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23 W (pat) 46/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 46/09 Verkündet am 18. Juni 2013

…

BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache …

BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2005 034 102 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 unter Mitwirkung des Richters Brandt als Vorsitzenden sowie der Richter Metternich, Dr. Friedrich und Dr. Zebisch beschlossen:

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Prüfungsstelle für Klasse G08C des Deutschen Patent- und Markenamts hat das am 21. Juli 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldete und mit der DE 10 2005 034 102 A1 offengelegte Patent 10 2005 034 102 (Streitpatent) und der Bezeichnung „Verfahren zur Funkübertragung sowie Ausleseeinheit zur Durchführung des Verfahrens“ durch Beschluss vom 13. Februar 2007 erteilt. Das Patent wurde am 12. Juli 2007 veröffentlicht.

Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle den Stand der Technik gemäß den folgenden Druckschriften zitiert:

D1 DE 39 16 409 C2, D2 DE 101 33 366 C2 und D3 H.Meinke, F.W.Gundlach: „Taschenbuch der Hochfrequenztechnik“, Dritte verbesserte Auflag, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 1968, S. 449.

Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2007, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt über Fax eingegangen, fristgerecht Einspruch erhoben. In ihrem Schriftsatz hat sie beantragt, das Streitpatent im Umfang sämtlicher Patentansprüche zu widerrufen (§ 61 PatG). Als Widerrufsgründe hat sich die Einsprechende sinngemäß auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und hierbei insbesondere auf die fehlende Neuheit (§ 3 PatG) und die fehlende erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) gegenüber dem Stand der Technik berufen. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.

Die Einsprechende hat sich bei ihrer Begründung zusätzlich zu den im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften auf folgende Dokumente gestützt:

D4 DE 43 32 888 A1, D5 US 2002/0 145 568 A1und D6 US 5 748 104 A.

Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 19. Februar 2008 entgegengetreten und hat im weiteren Schriftsatz vom 19. Mai 2008 beantragt, den Einspruch zurückzuweisen und das Streitpatent in beschränktem Umfang auf Grundlage eines mit diesem Schriftsatz eingereichten neuen Patentanspruchs 1 aufrecht zu erhalten. Hilfsweise hat auch sie eine mündliche Verhandlung beantragt, falls die Patentabteilung beabsichtigen sollte, das Patent zu widerrufen. Auf die Ladung zur Anhörung hin hat die Patentinhaberin in einer weiteren Eingabe vom 4. Mai 2009 nochmals einen neuen Anspruch 1 und einen neuen Anspruch 12 eingereicht In der mündlichen Verhandlung vor der Patentabteilung 35 des Deutschen Patentund Markenamts am 18. Mai 2009 hat die Einsprechende ihren Antrag, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen, aufrechterhalten. Die Patentinhaberin hat in der Anhörung den Antrag aus dem Schriftsatz vom 4. Mai 2009 wiederholt, das Patent auf Grundlage der Patentansprüche 1 und 12 vom 4. Mai 2009 aufrechtzuerhalten.

Als Ergebnis der Anhörung wurde das Streitpatent durch Beschluss der Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG widerrufen. So beruhe das Verfahren des Anspruchs 1 gegenüber der Druckschrift D2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG). Da die Patentinhaberin keinen Antrag oder Hilfsantrag auf teilweise Aufrechterhaltung gestellt habe, sei zudem über das Patent als Ganzes zu entscheiden gewesen. Der auf den 19. Mai 2009 datierte Beschluss wurde der Patentinhaberin am 16. Juni 2009 und der Einsprechenden am 18. Juni 2009 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 6. Juli 2009, am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax eingegangen, fristgerecht Beschwerde eingelegt, welche sie mit Schriftsatz vom 4. Juni 2010 begründet hat.

In der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 hat die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin abermals einen neuen Satz Patentansprüche mit Ansprüchen 1 bis 9 eingereicht und den Antrag gestellt,

1. den Beschluss der Patentabteilung 35 des Deutschen Patentund Markenamts vom 18. Mai 2009 aufzuheben;

2. das Patent Nr. 10 2005 034 102 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Funkübertragung“ auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 - 9, eingegangen am 18. Juni 2013, Absätze [0001] – [0009] der Patentschrift, mit der Maßgabe, dass in Absatz [0001] der Satzteil „sowie eine Ausleseeinheit zur Durchführung des Verfahrens“ sowie in Absatz [0009] der Satzteil „sowie durch eine Ausleseeinheit zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 12“ gestrichen werden, weiterhin Absatz 1 der geänderten Beschreibungsseite 2, eingegangen am 20. Mai 2008, und Absätze [0011] – [0046] der Patentschrift sowie Bezugszeichenliste und Zeichnungen gemäß der Patentschrift.

Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin ist den Ansichten der Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 17. Mai 2013 entgegengetreten und hat in diesem Schriftsatz ihre Auffassung dargestellt, dass das Verfahren des zu diesem Zeitpunkt geltenden Anspruchs 1 gegenüber der Lehre der Druckschrift D2 nicht neu sei (§ 3 PatG), da das einzige dort nicht offenbarte Merkmal des Anspruchs 1 keinen technischen Charakter habe und somit bei der Beurteilung des Verfahrens nach Anspruch 1 des Streitpatents nicht zu berücksichtigen sei. Zumindest sei kein Fehler in der Beschlussbegründung der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes erkennbar, so dass eine erfinderische Tätigkeit nicht gegeben sei. In der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 hat sie folglich beantragt,

die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.

Der geltende, in der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 überreichte Anspruch 1 lautet:

„1. Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender (1) von Wasser-, Wärme- oder Elektrizitätszählern von verschiedenen Verbrauchern auf mindestens einen Empfänger (2) mindestens einer mobilen Ausleseeinheit (3),

dadurch gekennzeichnet, dass

- die mobile Ausleseeinheit (3) als hinsichtlich der Bedienung und Kontrolle völlig selbständig arbeitende Ausleseinheit (3) an einem Straßenfahrzeug vorgesehen ist, das ein bestimmtes Gebiet zu einem anderen Zweck als der Messwerterfassung abfährt,

- die Messgeräte ihre Daten selbsttätig über ihren Sender (1) aussenden,

- die Daten von dem Empfänger (2) der mobilen Ausleseeinheit (3) automatisch empfangen werden,

- die empfangenen Daten automatisch an eine Mobilfunkeinheit (6), die sich im Bereich der mobilen Ausleseeinheit (3) befindet und nach dem GSM-Standard arbeitet, weitergeleitet werden,

- die Daten von der Mobilfunkeinheit (6) automatisch an eine Datenerfassungs-Zentrale (4) gesendet werden,

- die von der Mobilfunkeinheit (6) übermittelten Daten bei einem Mobilfunk- oder Internet-Anbieter zwischengespeichert werden, wobei die Datenerfassungs-Zentrale (4) nicht permanent empfangsbereit sein muss und die zwischengespeicherten Daten seitens der Datenerfassungs-Zentrale (4) beliebig abgerufen werden können.“

II.

Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat keinen Erfolg, denn das Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender nach dem Anspruch 1 ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2013 nicht patentfähig (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (Vgl. Schulte PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 56 und 160 bis 162, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“), da nur das Vorliegen eines zulässigen Einspruchs die sachliche Überprüfung eines erteilten Patents erlaubt.

Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil zum geltend gemachten Einspruchsgrund der fehlenden Patentfähigkeit substantiiert Stellung genommen wurde, und die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt sind (§ 59, Abs. 1, Satz 4 PatG). So wird im Einspruchsschriftsatz vom 12. Oktober 2007 detailliert angegeben, wo die einzelnen Merkmale des Verfahrens des Anspruchs 1 des Streitpatents in der Druckschrift D4 und in der Druckschrift D2 offenbart sind, oder wie sie sich aus der Offenbarung dieser Druckschrift ergeben. Auch zu den Merkmalen der Unteransprüche wird Stellung genommen. Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts und auch der Senat wurden demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Widerrufsgründe der fehlenden Neuheit (§ 3 PatG) oder der fehlenden erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) vorliegen (vgl. hierzu BGH Blüm 1988, 250, Leitsatz 2, 251, Lisp, Abs. 1 - „Epoxidation“; Schulte, PatG, 8. Auflage, § 59 Rdn. 93 bis 97).

2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender von Messgeräten auf mindestens einen Empfänger mindestens einer mobilen Ausleseeinheit (Vgl. Abs. [0001] der geltenden Beschreibung).

