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8 W (pat) 23/17

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 23/17 Verkündet am 30. Januar 2018

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2008 010 372 …

ECLI:DE:BPatG:2018:300118B8Wpat23.17.0 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dipl-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. agr. Huber, Dipl.-Ing. Rippel und Heimen beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Auf die am 21. Februar 2008 eingereichte Patentanmeldung ist das Streitpatent 10 2008 010 372 mit der Bezeichnung „Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem“ erteilt und die Erteilung am 2. April 2009 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die damalige Einsprechende, die Fa. K… GmbH & Co. KG, H…ring 2 in K… mit Schriftsatz vom 30. Juni 2009 Einspruch erhoben. Zur Begründung hat die Einsprechende ausgeführt, dass der Patentgegenstand durch die vorveröffentlichte Druckschrift

(E7) DE 103 41 162 A1 neuheitsschädlich vorweggenommen oder zumindest nahegelegt sei. Die Einsprechende hat ferner noch die folgenden Dokumentationen in das Verfahren eingeführt:

(E8) 2 Datenblätter Schalterprogramm LS 990 der Fa. Albrecht Jung GmbH & Co. KG 1 Auszug aus Bildpreisliste 2009 zu Schalterprogramm LS 990

(E9) 6 Fotographien eines Nutzfahrzeugsitzes der Fa. MAN AG (Baujahr ca. 2006)

(E10) Auszug BMW-Teilekatalog für BMW-Cabrio „E93“ (Linkslenker) (Stand Dezember 2006)

(E11) 2 Fotographien eines Fahrzeugsitzes des BMW-Cabrios „E93“

(E12) Auszug BMW-Teilekatalog für BMW-Cabrio „E93“ (Rechtslenker) (Stand Dezember 2006)

Sie hat hierzu vorgetragen, dass der Patentgegenstand nach dem erteilten Anspruch 1 durch diesen Stand der Technik nahegelegt (E8) bzw. neuheitsschädlich vorweg genommen (E9 bis E12) werde. Die Einsprechende hat den Widerruf des Streitpatents beantragt.

Die Patentinhaberin hat die Aufrechterhaltung des Patents beantragt. Sie hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen.

Die Patentabteilung 14 des DPMA hat in der Sitzung vom 11. Juni 2012 beschlossen, das angegriffene Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

In den Beschlussgründen vom 12. Juni 2012 hat die Patentabteilung ausgeführt, dass der Stand der Technik nach E7 eine Basisblende in patentgemäßem Sinne weder aufweise, noch nahe lege, so dass dieser Stand der Technik Neuheit und erfinderische Tätigkeit eines Gegenstandes mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 nicht in Frage stellen könne. Zu den Dokumentationen E8 bis E12 hat die Patentabteilung ausgeführt, dass diese im Verfahren keine Berücksichtigung finden könnten, denn diesen über das Internet verbreiteten Unterlagen könne nicht zweifelsfrei entnommen werden, ob sie vor dem Zeitrang des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien. Nachprüfbare Ausführungen hierzu hätte die Einsprechende nicht vorgelegt. Allerdings seien den Entgegenhaltungen E10 und E12 alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 zu entnehmen, wie die Patentabteilung weiter ausgeführt hat.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der damaligen Einsprechenden.

