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I ZR 72/08

BUNDESGERICHTSHOF I ZR 72/08 BESCHLUSS in dem Rechtsstreit Verkündet am: 26. Februar 2014 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Grabinski und Dr. Löffler beschlossen:

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe:

I. Die in den Niederlanden ansässige Beklagte betreibt dort eine Präsenzapotheke und im Internet eine Versandapotheke. Über sie werden Medikamente in deutscher Sprache unter Angabe ihrer deutschen Bezeichnung oder der durch die deutsche Zulassungsbehörde vergebenen Pharmazentralnummer angeboten. Beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente müssen die Kunden der Beklagten das Originalrezept zusenden. Diese lässt die Medikamente an die in Deutschland wohnenden Empfänger sodann durch ein Versandunternehmen ausliefern.

Die Beklagte warb im März 2006 gegenüber krankenversicherten Personen in Deutschland unter der Überschrift "Sparen Sie beim Medikamenteneinkauf" mit einem Bonussystem. Danach erhielt der Kunde bei verschreibungspflichtigen Medikamenten auf Kassenrezept einen Bonus von 3% des Warenwerts, mindestens 2,50 € und höchstens 15 € pro verordneter Packung. In einer Beispielstabelle stellte die Beklagte verschiedenen Arzneimittelpreisen die gesetzliche Zuzahlung nach § 61 SGB V (10%, mindestens aber 5 € und höchstens 10 €), den von ihr gewährten Bonus sowie den Einspareffekt in Prozent gegenüber. Den Bonus verrechnete die Beklagte entweder direkt mit dem Rechnungsbetrag der Bestellung oder - sofern er höher war als der zu zahlende Betrag - im Rahmen einer künftigen Bestellung.

Die Klägerin betreibt eine Apotheke in Darmstadt. Sie hält das Bonussystem der Beklagten für rechts- und damit auch wettbewerbswidrig. Die Beklagte handele mit ihrem System insbesondere § 78 Abs. 2 Satz 2 AMG zuwider, der einen einheitlichen Apothekenabgabepreis für apothekenpflichtige Arzneimittel vorsehe. Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung der Ankündigung und Gewährung ihrer Boni in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage stattgegeben (OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2008, 306 = WRP 2008, 969). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt hat, hat die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiterverfolgt.

In der mündlichen Revisionsverhandlung hat die Beklagte erklärt, dass sie sich nach der Klärung der Streitfrage durch den Gesetzgeber, ob ihre Versandhandelstätigkeit in Deutschland unter die deutschen Preisbindungsvorschriften fällt, selbstverständlich an das deutsche Gesetz hält. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung zugestimmt.

II. Nach der - auch im Revisionsverfahren noch möglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. November 2010 - I ZR 86/09, GRUR-RR 2011, 291 Rn. 6 mwN) - Erklärung der Klägerin, dass die Hauptsache erledigt sei, ist, nachdem die Beklagte der Erledigungserklärung zugestimmt hat, gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden. Dabei ist maßgeblich, ob die Revision Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (BGH, GRUR-RR 2011, 291 Rn. 8 mwN). Da die Revision der Beklagten im Streitfall keinen Erfolg gehabt hätte, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass das deutsche Arzneimittelpreisrecht bereits im Zeitpunkt seiner Entscheidung auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte Arzneimittel galt (dazu sogleich unter II 1) und die weiteren Voraussetzungen für den Klageanspruch, soweit die Klägerin ihn auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 AMPreisV gestützt hatte, ebenfalls erfüllt waren (dazu unter II 2). Die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung für den in die Zukunft gerichteten klagegegenständlichen Verletzungsunterlassungsanspruch ist auch nicht schon mit dem Inkrafttreten des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG nF weggefallen (dazu unter II 3).

1. Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat die ihm vom erkennenden Senat im vorliegenden Rechtsstreit mit Beschluss vom 9. September 2010 (GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 - Sparen Sie beim Medikamenteneinkauf!) vorgelegte Rechtsfrage, ob die deutschen Vorschriften für den Apothekenabgabepreis auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gelten, die Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Wege des Versandhandels nach Deutschland an Endverbraucher abgeben, bejaht (GmS-OGB, Beschluss vom 22. August 2012 - GmSOGB 1/10, BGHZ 194, 354 Rn. 12 ff.). Diese Entscheidung ist für den erkennenden Senat in der vorliegenden Sache bindend (§ 16 RsprEinhG). In Übereinstimmung damit hat der Gesetzgeber durch die mit Wirkung vom 26. Oktober 2012 in Kraft getretene Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zusätzlich klargestellt, dass die aufgrund von § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Arzneimittel gilt.

2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass auch die weiteren Voraussetzungen für den auf §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 AMPreisV gestützten Klageanspruch erfüllt sind, entspricht der Senatsrechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 Rn. 16-22 = WRP 2010, 1482 UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE) und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Wie der Senat mittlerweile entschieden hat, ist ein Verstoß gegen die Bestimmungen des § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG, § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wenn der Wert der für den Bezug eines Arzneimittels gewährten Werbegabe einen Euro übersteigt (BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 - I ZR 98/12, GRUR 2013, 1264 Rn. 18 ff., 20 = WRP 2013, 1587 - RezeptBonus).

3. Die Begehungsgefahr - hier in Form der Wiederholungsgefahr - ist ei9 ne materiell-rechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs (vgl. BGH,

Urteil vom 29. Oktober 2009 - I ZR 180/07, GRUR 2010, 455 Rn. 16 = WRP 2010, 746 - Stumme Verkäufer II; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 1.10, jeweils mwN). Die für den Verletzungsunterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr kann dabei auch ohne Abgabe einer hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung dann wegfallen, wenn der Verstoß unter der Geltung einer zweifelhaften Rechtslage erfolgt ist, diese Zweifel aber durch eine Gesetzesänderung beseitigt sind und außer Frage steht, dass das beanstandete Verhalten verboten ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717, 719 = WRP 2002, 679 - Vertretung der Anwalts-GmbH; Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 8 Rn. 1.43,

jeweils mwN). Die zuletzt genannte Voraussetzung war im Streitfall erst dadurch erfüllt, dass die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung am 9. Oktober 2013 erklärt hat, dass sie sich nach der Klärung der Streitfrage durch den Gesetzgeber, ob ihre Versandhandelstätigkeit in Deutschland unter die deutschen Preisbindungsvorschriften fällt, selbstverständlich an das deutsche Gesetz hält. Zuvor hatte die Beklagte stets den Standpunkt vertreten, dass der Anwendung dieser Vorschriften auf im Wege des Versandhandels aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach Deutschland eingeführte Arzneimittel sowohl das primäre Unionsrecht als auch das sekundäre Unionsrecht entgegenstünde (vgl. BGH, GRUR 2010, 1130 Rn. 20 bis 22 und 23 - Sparen Sie beim Medikamenteneinkauf!).

Bornkamm Schaffert Kirchhoff Grabinski Löffler Vorinstanzen: LG Darmstadt, Entscheidung vom 22.12.2006 - 12 O 123/06 OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 29.11.2007 - 6 U 26/07 -

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