18 W (pat) 81/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 81/14 Verkündet am 6. Februar 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 198 35 647.1 - 53 …
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die unter Inanspruchnahme der Priorität der US-amerikanischen Patentanmeldung 08/907200 vom 6. August 1997 am 6. August 1998 beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichte Patentanmeldung 198 35 647.1 - 53 mit der Bezeichnung
„Computersystem und Verfahren zum Lesen von HID-Dateneinheiten“
wurde mit dem am 13. April 2010 zugestellten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 18. März 2010 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die unabhängigen Patentansprüche aufgrund der fehlenden Patentfähigkeit ihrer Gegenstände gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht gewährbar seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 12. Mai 2010 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangene Beschwerde der Anmelderin.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2010 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 53, 12. Dezember 2007,
eingegangen am
- Beschreibung, Seiten 1 und 3 bis 25, eingegangen am 6. August 1998, Seiten 2 und 2a, eingegangen am 12. Dezember 2007,
- Figuren 1 und 4, eingegangen am 6. August 1998 Figuren 2 und 3, eingegangen am 12. Dezember 2007,
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene nebengeordnete Patentanspruch 33 lautet:
M1 „Computerlesbares Speichermedium enthaltend von einem Computer ausführbare Befehle,
M1.1 die einen Gruppe aus Schnittstellenfunktionen definieren, M1.2 die in einem Computersystem aufrufbar sind,
M2.1 das einen Human Interface Device (HID)-Einrichtung aufweist, M2.2 die HID-Reporte enthaltend Dateneinheiten und einen HID-Reportdeskriptor aufweist, welcher die HID-Reporte und Anordnung, Formatierung und Verwendungsspezifikationen der Dateneinheiten innerhalb der HID-Reporte beschreibt,
wobei die Gruppe aus Schnittstellenfunktionen durch folgende Befehle definiert ist:
M3 eine Deskriptoranalysefunktion, die ein Funktionsargument umfassend einen HID-Reportdeskriptor empfängt und abhängig davon den HID-Reportdeskriptor analysiert und eine analysierte Reportbeschreibung gestützt auf den HID-Reportdeskriptor zurückgibt; M4 eine oder mehrere Dateneinheit-Wiedergewinnungsfunktionen, welche Funktionsargumente umfassend einen HID-Report, die analysierte Reportbeschreibung und eine Verwendungsspezifikation empfangen; wobei die eine oder mehreren Dateneinheit-Wiedergewinnungsfunktionen eine oder mehrere Dateneinheiten aus dem HIDReport wiedergewinnen und zurückgeben, welche die Verwendungsspezifikationen haben, die in den Argumenten für die DateneinheitWiedergewinnungsfunktionen angegeben sind.“
Wegen des Wortlauts der weiteren unabhängigen Ansprüche 1, 15, 25, 42, 46 und 50 sowie der geltenden Unteransprüche 2 bis 14, 16 bis 24, 26 bis 32, 34 bis 41, 43 bis 45, 47 bis 49 und 51 bis 53 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig, die Gegenstände der geltenden Ansprüche dem Patentschutz zugänglich und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde richtet sich gegen den in der Anhörung am 18. März 2010 ergangenen Beschluss, dessen ausgefertigte Begründung der Anmelderin ausweislich der Amtsakte mit dem Datum 22. März 2010 übersandt worden ist.
2. Die Beschwerde ist nicht begründet, da sich der Gegenstand des Patentanspruchs 33 nach § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG als nicht dem Patentschutz zugänglich erweist.
3. Die Anmeldung betrifft Treiber, die in Verbindung mit Mensch-MaschineSchnittstelleneinrichtungen (human interface device; HID) arbeiten, und Verfahren zum Lesen von und Schreiben in solche Treiber und Schnittstellen (geltende Beschreibung, Seite 1, erster Abs.).
