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7 W (pat) 322/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 322/09

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Einspruchssache betreffend das Patent 197 49 838 …

BPatG 152 08.05

…

hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. August 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Ing. Univ. Höppler und die Richter Schwarz, Dipl.-Phys. Dipl.-Wirt.-Phys. Maile und Dipl.-Phys. Dr. rer. nat. Schwengelbeck beschlossen:

1. Das Einspruchsverfahren ist in der Hauptsache erledigt. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe I.

Die Einsprechende hat gegen das am 11. November 1997 angemeldete Patent 197 49 838 mit der Bezeichnung Einem Fahrzeugsitz in einem Kraftfahrzeug zugeordnetes passives Rückhaltesystem mit fehlertoleranter Reaktion auf ein Signal eines Precash-Sensors hin dessen Erteilung am 29. Dezember 2005 veröffentlicht worden ist, mit beim Deutschen Patent- und Markenamt am 29. März 2006 per Fax eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Einspruch mit dem Ziel des Widerrufs nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 1 bis 5 PatG wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2012 hat die Patentinhaberin gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt, bei dem er am 31. Juli 2012 eingegangen ist, den Verzicht auf ihr Patent nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG erklärt und gleichzeitig die Einsprechende sowie alle Dritte, seien sie bekannt oder nicht, von sämtlichen möglichen Ansprüchen, die ihr aus der Zeit vor dem Wirksamwerden des Patentverzichts aufgrund der Anmeldung und Erteilung des Streitpatents zustehen könnten, unwiderruflich freistellt und gegenüber diesen unter Verzicht auf eine Frist zur Annahme dieser Erklärung unwiderruflich und unbedingt den Erlass dieser Ansprüche erklärt.

Der Senat hat hierauf mit Verfügung vom 3. August 2012, die den Beteiligten am selben Tag zugestellt wurde, darauf hingewiesen, dass mit diesen Erklärungen das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt sein dürfte; soweit die Beteiligten nicht innerhalb der ihnen hierzu gesetzten Frist widersprechen, werde der Senat dies in ihrem vermuteten Einverständnis nach Aufhebung der bereits anberaumten mündlichen Verhandlung im schriftlichen Verfahren feststellen.

Da die Beteiligten diesem Hinweis innerhalb der ihnen hierzu bis 6. August 2012 gesetzten Frist nicht widersprochen haben, ist die mündliche Verhandlung vom 10. August 2012 aufgehoben worden.

II.

A.

Der Senat ist für die Entscheidung im vorliegenden Einspruchsverfahren auch nach der - mit Wirkung vom 1. Juli 2006 erfolgten - Aufhebung der Übergangsvorschriften des § 147 Abs. 3 PatG auf Grund des Grundsatzes der "perpetuatio fori" gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO analog i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG zuständig (vgl. BGH GRUR 2009, 184, 185 - Ventilsteuerung; GRUR 2007, 862 f. - Informationsübermittlungsverfahren II).

B.

Nachdem das Patent nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG erloschen ist und die Patentinhaberin darüber hinaus wirksam alle von dem Patent Betroffenen von Ansprüchen aus der Vergangenheit ausdrücklich freigestellt hat, so dass solche möglichen Ansprüche aus dem angemeldeten und erteilten Patent nach § 362 BGB ebenfalls erloschen sind, ist das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt, was aufgrund des Hinweises des Senats vom 3. August 2012, welchem die Beteiligten nicht widersprochen haben, trotz ihrer Hilfsanträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung mit derem Einverständnis im schriftlichen Verfahren festgestellt werden kann.

1.

Nach allgemeiner Meinung ist ein Gerichtsverfahren erledigt, wenn ein nach Verfahrenseinleitung eingetretenes außerprozessuales Ereignis vorliegt, das sich auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit des Rechtsschutzbegehrens (also der Klage oder des verfahrenseinleitenden Antrags) in der Weise auswirkt, dass sie das ursprünglich zulässige und begründete Rechtsschutzziel nachträglich rechtlich oder tatsächlich gegenstandslos macht,

weil dieses entweder bereits außerhalb des Prozesses erreicht wurde oder nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgt werden kann (vgl. BGHZ 155, 392 [398]; BGH NJW 2007, 3721 [3722]; BVerwG NVwZ 1989, 48; NVwZ 1993, 979; BVerwGE 46, 81 [83]; 73, 312 [314]; s. a. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn. 3 m. w. N.; Sodann/Ziekow/Neumann, VwGO, 3. Aufl., § 161 Rn. 130 ff.).

2.

