Paragraphen in 5 StR 514/24
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1 | 100 | StPO |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 514/24 URTEIL vom 30. Januar 2025 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2025:300125U5STR514.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Januar 2025, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Cirener,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Mosbacher, Richterin am Bundesgerichtshof Resch, Richter am Bundesgerichtshof von Häfen, Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Werner,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt S. Rechtsanwalt L.
,
als Verteidiger,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Berlin I vom 21. Mai 2024 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbenannte Urteil wird verworfen.
Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
- Von Rechts wegen - Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. November 2021 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt und im Übrigen freigesprochen; zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen die Verurteilung richtet sich der Angeklagte mit der Sachrüge, während die Staatsanwaltschaft den Freispruch mit Verfahrensbeanstandungen und der Rüge der Verletzung materiellen Rechts angreift. Während die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg hat, bleibt diejenige des Angeklagten erfolglos.
I.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts handelte der Angeklagte zwischen dem 6. April und dem 30. Mai 2020 mit einem Kryptohandy des Anbieters EncroChat unter den Namen (Accounts) „m.
“ und „g.
“
wie folgt mit Betäubungsmitteln: Am 3. April 2020 bestellte er beim EncoChat- Nutzer „d.
“ 500 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von mindestens Gramm Kokainhydrochlorid (KHC) für 16.500 Euro, um dieses gewinnbringend weiterzuverkaufen; zu einer Lieferung kam es nicht. Zwischen dem 20.
und 24. April 2020 erwarb der Angeklagte vom EncroChat-Nutzer „l.
“
mindestens 500 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von mindestens Gramm KHC für 15.500 Euro und verkaufte dieses weiter; er übergab selbst die Betäubungsmittel an seinen Käufer und erhielt hierfür 16.500 Euro. Am
30. Mai 2020 bestellte der Angeklagte bei dem EncroChat-Nutzer „I. “ 500 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von mindestens Gramm KHC für 15.500 Euro, um dieses gewinnbringend weiterzuverkaufen; zu einer Lieferung kam es nicht. Diesen Feststellungen liegt ein Geständnis des Angeklagten nebst Schätzung des Wirkstoffgehalts des gehandelten Kokains zugrunde; zudem wurde der Angeklagte als Nutzer der genannten EncroChat- Accounts identifiziert.
2. Nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 14. Dezember 2023 liegt dem Angeklagten zur Last, zwischen dem 2. April und dem 8. Juni 2020 in 19 weiteren Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben, wobei dieser Handel ausschließlich Cannabisprodukte betrifft. Insoweit hat die Strafkammer den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil der Tatnachweis nicht mit prozessual zulässigen Mitteln gelinge. Da die Tatnachweise maßgeblich auf die EncroChat-Kommunikation des Angeklagten gestützt würden, komme es entscheidend auf die Verwertbarkeit dieser Chats an. Sie seien aber unverwertbar, weil sie ausschließlich den Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge betreffen. Hinsichtlich solcher Straftaten sei nach Maßgabe des Beschlusses des Senats vom 2. März 2022 (BGHSt 67, 29) von der Unverwertbarkeit der EncroChat-Daten auszugehen, weil diese Taten nach der Gesetzesänderung durch das Cannabisgesetz vom 27. März 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 109) ab dem 1. April 2024 nicht mehr dem Katalog des § 100b Abs. 2 StPO unterfielen.
II.
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg. Sie zeigt keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler auf.
III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt schon auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des Freispruchs, so dass es auf die Verfahrensrüge nicht ankommt. Die Revisionsführerin beanstandet zu Recht, dass das Urteil den rechtlichen Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nicht entspricht.
1. Insoweit gilt: In einem aus tatsächlichen Gründen freisprechenden Urteil oder Urteilsteil ist zunächst anzugeben, welche Straftaten dem Angeklagten nach Ort, Zeit und Begehungsweise zur Last gelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom
1. August 2018 – 5 StR 30/18 mwN). In einer geschlossenen Darstellung sind sodann die zu den Anklagevorwürfen als erwiesen angesehenen Tatsachen festzustellen. Hiervon ausgehend ist anschließend in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen zusätzlichen Feststellungen nicht getroffen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2021 – 5 StR 102/20 Rn. 23 mwN). Grundlage dieser Beweiswürdigung müssen – wie stets – alle hierfür relevanten Umstände sein, wozu beim Teilfreispruch auch zum Beleg der verurteilten Taten herangezogene Umstände gehören können. Auch beim freisprechenden Urteil ist – wie bei allen anderen Urteilen – zu Beginn der Beweiswürdigung anzugeben, wie sich der Angeklagte eingelassen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 5 StR 444/19, NStZ 2020, 625 mwN). Es ist Aufgabe der Urteilsgründe, dem Revisionsgericht auf diese Weise eine umfassende Nachprüfung der freisprechenden Entscheidung zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 1. August 2018 – 5 StR 30/18 mwN).
2. Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
a) Das Urteil teilt schon nicht mit, wie sich der Angeklagte hinsichtlich der freigesprochenen Tatvorwürfe zur Sache eingelassen hat. Dies stellt – auch bei einem Freispruch – einen auf die Sachrüge hin zu beachtenden Fehler der Beweiswürdigung dar (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2021 – 5 StR 102/20; allgemein BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2019 – 5 StR 444/19, NStZ 2020, 625 mwN). Darauf beruht der Freispruch auch (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich aus einer etwaigen Einlassung des Angeklagten Anhaltspunkte zum Beleg der Tatvorwürfe ergeben hätten oder ein Teilschweigen – zulässigerweise – vom Landgericht in Zusammenhang mit anderen Beweismitteln zu seinem Nachteil hätte verwertet werden können (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2021 – 3 StR 380/21, NStZ 2022, 761). Dass die vom Landgericht insoweit für unverwertbar gehaltene EncroChat-Kommunikation das einzige Beweismittel in Hinblick auf die Tatvorwürfe gewesen wäre, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht ohne weiteres, die lediglich auf deren „Maßgeblichkeit“ abstellen.
b) Es kann deshalb dahinstehen, ob es zudem einen durchgreifenden Rechtsfehler darstellt, dass das Urteil zu den freigesprochenen Tatvorwürfen keinen eigenen Feststellungsteil enthält, so dass unklar bleibt, von welchem Geschehensablauf sich das Landgericht insoweit überzeugt hat und wovon es sich nicht überzeugen konnte.
3. Soweit das Urteil hinsichtlich der Freisprüche etwaige Feststellungen enthält, waren solche aufzuheben, weil der Angeklagte sie nicht angreifen konnte.
4. Zur Verwertbarkeit der EncroChat-Daten bei Cannabisfällen wie den angeklagten verweist der Senat auf sein Urteil vom heutigen Tage (5 StR 528/24).
Cirener Mosbacher Resch von Häfen Werner Vorinstanz: Landgericht Berlin I, 21.05.2024 - (520 KLs) 279 Js 137/23 (21/23)
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