4 StR 60/23
BUNDESGERICHTSHOF StR 60/23 BESCHLUSS vom 26. April 2023 in der Strafsache gegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
ECLI:DE:BGH:2023:260423B4STR60.23.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag und nach Anhörung des Generalbundesanwalts sowie nach Anhörung des Beschwerdeführers am 26. April 2023 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 9. August 2022 im Strafausspruch dahingehend geändert, dass die Einzelstrafen in den Fällen 23-25 der Urteilsgründe auf jeweils sechs Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt werden. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 22 Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in drei Fällen und wegen Herstellens kinderpornografischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
Das Landgericht hat im Tatzeitraum zwischen dem 27. September 2016 und dem Umzug des Angeklagten „im April 2019“ u.a. folgende Taten des Angeklagten zum Nachteil seiner am 27. September 2008 geborenen leiblichen Tochter festgestellt:
Der Angeklagte zog im Wohnzimmer seiner Wohnung seine Hose herunter und forderte seine Tochter mit einer Auf- und Abbewegung seiner Hand auf, an seinem erigierten Glied zu manipulieren. Die Nebenklägerin umfasste sodann sein Glied und kam der Aufforderung nach, bis der Angeklagte zum Samenerguss kam (Tat 23).
Zu einem weiteren nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Tatzeitraum nahm der Angeklagte gemeinsam mit der Nebenklägerin ein Wannenbad. Während beide unbekleidet in der Badewanne saßen, fasste er ihr an die Vagina, ohne mit dem Finger in sie einzudringen (Tat 24).
Bei einer anderen Gelegenheit duschte der Angeklagte mit der Nebenklägerin, wobei beide unbekleidet waren. Dabei nahm der Angeklagte seinen Penis in die Hand und streichelte mit diesem über den Bauch seiner Tochter (Tat 25).
Diese Taten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als sexuellen Missbrauch von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen bewertet. Für die Tat 23 hat es eine Einzelstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe, für die Taten 24 und 25 hat es jeweils Einzelstrafen von einem Jahr Freiheitsstrafe verhängt. Hierbei hat die Strafkammer der Strafzumessung „den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB zugrunde gelegt, der Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorgibt“.
II.
Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Dagegen begegnet der Strafausspruch in den Fällen 23-25 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das Landgericht entgegen § 2 Abs. 3 StGB insoweit den Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB in der Fassung vom 16. Juni 2021 zugrunde gelegt hat.
Demgegenüber betrug der Strafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB im gesamten festgestellten Tatzeitraum sowohl in der Fassung vom 21. Januar 2015 (gültig ab dem 27. Januar 2015 bis zum 12. März 2020) als auch in der Fassung vom 3. März 2020 (gültig vom 13. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020) sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe und war somit milder. Da sich die Strafkammer bei der konkreten Strafzumessung ersichtlich an der Untergrenze des von ihr rechtsfehlerhaft zugrunde gelegten Strafrahmens orientiert hat, kann der Senat nicht ausschließen, dass die Strafzumessung in den Fällen 23-25 auf dem Rechtsfehler beruht.
Um jegliche Benachteiligung des Angeklagten auszuschließen, setzt der Senat daher für die Taten 23, 24 und 25 jeweils die Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitstrafe entsprechend § 354 Abs. 1 StPO fest.
Die Gesamtstrafe bleibt von der Herabsetzung der drei Einzelstrafen unberührt und kann bestehen bleiben. Der Senat schließt angesichts der weiteren von dem Rechtsfehler nicht betroffenen 22 Einzelstrafen von drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (Taten 1-22) sowie der weiteren Einzelstrafe von neun Monaten Freiheitsstrafe (Tat 26) aus, dass das Landgericht bei Einzelstrafen von jeweils sechs Monaten Freiheitsstrafe für die Taten 23-25 auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Die weitere Prüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
III.
Angesichts des geringfügigen Teilerfolgs des Rechtsmittels ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Quentin Momsen-Pflanz Maatsch Messing Dietsch Vorinstanz: Landgericht Bielefeld, 09.08.2022 ‒ 20 KLs 15/22 - 566 Js 3632/21