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XII ZB 540/17

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 540/17 BESCHLUSS vom 7. März 2018 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja BGB § 1896 Abs. 1a Die tatrichterliche Feststellung, die freie Willensbildung des Betroffenen sei "erheblich beeinträchtigt", erlaubt nicht den Schluss, dass der Betroffene zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage ist (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 17. Mai 2017 - XII ZB 495/16 - FamRZ 2017, 1341 und vom 16. März 2016 - XII ZB 455/15 - FamRZ 2016, 970).

BGH, Beschluss vom 7. März 2018 - XII ZB 540/17 - LG München II AG Miesbach

0.

ECLI:DE:BGH:2018:070318BXIIZB540.17.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts München II vom 18. September 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

Die im Jahr 1949 geborene Betroffene leidet an einem ausgeprägten kombinierten hirnorganischen Psychosyndrom. Sie erteilte im November 2009 ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 1, eine umfassende Vorsorgevollmacht.

Seit Oktober 2015 war die Beteiligte zu 3, eine Rechtsanwältin, als Kontrollbetreuerin zur Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten bestellt. Ab Juli 2016 umfasste ihr Aufgabenkreis auch den Widerruf der Vorsorgevollmacht und ab Oktober 2016 den Widerruf aller von der Betroffenen erteilten Kontovollmachten bei der H.-Bank.

Mit Beschluss vom 10. November 2016 hat das Amtsgericht die Betreuung eingeschränkt, indem es die Widerrufsermächtigungen aus dem Aufgabenkreis herausgenommen hat. Die hiergegen von der Betroffenen mit dem Ziel einer vollständigen Aufhebung der Betreuung eingelegte Beschwerde hat das Landgericht - mit der unzutreffenden Bezeichnung "sofortige Beschwerde" zurückgewiesen.

Mit ihrer Rechtsbeschwerde wendet sich die Betroffene weiterhin insgesamt gegen die Betreuung.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Die Entscheidung des Landgerichts hält bereits deshalb rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil - wie durch die Rechtsmittel belegt ist - die Betreuerin gegen den Willen der Betroffenen bestellt worden ist, es aber an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen dazu fehlt, ob die Betroffene über einen freien Willen im Sinne des § 1896 Abs. 1a BGB verfügt. Auch eine sogenannte Kontrollbetreuung (§ 1896 Abs. 3 BGB) wie die vorliegende kann gemäß § 1896 Abs. 1a BGB nicht gegen den freien Willen des Betroffenen eingerichtet werden (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2015 - XII ZB 381/15 FamRZ 2016, 456 Rn. 9 mwN).

Das Landgericht hat hierzu in seiner Entscheidung lediglich ausgeführt, die Fähigkeit der Betroffenen zur Bildung eines freien Willens in Bezug auf eine Kontrollbetreuung werde vom Sachverständigen "nachvollziehbar als erheblich beeinträchtigt geschildert". Dabei hat es sich auf die Aussage im - vom Amtsgericht dem Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen in Abschrift übersandten und daher entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ohne weiteres verwertbaren (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 334/17 - juris Rn. 12) - Gutachten gestützt, dass die "freie Willensbildung (…) als erheblich eingeschränkt anzusehen" sei. Damit steht nicht fest, dass die Betroffene zu einer freien Willensbildung nicht mehr in der Lage ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Mai 2017 - XII ZB 495/16 - FamRZ 2017, 1341 Rn. 13 und vom 16. März 2016 - XII ZB 455/15 - FamRZ 2016, 970 Rn. 8).

2. Die angefochtene Entscheidung ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben und die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG). Dieses wird nunmehr die erforderlichen Feststellungen zur Frage des Vorliegens eines freien Willens der Betroffenen im Sinne des § 1896 Abs. 1a BGB zu treffen haben.

Für den Fall, dass es der Betroffenen am freien Willen fehlt, weist der Senat auf Folgendes hin: Wie das Landgericht zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann das Bedürfnis nach einer Kontrollbetreuung nicht allein damit begründet werden, der Vollmachtgeber sei aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage, den Bevollmächtigten zu überwachen. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, also durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird. Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (Senatsbeschlüsse vom 26. Juli 2017 - XII ZB 143/17 - FamRZ 2017, 1714 Rn. 12 f. und vom 16. Juli 2014 - XII ZB 142/14 - FamRZ 2014, 1693 Rn. 11 f.). Soweit die Rechtsbeschwerde höhere rechtliche Hürden für die Errichtung einer Kontrollbetreuung behauptet, ist das unzutreffend und verkennt, dass es nicht (mehr) um eine Widerrufsermächtigung geht (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 23. September 2015 - XII ZB 624/14 - FamRZ 2015, 2163 Rn. 17).

Nach diesen Maßgaben legen die - auch verfahrensrechtlich nicht zu beanstandenden - tatrichterlichen Feststellungen zu den Verdachtsmomenten gegen den Bevollmächtigten die Bestellung eines Betreuers zur Geltendmachung von Rechten des Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten jedenfalls nahe.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose Botur Schilling Guhling Nedden-Boeger Vorinstanzen: AG Miesbach, Entscheidung vom 10.11.2016 - 1 XVII 504/15 (2) LG München II, Entscheidung vom 18.09.2017 - 6 T 175/17 -

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