1 Ni 1/14 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 1/14 (EP) führend verbunden mit 1 Ni 2/14 (EP)
(Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
15. Oktober 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
…
betreffend das europäische Patent EP 1 890 956 (DE 60 2006 002 611)
hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2015 durch den Richter Prof. Dr. Kortbein als Vorsitzenden sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Schlenk, Dr.-Ing. Krüger und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder für Recht erkannt:
I. Auf die Klage der Klägerin zu 1) wird das europäische Patent 1 890 956 in nachfolgendem Umfang für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt:
-3a) Anspruch 1, soweit er den folgenden Gegenstand betrifft:
b) hierauf rückbezogene Ansprüche 2 und 4 bis 7, c) Anspruch 8, soweit er den folgenden Gegenstand betrifft:
d) hierauf rückbezogene Ansprüche 9, 11 bis 15. II. Auf die Klage der Klägerin zu 2) wird das europäische Patent
890 956 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig erklärt. III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. IV. Das Urteil ist jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 890 956 (Streitpatent), dessen Erteilung am 3. September 2008 veröffentlicht wurde und das auf der internationalen Anmeldung PCT/EP2006/062577 vom 24. Mai 2006, die als WO 2006/134016 am 21. Dezember 2006 veröffentlicht worden ist, unter Inanspruchnahme der Priorität der luxemburgischen Anmeldung LU 91175 vom 13. Juni 2005 beruht. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Französisch veröffentlicht worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 60 2006 002 611 geführt. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung „PROCÉDÉ ET SYSTÈME DE GESTION D’ÉNERGIE THERMIQUE DANS UN BÂTIMENT AVEC GAINE POUR INSTALLATIONS DE LEVAGE“ (in Deutsch laut Streitpatentschrift: „VERFAHREN UND SYSTEM ZUR VERWALTUNG VON WÄRMEENERGIE IN EINEM GEBÄUDE MIT KANAL FÜR AUFZUGSANLAGEN“) und umfasst in der erteilten Fassung 15 Ansprüche.
Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 8 der erteilten Fassung lauten in der Verfahrenssprache wie folgt:
Die Ansprüche 1 und 8 weisen laut Streitpatentschrift folgende deutsche Fassung auf:
Bei den Ansprüchen 2 bis 7 und 9 bis 15 handelt es sich um auf die Patentansprüche 1 bzw. 8 jeweils unmittelbar oder mittelbar rückbezogene Unteransprüche.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass der mit ihren Klagen angegriffene Gegenstand des Streitpatents mangels erfinderischer Tätigkeit nicht schutzfähig sei. Darüber hinaus hat die Klägerin zu 1) auch das Fehlen der Neuheit und der Ausführbarkeit geltend gemacht. Sie verweisen dabei unter anderem auf folgende Druckschriften (das Kurzzeichen „ALEA“ bezeichnet die von der Klägerin zu 1), die Kurzzeichen „D“ sowie „NK“ bezeichnen die von der Klägerin zu 2) eingereichten Druckschriften):
ALEA1A/NK3 AT E 407 087 T1 (Übersetzung der europäischen Patentschrift des Streitpatents EP 1 890 956 B1)
ALEA3 BTR Brandschutz-Technik und Rauchabzug GmbH:
Spezialartikel für den vorbeugenden Brandschutz, Produktinformation, Ausgabe 2005, Hamburg 2005, Seiten M1-M11, URL:
http://www.btr-hamburg.de/de/aktuell.html ALEA4/D4 Energiefachstellen der Kantone und des Fürstentums Liechtenstein, EnergieSchweiz, Bundesamt für Energie BFE (Hrsg.): Aufzugsanlagen – Wärmeverluste verhindern, Ausgabe März 2004 ALEA5 Norm DIN EN 81-1: 2000-05, Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen - Teil 1: Elektrisch betriebene Personen- und Lastenaufzüge; Norm DIN EN 81-2: 2000-05, Sicherheitsregeln für die Konstruktion und den Einbau von Aufzügen - Teil 2: Hydraulisch betriebe- ALEA9/D6 ne Personen- und Lastenaufzüge JP 7–215603 A (mit englischer Übersetzung)
D9 Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung - EnEV) vom 16. November 2001 Die Klägerin zu 1) beantragt,
- 12 -
- 14 - für nichtig zu erklären, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und das Urteil ist gegen die Beklagte im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch unbeschränkte, selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank erbracht werden. Die Klägerin zu 2 beantragt: 1. Das Patent wird für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig erklärt. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist gegen die Beklagte im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch unbeschränkte, selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank erbracht werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klagen in vollem Umfang abzuweisen, hilfsweise das Streitpatent im Umfang des in der mündlichen Verhandlung überreichten neuen Hilfsantrags 1 sowie weiter hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 2 bis 5 entsprechend den als „Hilfsanträge 1 bis 4“ bezeichneten Hilfsanträgen im Schriftsatz vom 31. August 2015 aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte hat den Klagen rechtzeitig widersprochen und tritt der Argumentation der Klägerinnen entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents wenigstens in einer der verteidigten Fassungen für patentfähig.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 18. Juni 2015 sowie einen ergänzenden Hinweis vom 9. Juli 2015 zukommen lassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des Wortlauts der Hilfsanträge der Beklagten sowie wegen weiterer Entgegenhaltungen, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe A.
