5 StR 174/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 174/24 BESCHLUSS vom 14. August 2024 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:140824B5STR174.24.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. November 2023 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Cannabis in 27 Fällen und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis und mit Besitz eines Elektroimpulsgeräts, schuldig ist; b) im Strafausspruch hinsichtlich der zu den Fällen 1 bis 18, 23 bis 29, 32 und 33 verhängten Einzelstrafen und hinsichtlich der Gesamtstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz eines Elektroimpulsgerätes sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, von der vier Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der nicht ausgeführten Verfahrens- und der ausgeführten Sachrüge. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und deshalb unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung der Schuldsprüche in den Fällen 1 bis 18, 23 bis 29, 32 und 33 der Urteilsgründe sowie zur Ergänzung des Schuldspruchs im Fall 35 der Urteilsgründe.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts bezog sich die gewerbsmäßige Handelstätigkeit des Angeklagten im Fall 35 der Urteilsgründe auch und in den übrigen genannten Fällen ausschließlich auf Marihuana in unterschiedlich großen Mengen zwischen 50 Gramm und knapp 900 Gramm.
b) Die ergangenen Schuldsprüche wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen 1 bis 4, 6, 7, 10, 11, 14, 15, 18, 23, 26, 27 und 32 der Urteilsgründe sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen 5, 8, 9, 12, 13, 16, 17, 24, 25, 28, 29 und 33 der Urteilsgründe können keinen Bestand haben. Denn am 1. April 2024 ist das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten (BGBl. I 2024 Nr. 109), was der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB zu berücksichtigen hat; nach der Neuregelung unterfällt der Umgang mit Cannabis dem hier milderen Konsumcannabisgesetz (BGH, Beschluss vom 24. April 2024 – 5 StR 136/24; vgl. insoweit zur nicht geringen Menge und zur Tenorierung BGH, Beschluss vom 23. April 2024 – 5 StR 153/24). Das vom Landgericht insoweit festgestellte Tatgeschehen ist nunmehr als Handeltreiben mit Cannabis (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) zu würdigen. Dass sich die Taten teilweise auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogen, stellt – ebenso wie die festgestellte Gewerbsmäßigkeit – lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 4 KCanG). Eine solche Strafzumessungsregel findet im Schuldspruch keinen Ausdruck (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2024 – 5 StR 153/24).
Im Fall 35 der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte gut fünf Gramm Kokaingemisch und gut 0,8 Gramm Marihuana, die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren, zusammen mit einem in einer Taschenlampe integrierten Elektroimpulsgerät ohne amtliches Prüfzeichen zum Nachweis der gesundheitlichen Unbedenklichkeit aufbewahrte, hat der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 BtMG hinsichtlich des Kokains in Tateinheit mit Besitz eines Elektroimpulsgerätes gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG iVm Nr. 1.3.6 der Anlage 2 zum Waffengesetz Bestand; er ist hinsichtlich des Marihuanas dahin zu ergänzen, dass der Angeklagte zusätzlich in Tateinheit auch wegen Handeltreibens mit Cannabis schuldig ist.
Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO um. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3. Die in den Fällen 1 bis 18, 23 bis 29, 32 und 33 verhängten Einzelstrafen haben keinen Bestand, weil der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG gegenüber den vom Landgericht zur Anwendung gebrachten der § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1 BtMG milder ist. Der Wegfall der genannten Einzelstrafen bedingt auch die Aufhebung der verhängten Gesamtstrafe.
Im Fall 35 der Urteilsgründe hat die nach § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB weiterhin zutreffend aus § 29 Abs. 3 BtMG zugemessene Einzelstrafe hingegen Bestand. Angesichts der im Verhältnis zum gehandelten Kokain geringen Menge von Marihuana und mit Blick auf den tateinheitlich verwirklichten Verstoß gegen das Waffengesetz kam dem auf den Umgang mit Cannabis entfallenden Schuldumfang ersichtlich keine maßgebliche Bedeutung zu. Der Senat kann deshalb ausschließen, dass das Vorrätighalten der gut 0,8 Gramm Marihuana für das Landgericht bei der Bestimmung des Schuldumfangs und damit bei der Findung der insoweit verhängten Einsatzstrafe mitentscheidend war.
4. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind rechtsfehlerfrei. Sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und gegebenenfalls durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen. Die Kompensationsentscheidung wird von der teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs nicht berührt.
5. Eine Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten findet nicht statt. Denn diese beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung beim Erlass des Urteils, sondern auf einer nachträglichen, vom Senat gemäß § 354a StPO zu berücksichtigenden Rechtsänderung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1964 – 1 StR 358/64, BGHSt 20, 77, 78).
Cirener Gericke Mosbacher Resch Werner Vorinstanz: Landgericht Bremen, 21.11.2023 - 7 KLs 902 Js 33449/19 (12/23)