Die Anmeldung geht von der zum Anmeldungszeitpunkt aktuellen HID-Spezifikation des USB Implementer’s Forum (USB-IF) aus (vgl. geltende Beschreibung, Seite 2a, letzter Abs.). Diese ist als “Universal Serial Bus (USB) Device Class Definition for Human Interface Devices (HID) – Firmware Speciification” in Version 1.0 vom 21. Juni 1997 beispielsweise im Internet unter www.otdl.com/usbhid10.pdf veröffentlicht. Zu HID-Einrichtungen ist in der Beschreibungseinleitung angegeben, dass diese Daten in Datenpaketen in Form von „Reporten“ oder „Berichten“ sendeten und empfingen. Jedes Steuerelement der HID-Einrichtungen habe eine zugehörige „Verwendung“, die vom Hersteller der HID-Einrichtung spezifiziert werde. Die Verwendungen lieferten den auf den Rechnern laufenden Anwendungsprogrammen Informationen über Parameter, die von verschiedenen Steuerelementen der Schnittstelleneinrichtungen gemessen würden, und darüber, wie die von den Steuerelementen erzeugten Dateneinheiten verwendet werden sollten. Die Anordnung und Formatierung der HID-Reporte variiere erheblich von Einrichtung zu Einrichtung. Im Allgemeinen enthalte jeder Report mehrere Dateneinheiten, die in einer beliebigen Reihenfolge aufträten und in verschiedenen Formaten mitgeteilt werden könnten. Die Reporte selbst könnten verschiedene Längen aufweisen, wobei eine Einrichtung ihre Dateneinheiten auch in zwei oder mehr Reporte aufteilen könne. Jede HID-Einrichtung erzeuge außerdem einen HID-Reportdeskriptor, der die von dieser Einrichtung erzeugten Reporte spezifiziere. Für die Reporte dieser HID-Einrichtung beschreibe der Reportdeskriptor die Anordnung und Formatierung der darin enthaltenen Datenelemente sowie die zu jedem Datenelement gehörenden Verwendungen. Jedes Anwendungsprogramm, das HIDReportdaten verwende, müsse daher zunächst den zugehörigen Reportdeskriptor analysieren, um zu ermitteln, wie die einzelnen Reporte interpretiert werden könnten und wie die Datenelemente innerhalb der Reporte gefunden werden könnten. Obwohl alle Informationen zur Auswertung der Reporte im Reportdeskriptor zur Verfügung stünden, sei das Analysieren der Information ziemlich schwierig und das Puffern und Analysieren der tatsächlichen Reporte sei kompliziert, da viele Formate berücksichtigt werden müssten (vgl. geltende Beschreibung, Seite 3, erster Abs. bis Seite 6, zweiter Abs.).
Die Anmelderin nennt als Aufgabe, eine eingeschränkte Hardwarekompatibilität aufzuheben, welche daraus entstehe, dass Anwendungssoftware HIDGeräte nur dann nutzen könne, die bereits in der Anwendersoftware vorgesehen seien (vgl. Schriftsatz vom 25. Mai 2010, Seite 4, Abschnitt 2.1).
Die genannte Aufgabe soll unter anderem durch den auf ein computerlesbares Speichermedium gerichteten unabhängigen Patentanspruch 33 gelöst werden.
4. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 33 liegt grundsätzlich auf technischem Gebiet im Sinne des § 1 Abs. 1 PatG, da die Verwendung eines Computersystems zur Ausführung der im computerlesbaren Speichermedium enthaltenen Befehle vorausgesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2011 – X ZR 121/09, GRUR 2011, 610, zweiter Leitsatz – Webseitenanzeige).
5. Das computerlesbare Speichermedium gemäß Anspruch 33 ist jedoch gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG dem Patentschutz nicht zugänglich. Denn die enthaltenen, vom Computer ausführbaren Befehle stellen allein auf die Auswertung von Daten (HID-Reporte) anhand einer vorliegenden Beschreibung dieser Datensätze (HID-Reportdeskriptor) ab. Die beanspruchte Lehre dient dabei nicht der Lösung einer konkreten technischen Problemstellung mit technischen Mitteln, da zur Auswertung der HID-Reporte keine Kenntnisse über technische Gegebenheiten innerhalb des HID-Geräts oder des die Befehle ausführenden Computers selbst erforderlich sind.
Datenverarbeitungsprogramme sind als solche gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen. Ein solches Programm (Computerprogramm als solches) wird jedoch nicht bereits dadurch patentfähig, dass es in gespeicherter Form auf einem herkömmlichen Datenträger angemeldet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2001 – X ZB 16/00, GRUR 2002, 143, zweiter Leitsatz – Suche fehlerhafter Zeichenketten). Vielmehr muss die dem Datenverarbeitungsprogramm zugrunde liegende Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 2010 – Xa ZB 20/08, GRUR 2010, 613, zweiter Leitsatz – Dynamische Dokumentengenerierung; sowie BGH – Webseitenanzeige, erster Leitsatz, a. a. O.). Ob ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln (vgl. BGH – Webseitenanzeige, Abs. III.1.aa), a. a. O.).
