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LwZR 6/24

BUNDESGERICHTSHOF LwZR 6/24 BESCHLUSS vom 9. Mai 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:090525BLWZR6.24.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. Mai 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner und die Richter Dr. Göbel und Dr. Hamdorf sowie die ehrenamtlichen Richter Stapelfeldt und Velder beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 24. Oktober 2024 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 29.714 €.

Gründe:

1. Die Rechtssache wirft keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 ZPO).

a) Allerdings macht die Nichtzulassungsbeschwerde im Grundsatz zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm vertretenen Rechtsauffassung zu den Anforderungen an die Wahrung der Schriftform des zwischen den Rechtsvorgängern des Klägers und der Beklagten zu 1 geschlossenen Pachtvertrags die Revision hätte zulassen müssen.

aa) Das Berufungsgericht meint, die Schriftform des Pachtvertrags wäre nur gewahrt, wenn die in § 1 genannte Anlage (Flurstücksnachweise / Auszug aus dem Liegenschaftskataster) dem Vertrag bei dessen Unterzeichnung beigefügt gewesen sein sollte. Der Umstand, dass sich dies nicht aufklären lasse, gehe zu Lasten des Klägers, der nach vorzeitiger ordentlicher Kündigung des Pachtvertrags die Herausgabe der gepachteten Grundstücke verlange. Als Anspruchssteller trage der Kläger die Beweislast für einen Verstoß gegen das Formerfordernis als Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Kündigungsrechts (§§ 585a [aF], 594a Abs. 1 Satz 1 BGB).

bb) Die Beweislastverteilung hinsichtlich der Wahrung der Schriftform eines Miet- oder Pachtvertrags ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings umstritten. Das Oberlandesgericht München und Teile der Literatur sind wie das Berufungsgericht der Ansicht, dass derjenige, der - wie hier der Kläger - als Anspruchssteller einen Verstoß gegen das Formerfordernis als Voraussetzung eines Kündigungsrechts geltend mache, die Beweislast für diesen Verstoß trage (OLGR München 2009, 346 [juris Rn. 19]; BeckOGK/Harke, BGB [1.1.2025], § 550 Rn. 71). Das Oberlandesgericht Rostock und das Kammergericht sind hingegen mit anderen Stimmen in der Literatur der Ansicht, dass für die Wahrung der Schriftform derjenige beweispflichtig sei, der sich - wie hier die Beklagten auf die Befristung des Pachtvertrags berufe; bei Unaufklärbarkeit (non liquet) trotz fortbestehender Zweifel von der Erfüllung der Form auszugehen, würde dem Zweck der Schriftform widersprechen (OLG Rostock, NZM 2002, 955, 956; NJW 2009, 445, 447; OLGR KG 2007, 341 [juris Rn. 32]; Blank/Börstinghaus/Siegmund/Weidt, Miete, 7. Aufl., § 550 BGB Rn. 93; Börstinghaus in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 5. Aufl., § 550 Rn. 4).

cc) Da das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Rostock und des Kammergerichts abweicht, hätte es schon aus diesem Grunde die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulassen müssen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Überdies handelt es sich bei der umstrittenen Beweislastverteilung hinsichtlich der Wahrung der Schriftform bei Landpachtverträgen ersichtlich um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die unabhängig von der Divergenz die Zulassung der Revision zur Klärung durch den Bundesgerichtshof erfordert hätte (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

b) Gleichwohl ist die fehlerhaft unterlassene Zulassung der Revision nicht durch den Senat nachzuholen, weil die klärungsbedürftige Frage nach der Beweislastverteilung nicht entscheidungserheblich ist; bei richtiger Sachbehandlung stellt sich die genannte Rechtsfrage nicht, so dass im Ergebnis richtig entschieden worden ist (vgl. zum Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung BGH, Beschluss vom 12. Februar 2004 - V ZR 247/03, NJW 2004, 1167, 1168).

aa) Werden wesentliche vertragliche Vereinbarungen nicht im Mietvertrag selbst schriftlich niedergelegt, sondern in Anlagen ausgelagert, so dass sich der Gesamtinhalt der mietvertraglichen Vereinbarung erst aus dem Zusammenspiel dieser „verstreuten“ Bedingungen ergibt, müssen die Parteien zur Wahrung der Urkundeneinheit die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise zweifelsfrei kenntlich machen. Dazu bedarf es - anders als früher - nach der sog. „Lockerungsrechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs keiner körperlichen Verbindung dieser Schriftstücke. Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die allerdings in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2021 - XII ZR 26/20, NZM 2021, 472 Rn. 13 mwN zu § 550 BGB). Für den Landpachtvertrag gilt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt richtig sieht insoweit im Rahmen von § 585a BGB (aF) nichts Anderes.

bb) Das Berufungsgericht nimmt in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung an, dass der Pachtvertrag durch die Bezugnahme auf die Anlage in § 1 in Zusammenschau mit der in der Anlage enthaltenen Überschrift diesen Anforderungen genügt. Wenn aber somit die gedankliche Verbindung durch eine zweifelsfreie Bezugnahme zum Ausdruck kommt, dann ist nicht ersichtlich, und wird auch weder von dem Berufungsgericht noch von der Beschwerde begründet, warum es darüber hinaus zur Wahrung der Schriftform noch erforderlich sein sollte, dass die Anlage dem Pachtvertrag bei der Unterzeichnung beigefügt war. Die Regelungen in § 550 und § 585a BGB dienen in erster Linie dem Schutz eines späteren Grundstückserwerbers; es soll vor allem sichergestellt werden, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes auf Seiten des Vermieters bzw. Verpächters in ein langfristiges Miet- oder Pachtverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus dem schriftlichen (ab 1. Januar 2025: in Textform geschlossenen) Vertrag ersehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 - XII ZR 120/06, NJW 2010, 1518 Rn. 14 mwN). Für einen Erwerber macht es aber keinen Unterschied, ob die nicht fest mit dem Pachtvertrag verbundene Anlage dem Vertrag bei Unterzeichnung beigefügt war oder nicht. Entscheidend ist die zweifelsfreie Bezugnahme, die dem Erwerber die eindeutige Zuordnung der Anlage zu dem Vertrag ermöglicht.

2. Auch Rechtsfehler des Berufungsgerichts im Zusammenhang mit der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde führen nicht zur Zulassung der Revision.

a) Allerdings rügt die Beschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht die Vermutungswirkung fehlerhaft anwendet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit; es wird also vermutet, dass das, was im beurkundeten Text steht, der Vereinbarung entspricht und nur das vereinbart ist. Die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (zum Ganzen BGH, Urteil vom 10. Juni 2016 - V ZR 295/14, WM 2018, 475 Rn. 6 mwN). Demzufolge erstreckt sich, weil es sich insoweit um einen außerhalb der Urkunde liegenden Umstand handelt, die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf, dass eine nicht fest verbundene Anlage dem Vertrag bei Vertragsschluss beigefügt war.

b) Dieser Rechtsfehler ist aber nicht entscheidungserheblich, weil es für die Wahrung der Schriftform des Pachtvertrags nicht darauf ankommt, ob die Anlage dem Vertrag bei Vertragsschluss beigefügt war (siehe oben Rn. 8), sodass sich auch die fehlerhafte Anwendung der Vermutung im Ergebnis nicht auswirkt.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Brückner Göbel Hamdorf Vorinstanzen:

AG Wittmund, Entscheidung vom 12.05.2023 - 42 Lw 84/21 OLG Oldenburg, Entscheidung vom 24.10.2024 - 10 U 3/23 -

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