X ZB 1/20
BUNDESGERICHTSHOF X ZB 1/20 BESCHLUSS vom 14. Juli 2020 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2020:140720BXZB1.20.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2020 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Dr. Kober-Dehm und den Richter Dr. Rensen beschlossen:
Die Anträge des Beklagten auf Beiordnung eines Notanwalts für das Rechtsbeschwerdeverfahren, auf Aussetzung des Verfahrens, auf Wiedereinsetzung nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2019 sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den genannten Beschluss des Oberlandesgerichts wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückübertragung eines geschenkten hälftigen Grundstücksanteils.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach fristgerechtem Eingang der Berufung und Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 5. Juli 2019 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten am 1. Juli 2019 mitgeteilt, dass er diesen nicht mehr vertrete. Unter dem 4. Juli 2019 hat der Beklagte beim Berufungsgericht die Bestellung eines Notanwalts beantragt.
Das Berufungsgericht hat mit am 17. Dezember 2019 zugestelltem Beschluss die Bestellung eines Notanwalts abgelehnt und die Berufung mangels fristgerechter Einreichung einer Berufungsbegründung verworfen. Mit gesondertem Schreiben vom 27. Dezember 2019 hat das Berufungsgericht den Beklagten darüber belehrt, dass gegen die Verwerfung der Berufung das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde mit einer Notfrist von einem Monat statthaft ist und dieses Rechtsmittel nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden kann. Der Beklagte hat am 17. Januar 2020 selbst Rechtsbeschwerde eingelegt und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt. Mit Schriftsatz vom 9. März 2020 hat er zudem Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 149 ZPO und Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.
II. Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 78b ZPO ist unbegründet, weil der Kläger auch nach entsprechendem Hinweis nicht dargelegt hat, sich erfolglos um die Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt bemüht zu haben.
Die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass eine Partei die ihr zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden. Im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof muss eine Partei hierzu darlegen, sich ohne Erfolg zumindest an mehr als vier beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte gewandt zu haben (statt vieler: BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2017 IX ZB 76/17, juris Rn. 2). Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, sich überhaupt um die Vertretung durch einen solchen Rechtsanwalt bemüht zu haben.
III. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist nicht zu gewähren. Den Beklagten traf zwar zunächst kein Verschulden an der Nichteinhaltung der Rechtsbeschwerdefrist. Ein dahingehendes Hindernis war indessen schon mehr als zwei Wochen vor Stellung des Wiedereinsetzungsantrags behoben.
1. Ein Hindernis zur Einhaltung der Monatsfrist gemäß § 575 Abs. 1 ZPO lag möglicherweise darin, dass der angefochtene Beschluss nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war.
Nach § 233 Satz 2 ZPO wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn die nach § 232 ZPO vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. In Verfahren, in denen eine Partei sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, ist eine Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls dann erforderlich, wenn aufgrund der Verfahrenssituation eine Beratung oder Belehrung durch einen Rechtsanwalt nicht sichergestellt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - V ZB 131/15, NJW 2016, 1827 Rn. 7). Eine solche Verfahrenssituation lag hier vor, weil der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Beschlusses nicht mehr durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
2. Es kann jedoch offenbleiben, ob die zunächst fehlende Rechtsmittelbelehrung für den Beklagten tatsächlich ein Hindernis zur form- und fristgerechten Einlegung der Rechtsbeschwerde darstellte. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist jedenfalls unzulässig, weil nach der Behebung des Hindernisses mehr als zwei Wochen bis zur Stellung seines Antrags auf Wiedereinsetzung verstrichen sind.
a) § 234 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO setzen für eine Wiedereinsetzung voraus, dass der Wiedereinsetzungsantrag spätestens zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses gestellt und das versäumte Rechtsmittel innerhalb dieser Frist nachgeholt wird. Sofern das Hindernis wegfällt, bevor die einzuhaltende Frist abgelaufen ist, zählt auch dieser Zeitraum in die Zwei-Wochenfrist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 1990 VIII ZB 44/89, NJW-RR 1990, 830 unter II 1).
b) Im Streitfall ist der Beklagte mit Schreiben vom 27. Dezember 2019 über das zulässige Rechtsmittel, die Rechtsmittelfrist und die Notwendigkeit belehrt worden, dieses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt einlegen zu müssen. Dieses Schreiben hat er zusammen mit seiner Rechtsbeschwerde am 17. Januar 2020 übermittelt. Sein erstmals am 9. März 2020 gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist deshalb verspätet.
IV. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Dementsprechend ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen. Auf das Vorliegen weiterer Zurückweisungsgründe kommt es demnach nicht an.
V. Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ist unbegründet.
Es ist nicht erkennbar, dass die Ermittlungen aus dem vom Beklagten zitierten Strafverfahren einen Einfluss auf das Ergebnis des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben könnten.
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bacher Kober-Dehm Grabinski Rensen Hoffmann Vorinstanzen: LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 03.04.2019 - 2-28 O 61/15 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.12.2019 - 1 U 74/19 -