Zur Erfassung von Verbrauchswerten für Wasser, Wärme und Elektrizität ist es bekannt, Systeme und Verfahren der Funkdatenübertragung einzusetzen. Der Vorteil besteht darin, dass die Information über die Zählerstände nicht mehr von einer Person unmittelbar am Ort des Messgerätes abgelesen werden muss, sondern das Auslesen der Information über eine Distanz hinweg außerhalb der Wohnung oder des Hauses möglich ist. In der Regel ist es erforderlich, eine Vielzahl solcher Messgeräte datentechnisch auszulesen, wobei die Installationsorte der Messgeräte geografisch gesehen weit verstreut sein können, indem sie über ganze Wohnsiedlungen oder Stadtteile verteilt sind (Vgl. Abs. [0002] der geltenden Beschreibung).

Es sind im Wesentlichen zwei Verfahren zur Erfassung der Messdaten per Funkübertragung bekannt. Bei einem ersten Verfahren kommt eine Person mit einem Funkempfänger zu Fuß oder per Auto gezielt in die Funkreichweite der Messgeräte und sammelt die dort ausgestrahlten Daten mit einer Ausleseeinheit ein. Meist zeigt eine Quittierung den sicheren Datenempfang an, d.h. es findet eine gezielte Kontrolle des Empfangserfolgs durch die Ausleseperson statt. Es muss dabei eine speziell für diese Tätigkeit beauftragte Person die Daten einsammeln, die auch eine bewusste Empfangskontrolle durchführen muss. Dieses Verfahren verursacht demnach Kosten auf der Personalseite und erfordert auch eine Schulung und gewisse Erfahrung des Personals (Vgl. Abs. [0003] der geltenden Beschreibung).

In einem zweiten Verfahren werden ortsfeste Empfänger installiert, die die von den Messgeräten ausgesendeten Daten aus dem näheren Umkreis empfangen und sammeln. Eine Weitergabe der gesammelten Daten erfolgt entweder durch die Abholung einer Person direkt am ortsfesten Empfänger oder durch eine Weitergabe per Telefonnetz oder GSM-Funkübertragung an eine Auswertezentrale. Durch den Einsatz vieler fest installierter Empfangsgeräte, die zur Abdeckung der weit verstreuten Messgeräte erforderlich sind, entstehen hohe Installationskosten. Zudem besteht bei dieser Methode das Risiko, dass aufgrund ungünstiger Ausbreitungsbedingungen, wie z.B. Reflexionen, destruktive Wellenüberlagerungen, Abschattungseffekte, die Daten bestimmter Messgeräte nur sehr schwer oder gar nicht zu empfangen sind (Vgl. Abs. [0004] der geltenden Beschreibung).

Aus der Druckschrift DE 39 16 409 C2 (= D1) ist ein Messsystem zum Sammeln von Messdaten von einer Mehrzahl von Messeinheiten zum Messen physikalischer oder chemischer Messwerte an Messobjekten bekannt, bei dem eine tragbare Sende-/Empfangseinrichtung zwischen den Messeinheiten und einer Datenverarbeitungseinrichtung vorgesehen ist. Die tragbare Sende-/Empfangseinrichtung weist einen Empfänger, einen Speicher sowie einen Sender zum Empfang, Abspeichern und Aussenden der drahtlos von den Messeinheiten ausgesendeten Messwerte zusammen mit den Datentypen auf. An der tragbaren Sende-/Empfangseinrichtung werden außerdem die von den Messeinheiten empfangenen Messdaten angezeigt, so dass deren Richtigkeit von einer Bedienungsperson überprüft werden kann. Ferner sind an der Sende-/Empfangseinrichtung eine Tastatur zur Eingabe von Messwerten und weitere Bedienelemente vorgesehen. Zur Durchführung des Messverfahrens ist eine Bedienungsperson notwendig, die nach dem Verifizieren des Messwertes auf der Anzeige der Sende-/Empfangseinrichtung eine Sendetaste drückt, so dass der Datensatz weitergesendet wird (Vgl. Abs. [0005] der geltenden Beschreibung).