In ihrer Beschwerdebegründung vom 17. Juli 2012 verweist die Einsprechende auf ihre Eingabe im Einspruchsverfahren vom 15. Juni 2010, wo sie unter Ziffer 1 bereits darauf hingewiesen hätte, dass die öffentliche Zugänglichkeit des durch die Anlagen E10 und E12 bezeichneten Fahrzeugs „BMW E93“, ein Cabrio der 3-er Reihe von BMW – dieses sei im März 2007 erschienen – unbestreitbar sein dürfte. Die Neuheitsschädlichkeit dieses Standes der Technik sei dann unter Punkt 4. der o. g. Eingabe im Einspruchsverfahren bereits resümiert worden. Die Patentabteilung habe das Material aber unberücksichtigt gelassen, weil die Unterlagen über das Internet verbreitet seien, was nach Auffassung der Einsprechenden und Beschwerdeführerin fehlerhaft sei, denn das entsprechende Fahrzeug werde nicht virtuell, sondern real vertrieben und benutzt. Bei Einstufung dieser Tatsache als nicht amtsbekannt hätte die Patentabteilung nach Amtsermittlungsgrundsatz im Zweifel eigene Ermittlungen anstellen können oder die Einsprechende zur Nachbesserung auffordern müssen.

Zu den Fotos gemäß Anlage E11 trägt die Einsprechende vor, dass diese nicht dem Internet entnommen worden seien, sondern von einem Mitarbeiter der Einsprechenden im Jahre 2007 beim Autohaus E… (damals S…) in K… in dessen öffentlich zugänglichen Ausstellungsräumen aufgenommen worden und in eine im November 2007 erstellte Präsentation über Sitzkissentiefeneinsteller eingearbeitet worden seien.

Die Einsprechende erklärt in ihrer Beschwerdebegründung ferner, dass sie bereit sei, „bedarfsweise“ ergänzendes Material zu beschaffen, das vom Hersteller herausgegeben oder autorisiert wurde.

Mit Schriftsatz vom 1. August 2017 begehren die bisherige Einsprechende und Beschwerdeführerin K… GmbH & Co. KG (umbenannt in J… GmbH & Co. KG) und die A… Ltd. & Co. KG die Übertragung der Verfahrensbeteiligung von der bisher Beteiligen auf die A… Ltd. & Co. KG. Nachdem die Patentinhaberin dem Wechsel nicht widersprochen hat, hat der Senat mit Beschluss vom 16. Oktober 2017, den Wechsel der Einsprechendenstellung von der bisherigen Einsprechenden auf die A… Ltd. & Co. KG festgestellt.

Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung erklären die beiden Beteiligten, nämlich die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin mit Schriftsatz vom 29. November 2017 und die Einsprechende und Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 3. Januar 2018, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würden.

Die Beteiligten sind zur anberaumten mündlichen Verhandlung – wie schriftsätzlich angekündigt – nicht erschienen.

Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hat schriftsätzlich beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juni 2012 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin hat sinngemäß den Antrag gestellt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren gilt weiterhin der Inhalt des Streitpatents in der erteilten Fassung (Patentansprüche 1 bis 7, Beschreibung Abs. [0001] bis [0025] und Zeichnungen gemäß Patentschrift DE 10 2008 010 372 B3).

Der geltende erteilte Patentanspruch 1 lautet:

„Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem, mit wenigstens einem Bedienelement zur Ansteuerung oder Betätigung wenigstens einer verstellbaren Komponente des Fahrzeugsitzes, gekennzeichnet durch eine an einer Seite des Fahrzeugsitzes angeordnete Basisblende (11), die eine standardisierte Aufnahme (10) für ein standardisiertes Funktionselement (14) aufweist, in das wenigstens eines der Bedienelemente (16, 18, 20, 22) eingebaut ist.“

Wegen der geltenden erteilten Unteransprüche 2 bis 7 wird auf die Akten verwiesen.

Im Prüfungsverfahren sind zur Beurteilung der Patentfähigkeit noch die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden, die von der Einsprechenden nicht mehr aufgegriffen worden sind:

(E1) DE 39 04 771 C1 (E2) DE 31 07 048 A1 (E3) DE 102 38 656 A1 (E4) DE 198 36 670 A1 (E5) DE 10 2004 062 219 A1 (E6) DE 44 05 566 A1 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist in der Sache nicht begründet, denn der Patentgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG § 1 bis § 5 dar.

