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4 StR 294/12

BUNDESGERICHTSHOF StR 294/12 BESCHLUSS vom 12. September 2012 in der Strafsache gegen wegen Wohnungseinbruchdiebstahls u.a.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 12. September 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 28. Februar 2012, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung dieses Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls, wegen Diebstahls in zwei Fällen sowie wegen Hehlerei unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus zwei Urteilen des Amtsgerichts Recklinghausen und Auflösung der dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.

Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit Erfolg, als eine Entscheidung des Landgerichts zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterblieben ist.

1. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit Sommer 2008 regelmäßig Kokain. Das als unangenehm empfundene Nachlassen der Wirkung des Kokains kompensierte er durch den Konsum von Cannabis und Alkohol. Seit Mitte 2009 kam es zu Drogenexzessen, bei denen der Angeklagte nicht mehr essen konnte und an Gewicht verlor. Um wieder ruhiger zu werden und schlafen zu können, nahm er zudem Benzodiazepine ein. Ab Oktober 2009 konsumierte er täglich Kokain. Durch die kontinuierliche Einwirkung des Rauschmittels erlitt er einen Durchbruch der Nasenscheidewand. Zur Finanzierung seines Drogenkonsums entwickelte er verschiedene Strategien zur Geldbeschaffung. So verkaufte er sein Auto, lieh sich Geld, entwendete seiner Ehefrau Goldschmuck sowie Geld und beging Eigentums- und Vermögensdelikte (UA S. 4/5). Im Rahmen der Strafzumessung hat das sachverständig beratene Landgericht festgestellt, dass bei dem Angeklagten eine "manifeste Abhängigkeit von Kokain" vorliegt, "die derzeit noch nicht überwunden ist" (UA S. 21). Es besteht ein affektiver Drang zu wiederholtem bis hin zu täglichem Konsum unter Dosis- und Frequenzsteigerung. Der Angeklagte ist abstinenzunfähig und leidet unter psychischen Entzugssymptomen. Er hat die abgeurteilten Taten jedenfalls auch auf Grund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen, da er seinen Kokainbedarf durch die Taterlöse finanzieren wollte (UA S. 22).

2. Vor diesem Hintergrund hätte sich das Landgericht zu der Prüfung gedrängt sehen müssen, ob die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB anzuordnen ist. Denn die getroffenen Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang zum übermäßigen Betäubungsmittelkonsum hat, die abgeurteilten Taten jedenfalls auch auf seinen Hang zurückgehen und die Gefahr besteht, dass er infolge des Hanges weitere erhebliche rechtswidrige Taten begeht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. Juli 2012 - 4 StR 173/12 und vom 21. August 2012 - 4 StR 311/12). Anhaltspunkte dafür, dass keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, den Angeklagten, der sich bislang noch keiner Drogentherapie unterzogen hat, von seinem Hang zu heilen oder doch über eine gewisse Zeitspanne vor dem Rückfall in die akute Sucht zu bewahren (BVerfG, Beschluss vom 16. März 1994 - BvL 3/90 u.a., NStZ 1994, 578), sind nicht ersichtlich.

Die Frage der Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf deshalb unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Satz 2 StPO) der erneuten Prüfung und Entscheidung. Der neue Tatrichter wird gegebenenfalls § 67 Abs. 2 StGB zu beachten haben.

3. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 - 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362 f.).

4. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.

Mutzbauer Cierniak Franke Quentin Reiter

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