Die Druckschrift DE 101 33 366 C2 (= D2) offenbart ein Verfahren zur Erfassung von Zählerstandsdaten von mehreren, an verschiedenen Orten vorgesehenen Verbrauchszählern, bei dem eine Datenerfassungsperson eine mobile Datenübernahmeeinrichtung mit sich trägt, welche während einer Datenerfassungstour die Zählerstandsdaten in Zuordnung zu Identifikationsdaten des jeweiligen Ver- brauchszählers übernimmt. Das Datenerfassungspersonal muss dabei die Datenübernahmeeinrichtung in den Bereich der Sendereichweite eines betreffenden funkenden Verbrauchszählers bringen. Auch bei diesem Verfahren ist demnach Personal notwendig, das auf Datenerfassungstour geht (Vgl. Abs. [0006] der geltenden Beschreibung).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender von Messgeräten zur Verfügung zu stellen, welches effektiv und zuverlässig bei breiter Abdeckung der zu erfassenden Messgeräte arbeitet und zudem kostengünstig durchführbar ist (Vgl. Abs. [0008] der geltenden Unterlagen).

Diese Aufgabe wird durch das Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender gemäß dem geltenden, in der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 eingereichten Anspruch 1 gelöst.

Das beanspruchte Verfahren ist demnach zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender von Wasser-, Wärme- oder Elektrizitätszählern auf einen Empfänger einer Ausleseeinheit geeignet. Wesentlich ist dabei, dass diese Ausleseeinheit mobil ist, hinsichtlich der Bedienung und Kontrolle völlig selbständig arbeitet und an einem Straßenfahrzeug vorgesehen ist, das ein bestimmtes Gebiet zu einem anderen Zweck als der Messwerterfassung abfährt, gemeint sein kann nur zu einem weiteren Zweck als die Messwerterfassungt, da letztere, wenn sie erfolgt, immer einen der Zwecke darstellt. Dabei senden die Messgeräte ihre Daten selbsttätig über ihren Sender aus. Die Daten werden dann vom Empfänger der mobilen Ausleseeinheit automatisch empfangen, an eine Mobilfunkeinheit, welche sich im Bereich der mobilen Ausleseeinheit befindet, weitergeleitet und schließlich von der Mobilfunkeinheit automatisch an eine Datenerfassungszentrale gesendet. Dabei arbeitet die Mobilfunkeinheit nach dem GSM-Standard. Es werden somit Daten von Verbrauchszählern über die Zwischenstation einer mobilen Ausleseeinheit zu einer Datenerfassungszentrale gesendet, wobei, wie bereits er- wähnt, ein wesentlicher Punkt des Anspruchs 1 der ist, dass die mobile Ausleseeinheit einem Straßenfahrzeug, welches eigentlich zu einem anderen Zweck unterwegs ist, so beispielsweise einem Müll- oder Postfahrzeug, das regelmäßig und mit breiter Abdeckung ein bestimmtes Gebiet abfährt (Vgl. Abs. [0038] der geltenden Beschreibung), mitgegeben wird, so dass die mobile Ausleseeinheit so in den Bereich der Sender geringer Reichweite der Verbrauchszähler kommt. Auch muss die Datenerfassungszentrale nicht permanent empfangsbereit sein, denn die von der Mobilfunkeinheit übermittelten Daten werden bei einem Mobilfunk- oder Internetanbieter zwischengespeichert, von wo sie seitens der Datenerfassungszentrale beliebig abgerufen werden können.

3. Das Verfahren des Anspruchs 1 beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns, so dass es nicht patentfähig ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 4 PatG).

Die Frage der Zulässigkeit der geltenden Ansprüche kann aus diesem Grund dahingestellt bleiben (Vgl. hierzu BGH GRUR 1991, 120, 121 li.Sp. Abs. 3 - „Elastische Bandage“).

Zuständiger Fachmann ist ein berufserfahrener Physiker oder Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit Hochschul- oder Fachhochschulausbildung, der mit der Entwicklung von Geräten für die Funkübertragung von Messwerten, insbesondere Verbrauchsmesswerten, befasst ist.

Die Lehre des Anspruchs 1 beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit, da sie sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschrift D2 ergibt (§ 4 PatG).