1. Gegenstand des Streitpatents ist ein Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem.

Nach Abs. [0002] der Streitpatentschrift sind die heute bekannten Bediensysteme für Fahrzeugsitze mit einer Vielzahl von Schaltern ausgestattet, die leicht erreichbar und bedienbar positioniert sein müssen.

Aus dem Stand der Technik nach der DE 39 04 771 C1 sei es bereits bekannt, Schalter und Betätigungselemente auf einer gemeinsamen Trägerplatte anzuordnen, was jedoch zu hohen Fertigungskosten führe, weil hierzu für den rechten Fahrzeugsitz auf der rechten Fahrzeugseite sowie den linken Fahrersitz auf der linken Fahrzeugseite jeweils unterschiedliche spiegelbildliche Ausführungsformen produziert werden müssen (vgl. Abs. [0003]).

Gemäß Abs. [0008] der Streitpatentschrift wird die dem Patentgegenstand zugrunde liegende Aufgabe darin gesehen, einen Fahrzeugsitz mit einem BedienSystem der eingangs genannten Art so auszubilden, dass die Herstellung vereinfacht ist und eine universelle Verwendung möglich ist.

Der geltende erteilte Patentanspruch 1 beschriebt demgemäß einen Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem mit den folgenden Merkmalen:

1. Der Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem weist wenigstens ein Bedienelement zur Ansteuerung oder Betätigung wenigstens einer verstellbaren Komponente des Fahrzeugsitzes auf. 2. Der Fahrzeugsitz weist eine an einer Seite des Fahrzeugsitzes angeordnete Basisblende (11) auf. 2.1. Die Basisblende weist eine standardisiere Aufnahme (10)

für ein standardisiertes Funktionselement (14) auf. 2.1.1. In das standardisierte Funktionselement (14) ist wenigstens eines der Bedienelemente (16, 18, 20, 22) eingebaut.

Während in Merkmal 1. lediglich ein Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem allgemein beschrieben wird, definiert Merkmal 2. als wesentliches Bauteil eine an einer Seite des Fahrzeugsitzes angeordnete Basisblende. Diese Basisblende weist nach Merkmal 2.1 eine standardisierte Aufnahme für ein standardisiertes Funktionselement auf. Unter einer standardisierten Aufnahme versteht das Streitpatent durchgängig eine standardisierte Öffnung zur Aufnahme der standardisierten Funktionsblende bzw. des Funktionselementes (vgl. Abs. [00012], letzter Satz; Abs. [0013], 2. Satz; Abs. [0020], 2. Satz; Abs. [0025, 1. Satz sowie Fig. 1 bis 3).]

Nach Merkmal 2.1.1 schließlich wird das standardisierte Funktionselement derart charakterisiert, dass dort wenigstens eines der Bedienelemente (zur Ansteuerung oder Betätigung wenigstens einer verstellbaren Komponente des Fahrzeugsitzes (vgl. Merkmal 1.)) eingebaut ist.

Der Vorteil eines Bediensystems mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 wird darin gesehen, dass ein derartiges Bediensystem aus nur zwei Bauteilen, nämlich der Basisblende und der Funktionsblende besteht (vgl. Abs. [0013], 1. Satz, sowie Abs. [0025], 1. Satz), was die Bereitstellung eines in Herstellung und Montage vereinfachten Systems zur Verwendung in verschiedenen Fahrzeugtypen bei Reduzierung des teilemäßigen Aufwandes und vereinfachter Lagerhaltung ermöglicht (vgl. Abs. [0025]).

2. Als zuständiger Fachmann ist ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit zumindest Fachhochschulabschluss mit mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Fahrzeugsitzen anzusehen.

3. Der Gegenstand des geltenden erteilten Patentanspruchs 1 ist neu.

Die Einsprechende hat im Einspruchsverfahren u. a. den Stand der Technik nach E7 als neuheitsschädlichen Stand der Technik erachtet.

