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2 StR 101/22

BUNDESGERICHTSHOF StR 101/22 BESCHLUSS vom 11. Oktober 2022 in der Strafsache gegen wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2022:111022B2STR101.22.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts ‒ zu Ziffer 2. auf dessen Antrag ‒ am 11. Oktober 2022 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. Juni 2021, soweit es ihn betrifft, im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von einem Jahr und neun Monaten angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Überprüfung des Schuld- und Strafausspruchs sowie der Einziehungsentscheidung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2. Hingegen hält die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Diese erweist sich zunächst deshalb als rechtsfehlerhaft, weil die Feststellungen und Wertungen des Landgerichts den erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen den Taten des Angeklagten und dessen Hang zu einem übermäßigen Betäubungsmittelkonsum nicht belegen.

aa) Ein symptomatischer Zusammenhang liegt vor, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist. Er ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder mittelbar über den Erlös aus der Verwertung der Beute auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum gedient hat. Bei Taten, die nicht auf die Erlangung von Rauschmitteln selbst oder von Geld zu deren Beschaffung abzielen, bedarf die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hang und Anlasstat besonderer hierfür sprechender Umstände (st. Rspr.; vgl. etwa Senat, Urteil vom 18. Dezember 2019 ‒ 2 StR 331/19, juris Rn. 7 f. mwN).

bb) Zwar hat die Strafkammer im Ausgangspunkt zutreffend gesehen, dass die täterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an der Marihuanaplantage mit Gewinnerzielungsabsicht keine typische Symptomtat im Sinne des § 64 Satz 1 StGB darstellt, da das Marihuana nicht selbst konsumiert, sondern mit Gewinnerzielungsabsicht weiterveräußert werden sollte.

cc) Indes genügt ihre weitergehende Wertung, der symptomatische Zusammenhang sei gleichwohl gegeben, weil „nicht zu widerlegen [sei], dass der Angeklagte […] den Gewinn aus der Plantage in E.

zum Erwerb von Kokain und Marihuana für den Eigenkonsum nutzen wollte“, den aufgezeigten Maßstäben nicht. Für eine Hangtat sprechende Anhaltspunkte zeigen die Urteilsgründe nicht auf. Vielmehr spricht der mit hohem Organisationsgrad betriebene Betäubungsmittelhandel des Angeklagten gegen einen solchen symptomatischen Zusammenhang. Dies gilt umso mehr, als er nach den Feststellungen als eines der führenden Bandenmitglieder mindestens ein Drittel der Kosten für den Aufbau und die Unterhaltung der Plantage übernahm, mithin bereits vor der Tat über erhebliche Barmittel zur Finanzierung der Plantage und mithin auch für seinen Eigenkonsum verfügte.

b) Auch die für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt.

aa) Die Anordnung der Maßregel setzt nach der Vorschrift die hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg voraus. Erforderlich ist die Prognose, dass bei erfolgreichem Verlauf die Gefährlichkeit aufgehoben oder deutlich herabgesetzt wird, und dass sich in Persönlichkeit und Lebensumständen des Täters konkrete Anhaltspunkte finden, die einen solchen Verlauf erwarten lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. August 2018 − 4 StR 54/18, juris, Rn. 17; vom 14. August 2019 − 4 StR 147/19, juris Rn. 3). Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung kann die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolgs nicht stützen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2018 − 1 StR 51/18, juris Rn. 14 mwN). Notwendig, aber auch ausreichend ist eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs; einer sicheren oder unbedingten Gewähr bedarf es nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2021 – 2 StR 104/21, juris Rn. 18; BGH, Beschluss vom 23. November 2021 − 4 StR 289/21, juris Rn. 3, jeweils mwN).

bb) Diesen Maßstab hat die Strafkammer verfehlt. Sie hat lediglich festgestellt, dass „Umstände, die gegen eine Erfolgsaussicht sprechen, nicht ersichtlich seien, da der Angeklagte bisher keinen Therapieversuch unternommen habe und sich therapiewillig darstelle.“ Insofern bleibe „zu hoffen, dass er in der Unterbringung nicht lediglich eine Haftvermeidung sucht, sondern für seine Persönlichkeit Vorteile aus der Behandlung zu ziehen vermag.“ Damit wird lediglich die Möglichkeit, nicht aber die richterliche Überzeugung von der konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg aufgezeigt.

c) Die Sache bedarf insoweit ‒ naheliegender Weise unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) ‒ neuer Verhandlung und Entscheidung.

Franke Eschelbach RiBGH Meyberg ist wegen Krankheit an der Unterschrift gehindert.

Franke Grube Schmidt Vorinstanz: Landgericht Aachen, 15.06.2021 - 63 KLs-903 Js 222/20-4/21

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