Die zulässigen Klagen sind begründet, da sowohl die erteilte Fassung des Streitpatents als auch die Fassungen nach den Hilfsanträgen nicht patentfähig gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜbkG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ sind, so dass das Streitpatent im Umfang des Antrags der Klägerin zu 1) und insgesamt auf Grund des Antrags der Klägerin zu 2) für nichtig zu erklären ist.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents I.1 Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren und ein System zur Verwaltung von Wärmeenergie, insbesondere zur Energieeinsparung, in einem Gebäude mit einem oder mehreren Schächten für Aufzugsanlagen wie z. B. Personenaufzüge, Lastenaufzüge oder Speisenaufzüge, insbesondere in einem Niedrigenergie-Gebäude.
Die Streitpatentschrift führt hierzu aus, dass ein solches Gebäude im Allgemeinen einen Schacht aufweise, der einzelne Stockwerke des Gebäudes vertikal durchquere. Aus Sicherheitsgründen sei eine Lüftung des Schachts notwendig, beispielsweise für den Fall, dass eine Person in einer Aufzugskabine oder im Schacht eingeschlossen sei. Die Lüftung des Schachts sei auch günstig, um eine zu starke Erwärmung im oberen Schachtteil zu vermeiden, in dem sich temperaturempfindliche technische Ausrüstungen befinden können. Der Schacht müsse außerdem allen gültigen gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.
Dabei geht das Patent davon aus, dass die Lüftung eines Liftschachts nicht vorgeschrieben ist, wenn der Aufzug nicht genutzt wird. Umgekehrt bedeutet dies, dass der Schacht gelüftet werden muss, sobald die Aufzugsanlage genutzt wird (vgl. PS: Abs. [0012] und [0029]; ALEA1A/NK3: Seite 3, Zeilen 7 bis 9 und 14 bis 20; Seite 5, Zeile 56 bis Seite 6, Zeile 2).
Die weiteren im Streitpatent zum Stand der Technik angegebenen Patente (z. B. US 5 718 627, DE 198 56 193, EP 0 995 995 und DE 299 06 399) beschreiben verschiedene Situationen der Zwangslüftung durch Ventilatoren bei Brand und Rauch in einem Gebäude. Der Lüftungskanal sei hierbei im Normalbetrieb geschlossen und werde nur in Gefahrensituationen wie im Falle eines Brandes geöffnet. Dies entspricht laut der Streitpatentschrift nicht den in verschiedenen Staaten geltenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl. PS: Abs. [0004]; ALEA1A/NK3: Seite 1, Zeilen 27 bis 33).
Das Streitpatent stellt sich daher die Aufgabe, durch ein Verfahren und ein System zur Verwaltung von Wärmeenergie in einem Gebäude mit einem Schacht für Aufzugsanlagen Wärmeverluste durch eine Dauerbelüftung zu reduzieren, ohne die Nachteile des bisherigen Standes der Technik in Kauf zu nehmen (vgl. PS: Abs. [0007]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeilen 3 bis 5 und Zeilen 8 bis 29).
Zur Lösung sieht es vor, dass in einem Gebäude mit einer Aufzugsanlage, die eine in einem Schacht bewegliche Kabine und einen Lüftungskanal zwischen Schacht und Atmosphäre umfasst, ein im Lüftungskanal befindliches, in Offenstellung vorgespanntes Verschließelement aus einer Offenstellung in eine Schließstellung verschwenkt wird, wenn eine Lüftung des Schachts nicht erforderlich ist (vgl. PS: Abs. [0008]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeilen 25 bis 29). Demgegenüber müsse der Schacht während der Nutzung der Aufzugsanlage gelüftet sein (vgl. PS: Abs. [0009]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeilen 37 bis 39). Befinde sich eine Person in der Kabine, auf ihrem Dach oder im Schacht, so schließe die Überwachungseinheit daraus, dass der Schacht gelüftet werden müsse. Das die Belüftung auslösende Signal könne dabei durch ein unabhängiges System erfasst oder durch die Betätigung der Aufzugsanlage („manoeuvre de l’installation“) geliefert werden (vgl. PS: Abs. [0012] bis [0014]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeile 53 bis Seite 3, Zeile 22).
I.2 Die erteilten Patentansprüche 1 und 8, die Gegenstand des Hauptantrags (H) der Beklagten sind, lassen sich wie folgt gliedern:
a) Anspruch 1
1HM1 1HM1.1
1HM2 Verfahren zur Verwaltung von Wärmeenergie in einem Gebäude (10) umfassend eine Aufzugsanlage (13) mit einer in einem Schacht (14) beweglichen Kabine (16) und einem Lüftungskanal (22) zwischen dem Schacht (14) und der Atmosphäre, wobei das Verfahren folgende Schritte aufweist: die Überwachung mindestens eines Zustandsparameters der Aufzugsanlage (13),
1HM2.1
1HM2.2 1HM3 1HM4 1HM4.1 1HM4.2 1HM5
1HM6 wobei die Überwachung mindestens eines Zustandsparameters die Überwachung der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (13) [umfasst] und/oder die Überwachung einer Bewegung der Kabine (16) im Schacht (14) umfasst; die Bewertung der Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (14) auf Basis dieser Parameter in einer Verwaltungseinheit (32), wobei die Verwaltungseinheit (32) die Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (14) beschließt, wenn die Präsenz einer Person erfasst wird und/oder wenn die Bewegung der Kabine (16) erfasst wird; das Kippen eines dem Lüftungskanal (22) zugeordneten Verschließelements (30) von einer Offenstellung, in der der Lüftungskanal (22) im Wesentlichen offen ist, in eine Schließstellung, in der der Lüftungskanal (22) zumindest teilweise verschlossen ist, nur dann, wenn die Bewertung angibt, dass eine Lüftung des Schachts (14) nicht erforderlich ist, wobei das Verschließelement (30) in seine Offenstellung vorgespannt ist.