Durch die E7 (DE 103 41 162 A1) ist ein Fahrzeugsitz (3) mit einem Bediensystem (Bedieneinheit (1)) bekannt geworden (vgl. Fig. 1 bis 3), wobei das Bediensystem (1), wie in Merkmal 1. (vgl. Merkmalsgliederung nach II.1.) gefordert, wenigstens ein Bedienelement (11, 21) zur Ansteuerung oder Betätigung wenigstens einer Komponente des Fahrzeugsitzes (3) aufweist (vgl. Abs. [0013] und [0014].

Anders als der patentgemäße Fahrzeugsitz mit Bediensystem weist der entgegengehaltene Fahrzeugsitz nach E7 eine an einer Seite des Fahrzeugsitzes angeordnete Basisblende nicht auf, denn bei dem Fahrzeugsitz nach E7 wird die Bedieneinheit (1) (Bediensystem) innerhalb einer Seitenwange (7) des Sitzteils des Fahrzeugsitzes (3) versenkt angeordnet (vgl. Fig. 3 und Abs. [0012]). Diese Bedieneinheit stellt ein in sich fertiges Funktionselement dar, welches Bedienelemente aufnimmt. Von einer Basisblende wird sie indes nicht aufgenommen.

Nachdem der Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem nach E7 die Merkmal 2 und 2.1 des erteilten Anspruchs 1 nicht aufweist, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach E7 bereits als neu zu betrachten.

Der Stand der Technik gemäß dem Auszug aus dem BMW-Teilekatalog „Linkslenker“ gemäß Anl. E10 bzw. „Rechtslenker“ gemäß Anl. E12 sowie den hierzu im Jahre 2007 in einem Autohaus aufgenommenen Fotos nach Anl. 11 ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht als neuheitsschädlich gegenüber dem Patentgegenstand zu betrachten. Anders als die Patentabteilung erachtet der Senat die Auszüge aus den Teilekatalogen gemäß Anl. E10 und E12 als vorveröffentlichten Stand der Technik, denn es kann dem Internet entnommen werden, dass die Produktion des BMW-Cabrios „E93“ bereits im November 2006 angelaufen ist, so dass auch die auf den Teilekatalogen jeweils aufgedruckte Datumsangabe „’06. Dezember“ auf das Jahr 2006 als Erscheinungsjahr für diese Teilekataloge hinweist. Die technische Bewertung der jeweiligen Zeichnungen auf S. 2 der Teilekataloge gemäß Anl. E10 und E12 durch den Senat geht jedoch dahin, dass sich das dort erkennbare Bediensystem für einen Fahrzeugsitz vom Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 in den Merkmalen 2. und 2.1 unterscheidet, denn das in Anl. E10 bzw. E12 abgebildete Bediensystem lässt weder eine Basisblende noch eine standardisiere Aufnahme in einer Basisblende i. S. d. Streitpatents erkennen. Auch die Fotos gemäß Anl. E11 – insoweit in der vorliegenden Form auswertbar – geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung dieses technischen Sachverhalts. Nach alledem ist der Gegenstand des in Rede stehenden erteilten Anspruchs 1 auch gegenüber den als vorbenutzt geltend gemachten Gegenständen nach Anl. E10 bis E12 neu.

Auch der in Form von Fotos gemäß Anl. E9 als Stand der Technik geltend gemachte MAN-Fahrzeugsitz mit einem Bediensystem lässt eine Basisblende i. S. d. Streitpatents sowie eine entsprechenden standardisierte Aufnahme für ein standardisiertes Funktionselement, in das wenigstens eines der Bedienelemente eingebaut ist, nicht erkennen, denn in die Oberseite einer Seitenwange eines Sitzteils sind lediglich einzelne Schalter eingesetzt. Somit unterscheidet sich der Gegenstand nach Anl. E9 vom Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 in den Merkmalen 2., 2.1 und 2.1.1.

