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XII ZB 48/16

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 48/16 BESCHLUSS vom 29. Juni 2016 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja FamFG § 278 Abs. 3 Zu den Voraussetzungen einer Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe im Verfahren über die Verlängerung der Betreuung (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 und vom 2. März 2016 - XII ZB 258/15 - FamRZ 2016, 804).

BGH, Beschluss vom 29. Juni 2016 - XII ZB 48/16 - LG Essen AG Essen-Borbeck ECLI:DE:BGH:2016:290616BXIIZB48.16.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Günter und Guhling beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 29. Dezember 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

Für die Betroffene, die an einer paranoiden Schizophrenie leidet, besteht seit 2012 eine rechtliche Betreuung bezogen auf den Aufgabenkreis Vermögensangelegenheiten, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden und Ämtern sowie Heim- und Wohnungsangelegenheiten. Die Betroffene ist in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und einer im Wege der Rechtshilfe durchgeführten Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die Betreuung verlängert und eine Überprüfungsfrist bis zum 30. Oktober 2022 bestimmt. Das Landgericht hat die von der Betroffenen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde.

II.

Die nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht, dass das Landgericht nicht von einer persönlichen Anhörung der Betroffenen absehen durfte.

Gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG bestimmt sich das Beschwerdeverfahren nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Dies umfasst gemäß § 278 Abs. 1 FamFG die persönliche Anhörung des Betroffenen, was nach § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG auch im Verfahren über die Verlängerung der Betreuung gilt. Zwar kann das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der Durchführung von Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

Davon kann im vorliegenden Fall indessen nicht ausgegangen werden, weil die vom Amtsgericht im Wege der Rechtshilfe durchgeführte Anhörung durchgreifenden Bedenken begegnet.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einer Erstbestellung eines Betreuers die Anhörung des Betroffenen durch den erkennenden Richter grundsätzlich erforderlich. Die Notwendigkeit einer solchen Anhörung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 278 Abs. 3 FamFG. Danach darf die persönliche Anhörung nur dann im Wege der Rechtshilfe erfolgen, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung ohne eigenen Eindruck von dem Betroffenen getroffen werden kann, was auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt (Senatsbeschluss vom 16. März 2011 - XII ZB 601/10 - FamRZ 2011, 880 Rn. 19 mwN; vgl. zur Unterbringung Senatsbeschluss vom 2. März 2016 - XII ZB 258/15 FamRZ 2016, 804 Rn. 12 f.). Die grundsätzliche Notwendigkeit der persönlichen Anhörung durch den erkennenden Richter besteht nach § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG auch im Verfahren über die Verlängerung der Betreuung. Ordnet das Betreuungsgericht abweichend von dem in § 278 Abs. 3 FamFG niedergelegten Grundsatz eine Anhörung im Wege der Rechtshilfe an, so bedarf dies besonderer Gründe, aus denen sich ergibt, dass eine persönliche Anhörung nicht erforderlich war (vgl. Senatsbeschluss vom 2. März 2016 - XII ZB 258/15 FamRZ 2016, 804 Rn. 14).

Solche Gründe lassen sich weder dem amtsgerichtlichen Beschluss noch dem Beschwerdebeschluss entnehmen. Beide Beschlüsse verhalten sich nicht dazu, warum eine persönliche Anhörung der Betroffenen durch den erkennenden Richter entbehrlich sein sollte. Auch aus sonstigen Umständen lässt sich dies nicht ohne weiteres ersehen. Dass die Betroffene die beim Amtsgericht zuständige Richterin anrief, macht einen persönlichen Eindruck nicht entbehrlich. Der Umstand, dass die Betroffene ihre mangelnde Krankheitseinsicht schriftlich dokumentiert hat, lässt die Notwendigkeit der persönlichen Anhörung durch den erkennenden Richter ebenfalls nicht entfallen.

Da die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer nach § 278 Abs. 3 FamFG nur ausnahmsweise zulässigen Rechtshilfeanhörung somit nicht ersichtlich sind, durfte das Landgericht schon wegen des dem Amtsgericht unterlaufenen Verfahrensfehlers von einer eigenen persönlichen Anhörung nicht absehen.

2. Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben, weil nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung im Fall der Durchführung der persönlichen Anhörung durch das Landgericht anders ausgefallen wäre. Diese wird vom Landgericht daher nachzuholen sein. Bei der erneuten Entscheidung wird das Landgericht im Fall der Verlängerung der Betreuung auch die Notwendigkeit des Aufgabenkreises im Einzelnen zu überprüfen und bei Aufrechterhaltung zu begründen haben.

Dose Günter Klinkhammer Guhling Schilling Vorinstanzen: AG Essen-Borbeck, Entscheidung vom 30.10.2015 - 2 XVII 149/12 B LG Essen, Entscheidung vom 29.12.2015 - 7 T 328/15 -

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