b) Anspruch 8
8HM1 8HM1.1
8HM2 System zur Verwaltung von Wärmeenergie in einem Gebäude umfassend eine Aufzugsanlage (13) mit einer in einem Schacht (14) beweglichen Kabine (16) und einem Lüftungskanal (22) zwischen dem Schacht (14) und der Atmosphäre, wobei das System außerdem umfasst: ein dem Lüftungskanal (22) zugeordnetes Verschließelement (30), wobei das Verschließelement (30) zwischen einer Offenstellung, in der der Lüftungskanal (22) im Wesentlichen offen ist, und einer Schließstellung, in der der Lüftungskanal (22) zumindest teilweise verschlossen ist, beweglich ist;
8HM3 8HM4 8HM5
8HM5.1 8HM5.2 8HM6 ein Mittel zum Vorspannen, um in einem passiven Zustand das Verschließelement (30) in seiner Offenstellung zu halten; und eine Verwaltungseinheit (32), welche die Stellung des Verschließelements (30) kontrolliert, wobei die Verwaltungseinheit (32) Mittel aufweist, um mindestens einen Zustandsparameter der Aufzugsanlage (13) zu überwachen und um die Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (14) zu bewerten, wobei die Verwaltungseinheit (32) das Kippen des Verschließelements (30) in Schließstellung nur dann gestattet, wenn die Bewertung der Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (14) angibt, dass eine Lüftung des Schachts (14) nicht erforderlich ist, wobei die Mittel zum Überwachen mindestens eines Zustandsparameters der Aufzugsanlage (13) mindestens ein Mittel zum Erfassen der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (13) und/oder mindestens ein Mittel zum Erfassen der Bewegung der Kabine (16) im Schacht (14) umfassen, wobei die Verwaltungseinheit (32) die Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (14) beschließt, wenn die Präsenz einer Person erfasst wird und/oder wenn die Bewegung der Kabine(16) erfasst wird.
I.3 Seinem sachlichen Inhalt nach wendet sich das Streitpatent an einen Techniker (Fachschule) der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik, der über mehrjährige Erfahrung in der Umsetzung der Bau- und Aufzugsrichtlinien bei der Projektierung eines Aufzugs oder dessen Nachrüstung besitzt.
Soweit die Beklagte demgegenüber die Auffassung vertreten hat, kein derartiger Fachmann hätte sich zum maßgeblichen Zeitpunkt bei einem Aufzughersteller mit der Entlüftung beschäftigt, da davor lediglich geringe Anforderungen an die Lüftungsöffnungen eines Aufzugsschachts gestellt worden wären und die EnEV erst 2004 in Kraft getreten sei, ist dem die ALEA4/D4 entgegenzuhalten. Diese verweist bereits auf eine „SIA-Norm 180“, Ausgabe 1999, nach der die Gebäudehülle grundsätzlich luftdicht sein müsse (vgl. ALEA4/D4, Seite 4, linke Spalte, 1. Absatz). Diese Anforderung entspricht auch dem § 5 Abs. 1 Satz 1 der als D9 vorliegenden Energieeinsparverordnung vom 16. November 2001.
Aufgrund dieses zeitlichen Vorlaufs muss davon ausgegangen werden, dass sich zum maßgeblichen Zeitpunkt (2005) bereits ein oben beschriebener Fachmann beim Aufzugshersteller oder beim Fachplaner mit den Anforderungen an eine Schachtentlüftung beschäftigte, die den entsprechenden Wärmeschutzvorschriften bzw. Normen entsprachen.
I.4 Der vorstehend definierte Fachmann wird die Begriffe der Streitpatentschrift weitgehend aus sich heraus verstehen. Folgende Merkmale bedürfen aber der Erläuterung:
a) Merkmal 1 (1HM1/8HM1)
Die Zweckangabe „zur Verwaltung von Wärmeenergie in einem Gebäude (10)“ bedeutet, dass das Verfahren geeignet sein muss, die Wärmeenergie in einem Gebäude zu verwalten. Dies hat, allerdings nur „insbesondere“, die Verringerung von Wärmeverlusten (vgl. PS: Abs. [0007]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeilen 3 bis 5) bzw. die Einsparung von Energie (vgl. PS: Abs. [0008], Spalte 2, Zeilen 27 bis 29; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeile 10) in einem Gebäude mit einem Aufzug zum Ziel.
b) Merkmale 1HM1.1 und 8HM1.1 Der Schacht (14) gehört – neben der Kabine (16) und dem Lüftungskanal (22) – mit zur Aufzugsanlage (13). Denn zum einen zeigt der in der einzigen Figur vom Bezugszeichen 13 ausgehende Pfeil auch auf den Schacht (14), so dass er diesen mit umfasst. Zum anderen wird dazu passend im Streitpatent beschrieben, dass die im Gebäude (10) befindliche Aufzugsanlage (13) aus einem Schacht (14) mit einer darin angeordneten Kabine (16) besteht (vgl. PS: Abs. [0021]; ALEA1A/NK3: Seite 4, Zeilen 39 bis 44).