Die Datenblätter für ein Schalterprogramm der Fa. J… gemäß Anl. E8 zeigen Schaltwippen aus der Haustechnik zur Betätigung elektrischer Schalter, wobei die Schaltwippen in einem umgebenden Rahmen eingesetzt sind. Gemeinsame Merkmale mit dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sind den Darstel- lungen und Beschreibungen gemäß Anl. E8 nicht zu entnehmen. Zudem handelt es sich hier um einen nachveröffentlichten Stand der Technik (vgl. Aufdruck „Bildpreisliste 2009“).

Auf die verbleibenden, bereits im Prüfungsverfahren für die Beurteilung der Patentfähigkeit in Betracht gezogenen Druckschrift E1 bis E6 hat die Einsprechende weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren Bezug genommen. Keine dieser Druckschriften offenbart einen Gegenstand, der dem Patentgegenstand nach dem erteilten Anspruch 1 in neuheitsschädlicher Weise entgegenstehen könnte, da keine dieser Druckschriften eine Basisblende mit den Merkmal 2., 2.1 und 2.1.1 des Anspruchs 1 zeigt.

4. Der Gegenstand nach dem geltenden erteilten Patentanspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der von der Einsprechenden zuletzt ausschließlich in den Vordergrund ihrer Betrachtungen gestellte Stand der Technik nach dem jeweils auszugsweise vorgelegten BMW-Teilekatalog für BMW-Cabrio „E93“ (Linkslenker) (E10) bzw. BMWTeilekatalog für BMW-Cabrio „E93“ (Rechtslenker) (E12) lässt jeweils auf der 2. Seite eine Zeichnung der jeweiligen Blenden (1) und Funktionselemente (2, 3) mit Schaltern (zur Sitzverstellung, vgl. hierzu jeweils 3. Seite mit Legende zu den Bezugsziffern erkennen. Dabei ist ein Bediensystem für einen Fahrzeugsitz erkennbar (vgl. 1. Blatt mit Überschrift „Sitz vorne Sitzbetätigung Einzelteile“), wobei das Bediensystem wenigstens ein Bedienelement zur Ansteuerung oder Betätigung wenigstens einer verstellbaren Komponente des Fahrzeugsitzes aufweist (vgl. Zeichnung, 2. Blatt, Ziff. 2 oder 3). Damit ist das Merkmal 1. des erteilten Patentanspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung nach II.1.) durch den Stand der Technik nach E10 bzw. E12 zweifelsfrei vorweg genommen.

Der entgegen gehaltene Fahrzeugsitz weist auch eine an einer Seite des Fahrzeugsitzes angeordnete Blende (vgl. Ziff. „1“, Blende außen) auf. Bei dieser Blende (1) handelt es sich jedoch ersichtlich nicht um eine Basisblende i. S. d. Streitpatents, denn die Blende (1) weist keine standardisierte Aufnahme für ein standardisiertes Funktionselement auf. Zwar sind die mit Ziff. „2“ bzw. „3“ bezeichneten „Schalter Sitzverstellung“ als standardisierte Funktionselemente zu betrachten, denn sie sind offenbar mit gleichen Außenmaßen und –konturen versehen und gegeneinander austauschbar, wobei sie unterschiedliche Anzahlen von Bedienelementen tragen (Element „2“ hat rechts drei weitere Schalter die bei Element „3“ fehlen).

Die perspektivisch hintereinander gezeichneten Einzelteile gemäß den jeweiligen Zeichnungen auf der 2. Seite der E10 bzw. E12 vermitteln jedoch angesichts der dort ersichtlichen Größenverhältnisse nicht den Eindruck, als ob die Öffnung der Blende (1) von ihrer Bemaßung her geeignet wäre, eines der standardisierten Funktionselemente (2) oder (3) aufnehmen zu können. Vielmehr stellt sich der technische Sachverhalt so dar, dass die Funktionselemente (2) oder (3) jeweils hinter der Blende liegen und von dem wiederum hinter dem jeweiligen Funktionselement (2, 3) liegenden Träger (4) aufgenommen und gehalten werden, während die Blende (1) lediglich eine als Verkleidung dienende Abdeckung darstellt, deren Öffnung nur noch die Schalter des (dahinterliegenden) Funktionselementes zugänglich machen soll.