Die im beanspruchten computerlesbaren Speichermedium gemäß Patentanspruch 33 enthaltenen und von einem Computer ausführbaren Befehle definieren eine Gruppe von Schnittstellenfunktionen (vgl. Merkmale M1, M1.1). Diese Befehle sind in einem Computersystem aufrufbar (vgl. Merkmal M1.2). Der Senat geht im Folgenden davon aus, dass die im Speichermedium enthaltenen Befehle im Sinne der Entscheidung „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ des Bundesgerichtshofs so mit einem geeigneten Computersystem zusammenarbeiten sollen, dass durch die Abarbeitung der Befehle im Computer die Schnittstellenfunktionen ausgeführt werden (vgl. BGH – Suche fehlerhafter Zeichenketten, Abschnitte B.I. und B.II., a. a. O.). Bei dem beanspruchten computerlesbaren Speichermedium, das von einem Computer ausführbare Befehle zum Realisieren von Schnittstellenfunktionen enthält, handelt es sich somit um einen Datenträger, der ein oder mehrere Datenverarbeitungsprogramme umfasst, die durch die Funktion ihrer Schnittstellen charakterisiert sind.
Wie bereits ausgeführt, geht die vorliegende Anmeldung von Computersystemen aus, die HID-Einrichtungen aufweisen. Diese verwenden HID-Reporte und HID-Deskriptoren gemäß einer vorgegebenen HID-Spezifikation zur Kommunikation mit dem Computersystem (vgl. geltende Beschreibung, Seite 2a, letzter Absatz). Bei den Merkmalen M2.1 und M2.2 des beanspruchten computerlesbaren Speichermediums, die das Vorhandensein einer HID-Einrichtung sowie der zugehörigen Reporte und Deskriptoren im Computersystem beschreiben, handelt es sich somit um Vorgaben an den Fachmann, die nicht der Problemlösung, sondern dem Problem selbst zuzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 2009 – Xa ZR 22/06, GRUR 2010, 44, erster Leitsatz – Dreinahtschlauchfolienbeutel).
Zur Verarbeitung von HID-Reporten und zugehörigen HID-Reportdeskriptoren sind gemäß Anspruch 33 zwei Arten von Schnittstellenfunktionen – eine Deskriptoranalysefunktion und eine Dateneinheit-Wiedergewinnungsfunktionen – vorgesehen (vgl. Merkmale M3 und M4). Die Deskriptoranalysefunktion (Merkmal M3) dient der inhaltlichen Auswertung des von einem aufrufenden Programm als Parameter angegebenen Reportdeskriptors, wobei die erzeugte „analysierte Reportbeschreibung“ an die aufrufende Software zurückgegeben wird. Diese „analysierte Reportbeschreibung“ gibt die Beschreibung der HID-Reporte eines HID-Geräts durch den HID-Reportdeskriptor nur in anderer, aufbereiteter Form wieder, die unkomplizierter und verständlicher sein soll (vgl. geltende Beschreibung, S. 18, Zn. 3-8). Aus der Tatsache, dass ein HID-Gerät gemäß der HID-Spezifikation alternative, vorbestimmte Formate bei der Bereitstellung von HID-Reporten verwenden kann, ergibt sich kein Zusammenhang mit technischen Gegebenheiten innerhalb dieses HID-Geräts, zumal das Gerät mit dem HID-Reportdeskriptor bereits alle erforderlichen Informationen zum Auswerten der Reporte bereitstellt. Die Deskriptoranalysefunktion beschreibt daher nur Maßnahmen der Auswertung und Verwendung von Daten, die der BGH in der Entscheidung „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“ außertechnischen Vorgängen zurechnet (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2009 – X ZB 22/07, GRUR 2009, 479, Abschnitt II. 3.). Die Dateneinheit-Wiedergewinnungsfunktionen (Merkmal M4) liefern dem aufrufenden Programm Dateneinheiten aus einem HID-Report, der als Funktionsargument zusammen mit einer „analysierten Reportbeschreibung“ und einer „Verwendungsspezifikation“ übergeben wurde. Aufbau und Struktur des Reports sind dabei durch den vorliegenden HID-Reportdeskriptor vorgegeben, auf dem die daraus abgeleitete „analysierte Reportbeschreibung“ beruht (vgl. vorstehende Ausführungen zur Deskriptoranalysefunktion). Bei dem Parameter „Verwendungsspezifikation“ handelt es sich um die hardwareunabhängige Beschreibung von vordefinierten Verwendungsklassen, wie sie die HID-Spezifikation als „Usage“ vorsieht. Die Funktionalität der DateneinheitWiedergewinnungsfunktion erschöpft sich daher ebenfalls in der Auswertung angegebener Daten (HID-Report) auf Basis einer vorliegenden Beschreibung der Struktur dieser Daten (analysierte Reportbeschreibung) und der Angabe der gewünschten Dateneinheiten aus dem Report anhand deren Verwendungsspezifikation. Diese Auswertung des Reports basiert damit allein auf der bereits im Reportdeskriptor vorliegenden Beschreibung der im Report eines HID-Geräts enthaltenen Daten, ohne dass hierbei Kenntnisse der technischen Funktion des HID-Geräts oder zu technischen Gegebenheiten in einem solchen Gerät erforderlich sind. Daher beschreibt auch die Dateneinheit-Wiedergewinnungsfunktion nur Vorgänge der Auswertung und Verwendung von Daten.