c) Merkmale 1HM2.1 und 8HM5.1 Mit der Präsenz einer Person gilt die Aufzugsanlage als genutzt (vgl. PS: Abs. [0014] und [0027]; ALEA1A/NK3: Seite 3, Zeilen 14 bis 17; Seite 5, Zeilen 25 f.). Die „Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (13)“ umfasst die Präsenz „in der Kabine, auf dem Dach der Kabine oder im Schacht“ (vgl. PS: Abs. [0012] und [0027]; ALEA1A/NK3: Seite 2, Zeilen 53 f.; Seite 5, Zeilen 23 bis 35). Auf die Präsenz einer Person kann dabei auch aus der Betätigung z. B. eines Tasters oder Schalters geschlossen werden, wie aus der Angabe der Patentschrift zur Präsenz in oder auf der Kabine bzw. im Schacht hervorgeht (vgl. PS: Abs. [0012], Spalte 3, Zeilen 40 bis 44; ALEA1A/NK3: Seite 3, Zeilen 1 bis 3): „Die Präsenz einer Person in einer Kabine, auf dem Dach einer Kabine oder im Schacht kann von einem unabhängigen System erfasst werden bzw. die Information wird durch die Betätigung der Aufzugsanlage selbst geliefert“. Die Aufzugsanlage kann dabei auch einen Maschinenraum umfassen (PS: Abs. [0036]; ALEA1A/NK3: Seite 6, Zeilen 52 ff.).
II. Zu den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen II.1 Erteilte Fassung (Hauptantrag)
II.1.a) Zur Ausführbarkeit Der Gegenstand des Streitpatents ist entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) nicht schon mangels Ausführbarkeit gemäß Art. 138 Abs. 1 Buchstabe b) EPÜ i. V. m. Art. Il § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜbkG nichtig.
Denn die Angaben „Bewegungsfühler“ und „Präsenzfühler“ (PS: Abs. [0027], Spalte 7, Zeilen 4 bis 12; vgl. ALEA1A/NK3: Seite 5, Zeilen 25 bis 29) vermitteln dem Fachmann ausreichend Informationen, welche Fühler und zugehörige Auswertelogik grundsätzlich verwendet werden können.
II.1.b) Zur Patentfähigkeit Die Gegenstände der erteilten unabhängigen Ansprüche 1 und 8 mögen zwar die Anforderungen an die Neuheit erfüllen, sie beruhen jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
So geht aus der ALEA4/D4 ein System zur Wärmeenergieeinsparung in Aufzugsanlagen hervor, dessen fachübliche Umsetzung mit Elementen aus dem Bauteilkatalog ALEA3 ein System ergibt, das dem (Arbeits-)Verfahren nach Anspruch 1 und der Vorrichtung („System“) nach Anspruch 8 mit der jeweiligen dortigen Alternative einer Präsenzüberwachung in der Aufzugsanlage entspricht.
Denn die ALEA4/D4, die sich ausweislich ihres Titels mit dem Verhindern von Wärmeverlusten von Aufzugsanlagen beschäftigt und dabei Klappen im Schachtkopf vorschlägt (vgl. ALEA4/D4: Seite 2, Abbildung 3), offenbart sowohl ein Verfahren wie auch ein System, das zur Energieeinsparung und folglich zur Verwaltung von Wärmeenergie in Gebäuden mit einer Aufzugsanlage entsprechend den Merkmalen 1HM1 und 1HM1.1 bzw. 8HM1 und 8HM1.1 geeignet ist.
Weiter beschreibt die ALEA4/D4 in der Abbildung 3 und auf Seite 2, linke Spalte, Punkt 5, mit den dortigen Klappen im Schachtkopf ein anspruchsgemäßes Verschließelement, das dem Lüftungskanal zugeordnet ist. Diese Klappen sind ebenfalls zwischen einer Offenstellung, in der der Lüftungskanal im Wesentlichen offen ist, und einer Schließstellung, in der der Lüftungskanal zumindest teilweise, hier sogar vollständig, verschlossen ist, beweglich (Merkmal 1HM5, 8HM2).
Zum Öffnen der Klappen befindet sich u. a. im Maschinenraum ein manueller Schalter zum Öffnen der Klappen (ALEA4/D4: Seite 2, linke Spalte, Punkt 5; Abbildung 3 mit dortigem Schalter „Klappen auf“). Das Reagieren auf die Betätigung eines Schalters im Maschinenraum entspricht einer Überwachung eines Zustandsparameters (Merkmal 1HM2), hier der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (Merkmal 1HM2.1). Denn der Maschinenraum ist als Bestandteil der Aufzugsanlage anzusehen (vgl. PS: Abs. [0036]; ALEA1A/NK3: Seite 6, Zeilen 52 f.).
Aufgrund der Betätigung des manuellen Schalters werden die Klappen nach ALEA4/D4 geöffnet. Diese Klappen sind dabei im stromlosen Zustand offen (ALEA4/D4: Seite 2, linke Spalte, Punkt 4), womit dieses Verschließelement ebenfalls in seine Offenstellung vorgespannt ist (Merkmal 1HM6, 8HM3).
Die ALEA4/D4 offenbart dabei nicht die konkrete Schaltung, nach der die dortigen Klappen aufgrund verschiedener Parameter (wie aufgrund der dort angegebenen Schalterstellungen, Thermostate, Ventilatorzustände) anzusteuern sind.