Damit kann der Stand der Technik nach E10 bzw. E12 die Merkmale 2. und 2.1 des erteilten Anspruchs 1 weder vermitteln noch nahe legen.

Die Maßnahme des Merkmals 2.2.1 ist indes bei dem Gegenstand nach E10 bzw. E12 in identischer Weise wie beim Streitpatent vorweg genommen, denn in das zweifellos standardisierte Funktionselement ist ebenfalls wenigstens eines der Bedienelemente (Schalter) eingebaut.

Damit bildet der Auszug aus den BMW-Teilekatalogen nach E10 bzw. E12 auch in Verbindung mit den fotographischen Darstellungen gemäß Anlage E11 zwar einen nahe kommenden Stand der Technik, der zweifellos geeignet ist, dem Fachmann standardisierte Funktionselemente nahe zu legen, jedoch nicht Basisblenden i. S. d. Patentgegenstandes mit standardisierten Aufnahmen für entsprechend standardisierte Funktionselemente, wie in den Merkmalen 2. und 2.1 des erteilten Anspruchs 1 zum Ausdruck gebracht wird.

Des angebotenen Zeugenbeweises zur Entstehung der Fotos gemäß Anl. E11 bedurfte es nicht mehr, denn der entgegengehaltene Stand der Technik ist in den Zeichnungen gemäß den Anlagen E10 und E12 in seinen technischen Einzelheiten eindeutig erkennbar.

Wie aus dem Neuheitsvergleich bereits ersichtlich ist, findet sich im übrigen im Verfahren befindlichen Stand der Technik ebenfalls kein Hinweis auf eine derartige Basisblende mit den Merkmalen 2. und 2.1 des erteilten Anspruchs 1.

So ist eine Blende – welcher Art auch immer – beim Stand der Technik nach E7 nicht vorgesehen, ebensowenig wie bei dem MAN-Nutzfahrzeugsitz gemäß den Fotos nach E9, denn dort wird jeweils ein Funktionselement bzw. einzelne Schalter direkt in den Sitz eingesetzt.

Die obendrein nachveröffentlichten Datenblätter d. Fa. JUNG für ein Schalterprogramm gemäß Anl. E8 offenbaren einen gänzlich anderen Gegenstand.

Wie bereits im Neuheitsvergleich ausgeführt wurde, lässt sich eine Basisblende mit den Merkmalen 2. und 2.1 auch aus den von der Einsprechenden weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren aufgegriffenen Druckschriften E1 bis E6 aus dem Prüfungsverfahren nicht herleiten.

Nach alledem bedurfte es für die aufgabengemäße vereinfachte Herstellung eines Fahrzeugsitzes mit einem Bediensystem und dessen universelle Verwendung einer erfinderischen Tätigkeit, um zu einer Basisblende mit standardisierter Aufnahme für entsprechende standardisierte Funktionselemente zu gelangen, so dass auf einfache Weise ein lediglich noch aus zwei Teilen, nämlich der Basisblende mit standardisierter Aufnahme und standardisiertem Funktionselement bestehendes System vorgefertigt werden muss.

Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist daher patentfähig, so dass dieser Anspruch Bestand hat.

Mit dem tragenden Patentanspruch 1 sind auch die auf vorteilhafte Ausgestaltungen eines Fahrzeugsitzes nach Anspruch 1 gerichteten erteilten Unteransprüche 2 bis 7 bestandsfähig.

III.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht dem am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Zehendner Dr. Huber Rippel Heimen Pr

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