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XIII ZB 26/22

BUNDESGERICHTSHOF XIII ZB 26/22 BESCHLUSS vom 17. Juni 2025 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2025:170625BXIIIZB26.22.0 Der XIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Juni 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Roloff, den Richter Dr. Tolkmitt, die Richterinnen Dr. Vogt-Beheim und Dr. Holzinger sowie den Richter Dr. Kochendörfer beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 24. Februar 2022 wird auf Kosten der Vertrauensperson des Betroffenen zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Entgegen der Rechtsbeschwerde liegt der Haftverlängerung ein zulässiger Haftantrag der beteiligten Behörde zugrunde. Es fehlt nicht an einer Darlegung der zweifelsfreien Ausreisepflicht des Betroffenen. Die beteiligte Behörde hat die tatsächlichen Umstände, die nach ihrer Auffassung die Ausreisepflicht begründen, hinreichend detailliert dargestellt. Ob sich aus den dargestellten Umständen tatsächlich eine zweifelsfreie Ausreisepflicht ergibt, ist keine Frage der Zulässigkeit des Haftantrags, sondern der Begründetheit. Die Darlegungen der beteiligten Behörde sind auch nicht widersprüchlich, soweit auf die gegen die Ablehnung des Asylantrags erhobene Klage und den Eilrechtsschutz vor dem Verwaltungsgericht hingewiesen wird. Die gegen die Ablehnung des Asylantrags erhobene Klage hat gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach

§ 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG hindert nach § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG den Vollzug der angedrohten Abschiebung (Vollzugshemmung) und nicht deren Vollziehbarkeit (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2020 - 1 C 19/19, BVerwGE 167, 383 Rn. 39).

2. Der Betroffene war nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts, die auf die Ausführungen im Haftverlängerungsantrag Bezug nehmen, kraft Gesetzes wegen unerlaubter Einreise gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Er ist entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot eingereist. Der aus der Haft heraus gestellte Asylantrag, der ein vorrübergehendes Aufenthaltsrecht begründet, steht gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AsylG in der bis zum 26. Februar 2024 geltenden Fassung der Anordnung oder Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Dem Betroffenen wurde die Abschiebung im Bescheid vom 18. Januar 2022 vor der Verlängerung der Haft am 16. Februar 2022 auch angedroht und damit angekündigt (zum Erfordernis der Androhung im Fall unerlaubter Einreise: BGH, Beschlüsse vom 17. März 2016 - V ZB 39/15, juris Rn. 5; vom 4. April 2023 - XIII ZB 3/21, juris Rn. 19). Da sich der Betroffene in Haft befand, bedurfte es gemäß § 59 Abs. 5, § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG in der Fassung vom 15. August 2019 keiner Fristsetzung.

3. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde einen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot. Ein Verstoß liegt nicht darin, dass die beteiligte Behörde im Dezember 2021 davon ausging, der Betroffene müsse zur Ausstellung eines Passersatzpapiers dem türkischen Generalkonsulat vorgeführt werden, und deshalb keine frühere Abschiebung plante. Entgegen der Darstellung der Rechtsbeschwerde lässt sich der E-Mail der Zentralen Ausländerbehörde vom 3. Dezember 2021 nicht eindeutig entnehmen, dass eine solche Vorführung entbehrlich war. Erst aus dem Aktenvermerk vom 4. Januar 2022 ergibt sich, dass es nach Rücksprache mit der zentralen Ausländerbehörde einer erneuten Vorführung nicht bedurfte. Damit unterlag es im Dezember 2021 noch dem organisatorischen Spielraum der beteiligten Behörde, bei der Planung der Abschiebung von einer etwaig erforderlichen Vorführung beim türkischen Generalkonsulat zur Ausstellung von Passersatzpapieren auszugehen.

4. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war das Amtsgericht nicht verpflichtet, die Ehefrau des Betroffenen an dem Verfahren zu beteiligen und anzuhören. Die Beteiligung des Ehegatten des Betroffenen an dem Freiheitsentziehungsverfahren steht nach § 418 Abs. 3 Nr. 1 FamFG im Ermessen des Gerichts. Zwingende Gründe, die eine Beteiligung der Ehefrau des Betroffenen geboten hätten oder sonstige Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2010 - V ZB 9/10, InfAuslR 2010, 384 Rn. 17; vom 17. Juni 2010 - V ZB 127/10, juris Rn. 17; anders zur früheren Rechtslage aufgrund der gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 FrhEntzG zwingend vorgeschriebenen Anhörung des Ehegatten: BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2010 - 2 BvR 1825/08, BVerfGK 18, 125 Rn. 28). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war die Anhörung nicht zur Beurteilung der Fluchtgefahr unbedingt erforderlich. Das Amtsgericht hat ausgeführt, es sei aktenkundig, dass der Betroffene zu einer freiwilligen Ausreise nicht bereit sei. Das ist vor dem Hintergrund, dass er einen gegenüber der Ausländerbehörde für den 3. Juli 2020 zugesicherten freiwilligen Rückreiseflug nicht wahrgenommen und vor seiner Festnahme am 24. November 2021 versucht hatte, vor der Polizei zu flüchten, nicht zu beanstanden.

5. Schließlich greift auch die Rüge der Rechtsbeschwerde nicht durch, es fehle zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an der gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG 2022 erforderlichen Prognose der Durchführbarkeit der Abschiebung binnen drei Monaten.

a) Das Beschwerdegericht konnte davon ausgehen, dass bis zum Ablauf der Dreimonatsfrist das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz entschieden haben wird. Der Eilantrag ist am 31. Januar 2022 beim Verwaltungsgericht eingegangen. Nach § 36 Abs. 3 Satz 5 und 6 AsylG soll das Gericht über den Eilantrag grundsätzlich binnen einer Woche nach Ablauf der einwöchigen Ausreisefrist entscheiden, wobei die Frist verlängert werden kann. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Amtsgerichts, auf die das Beschwerdegericht Bezug nimmt, konnte prognostisch davon ausgegangen werden, dass das Verfahren bis zum 15. Februar 2022 abgeschlossen sein wird. Eine ausdrückliche Nachfrage beim Verwaltungsgericht war entbehrlich, weil die vom Amtsgericht angeordnete Haft ohnehin nur bis zum 25. Februar 2022, dem Folgetag der Entscheidung des Beschwerdegerichts, andauern sollte. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, dass das Einholen einer Auskunft des Verwaltungsgerichts die Haftzeit hätte verkürzen können.

b) Selbst wenn man von einem Prognosemangel ausgehen wollte, hätte sich dieser nicht ausgewirkt (vgl. BGH, vom 20. Februar 2024 - XIII ZB 24/21, juris Rn. 9 mwN). Der Betroffene ist am 25. Februar 2022 wie nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts am 23. Februar 2022 geplant abgeschoben worden. Das ergibt sich aus der Entlassungsmitteilung der Unterbringungseinrichtung vom 28. Februar 2022. Es ist nicht von Amts wegen weiter aufzuklären, ob - wie die Rechtsbeschwerde ohne Begründung behauptet - die Abschiebung rechtswidrig durchgeführt wurde, ohne die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuwarten. Dafür hätten konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden müssen, was nicht erfolgt ist. Der Umstand, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bis zum 25. Februar 2022 nicht zu den Gerichts- und Ausländerakten gelangt ist, genügt dafür nicht.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Festsetzung des Gegenstandswerts aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Roloff Holzinger Tolkmitt Vogt-Beheim Kochendörfer Vorinstanzen: AG Paderborn, Entscheidung vom 16.02.2022 - 11 XIV (B) 40/22 LG Paderborn, Entscheidung vom 24.02.2022 - 5 T 59/22 -

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1 3 GNotKG
1 36 GNotKG
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