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2 StR 200/18

BUNDESGERICHTSHOF StR 200/18 BESCHLUSS vom 5. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

ECLI:DE:BGH:2018:050618B2STR200.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Juni 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 25. Januar 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

2. Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit eine Entscheidung über das Verhängen einer Maßregel nach § 64 StGB unterblieben ist. Das Landgericht durfte diese Rechtsfolge nicht unerörtert lassen. Dabei hindert der Umstand, dass nur der Angeklagte, der die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht von seinem Revisionsangriff ausgenommen hat, Revision eingelegt hat, die Nachholung der Unterbringung nicht.

Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:

„Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte bereits in der Schulzeit das erste Mal mit Betäubungsmitteln in Kontakt kam (UA S. 3) und 'seit Jahren Marihuana' konsumiert (UA S. 5). Zuletzt rauchte er vor der Tat 4-5 Gramm 'Gras' täglich und nahm zwei bis drei Mal in der Woche Kokain (UA S. 4). Der Angeklagte, der über kein eigenes Einkommen verfügt und auch an seinem Wohnsitz in Belgien Sozialleistungen bezieht (UA S. 4), unternahm die Kurierfahrt für seinen eigenen Betäubungsmittelhändler, von dem er selbst zuvor über lange Zeit seine eigenen Drogen bezogen hatte (UA S. 5), aus Geldnot und zur Finanzierung seines eigenen Betäubungsmittelkonsums (UA S. 5, 11).

Angesichts dieser Umstände lag es nahe, dass die Voraussetzungen der Unterbringung nach § 64 StGB vorliegen können, namentlich dass beim Angeklagten ein Hang gegeben ist, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen und die verfahrensgegenständliche Tat darauf beruhte.

Die Feststellung des Landgerichts, wonach der Angeklagte nach seiner Inhaftierung keine gesundheitlichen Einschränkungen verspürte (UA S. 4), steht dem nicht entgegen.

Denn ein Hang im Sinne von § 64 StGB liegt bei demjenigen vor, der aufgrund einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhenden Abhängigkeit oder aufgrund einer eingewurzelten, auf psychischer Disposition beruhenden oder durch Übung erworbenen intensiven Neigung immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich nimmt. Das Fehlen ausgeprägter Entzugssymptome – wie hier – sowie etwaige Intervalle der Abstinenz stehen der Annahme einer solchen Neigung nicht grundsätzlich entgegen. Für die Annahme eines Rauschmittelkonsums im Übermaß ist es ausreichend, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Eine solche soziale Gefährdung oder soziale Gefährlichkeit kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Februar 2018 – 4 StR 622/17 – Rn. 5, vom 10. Januar 2018 – 3 StR 563/17 – Rn. 7 und vom 6. Dezember 2017 – 1 StR 415/17 – Rn. 10, jeweils m.w.N.).

Dass der Angeklagte hier eine intensive Neigung hat, immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen, liegt angesichts der Feststellungen zu seinem Konsumverhalten nahe. Da die verfahrensgegenständliche Betäubungsmittelstraftat zumindest auch der Finanzierung des Eigenkonsums des Angeklagten dienen sollte, kann auch eine soziale Gefährlichkeit als Folge seines langjährigen Missbrauchs von Betäubungsmitteln nicht ohne nähere Begründung verneint werden (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Februar 2018 – 4 StR 622/17 – Rn. 5).

Zu den weiteren Anordnungsvoraussetzungen oder Ausschlussgründen verhält sich das landgerichtliche Urteil nicht. Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen der Betäubungsmittelstraftat und dem Konsumverhalten wird bereits durch die festgestellte Eigenkonsumfinanzierung nahegelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2017 – 1 StR 410/17 – Rn. 8).

Das Urteil unterliegt daher mit den zugehörigen Feststellungen insoweit der Aufhebung.“

Dem schließt sich der Senat an. Über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss nach alledem unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) neu verhandelt und entschieden werden.

3. Die verhängte Strafe bleibt hiervon unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Tatgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.

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