mit Druckeinheiten 03 und 04) anstellbar sind (vgl. Zusammenfassung, Sp. 1 Z. 20 bis 29, Sp. 4 Z. 22 bis 29). Damit kann eine Vielzahl von Produktionsarten gefahren werden. Die in der ersten Produktionsart arbeitende Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit ist dergestalt konfiguriert, dass im Unterschied zum Merkmal d des Streitgegenstandes die Übertragungszylinder der Druckeinheiten 03 und 04 zueinander den gleichen Abstand zwischen dem zweiten und dritten, aber auch zwischen dem ersten und vierten Zylinder aufweisen. Unterhalb des Satellitenzylinders (Gegendruckzylinder 22) sind den Übertragungszylindern zugeordnete Leitwalzen vorgesehen. Die Übertragungszylinder 16 bis 19 sind an den Satellitenzylinder an- und abstellbar, vgl. Sp. 2 Z. 15 bis 17. Wascheinrichtungen 36 sind nur in Verbindung mit der für die zweite Produktionsart vorgesehene Konfiguration gezeigt, bei der ein ausreichend freier Bauraum am Gegendruckzylinder 22 zur Verfügung steht, vgl auch die jeweiligen eine V- und eine W-Anordnung aufweisenden Druckeinheiten in den Figuren 3 und 4 sowie die Figuren 1 und 2. Zwar ist in der Beschreibung ausgeführt, dass an die Gegendruckzylinder „beispielsweise wahlweise“ eine Wascheinrichtung anstellbar ist, vgl. Sp. 3 Z. 29 bis 31. Diese Aussage bezieht sich jedoch im Gesamtzusammenhang der Sp 3 lediglich auf die oben erwähnten V- und W-Anordnungen der Figuren 1 und 2 und somit nicht auf eine Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit, vgl. insb. Sp. 3 Z. 26 bis 28: „Die Zylinder … sind in sog. „V“-Anordnung angeordnet“ und Z. 49 bis 51: „Die Zylinder … der Druckeinheiten … sind in sog. „W“-Anordnung angeordnet. Die Konfiguration als 9-Zylinder-Satellitendruckeinheit, die in der oben beschrie- benen ersten Produktionsart arbeitet, ist erst ab Sp. 4 Z. 22 beschrieben; eine Wascheinrichtung ist bei dieser Variante jedoch nicht mehr erwähnt. Eine solche könnte unterhalb des Satellitenzylinders 22 auch nicht angebracht werden, da hierfür der nötige Einbauraum nicht vorhanden ist. Somit gelangt der Fachmann durch die DE 198 33 470 A1 nicht zum Beanspruchten. Auch kann er aus dieser Schrift keine Anregung erhalten, wie die erfindungsgemäße Kombination einer Satellitenwascheinrichtung in Verbindung mit den unteren Übertragungszylindern zugeordneten Leitwalzen an einer Neun-ZylinderSatellitendruckeinheit nach der K1 oder K2 vorzusehen wäre.
Die Zehn-Zylinder-Druckeinheit nach der K4 weist im unteren Bereich zwei Umlenkrollen 11 und 12 auf, um die die Bahn B1 vor und nach dem Umschlingen der beiden Gegendruckzylinder 5 und 6 und Bedruckung durch die Übertragungszylinder 1 bis 4 umgelenkt wird, vgl. Sp. 2 Z. 15 bis 19. Die Übertragungszylinder können auch bei laufender Bahn, also während einer Produktion, durch Abschwenken vom jeweiligen Gegendruckzylinder aus der Produktion genommen werden, vgl. Sp. 2 Z. 30 bis 35. Damit ist grundsätzlich ein dynamischer Plattenwechsel möglich (Merkmale b, f). Bei dieser Zehn-Zylinder-Druckeinheit ist bauartbedingt im markanten Unterschied zu einer 9-Zylinder-Satellitendruckeinheit zwischen den beiden Gegendruckzylindern 5 und 6 und den Umlenkrollen 11, 12 ein ausreichend großer Bauraum zur Installation einer Satellitenwascheinrichtung vorhanden. Somit gelangt der Fachmann durch die K4 nicht zum beanspruchten Gegenstand.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, die die Einsprechende zur Frage der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes nach Patenanspruch 1 zu Recht nicht aufgegriffen hat, liegen vom Beanspruchten noch weiter ab, so dass sie ebenfalls keine Anregungen zu dem nunmehr Beanspruchten, insbesondere zur Merkmalskombination der Merkmale e und g, geben können:
Die DE 39 39 432 A1 offenbart einen Druckwerksturm aus mindestens zwei übereinander angeordneten Neun-Zylinder-Satellitendruckwerken. Am oberen Satellitendruckwerk 2 ist zwischen der zu- und abgeführten Bahn unterhalb des Satellitenzylinders eine Reinigungsvorrichtung 30 angebracht. Die Bedruckstoffbahn wird nach dem Aufbringen des Druckes durch das obere Druckwerk nach unten über Papierleitwalzen 26 bis 29 heraus- und von dem Druckwerksturm 1 weggeführt, vgl. Sp. 3 Z. 11 bis 21. Die Papierleitwalze 26 ist somit nicht wie beim Streitgegenstand funktionsgemäß als dem Gummituchzylinder 12 bahnfernhaltende Leitwalze angeordnet. Die Gummituchzylinder 7 und 12 sind zwar vom Satellitenzylinder 4 abstellbar - nicht jedoch für einen in Druckabstellung vorzunehmenden dynamischen Plattenwechsel, sondern um die Übertragungszylinder paarweise auch gegeneinander anstellen zu können, vgl. Sp. 2 Z. 62 bis 66.
