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V ZB 127/17

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 127/17 BESCHLUSS vom 11. Oktober 2017 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2017:111017BVZB127.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Oktober 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 2. Mai 2017 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein georgischer Staatsangehöriger, reiste im November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein Asylantrag wurde abgelehnt und die Abschiebung nach Georgien angedroht. Nachdem der Betroffene an der deutsch-holländischen Grenze aufgegriffen worden war, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 4. Januar 2017 „im Wege der einstweiligen Anordnung“ Haft bis zum 14. Februar 2017 zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Am 9. Februar 2017 ist der Betroffene nach Georgien abgeschoben worden. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt er die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht, damit dieses die Feststellung treffe, dass er durch die Haftanordnung in seinen Rechten verletzt worden sei.

II.

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Anordnung der Haft rechtmäßig, insbesondere liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vor. Soweit das Amtsgericht „im Wege der einstweiligen Anordnung“ entschieden habe, handle es sich um eine unschädliche Falschbezeichnung, da erkennbar keine vorläufige Entscheidung habe getroffen werden sollen.

III.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft. Sie richtet sich gegen eine im Hauptsacheverfahren erlassene Entscheidung zu einer freiheitsentziehenden Maßnahme. Indem das Beschwerdegericht die von dem Amtsgericht verwendete Formulierung „im Wege der einstweiligen Anordnung“ als unschädliche Falschbezeichnung qualifiziert hat, hat es unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es eine Entscheidung zur Hauptsache trifft.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ein im Wege der einstweiligen Anordnung ergangener Beschluss des Amtsgerichts war, durfte das Beschwerdegericht keine Entscheidung in der Hauptsache treffen.

a) Hat das Amtsgericht im einstweiligen Anordnungsverfahren entschieden, wird hierdurch der Gegenstand eines sich anschließenden Rechtsmittelverfahrens festgelegt. Das Beschwerdegericht ist nicht befugt, einen im Wege der einstweiligen Anordnung getroffenen Beschluss nachträglich als Hauptsacheentscheidung anzusehen. Durch einen solchen Wechsel von der einen in die andere Verfahrensart würde die vom Gesetzgeber angeordnete Unterscheidung von Hauptsacheverfahren und einstweiligem Anordnungsverfahren, für die jeweils unterschiedliche Voraussetzungen gelten, missachtet. Zudem würde auch die Regelung des § 70 Abs. 4 FamFG unterlaufen (ausführlich zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. September 2015 - V ZB 40/15, InfAuslR 2016, 55 Rn. 7 ff.).

b) Das Beschwerdegericht sieht die Entscheidung des Amtsgerichts rechtsfehlerhaft als Entscheidung in der Hauptsache an.

aa) Im Einzelfall kann allerdings zweifelhaft sein, ob eine Haftanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung oder im Hauptsacheverfahren ergangen ist. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Haftanordnung im Hauptsacheverfahren sind das Fehlen von Feststellungen zur Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung, eine abschließende, nicht nur vorläufige Feststellung der Haftgründe, die Überschreitung der für einstweilige Haftanordnungen geltenden Höchstdauer von sechs Wochen (§ 427 Abs. 1 Satz 2 FamFG) und die Rechtsmittelbelehrung (vgl. hierzu Senat Beschluss vom 18. Dezember 2014 - V ZB 114/13, FGPrax 2015, 91 Rn. 7 mwN).

bb) Danach ist die Haftanordnung des Amtsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung ergangen. Zwar stellt sie die Haftgründe abschließend und nicht nur vorläufig fest und enthält auch keine Feststellungen zur Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung. Zudem bezieht sich die beigefügte Rechtsmittelbelehrung auf eine im Hauptsacheverfahren ergangene Entscheidung. Gleichwohl bestehen aber keine Zweifel an dem Vorliegen einer Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung. Der Amtsrichter hat im Tenor der Haftanordnung ausdrücklich auf eine Beschlussfassung im Wege der einstweiligen Anordnung hingewiesen. Bereits hieraus folgt eindeutig, dass er nicht im regulären Verfahren, sondern im Wege der einstweiligen Anordnung vorgehen wollte (vgl. Senat, Beschluss vom 21. November 2013 - V ZB 96/13, FGPrax 2014, 87 Rn. 6). Zudem wird dies durch den Nichtabhilfebeschluss bestätigt. Dort erläutert der Amtsrichter, dass die von ihm „im Wege der einstweiligen Anordnung“ getroffene Entscheidung als ein „Minus“ von dem primär auf eine Hauptsacheentscheidung gerichteten Haftantrag der beteiligten Behörde erfasst sei.

c) Da hiernach Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ausschließlich eine einstweilige Anordnung war, durfte das Beschwerdegericht keine Entscheidung in der Hauptsache treffen.

3. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif und daher nach § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Eine eigene Entscheidung des Senats ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil es um die Rechtmäßigkeit einer im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts geht und in diesem Verfahren eine Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 4 FamFG nicht vorgesehen ist. Über den im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Antrag des Betroffenen auf Feststellung, dass die Haftanordnung ihn in seinen Rechten verletzt, hat deshalb abschließend das Beschwerdegericht zu befinden.

Stresemann Kazele Brückner Hamdorf Weinland Vorinstanzen:

AG Leer (Ostfriesland), Entscheidung vom 04.01.2017 - 2a XIV 3977 B LG Aurich, Entscheidung vom 02.05.2017 - 7 T 40/17 -

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