Daraus ergibt sich als die dem Gegenstand des Patentanspruchs 33 zugrunde liegende objektive Problemstellung, für Anwendungsprogramme in einem Computersystem, das eine Human Interface Device-Einrichtung (HIDEinrichtung) aufweist, eine verbessere und einfachere Auswertung der von dieser HID-Einrichtung gelieferten HID-Reporte und zugehörigen HID-Reportdeskriptoren gemäß einer bereits bekannten HID-Spezifikation – wie der in der Beschreibungseinleitung genannten Spezifikation des USB Implementer’s Forum – zu ermöglichen. Dies ist jedoch keine technische Aufgabe, die mit technischen Mitteln gelöst wird, da die beanspruchten Schnittstellenfunktionen gerade nicht auf technische Gegebenheiten innerhalb oder außerhalb der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nehmen und sich die beanspruchte Lehre auch nicht mit der Steuerung der Datenverarbeitungsanlage selbst auseinandersetzt.
Die beanspruchten Funktionen der Gruppe aus Schnittstellenfunktionen beschränken sich – wie vorstehend erläutert – ausschließlich auf eine alternative Darstellung von HID-Reportdeskriptoren („analysierte Reportbeschreibung“) und eine Ermittlung von Dateninhalten der HID-Reporte („Dateneinheiten“) anhand der vorgegebenen Beschreibung des Aufbaus dieser Reporte. Gegenüber der Implementierung der Auswertung von HID-Reporten im jeweiligen Anwendungsprogramm bieten die beanspruchten zentralen Schnittstellenfunktionen zweifellos Vorteile, da mehrfache Implementierungen gleicher Vorgänge vermieden und damit Anpassungen erleichtert werden. Diese Vorteile resultieren jedoch nicht aus der Berücksichtigung von technischen Randbedingungen im zugrunde liegenden System, sondern aus einer üblichen modularen Programmierung, durch die gemeinsame, zentrale Schnittstellen für die Verwendung einheitlicher Funktionen durch eine Mehrzahl von Anwendungsprogrammen zur Verfügung gestellt werden. Hierbei sind die beanspruchten Schnittstellenfunktionen ausschließlich durch Maßnahmen der Programmierung und Datenverarbeitung charakterisiert, wobei weder eine Berücksichtigung technischer Gegebenheiten innerhalb der HID-Geräte oder des Computersystems ersichtlich ist, noch technische Merkmale der Kommunikation zwischen HID-Gerät und Computersystem Berücksichtigung finden. Zwar erhält die Beschreibung des Reports als Ergebnis der Deskriptoranalysefunktion auch eine neue Datenstruktur („analysierte Reportbeschreibung“). Diese trägt jedoch nicht den technischen Gegebenheiten innerhalb des HIDGeräts oder den technsichen Eigenschaften des diese Funktion ausführenden Computersystems Rechnung, sondern ist nur an die Funktion eines Parsers – also an ein weiteres Datenverarbeitungsprogramm – angepasst (vgl. geltende Beschreibung, S. 18, Zn. 10-13). Die den Schnittstellenfunktionen und damit dem beanspruchten computerlesbaren Speichermedium zugrunde liegende Problemstellung wird daher auch nicht mit technischen Mitteln gelöst, sondern erschöpft sich in außertechnischen Maßnahmen der Datenverarbeitung.