Der Fachmann ist also gehalten, diese Verschaltung selbst umzusetzen:
Eine ihm naheliegende Lösung bietet dabei die ALEA3, ein Fachkatalog für „Spezialartikel für den vorbeugenden Brandschutz“, mit dortigem auf Seite M4 unter Art.-Nr. 700.100 aufgeführten „LSF-Zentralgerät“ (LSF: „lift smoke free“). Dieses Zentralgerät weist laut Beschreibung u. a. auch eine RWA(Rauch- und Wärmeabzug)-Zentrale auf. Diese ist als anspruchsgemäße Verwaltungseinheit (Merkmal 1HM3, 8HM4) anzusehen. Das Zentralgerät ermöglicht dabei, wie auch in der ALEA4/D4 gefordert, einen Lüftungsmodus, der eine Jalousie (dies sind ebenfalls Klappen, s. mögliche Ausführung in ALEA3: Seite M7 oben) öffnet (ALEA3: Seite M3, linke Spalte, Abs. 6), wenn ein Schalter (vgl. ALEA3: Seite M4, unter „LSFZentralgerät“, vorletzte Zeile: „Im Lüftungsbetrieb ansteuerbar über Lüftertaster“ i. V. m. mit Seite M8, „Schlüssellüftertaster“; s. auch Seite M9, untere Abbildung), hier der Schalter im Maschinenhaus aus ALEA4/D4, betätigt wird (Merkmal 1HM3, 1HM4, 1HM4.1), bzw. schließt, wenn dieser wieder in seine Ausgangsstellung zurückgestellt wird (Merkmal 1HM5). Damit überwacht das Zentralgerät als anspruchsgemäße Verwaltungseinheit die Zustandsparameter der Aufzugsanlage, hier die Stellung des Schalters im Maschinenhaus, bewertet die Notwendigkeit der Lüftung des Schachts und kontrolliert die Stellung des Verschließelements in Abhängigkeit einer Personenpräsenz (Merkmale 8HM4, 8HM5, 8HM5.1, 8HM6).
Eine Verwendung der in ALEA3, Seiten M6 f., angebotenen Klappen („Jalousie mit motorischem Antrieb“) mit ihrem nicht den Anforderungen der ALEA4/D4 genügenden aktiven Verfahren in die Offenstellung ist dabei nicht geboten. Denn die ALEA4/D4 fordert für den Fachmann verbindlich, dass eine sicherheitskritische Einrichtung bei Stromausfall in die sichere Stellung zu fahren ist, wie es auch die ALEA4/D4 mit dortigen im stromlosen Zustand offenen Klappen vorsieht (ALEA4/D4: Seite 2, Punkt 4). Eine mögliche Ansteuerung von Klappen, die den Anforderungen der ALEA4/D4 genügen, über eine entsprechende Programmierung des LSF-Zentralgeräts (vgl. ALEA3: Seite M4, mit dortiger „Programmiertaste zur Einstellung von systemspezifischen Varianten“; Seite M1 mit dortigen „Vielfältigen Ansteuermöglichkeiten für diverse Systeme durch potentialfreie Schnittstellen“) sieht der Fachmann als gegeben an und nutzt diese entsprechend.
II.1.c) Zu den Unteransprüchen Die auf die Patentansprüche 1 bzw. 8 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Unteransprüche teilen das Schicksal der zuvor abgehandelten Patentansprüche. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt ist weder geltend gemacht worden noch ersichtlich (BGH X ZR 109/08 – Sensoranordnung).
II.2 Zum Hilfsantrag 1 Patentanspruch 1 laut dem in der mündlichen Verhandlung überreichten (neuen) Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Anspruch 1 durch folgendes Merkmal:
11M2.1 wobei die Überwachung mindestens eines Zustandsparameters die Überwachung der Präsenz einer Person in der Kabine (16) [umfasst]
Patentanspruch 2 ist gestrichen.
Der dem erteilten Patentanspruch 8 entsprechende Patentanspruch 7 ist wie der Patentanspruch 1 geändert worden:
71M5.1 wobei die Mittel zum Überwachen mindestens eines Zustandsparameters der Aufzugsanlage (13) mindestens ein Mittel zum Erfassen der Präsenz einer Person in der Kabine (16) [umfasst]
Zusätzlich enthält der neue Patentanspruch 7 das folgende Merkmal:
71M7 und wobei das Mittel zum Erfassen der Präsenz einer Person in der Kabine (16) mindestens einen Präsenzfühler (34, 34’, 36, 38) in der Kabine umfasst.
Patentanspruch 9 ist gestrichen.
Der erst in der mündlichen Verhandlung überreichte (neue) Hilfsantrag 1 ist entgegen der Ansicht der Klägerinnen nicht als verspätet zurückzuweisen. Denn die hierin vorgenommene Einschränkung des Anspruchs 1 darauf, dass als Zustandsparameter mindestens die Überwachung der Präsenz einer Person in der Kabine vorgesehen ist, beruht auf dem Hinweis des Senats zu Beginn der mündlichen Verhandlung, demzufolge er die Patentfähigkeit des erteilten Anspruchs 1 nunmehr anders als noch im qualifizierten Hinweis als problematisch ansehe. Insofern ist jedenfalls die für eine Zurückweisung als verspätet erforderliche Voraussetzung nach § 83 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 PatG, dass die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt, nicht erfüllt.
II.2.a) Zur Zulässigkeit Die Änderung ist zulässig. Denn die Gegenstände der Ansprüche 1 und 7 nach Hilfsantrag 1 umfassen nur noch jeweils eine Variante (nämlich „Kabine“) der drei möglichen (nicht ausschließlichen) „oder“-Varianten („Kabine, auf dem Kabinendach oder im Schacht“) der erteilten Ansprüche 2 und 9. Das jeweils geänderte Merkmal beschränkt damit die Gegenstände der erteilten Ansprüche 1 und 8. Das zusätzliche Merkmal 71M7 im Nebenanspruch 7 nach Hilfsantrag 1 ist in der Patentschrift (vgl. Abs. [0027], Spalte 7, Zeilen 4 bis 20, insbesondere Zeile 10; vgl. auch ALEA1A/NK3: Seite 5, Zeilen 25 bis 35, insbesondere Zeile 28) bzw. in der Offenlegungsschrift (vgl. NK5: Seite 9, Zeile 21, insbesondere Zeile 25 f., bis Seite 10, Zeile 2) offenbart.