So offenbart Druckschrift D2 in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des geltenden Anspruchs 1 ein Verfahren zur Funkübertragung von Daten mehrerer räumlich verteilter Sender von Wasser-, Wärme- oder Elektrizitätszählern (Verbrauchszähler N1 bis N6 in Fig. 1) von verschiedenen Verbrauchern (Vgl. Abs. [0001]: „Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erfassung von Zählerstandsdaten von mehreren, an verschiedenen Orten vorgesehenen Verbrauchszählern, wie z. B. Heizkostenverteiler, Gaszähler, Wasserzähler, Stromzähler, Wärmezähler etc., wobei man während einer Datenerfassungstour die Zählerstandsdaten von den Verbrauchszählern in eine mobile Datenübernahmeeinrichtung in Zuordnung zu Identifikationsdaten des jeweiligen Verbrauchszählers übernimmt…“) auf mindestens einen Empfänger (Primärfunkempfänger E in Fig. 1) mindestens einer mobilen Ausleseeinheit (Datenübernahmeeinrichtung D, vgl. Abs. [0045]: „Zur Erfassung der mittels Primärfunk gesendeten Verbrauchszählerdaten wird eine Datenerfassungsperson M damit beauftragt, eine erfindungsgemäße Datenübernahmeeinrichtung D normalerweise nacheinander in die Bereiche der Sendereichweiten der Primärfunksender P der Verbrauchszähler N1 . . . N6 zu bringen, so dass ein Primärfunkempfänger E, der in die Datenübernahmeeinrichtung D integriert ist, die Funktelegramme der Primärfunksender P nacheinander empfangen kann.“), bei dem

- die mobile Ausleseeinheit (D) als hinsichtlich der Bedienung und Kontrolle völlig selbständig arbeitende Ausleseinheit (Vgl. Abs. [0034]: „Gemäß der vorliegenden Erfindung kann bei dem Verfahren mit Funkauslesung der Verbrauchszähler die Datenerfassungstour für eine betreffende Datenerfassungsperson sehr einfach gestaltet werden. Die Datenerfassungsperson hat dabei lediglich die Aufgabe, die Datenübernahmeeinrichtung und das mitgeführte Mobilfunk-Endgerät nacheinander in die Bereiche der Sendereichweite der funkenden Verbrauchszähler, die zur Auslesung anstehen, zu bringen, wobei die Ortsinformationen über die Lage der Verbrauchszähler über das Mobilfunksystem von der Datenerfassungsstelle zu dem Mobilfunk-Endgerät der Datenerfassungsperson jeweils gesendet werden.“) an einem Straßenfahrzeug vorgesehen ist (Vgl. Abs. [0011]: „Eine alternative Methode im Rahmen der vorliegenden Erfindung besteht nun darin, die Häufigkeit des Sendens der Funktelegramme von den Verbrauchszählern zu steigern, etwa bis in den Bereich einer Häufigkeit pro Zähler von einem Sendetelegramm pro Minute oder gar einem Sendetelegramm pro 10 Sekunden. Wegen der gewünschten langen Batterielebensdauer bei den batteriebetriebenen "funkenden" Verbrauchszählern erfordert die gesteigerte Sendehäufigkeit eine besonders hohe Datenübertragungsrate und damit möglichst kurze Sendetelegramme, etwa im Millisekundenbereich. Bei genügend hoher Sendehäufigkeit der Verbrauchszähler kann es praktikabel sein, die Funkauslesung dieser Verbrauchszähler mittels mobiler Empfänger durchzuführen, wobei eine jeweilige Person mit einer mobilen Funkempfangs-Datenübernahmeinrichtung eine Datenerfassungstour zu absolvieren hat, bei der die Person die Funkempfangs-Datenübernahmeeinrichtung nacheinander in die Bereiche der Sendereichweiten der per Funk auszulesenden Verbrauchszähler bringt. Dies kann z. B. dadurch geschehen, dass die mobile Funkempfangs-Datenübernahmeeinrichtung mit einem Fahrzeug langsam eine Straße entlangbewegt wird (drive-by), an der Häuser mit zur Verbrauchsdaten-Erfassung anstehenden "funkenden" Verbrauchszählern stehen. Andernfalls kann es auch zweckmäßig sein, dass die die Funkempfangs-Datenübernahmeeinrichtung mitführende Person das betreffende Gebiet zu Fuß abgeht (walk-by).“),