Das von der Anmelderin angeführte Beispiel einer Anwendungssoftware, die Richtungsangaben eines Eingabegeräts ohne Kenntnis des Geräts mittels der beanspruchten Schnittstellenfunktionen abfragen kann, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn hierbei wird die Auswertung der HID-Reportdeskriptoren und HID-Reporte nur von der Anwendungssoftware auf separate Schnittstellenfunktionen verlagert. Die Unabhängigkeit von einem kon- kreten HID-Gerät (bspw. einem Joystick) beruht dabei allein auf vordefinierten Verwendungsangaben, wie sie die HID-Spezifikation vorsieht und die auch durch eine Anwendungssoftware ausgewertet werden können. Denn allein die beim Aufruf der Schnittstelle anzugebende „Verwendungsspezifikation“ – welche die gewünschten Dateneinheiten gemäß Reportbeschreibung angibt – ermöglicht, dass bspw. die im HID-Report als Richtungsangaben klassifizierten Eingaben von einer Tastatur oder einem Touchpad ohne Kenntnis des Geräts in gleicher Weise wie die Richtungsangaben von einem Joystick verwendet werden können. Damit sind die Schnittstellenfunktionen jedoch nur insoweit kompatibel zu beliebigen HID-Geräten, soweit der Anwendungssoftware deren Verwendungen bereits vorab bekannt sind. Eine Hardwarekompatibilität besteht somit nur aufgrund und im Umfang der vorab – bspw. auf Basis der HID-Spezifikation – festgelegten und im Reportdeskriptor beschriebenen Reportinhalte und deren Dateneinheiten, nicht aufgrund der Schnittstellenfunktionen selbst. Diese beschreiben vielmehr nur eine geeignete Implementierung von Auswertefunktionen für die HID-Reporte mittels vorliegender HID-Reportdeskriptoren. Kenntnisse der technischen Funktion der HID-Geräte oder des die Schnittstellen bereitstellenden Computersystems bedarf es dabei nicht.
Die Anmelderin hat darauf verwiesen, dass der Bundesgerichtshof bereits in der Entscheidung „Seitenpuffer“ eine programmbezogene Lehre als technisch angesehen habe, wenn sie in einer Datenverarbeitungsanlage das „unmittelbare Zusammenwirken ihrer Elemente“ ermögliche (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juni 1991 – X ZB 13/88, GRUR 1992, 33, erster Leitsatz). Der in dieser Entscheidung behandelte grundsätzlich technische Charakter der Lehre wird auch vorliegend nicht in Abrede gestellt (vgl. Abs. II.4.). Die Anmelderin hat weiter auf die BGH-Entscheidung „Dynamische Dokumentengenerierung“ (a. a. O.) hingewiesen. In dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass nicht der Einsatz eines Computerprogramms selbst, sondern die Lösung eines technischen Problems mit Hilfe eines programmierten Rechners eine Überwindung des Patentierungsauschlusses für Datenverarbeitungsprogramme gemäß § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG zur Folge haben kann. Ein technisches Mittel zur Lösung eines technischen Problems liegt neben dem Modifizieren oder dem grundsätzlich abweichenden Adressieren von Gerätekomponenten auch dann vor, wenn der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt (vgl. BGH – Dynamische Dokumentengenerierung, Abs. II.4.c)). Das Bereitstellen der beanspruchten Schnittstellenfunktionen zur Auswertung von HID-Reportdeskriptoren und HID-Reporten betrifft jedoch – wie vorstehend ausgeführt – allein das Zusammenwirken von Programmkomponenten zur Verarbeitung von im Rechner vorliegenden Daten. Dabei ist in den Schnittstellenfunktionen weder eine Rücksichtnahme auf technische Gegebenheiten in der Datenverarbeitungsanlage oder im HID-Gerät zu erkennen, noch werden durch diese Gerätekomponenten modifiziert oder in besonderer Weise adressiert.
Die in Anspruch 33 beanspruchte Lehre dient somit nicht der Lösung einer konkreten technischen Problemstellung mit technischen Mitteln (vgl. BGH – Suche fehlerhafter Zeichenketten, BGH – Webseitenanzeige, BGH –Dynamische Dokumentengenerierung; jeweils a. a. O.). Der Gegenstand des Anspruchs 33 ist daher nicht dem Patentschutz zugänglich.