II.2.b) Zur Patentfähigkeit Trotz der Änderungen beruht der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 und 7 laut Hilfsantrag 1 unter Berücksichtigung der Dokumente ALEA9 und ALEA4/D4 mit ALEA3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist eine Aufzugsanlage gemäß ALEA9, die seit 1995 bekannt ist und bei der von einer noch permanent offenen Lüftungsöffnung auszugehen ist, wie sie den Empfehlungen der DIN EN 81-1, Kap. 5.2. (ALEA5), entspricht.
Die Empfehlungen der ALEA4/D4 aus dem Jahr 2004 legen dem Fachmann zur Energieeinsparung eine entsprechende Nachrüstung dieser Aufzugsanlage nach ALEA9 nahe, die über Personenpräsenzfühler in der Kabine, hier zur Ansteuerung der Kabinenventilatoren, verfügt. Bei der Nachrüstung ist – wie oben zum erteilten Anspruch 1 bzw. 8 ausgeführt – neben selbstöffnenden Klappen auch eine ent- sprechende Ansteuerung wie nach ALEA3 (Seiten M1 ff.) vorzusehen. Der Fachmann entnimmt der Beschreibung dieser „EnEV konformen Entrauchungsanlage in Aufzugsschächten“ (vgl. ALEA3: Seite M1, oben), dass das LSF-Zentralgerät auch Folgendes bietet: „Im Lüf[t]ungsbetrieb ansteuerbar über Lüftertaster oder andere Systeme der Hausleittechnik“ (vgl. ALEA3: Seite M4, „LSF-Zentralgerät“, Artikel-Nummer 700.100, Beschreibung hierzu, vorletzte Zeile f.). Dabei ist es für den Fachmann eine reine Auswahlentscheidung, Systeme vorzusehen, deren zugehöriges Signal in vorteilhafter Weise das Erfordernis zur Lüftung des Schachts anzeigt.
Eine Verbindung des LSF-Steuerungsgeräts mit einer entsprechenden Belegungsermittlung der Aufzugskabine, die der Personenpräsenzerfassung (vgl. Merkmale 11M2.1/71M5.1) der ALEA9/D6 (vgl. Abs. [0002]) entspricht, ist dabei naheliegend vorteilhaft. Das Argument der Beklagten, die Luft im dortigen Aufzug würde durch die Ventilatoren in der Aufzugskabine nur beschleunigt, so dass sich lediglich ein Abkühlungseffekt durch die Luftgeschwindigkeit ergäbe, die Luft in der Aufzugskabine würde ansonsten aber ohne Austausch mit dem Aufzugschacht nur innerhalb der Aufzugskabine umgewälzt, ist sachlich nicht nachvollziehbar. Dem stehen nämlich entsprechende Regelungen ebenfalls der DIN 81-1 (ALEA5: Seite 21, Kap. 8.16.1) entgegen, wonach Fahrkörbe mit vollwandigen Fahrkorbtüren im oberen und unteren Bereich Lüftungsöffnungen haben müssen. Da im Fall der ALEA9/D6 aufgrund der vorgesehenen Ventilatoren nur von geschlossenen Kabinen und damit vollwandigen Fahrkorbtüren auszugehen ist, findet über die vorschriftsgemäß oben und unten am Fahrkorb vorhandenen Lüftungsöffnungen ein Luftaustausch mit dem Aufzugsschacht statt, so dass eine Öffnung der Lüftungsklappen im Aufzugsschacht neben einer Verbesserung der Luft im Aufzugsschacht (vgl. ALEA5: Seite 9, Kap. 5.2.3) auch eine Verbesserung der Luft in der Kabine bewirkt.
Denn obwohl die ALEA3 (Seite M2, linke Spalte, Abs. 3 bis rechte Spalte, Abs. 2) ebenso wie die ALEA4/D4 (Seite 1, rechte Spalte, Abs. 1, Zeilen 3 bis 6) von einer dauerhaften undurchlässigen Umfassungsfläche des Aufzugsschachts ausgeht und die ALEA4/D4 (Seite 1, rechte Spalte, Zeilen 3 bis 6) auch noch angibt, dass es im „regulären Betrieb [...] keinerlei Gründe [gibt], diese Öffnungen nicht zu schließen“, da der Wärmedämmperimeter keine Lücken aufweisen dürfe, bietet die ALEA3 ausdrücklich die Möglichkeit (Seite M4, Mitte), dass das LSF-Zentralgerät „im Lüf[t]ungsbetrieb ansteuerbar über Lüftertaster oder andere Systeme der Hausleittechnik“ ist.
Damit liegt es für den Fachmann auch nahe, die Ansteuerung der Klappen wie aus ALEA4/D4 und ALEA3 – unter anderem – auch über eine Personenpräsenzüberwachung, wie aus ALEA9 bekannt (s. o.), vorzusehen Denn der Bedarf für eine Lüftung in der Aufzugskabine ist offensichtlich auch ein Signal, dass die Zufuhr von frischer Luft in den Schacht von Vorteil ist. Damit ergeben sich ein Verfahren und ein System, die auch das Merkmal 11M2.1 bzw. die Merkmale 71M5.1 und 71M7 mit den weiteren Merkmalen dieser Ansprüche aufweisen, wie oben zum erteilten Anspruch 1 bzw. 8 aufgezeigt.