- die Messgeräte ihre Daten selbsttätig über ihren Sender (Primärfunksender P) aussenden (Vgl. Abs. [0042]: „Die Verbrauchszähler N1 . . . N6 weisen jeweils einen Funksender P auf. Die Funksender P dienen dazu, unidirektional Funktelegramme zu senden, in denen in Bezug auf den zugeordneten Verbrauchszähler Informationen über die Zählernummer, den aktuellen Zählerstand, ggf. die geografische Position des Zählers und ggf. die Sendezeit des Funktelegramms etc. enthalten sind.“ und Abs. [0044]: „Die Sendehäufigkeit jedes Primärfunksenders P liegt bei mehreren Funktelegrammen pro Minute, wobei die Dauer jedes Funktelegramms kurz ist und z. B. nur einige Millisekunden beträgt. Zur Vermeidung systematischer Kollisionen von Funktelegrammen verschiedener Primärfunksender in Bezug auf einen nachstehend noch zu erläu- ternden Primärfunkempfänger erfolgt das Senden der Funktelegramme der Primärfunksender P zu stochastischen bzw. quasi stochastischen Zeitpunkten. Die Primärfunksender P können überdies dazu eingerichtet sein, dass sie nur in bestimmten Zeiträumen, etwa an bestimmten Tagen senden, an denen sie zur Funkauslesung in der nachstehend noch näher zu erläuternden Weise anstehen oder in Frage kommen“),

- die Daten von dem Empfänger (E) der mobilen Ausleseeinheit (D) automatisch empfangen werden (Vgl. Abs. [0045]: „… so dass ein Primärfunkempfänger E, der in die Datenübernahmeeinrichtung D integriert ist, die Funktelegramme der Primärfunksender P nacheinander empfangen kann.“),

- die empfangenen Daten automatisch an eine Mobilfunkeinheit (Endgerät T1), die sich im Bereich der mobilen Ausleseeinheit (D) befindet und nach dem GSM-Standard arbeitet, weitergeleitet werden (Vgl. Abs. [0045]: „Die Datenübernahmeeinrichtung D enthält ferner ein Endgerät eines öffentlichen WANMobilfunksystems. Dieses Endgerät T1 kann ein Funktelefon und/oder ein Funkmodem, insbesondere nach einem oder mehreren der folgenden Standards sein: GSM, SMS, GPRS, UMTS, TETRA.“),

- die Daten von der Mobilfunkeinheit (T1) automatisch an eine Datenerfassungs-Zentrale (Datenerfassungsstelle Z) gesendet werden (Vgl. Abs. [0046]: „Die Datenüberahmeeinrichtung D ist dazu eingerichtet, die von den Primärfunksendern P empfangenen Funktelegramme umzusetzen und von dem Endgerät T1 des Mobilfunksystems aus zu senden, so dass die gesendeten Daten über das Mobilfunksystem zu einer zentralen Datenerfassungsstelle Z übertragen werden.“),

- die von der Mobilfunkeinheit (T1) übermittelten Daten bei einem Mobilfunkoder Internet-Anbieter zwischengespeichert werden (Dies ergibt sich aus Abs. [0045], wo auf den SMS-Standard verwiesen wird. Dieser Service beinhaltet zwingend die Zwischenspeicherung bei einem Mobilfunkanbieter.), wobei die Datenerfassungs-Zentrale (Z) nicht permanent empfangsbereit sein muss und die zwischengespeicherten Daten seitens der Datenerfassungs-Zentrale (Z) beliebig abgerufen werden können (Auch dies ist eine Eigenschaft von SMS. Ist ein Gerät nicht empfangsbereit, so wird die SMS zwischengespeichert bis das Gerät wieder angemeldet wird und wieder empfangsbereit ist.).

Entgegen der von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht arbeitet die in Druckschrift D2 beschriebene mobile Ausleseeinheit hinsichtlich der Bedienung und Kontrolle völlig selbständig, denn der bereits zitierte Abs. [0034] beschreibt, dass die Datenerfassungsperson lediglich die Aufgabe hat, die Datenübernahmeeinrichtung und das mitgeführte Mobilfunk-Endgerät in die Bereiche der Sendereichweite der funkenden Verbrauchszähler zu bringen. Dies bedeutet, dass eine Bedienung oder Kontrolle des Geräts nicht notwendig ist. Dass die mobile Ausleseeinheit darüber hinaus noch das weitere Merkmale aufweist, dass Rückmeldungen an die Datenerfassungsperson erfolgen (Vgl. Sp. 11, Z. 67 bis Sp. 12, Z. 8: „Wird festgestellt, dass ein zur Verbrauchsauslesung anstehender Verbrauchszähler bei der Datenerfassungstour ausgelassen wurde, so erfolgt vollautomatisch über Sekundärfunk eine Rückmeldung vom Endgerät T2 an das Endgerät T1 der mobilen Datenübernahmeeinrichtung D, wobei in dieser Rückmeldung Instruktionen für die Datenerfassungsperson M enthalten sein können.“), ändert nichts daran, dass sie hinsichtlich der Bedienung und Kontrolle völlig selbständig arbeitet, denn ob die Datenerfassungsperson auf die Rückmeldung reagiert oder diese überhaupt zur Kenntnis nimmt, ändert nichts an der Arbeitsweise der mobilen Ausleseeinheit. Reagiert die Datenerfassungsperson nicht, fehlen als Folge lediglich einige zu erfassende Daten, welche die Datenerfassungsperson noch aufnehmen könnte, wenn sie den Anweisungen folgen würde. Auch beim beanspruchten Verfahren wird nicht ausgeschlossen, dass Daten von Verbrauchszählern nicht erfasst werden, wenn diese zu weit abseits der Route liegen, die das Straßenfahrzeug abfährt. Insoweit besteht demnach kein Unterschied.