6. Mit dem nicht patentfähigen Anspruch 33 sind auch die weiteren unabhängigen Patentansprüche 1, 15, 25, 42, 46 und 50 sowie die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet ist und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abs. III. 3. aa – Informationsübermittlungsverfahren II). Daher kann auch dahinstehen, ob der jewei- lige Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 15, 25, 42, 46 und 50 überhaupt dem Patentschutz zugänglich ist.
7. Nachdem der geltende Anspruchssatz nicht patentfähig ist, war die Beschwerde zurückzuweisen.
III.
Der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr hat in der Sache keinen Erfolg, weil ein Rückzahlungsgrund im Sinne des § 80 Abs. 3 PatG nicht vorliegt.
Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen angeordnet werden. Ein Billigkeitsgrund kann bspw. darin liegen, dass sich die Zurückweisung der Anmeldung als eine unangemessene oder unzweckmäßige Sachbehandlung darstellt, oder der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör verletzt wurde (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 73 Rn. 128 ff., § 80 Rn. 111 ff.; Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 80 Rn. 21 ff.).
Die Anmelderin macht geltend, dass die Verfahrensführung der Prüfungsstelle das Gebot der Verfahrensökonomie verletzt habe. So sei der Einwand der mangelnden Technizität von der Prüfungsstelle erstmals im Bescheid datiert vom 25. Januar 2010 zusammen mit der Ladung zur Anhörung erhoben worden. Diesem Bescheid sei nur ein Bescheid vom 25. Januar 2007 vorausgegangen, in welchem die Patenterteilung grundsätzlich nach Beseitigung überwiegend formaler Beanstandungen in Aussicht gestellt worden sei. Diese habe die Anmelderin mit der Erwiderung auf den Erstbescheid am 12. Dezember 2007 ausgeräumt. Aus Sicht der Beschwerdeführerin liege daher ein Verstoß gegen die Verfahrensökonomie vor, weil der Einwand des Patentierungsausschlusses nach § 1 Abs. 3 und Abs. 4 PatG bereits im Erstbescheid hätte vorgebracht werden müssen (vgl. Schriftsatz vom 25. Mai 2010, Abschnitt II.4.).
Die Verfahrensökonomie ist ein dem Verfahrensrecht immanenter, allgemeiner Grundsatz, nach dem Verfahren sachdienlich, zweckmäßig, wirtschaftlich und effektiv durchzuführen sind (vgl. Schulte, a. a. O., Einleitung, Rn. 2). Eine unangemessene oder unzweckmäßige Sachbehandlung, die einen Verstoß gegen die Verfahrensökonomie darstellt, ist in der Regel in einem Zurückweisungsbeschluss zu sehen, der bspw. durch Nachfristgewährung, einen kurzen Zwischenbescheid oder Rücksprache bzw. Anhörung vermeidbar gewesen wäre (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rn. 155).
Mit dem Erstbescheid vom 25. Januar 2007 hat die Prüfungsstelle vier Druckschriften genannt und ausgeführt, dass diese dem Anmeldungsgegenstand nicht entgegenstehen. Eine Patenterteilung wurde bei Beseitigung weiterer Mängel in Aussicht gestellt, die in diesem Bescheid gerügt wurden. Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2007 hat die Anmelderin ein neues Patentbegehren eingereicht und hilfsweise einen Antrag auf Anhörung gestellt. Zusammen mit der Ladung zur Anhörung für den 18. März 2010 hat die Prüfungsstelle am 25. Januar 2010 einen weiteren Bescheid erlassen, in dem sie geltend macht, dass der Gegenstand des Hauptanspruches unter erneuter Prüfung des Sachverhalts aufgrund § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen sei. Sie hat ihre Auffassung begründet und festgestellt, dass der Anmeldung kein Erfolg in Aussicht gestellt werden könne. In der Anhörung am 18. März 2010 hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung aufgrund des Patentierungsausschlusses nach § 1 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG zurückgewiesen.
Ein Verstoß gegen das Gebot der Verfahrensökonomie ist im vorliegenden Verfahrensverlauf nicht ersichtlich.