II.3 Zum Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 und 7 gemäß Hilfsantrag 2 (entspricht dem Hilfsantrag 1 vom 31. August 2015) unterscheiden sich von den erteilten unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 jeweils durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
Anspruch 1 12M2.3 wobei die Überwachung der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (13) die Überwachung der Präsenz einer Person in der Kabine (16), auf dem Kabinendach oder im Schacht (14) umfasst; Anspruch 7
72M7 und wobei das Mittel zum Erfassen der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage (13) mindestens einen Präsenzfühler (34,34’, 36, 38) in der Kabine (16), dem Kabinendach oder dem Schacht (14) umfasst.
Darüber hinaus wurden die Ansprüche 2 und 9 gestrichen.
II.3.a) Zur Zulässigkeit und Ausführbarkeit Die Änderungen sind zulässig. Das jeweils zusätzliche Merkmal geht hervor aus den erteilten Unteransprüchen 2 und 9 sowie aus den Ansprüchen 2 bzw. 12 der Offenlegungsschrift (vgl. NK5). Die Merkmale sind auch ausführbar, da „umfasst“ im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet, dass der Präsenzfühler zumindest die alternativ („oder“) aufgeführten Orte überwacht, andere Orte aber nicht ausgeschlossen sind.
II.3.b) Zur Patentfähigkeit Trotz der jeweiligen Beschränkung fehlt auch den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 7 gemäß Hilfsantrag 2 bei zusammenfassender Würdigung der Dokumente ALEA4/D4 und ALEA3 die erfinderische Tätigkeit.
Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt, entspricht die Betätigung eines Schalters im Maschinenraum (ALEA4/D4: Abb. 3 i. V. m. Seite 2, Punkt 5) mit Ansteuerung des dortigen Verschließelements der Überwachung eines Zustandsparameters, hier der Präsenz einer Person in der Aufzugsanlage, speziell sogar im Schacht. Denn nach der Patentschrift (vgl. Abs. [0036]; vgl. auch ALEA1a/NK3, Seite 6, Zeile 52 f.) ist die Präsenz im Maschinenraum der Präsenz einer Person im Schacht gleich zu setzen.
Somit entspricht das Erkennen einer Betätigung des Schalters im Maschinenraum der Überwachung der Präsenz einer Person im Schacht und damit einer der drei im Merkmal 12M2.3 angegebenen alternativen Überwachungsorte.
Da der im Merkmal 72M7 verwendete Begriff „Präsenzfühler“ auch in der Beschreibung des Patents nicht näher definiert und damit dessen Funktionsweise offen ist, ist auch ein Schalter oder Lüftertaster als ein solcher „Präsenzfühler“ anzusehen, da dessen Betätigung eindeutig die Präsenz einer Person nachweist.
II.4 Zum Hilfsantrag 3 Patentansprüche 1 und 7 gemäß Hilfsantrag 3 (entspricht dem Hilfsantrag 2 vom 31. August 2015) unterscheiden sich von den erteilten unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 jeweils durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
Anspruch 1 13M4.3 und wobei die Verwaltungseinheit (32) die Nicht-Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (32) beschließt, wenn keine Präsenz einer Person in der Kabine (16), auf dem Kabinendach oder im Schacht (14) und keine Bewegung der Kabine erfasst wird; Anspruch 7
83M7 und wobei die Verwaltungseinheit (32) die Nicht-Notwendigkeit einer Lüftung des Schachts (32) beschließt, wenn keine Präsenz einer Person in der Kabine (16), auf dem Kabinendach oder im Schacht (14)
und keine Bewegung der Kabine (16) erfasst wird.
Anspruch 3 ist zusätzlich gestrichen worden.
II.4.a) Zur Zulässigkeit Die mit dem Hilfsantrag 3 verbundenen Änderungen sind zulässig, da sich das zusätzliche Merkmal aus dem erteilten Anspruch 3 ergibt und ursprünglich offenbart ist (vgl. NK5: Anspruch 6).
II.4.b) Zur Patentfähigkeit Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 7 laut Hilfsantrag 3 beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da sie bei einer Zusammenschau der Dokumente ALEA4/D4 und ALEA3 naheliegen.
Denn auch gemäß den Ausführungen der ALEA4/D4 ist eine Lüftung des Schachts nicht erforderlich, wenn unter anderem der Schalter im Maschinenraum nicht betätigt wird. Aus dem Umstand, dass die Präsenz einer Person im Maschinenraum der Präsenz einer Person im Schacht entspricht (s. PS: Abs. [0036]; s. a. obige Ausführungen zum Hilfsantrag 2), folgt, dass auch bei Nicht-Betätigung des Schalters im Maschinenraum und damit einer fehlenden Erfassung der Präsenz einer Person im Schacht keine Notwendigkeit der Lüftung des Schachts besteht, wie es gemäß dem Merkmal 13M4.3 bzw. 83M7 gefordert wird.
Die Merkmale 13M4.3 bzw. 83M7 fordern als „UND“-Bedingung zusätzlich, dass dies gelten soll, wenn keine Bewegung der Kabine (16) erfasst wird. Zwar legen die ALEA3 und auch die ALEA4/D4 keine Bewegungserfassung der Kabine nahe. Allerdings erfordern dies die negativ formulierten Merkmale 13M4.3 bzw. 83M7 auch nicht. Denn anders als die auch positiv erforderliche Präsenzerfassung einer Person (Merkmal 13M4.1 bzw. 73M5.1) ist eine positive Bewegungserfassung im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht gefordert.