Damit unterscheidet sich das Verfahren des Anspruchs 1 von dem aus Druckschrift D2 lediglich dadurch, dass das Straßenfahrzeug, an dem die mobile Ausleseeinheit vorgesehen ist, ein bestimmtes Gebiet zu einem anderen Zweck als der Messwerterfassung abfährt.

Dieser Unterschied beruht aber auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. So gibt Druckschrift D2 nicht an, dass die Datenerfassungsperson oder das Fahrzeug nur zum Zwecke der Verbrauchsdatenerfassung unterwegs ist, denn es ist lediglich von einem Fahrzeug die Rede, welches langsam eine Straße entlangbewegt wird (Vgl. Sp. 3, Z.19 bis 24). Sie gibt im Gegenteil bereits einen Hinweis darauf, dass verschiedene Zwecke in einer Datenerfassungstour verbunden werden können, wobei allerdings ein Zweck, der mit der Datenerfassung in Zusammenhang steht, nämlich die Registrierung neu installierter Verbrauchszähler genannt wird (Vgl. Abs. [0053]: „Die Datenübernahmeeinrichtung D kann im übrigen noch dazu genutzt werden, die Daten neu montierter Verbrauchszähler zum Zwecke der Ergänzung der Datenbank in der zentralen Datenerfassungsstelle zu übermitteln.“).

Für den Fachmann ist es somit naheliegend, das Abfahren eines bestimmten Gebiets mit möglichst vielen Zwecken zu verbinden, da dies Zeit und im Falle eines Straßenfahrzeuges auch Energie und damit Kosten einspart. Diese Kombination von Zwecken ist dem Fachmann aus dem Alltag geläufig. So verteilen Zeitungsausträger beispielsweise auch Werbeprospekte oder Briefe, die Post hat traditionell die Brief- und Paketbeförderung mit der Personenbeförderung kombiniert, man denke an die Postkutschen oder die Postbusse. Überall werden Fahrten seit langem als mobile Werbefahrten benutzt, denn Straßenfahrzeuge, die Personen oder Güter befördern, sind oftmals mit Werbung versehen, wie zum Beispiel städtische Busse. Ausgehend von Druckschrift D2 wird der Fachmann somit die Datenerfassungstour auch für andere Zwecke nutzen oder umgekehrt auch Fahrten, die ursprünglich zu einem anderen Zweck erfolgen, für seine Datenerfassungstour nutzen. Damit kommt er ausgehend von Druckschrift D2 auf Grund seiner All- tagserfahrungen in naheliegender Weise zum Verfahren des Anspruchs 1, das deshalb nicht patentfähig ist.

Es kann somit dahingestellt bleiben, ob das Merkmal, durch das sich das Verfahren des Anspruchs 1 von dem aus Druckschrift D2 unterscheidet, überhaupt technischer Natur ist.

4. Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 9 fallen auf Grund der Antragsbindung mit dem Anspruch 1 (Vgl. BGH GRUR 2007, Heft 10, S. 862 bis 865, insbesondere Abs. 20 bis 22 – „Informationsübermittlungsverfahren II“).

5. Bei der dargelegten Sachlage war die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen, woraus sich in der Folge ergibt, dass der Widerruf des Patents durch die Patentabteilung 1.35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2009 bestehen bleibt.

Brandt Metternich Dr. Friedrich Dr. Zebisch Hu

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