Das Gebot der Verfahrensökonomie steht nicht der Möglichkeit entgegen, seitens der Prüfungsstelle Korrekturen einer fehlerhaften oder unvollständigen Beurteilung des beanspruchten Gegenstandes vornehmen zu können. Solche Änderungen der Auffassung der Prüfungsstelle sind in einem weiteren Bescheid zu begründen (vgl. Schulte, a. a. O., § 45 Rn. 9), was vorliegend durch den Bescheid vom 25. Januar 2010 erfolgt ist. In der von der Anmelderin beantragten und wahrgenommenen Anhörung am 18. März 2010 wurde ihr Gelegenheit gegeben, die neu vorgebrachten Argumente zu diskutieren, so dass auch das rechtliche Gehör gewahrt wurde (§ 46 Abs. 1 Satz 2 PatG, Art. 103 Abs. 1 GG).
Die Ladungsfrist zur Anhörung, die eine angemessene Vorbereitung ermöglichen und mindestens zwei Wochen betragen sollte, wurde ausreichend lange gewählt (vgl. Schulte, a. a. O., § 46 Rn. 8). Hinweise auf eine als nicht ausreichend erachtete Frist zur Vorbereitung der Anhörung, bspw. zur Rücksprache der Inlandsvertreter mit der Anmelderin, sind der Amtsakte nicht zu entnehmen. Eine unangemessene Sachbehandlung in Form einer Verfahrensverzögerung ist im Verfahrensverlauf seitens der Prüfungsstelle ebenfalls nicht zu erkennen.
Der Argumentation der Prüfungsstelle liegt auch kein völlig falsches oder nicht nachvollziehbares Verständnis des Anmeldungsgegenstandes oder der einschlägigen Rechtsprechung zugrunde, so dass kein schwerwiegender Fehler in der sachlichen Beurteilung erkennbar ist (Schulte, a. a. O., § 73 Rn. 136-138).
Da die Anmelderin keine weiteren Billigkeitsgründe für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vorgetragen hat und diese für den Senat auch nicht ersichtlich sind, war der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen.
IV.
Eine Rechtsbeschwerde zu der von der Anmelderin aufgeworfenen Frage, ob der Patentierungsausschluss nach § 1 Abs. 3 und 4 PatG einem Patentbegehren entgegenstehe, „welches auf eine Lehre gerichtet ist, die das Zusammenwirken von Eingabe-/Ausgabe-Geräten mit einem Anwendungsprogramm in einer Datenverarbeitungsanlage durch besondere Ausgestaltung eines Datenverarbeitungsprogramms, welches auf der Datenverarbeitungsanlage abläuft, ermöglicht“, war nicht zuzulassen, da weder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG) noch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG).
Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Der Bundesgerichtshof hat bereits unter anderem in der Entscheidung „Dynamische Dokumentengenerierung“ dargelegt, dass eine Lehre nicht als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen ist, wenn sie ein konkretes technisches Problem mit technischen Mitteln löst. Eine Lösung mit technischen Mitteln liegt vor, „wenn der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird oder wenn die Lösung gerade darin besteht, ein Datenverarbeitungsprogramm so auszugestalten, dass es auf die technischen Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht nimmt“ (vgl. BGH, „Dynamische Dokumentengenerierung“, a. a. O.). Hiervon ausgehend war in Bezug auf das vorliegend beanspruchte computerlesbare Speichermedium nur noch zu beurteilen, ob die besondere Ausgestaltung des auf dem Speichermedium vorliegenden Datenverarbeitungsprogramms, welches ein Zusammenwirken von Eingabe-/Ausgabe-Geräten mit einem Anwendungsprogramm ermöglichen soll, ein konkretes technisches Problem löst und die hierfür eingesetzten Mittel den technischen Gegebenheiten dieser Eingabe-/Ausgabe-Geräte oder der Datenverarbeitungsanlage selbst Rechnung tragen. Bei dieser Fragestellung handelt es sich jedoch um keine über die einschlägigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hinausgehende Rechtsfrage, sondern um eine Sachfrage.
Diese Frage konnte, wie vorstehend ausgeführt, im Rahmen der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für das beanspruchte computerlesbare Speichermedium entschieden werden.
Eine uneinheitliche Rechtsprechung der Senate des Bundespatentgerichts in Hinsicht auf die Patentierbarkeit von Verfahren und Vorrichtungen mit Bezug zur Datenverarbeitung hat die Anmelderin nicht geltend gemacht; eine solche ist auch für den Senat nicht ersichtlich.
V.
Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Dr. Schwengelbeck Altvater Hu