Eine solche Erledigung tritt allerdings nicht schon infolge des Erlöschens des Streitpatents aufgrund des erklärten Patentverzichts nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 PatG ein, weil mit dem sich nur für die Zukunft auswirkenden Verzicht das auf die rückwirkende (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1 PatG) Beseitigung der Folgen der Patenterteilung gerichtete Ziel des Einspruchs nicht vollständig verwirklicht wird (vgl. hierzu ausführlich BPatG GRUR 2011, 657 - Vorrichtung zum Heißluftnieten; a. A. BPatGE 29, 65). Eine vollständige Erledigung liegt vielmehr nur dann vor, wenn das vom Gesetz in § 59 PatG vorausgesetzte Allgemeininteresse an der Prüfung der Schutz(un)fähigkeit des Streitpatents nach dessen Erlöschen auch für die Vergangenheit nicht mehr besteht. Entgegen einem Teil der Rechtsprechung (vgl. BGH GRUR 1981, 515 - Anzeigegerät [Gebrauchsmusterlöschungsverfahren]; GRUR 1997, 615 ff. - Vornapf [Fall der Nichtzahlung der Jahresgebühr]; BPatG [20. Senat] GRUR 2009, 612 - Auslösevorrichtung; letzterem folgend der 9. und 12. Senat des Bundespatentgerichts, vgl. Nachweise bei BPatG [21. Senat] GRUR 2010, 363 f. - Radauswuchtmaschine) ist das Allgemeininteresse nach dem Erlöschen des Streitpatents dabei nicht schon dann entfallen, wenn der Einsprechende kein (eigenes) Rechtsschutzbedürfnis - oder, wie der 21. Senat des Bundespatentgerichts in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO annimmt, kein berechtigtes Interesse (vgl. BPatG [21. Senat] GRUR 2010, 363 - Radauswuchtmaschine) - am Fortgang des Einspruchsverfahrens geltend macht; vielmehr kann es nur dann verneint werden, wenn im konkreten Einzelfall feststeht, dass nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit nicht nur der Einsprechende, sondern auch alle Dritten nicht mehr von der Patentanmeldung und -erteilung betroffen sind, da nur in diesem Fall das vom Einsprechenden verfolgte rechtliche und wirtschaftliche Ziel auf Beseitigung der Folgen der Patenterteilung auch für die Vergangenheit verwirklicht ist (vgl. BPatG [7. Senat], a. a. O. - Vorrichtung zum Heißluftnieten).

3.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt, soweit entsprechende Feststellungen zum Fortfall des Allgemeininteresses von Amts wegen (§§ 46, 87 PatG) nicht getroffen werden können, ein solcher Wegfall des Allgemeininteresses und damit eine vollständige Erledigung der Hauptsache in erweiternder Fortführung von BGH GRUR 1995, 571 - Künstliche Atmosphäre nur vor, wenn der Patentinhaber darlegt (und bei Bestreiten nachweist), dass eine Geltendmachung von Ansprüchen aus dem angemeldeten und erteilten Patent auch für die Vergangenheit nicht (mehr) möglich ist; hierfür reicht eine Freistellungserklärung des Patentinhabers oder ein Beschränkungsverfahren nach § 64 PatG mit dem Ziel des Widerrufs aus (vgl. BPatG [7. Senat], a. a. O. - Vorrichtung zum Heißluftnieten). Denn da in diesen Fällen Ansprüchen aus der streitgegenständlichen (angeblichen) Erfindung auch für die Vergangenheit ausgeschlossen sind, sind in Verbindung mit der Patenterlöschung nunmehr dieselben (wirtschaftlichen) Folgen wie beim Widerruf des Streitpatents eintreten, so dass das Einspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt ist (vgl. BPatG [7. Senat], a. a. O. - Vorrichtung zum Heißluftnieten).

4.

Nachdem die Inhaberin des im vorliegenden Einspruchsverfahren streitigen Patents über den bloßen Patentverzicht hinaus mit Erklärung vom 27. Juli 2012, beim DPMA eingegangen am 31. Juli 2012, eine solche umfassende Freistellungserklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt abgegeben hat, ist nach den vorstehenden Überlegungen das Einspruchsverfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

C.

Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Stellt nämlich in ständiger Rechtsprechung der Erfolg des Einspruchs in Form eines vollständigen Patentwiderrufs schon keinen Billigkeitsgrund nach dieser Vorschrift dar, besteht kein Anlass für eine Kostenauferlegung, wenn das Einspruchsziel wie vorliegend auf andere Art und Weise erreicht wird und sich das Einspruchsverfahren hierdurch erledigt hat.

D.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, weil die Frage, welche Auswirkungen das Erlöschen des Streitpatents hat, zwischen den einzelnen Senaten des Bundespatentgerichts (vgl. hierzu die obigen Zitate) streitig ist, so dass sie sowohl eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellt (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG) als auch zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG).

Höppler Maile Schwarz Schwengelbeck Hu

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Häufigkeit Paragraph
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2 100 PatG
1 362 BGB
1 1 PatG
1 5 PatG
1 21 PatG
1 46 PatG
1 59 PatG
1 62 PatG
1 64 PatG
1 87 PatG
1 99 PatG
1 147 PatG
1 113 VwGO
1 261 ZPO

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