Da bei einem Verfahren und bei einer Vorrichtung, die sich aus der ALEA3 und ALEA4/D4 in Kombination ergeben, keine Bewegungserfassung zwingend vorgesehen ist, kann per se auch keine Bewegung der Kabine erfasst werden.
II.5 Zum Hilfsantrag 4 Patentansprüche 1 und 8 laut dem Hilfsantrag 4 (entspricht dem Hilfsantrag 3 vom 31. August 2015) unterscheiden sich von den erteilten unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 jeweils durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
Anspruch 1
14M7 so dass das Verschließelement (30) beim Betrieb der Aufzugsanlage
(13) in seiner Offenstellung gehalten wird und nur auf einen positiven Befehl der Verwaltungseinheit (32) hin in seine Schließstellung gekippt wird.
Anspruch 8
84M7 so dass das Verschließelement (30) beim Betrieb der Aufzugsanlage
(13) in seiner Offenstellung gehalten wird und nur auf einen positiven Befehl der Verwaltungseinheit (32) hin in seine Schließstellung gekippt ist.
Die Änderung des Anspruchs 1 im Hilfsantrag 4 ist unzulässig, da der Begriff „beim Betrieb der Aufzugsanlage“ weder den ursprünglichen Unterlagen noch der Patentschrift zu entnehmen ist. Der „Betrieb einer Aufzugsanlage“ umfasst neben der normalen Nutzung des Aufzugs auch die lediglich funktionsfähige Bereitstellung des Aufzugs ohne seine konkrete Nutzung, beispielsweise durch Fahren der Kabine. Eine Offenstellung des Verschließelements beim „Betrieb“ der Aufzugsanlage und somit während der gesamten Zeit seiner Bereitstellung im funktionsfähigen Zustand ist jedoch im Streitpatent nicht offenbart. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 8 nach Hilfsantrag 4 neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
II.6 Zum Hilfsantrag 5 Patentansprüche 1 und 8 laut dem Hilfsantrag 5 (entspricht dem Hilfsantrag 4 vom 31. August 2015) unterscheiden sich von den erteilten unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 jeweils durch die folgenden zusätzlichen Merkmale:
Anspruch 1
15M7 wobei, wenn eine Lüftung des Schachts (14) nicht erforderlich ist, das Verschließelement (30) in seine Schließstellung gekippt ist, zur Verwaltung der Wärmeenergie des Gebäudes (10) das Verschließelement zwischen seiner Offenstellung und seiner Schließstellung gekippt wird.
Anspruch 8
85M7 und wobei, wenn eine Lüftung des Schachts (14) nicht erforderlich ist,
das Verschließelement (30) in seine Schließstellung gekippt ist, zur Verwaltung der Wärmeenergie des Gebäudes (10) das Verschließ- element zwischen seiner Offenstellung und seiner Schließstellung gekippt wird.
Die gemäß Art. II § 6 Abs. 3 IntPatÜbkG geänderten Ansprüche 1 und 8 im Hilfsantrag 5 entsprechen nicht den Vorgaben des Art. 84 EPÜ. Es wird zum einen nicht deutlich, in welchem Sinnzusammenhang der Satzteil „zur Verwaltung der Wärmeenergie des Gebäudes (10) das Verschließelement zwischen seiner Offenstellung und seiner Schließstellung gekippt wird“ mit den vorangestellten Satzteilen steht (vgl. auch BGH GRUR 2010, 709 – Proxyserversystem).
Zum anderen läge bei einer einfachen „und“-Beziehung ein logischer Widerspruch zwischen den laut Merkmal gleichzeitigen Zuständen „in Schließstellung gekippt“ und „zwischen Offenstellung und Schließstellung gekippt“ vor. Wenn die Lüftung des Schachts nicht erforderlich wird, ist laut erster Hälfte des im Hilfsantrag 5 hinzugefügten Merkmals das Verschließelement in seine Schließstellung gekippt. Andererseits soll es - bei gleicher Ausgangsbedingung, nämlich wenn keine Lüftung des Schachts erforderlich ist - zur Verwaltung der Wärmeenergie zwischen seiner Offenstellung und seiner Schließstellung gekippt sein. Dieser Widerspruch ist nicht auflösbar und führt ebenfalls dazu, dass das Merkmal und damit der jeweilige Anspruchsgegenstand unklar ist.
Bei dieser Sachlage kann ebenfalls dahinstehen, ob die Gegenstände laut den Patentansprüchen 1 und 8 nach Hilfsantrag 5 neu sind und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
II.7 Zu den Unteransprüchen der Hilfsanträge Die auf die Patentansprüche 1 und 7 bzw. 1 und 8 laut den Hilfsanträgen 1 bis 5 jeweils unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Unteransprüche fallen mit dem Hauptanspruch bzw. Nebenanspruch. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt ist weder geltend gemacht worden noch ersichtlich (BGH X ZR 109/08 – Sensoranordnung).
B. Kostenentscheidung Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
C. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift, die auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130) eingereicht werden kann, muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet oder im Fall der elektronischen Einreichung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur versehen sein, die von einer internationalen Organisation auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes herausgegeben wird und sich zur Bearbeitung durch das jeweilige Gericht eignet. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb eines Monats schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht oder als elektronisches Dokument in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes (www.bundesgerichtshof.de/erv.html) übertragen werden. Die Berufungsfrist be- ginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht.
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