Die Satellitendruckeinheit nach der FR 1 284 623 A zeigt weder abstellbare Übertragungszylinder noch eine Satellitenwascheinrichtung. Die untere linke Bahnleitwalze dient dazu, eine Trocknungsvorrichtung 12 im Bahnauslauf anbringen zu können. Die untere rechte Bahnleitwalze ermöglicht den kollisionsfreien Bahnzulauf zum Druckwerk.
Aus der JP 09-109 360 A ist eine Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit bekannt, bei der in einer Betriebsart die Bahn W vergleichbar dem Merkmal c mittels der Übertragungszylinder 4, 5, 7, 8 auf einer Seite vierfarbig bedruckt wird. Hierzu sind am Bahneinlauf und Bahnauslauf Leitwalzen zur Bahnführung vorgesehen. In einer zweiten Betriebsart werden die Übertragungszylinder paarweise gegeneinander angestellt, um die Bahn W‘ beidseitig zweifarbig bedrucken zu können. In dieser Betriebsart erfüllen die Leitwalzen keine Funktion, da der Bahneinlauf und der Bahnauslauf jeweils an einer anderen Maschinenseite liegt. Somit fehlt es auch bei dieser Schrift zumindest an einem Hinweis auf eine Kombination der Merkmale e und g.
Die Literaturstelle „Offsetdrucktechnik“ zeigt in der Abbildung 10 zwei übereinander angeordnete Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheiten. Der oberen Druckeinheit ist zwar eine Satellitenwascheinrichtung zugeordnet, die unterhalb des Satellitenzylinders angeordnet ist. Auch hier fehlt es jedoch schon an Leitwalzen, die die ein- und auslaufende Bahn von den Übertragungszylindern fernhält.
Mithin war die spezielle Art der streitpatentgemäß definierten Konstruktion der Neun-Zylinder-Satellitendruckeinheit weder durch die Kenntnis des in Betracht gezogenen Standes der Technik am Anmeldetag noch durch eine wie auch immer geartete Zusammenschau desselben zu erreichen. Da sie sich auch unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens des Durchschnittsfachmannes nicht ohne Weiteres ergibt, beruht sie auf einer erfinderischen Tätigkeit. Somit kann dahinstehen, ob Maßangaben bzw. Proportionen der Zylinderabstände aus der nur sehr kleinen Prinzipskizze der K1 unvoreingenommen ohne Vergrößerung ins Auge fallen. Auch der Frage, ob die Betriebsanleitung nach der K2 der Öffentlichkeit zugänglich war, muss nicht nachgegangen werden.
Auf die Erhebung der angebotenen Beweise, die die Offenkundigkeit des Prospekts K1 sowie die Vorbenutzung der Druckmaschine nach K2 betreffen, kam es daher nicht mehr an.
Der erteilte Patentanspruch 1 hat daher Bestand.
Hilber Bork Paetzold Nees Ko
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
2 | 21 | PatG |
1 | 4 | PatG |
1 | 147 | PatG |
1 | 265 | ZPO |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 4 | PatG |
2 | 21 | PatG |
1 | 147 | PatG |
1 | 265 | ZPO |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen