I ZR 143/24
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 143/24 vom
7. Mai 2025 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: JNEU:
ja nein ja nein Nie wieder keine Ahnung MarkenG § 5 Abs. 1 und 3, § 15 a) Werktitel sind in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn geschützt. Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält und dadurch über die Identität der bezeichneten Werke irrt. Betreffen die zu vergleichenden Titel unterschiedliche Werke, so scheidet die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr mangels Werknähe regelmäßig aus, wenn der angesprochene Verkehr das eine Werk aufgrund der Unterschiede nicht für das andere hält (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/10, GRUR 2012, 1265 [juris Rn. 23] = WRP 2012, 1526 - Stimmt's?; Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - I ZR 171/00, GRUR 2003, 440 [juris Rn. 27] = WRP 2003, 644 - Winnetous Rückkehr).
b) Ausnahmsweise kommt bei einer Gefahr der Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen durch den angesprochenen Verkehr ein weitergehender Schutz des Werktitels gegen eine Täuschung über die betriebliche Herkunft unter dem Gesichtspunkt einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn in Betracht. Voraussetzung für diesen erweiterten Schutz gegen Verwechslungsgefahr ist, dass der Verkehr mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1992 - I ZR 254/90, BGHZ 120, 228 [juris Rn. 24] - Guldenburg; Urteil vom 22. September 1999 - I ZR 50/97, GRUR 2000, 504 [juris Rn. 30] = WRP ECLI:DE:BGH:2025:070525UIZR143.24.0
2000, 533 - FACTS). Bei der Beurteilung der dafür erforderlichen hinreichenden Bekanntheit des Titels sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
c) Neben der hinreichenden Bekanntheit ist für die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn regelmäßig ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen den gekennzeichneten Produkten und dem unter dem in Frage stehenden Titel veröffentlichten Werk erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 25] = WRP 1999, 519 - Max).
d) Bei dem Erfordernis einer hinreichenden Bekanntheit einerseits und eines gewissen sachlichen Zusammenhangs zwischen den gekennzeichneten Produkten und dem unter dem in Frage stehenden Titel veröffentlichten Werk andererseits handelt es sich um kumulative Voraussetzungen für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen sind (vgl. BGH, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 23 und 24 bis 29] - Max).
BGH, Urteil vom 7. Mai 2025 - I ZR 143/24 - OLG Stuttgart LG Stuttgart Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Feddersen, die Richterin Dr. Schmaltz, den Richter Odörfer und die Richterin Wille für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart - 2. Zivilsenat - vom 4. Juli 2024 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Klägerin, eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt, ließ am 28. April 2009 im Branchenmagazin "Der Titelschutzanzeiger" eine Titelschutzanzeige für den Titel "Nie wieder keine Ahnung" (nachfolgend auch: Klagetitel) veröffentlichen. Ab dem 28. Dezember 2009 strahlte sie vier Folgen einer ersten Staffel der Serie mit dem Titel "Nie wieder keine Ahnung" zum Thema Malerei aus und ab dem 10. März 2011 eine zweite Staffel mit drei Folgen zum Thema Architektur. Sendungsbegleitend veröffentlichte sie ein Webspecial, Informationen zum Einsatz in der Schule sowie weitere Begleitmaterialien, die auf den von der Klägerin betriebenen Internetseiten abrufbar sind. Die beiden Staffeln werden regelmäßig im linearen Fernsehprogramm der Klägerin und in den in der ARD zusammengeschlossenen Sendern ausgestrahlt.
Zu der Sendereihe ist unter Verwendung des Klagetitels im B. Verlag ein programmbegleitendes Buch mit dem Titel "Architektur für Einsteiger" erschienen. Das Buch wurde in einer einzigen Auflage aufgelegt und ist neu nicht mehr lieferbar.
Der Verkehr ist daran gewöhnt, dass Bücher programmbegleitend zu einer Sendung herausgegeben werden.
Am 1. September 2021 erschien bei der Beklagten, einem Verlag für Belletristik und Sachbücher, ein Sachbuch unter dem Titel "Nie wieder keine Ahnung". Das Buch vermittelt Grundwissen zu den Themen Politik, Wirtschaft und Kultur. Die Autoren des Buchs sind die Moderatoren der auf dem öffentlich-rechtlichen Kinderkanal "K. " ausgestrahlten Kinder-Nachrichtensendung "l. ". Das Buch wird seither von der Beklagten unter diesem Titel angeboten und beworben. Die Beklagte bietet zudem ein gleichnamiges E-Book sowie ein Hörbuch an.
Die Klägerin sieht in der Verwendung des Klagetitels durch die Beklagte eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte. Nach Abmahnung und einem erfolglos gebliebenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (OLG Frankfurt am Main, WRP 2022, 341) hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland die Bezeichnung "Nie wieder keine Ahnung" als Titel für ein Buch und/oder E-Book und/oder Hörbuch zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, insbesondere entsprechend gekennzeichnete Bücher und/oder E-Books und/oder Hörbücher anzubieten, zu vertreiben, in den Verkehr zu bringen, zu bewerben und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen.
Die Klägerin hat außerdem die Verurteilung der Beklagten zu Auskunft (Anträge II und III), Schadensersatzfeststellung (Antrag IV) sowie Rückruf und Vernichtung (Antrag V) begehrt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Stuttgart, Urteil vom 24. Januar 2023 - 17 O 122/22, juris). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG mangels Verwechslungsgefahr für unbegründet erachtet und dazu im Wesentlichen ausgeführt:
Bei der Bezeichnung "Nie wieder keine Ahnung" für die Sendereihe der Klägerin handle es sich um einen Werktitel, dessen Inhaberin die Klägerin sei. Die Beklagte habe den Titel "Nie wieder keine Ahnung" im geschäftlichen Verkehr benutzt, indem sie 2021 ein Buch mit diesem Titel in gedruckter Form, als E-Book und als Hörbuch in den Verkehr gebracht habe. Es bestehe jedoch trotz Zeichenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft des Werktitels der Klägerin mangels hinreichender Ähnlichkeit der Werke keine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn oder eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben.
II. Die gegen diese Beurteilung des Berufungsgerichts gerichtete Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Werktitel sind nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnungen geschützt. Nach § 5 Abs. 3 MarkenG sind Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber nach § 15 Abs. 1 MarkenG ein ausschließliches Recht. Dritten ist es nach § 15 Abs. 2 MarkenG untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten nach § 15 Abs. 3 MarkenG ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinn des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen § 15 Abs. 2 oder 3 MarkenG benutzt, kann vom Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr nach § 15 Abs. 4 Satz 1 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
2. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, bei der Bezeichnung "Nie wieder keine Ahnung" für die Sendereihe der Klägerin handle es sich um einen Werktitel im Sinn des § 5 Abs. 1 MarkenG mit der dafür erforderlichen Unterscheidungskraft, der Titelschutz sei entstanden und bestehe fort, die Klägerin sei Inhaberin des Titelrechts und die Beklagte habe den Titel "Nie wieder keine Ahnung" im geschäftlichen Verkehr titelmäßig für das von ihr herausgegebene Buch, E-Book und Hörbuch benutzt. Das nimmt die Revision als für sie günstig hin. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, zwischen dem Klagetitel und dem von der Beklagten verwendeten Zeichen bestehe keine Verwechslungsgefahr.
a) Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ähnlichkeit der Werke sowie auf die Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56 [juris Rn. 26] - Tagesschau; Urteil vom 31. Januar 2019 - I ZR 97/17, GRUR 2019, 535 [juris Rn. 62] = WRP 2019, 602 - Das Omen; jeweils mwN).
b) Mit dem Berufungsgericht kann davon ausgegangen werden, dass dem Werktitel "Nie wieder keine Ahnung" durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt und die sich gegenüberstehenden Titel in klanglicher, begrifflicher und bildlicher Hinsicht identisch sind.
c) Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Werkkategorien im Streitfall auch ohne Rechtsfehler eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn abgelehnt.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dienen Werktitel im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich (nur) der Unterscheidung eines Werks von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werks und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn geschützt. Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält und dadurch über die Identität der bezeichneten Werke irrt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264 [juris Rn. 29] = WRP 2005, 213 - Das TelefonSparbuch; Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/20, GRUR 2012, 1265 [juris Rn. 23] = WRP 2012, 1526 - Stimmt's?; BGH, GRUR 2019, 535 [juris Rn. 61] - Das Omen).
Betreffen die zu vergleichenden Titel unterschiedliche Werke, so scheidet die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr mangels Werknähe regelmäßig aus, wenn der angesprochene Verkehr das eine Werk aufgrund der Unterschiede nicht für das andere hält (BGH, GRUR 2005, 264 [juris Rn. 30] - Das Telefon-Sparbuch, mwN).
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der Sendereihe der Klägerin und dem von der Beklagten mit dem angegriffenen Titel herausgegebenen Buch handle es sich nicht um dieselbe Werkkategorie. Auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin herausgegebenen Webspecials und Unterrichtsmaterialien könne ausgeschlossen werden, dass der Verkehr das Buch der Beklagten "Nie wieder keine Ahnung" für eine Folge der gleichnamigen Sendereihe der Klägerin halte. Soweit der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Winnetous Rückkehr" (BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - I ZR 171/00, GRUR 2003, 440 [juris Rn. 27] = WRP 2003, 644) zwischen den Kategorien Roman und Film von einer nicht geringen Werknähe ausgegangen sei, betreffe dies allein die Titel von Einzelwerken, nicht den Titel einer Sendereihe. Die dagegen gerichteten Rügen der Revision bleiben ohne Erfolg.
cc) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn aufgrund der unterschiedlichen Werkkategorien - Sendereihe auf der einen, Buch, E-Book und Hörbuch auf der anderen Seite - ausscheidet. Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, es könne ausgeschlossen werden, dass der Verkehr das Buch der Beklagten "Nie wieder keine Ahnung" für eine Folge der gleichnamigen Sendereihe der Klägerin halte, erhebt die Revision keine Einwände.
dd) Aus der Entscheidung "Winnetous Rückkehr" (BGH, GRUR 2003, 440 [juris Rn. 27]), in welcher der Senat eine nicht zu geringe Werknähe zwischen einem Roman und einem Film angenommen hat, weil in Filmen häufig Romanvorlagen umgesetzt würden, folgt entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes. Soweit diese - nicht tragende - Annahme dahin verstanden werden könnte, der Senat erachte eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn trotz unterschiedlicher Werkkategorien als möglich, wird daran nicht festgehalten.
ee) Auf die von der Revision vorgetragenen Aspekte, die vorliegend für eine besonders enge Beziehung des einen Werks zum anderen sprechen sollen, kommt es danach in diesem Zusammenhang nicht an. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn ist bereits aufgrund der unterschiedlichen Werkkategorien ausgeschlossen.
d) Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn abgelehnt.
aa) Werktitel im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werks von anderen, ohne einen Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten (siehe bereits oben Rn. 17). Ausnahmsweise kommt bei einer Gefahr der Annahme von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen durch den angesprochenen Verkehr ein weitergehender Schutz gegen eine Täuschung über die betriebliche Herkunft unter dem Gesichtspunkt einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1992 - I ZR 254/90, BGHZ 120, 228 [juris Rn. 24] - Guldenburg; Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235 [juris Rn. 40] = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine; Urteil vom 12. November 1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 22 und 24] = WRP 1999, 519 - Max; Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70 [juris Rn. 39] = WRP 1999, 1279 - SZENE; Urteil vom 22. September 1999 - I ZR 50/97, GRUR 2000, 504 [juris Rn. 30] = WRP 2000, 533 - FACTS; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1300 [juris Rn. 22] = WRP 2016, 1510 - Kinderstube; BGH, GRUR 2019, 535 [Rn. 84] - Das Omen; Hacker in Ströbele/Hacker/ Thiering, MarkenG, 14. Aufl., § 15 Rn. 81; kritisch und für eine Anwendung von
§ 15 Abs. 3 MarkenG Hotz, GRUR 2005, 304, 307; zu den Begrifflichkeiten vgl. BGH, GRUR 2000, 70 [juris Rn. 38] - SZENE; GRUR 2019, 535 [juris Rn. 84] - Das Omen; Baronikians, Der Schutz des Werktitels, 2. Aufl., Rn. 340 f., 343, 352 und 355).
Voraussetzung für diesen erweiterten Schutz gegen Verwechslungsgefahr ist, dass der Verkehr mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet. Diese Voraussetzung kann beispielsweise bei hinreichend bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften oder Fernsehserien erfüllt sein. Denn die Bekanntheit eines solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im - bei Druckschriften - selben Verlag legen die Schlussfolgerung nahe, dass er im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird (vgl. BGHZ 120, 228 [juris Rn. 24] - Guldenburg; BGH, GRUR 1999, 235 [juris Rn. 40] - Wheels Magazine; GRUR 1999, 581 [juris Rn. 22] - Max; GRUR 2000, 70 [juris Rn. 39] - SZENE; GRUR 2000, 504 [juris Rn. 30] - FACTS; GRUR 2005, 264 [juris Rn. 36] - Das Telefon-Sparbuch; GRUR 2019, 535 [Rn. 85] - Das Omen, mwN; kritisch zum Erfordernis der Bekanntheit Kröner in Festschrift Hertin, 2000, S. 565, 595 f.).
Das notwendige Maß der hinreichenden Bekanntheit kann dabei nicht in der Weise festgelegt werden, dass einem prozentmäßig bestimmten Anteil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt sein muss, dass das Zeichen für ein bestimmtes Werk auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinweist. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls (zur Verkehrsgeltung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - I ZR 139/20, GRUR 2021, 1199 [juris Rn. 35] = WRP 2021, 1295 - Goldhase III, mwN; Thiering, MarkenR 2009, 517, 522; vgl. auch Adinolfi, GRUR 2023, 858, 869).
Neben der hinreichenden Bekanntheit eines Titels ist für die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn regelmäßig ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen den gekennzeichneten Produkten und dem unter dem in Frage stehenden Titel veröffentlichten Werk erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1977 - I ZR 165/75, BGHZ 68, 132 [juris Rn. 35] - Der 7. Sinn; Urteil vom 27. Januar 1982 - I ZR 61/80, GRUR 1982, 431 [juris Rn. 17] - POINT [insoweit nicht in BGHZ 83, 52 abgedruckt]; BGHZ 120, 228 [juris Rn. 27] - Guldenburg; BGH, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 25] - Max, mwN). Fehlt es daran, kommt eine Verwechslungsgefahr nur unter besonderen Umständen in Betracht, etwa wenn es sich um eine Kennzeichnung von besonderer Originalität und Einprägsamkeit sowie weit überdurchschnittlicher Bekanntheit handelt (vgl. BGHZ 120, 228 [juris Rn. 27 f.] - Guldenburg; BGH, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 30] - Max).
bb) Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt und angenommen, für den Klagetitel, der eine Fernsehsendung mit mehreren Folgen bezeichne, komme grundsätzlich ein erweiterter Schutz gegen Verwechslungsgefahr in Betracht. Das greift die Revision als für sie günstig nicht an und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
cc) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Vortrag der Klägerin zur Bekanntheit des Klagetitels sei nicht ausreichend.
(1) Das Berufungsgericht hat gemeint, der Vortrag, bei "Nie wieder keine Ahnung" handle es sich um den bekannten Reihentitel einer Fernsehsendung, der seit 2009 durchgehend präsent sei und mit dem der Verkehr auch die Vorstellung einer betrieblichen Herkunft aus dem Haus der Klägerin verbinde, sei für sich genommen nicht ausreichend. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, die Sendung sei einem Millionenpublikum bekannt, entspreche dies lediglich einer Verkehrsbekanntheit von deutlich unter 10 %, was für eine hinreichende Bekanntheit nicht ausreiche. Im Übrigen erscheine es wenig überzeugend, allein deshalb, weil 4,134 Millionen Menschen jeweils mindestens eine Minute am Stück eine Folge gesehen und durchschnittlich Kontakt zu 2,9 Ausstrahlungen gehabt hätten, davon auszugehen, allen diesen Menschen sei der Titel dieser Sendereihe bekannt. Auch die von der Klägerin behauptete Anzahl von knapp 300.000 Videoabrufen der Webseite genüge für die Annahme einer hinreichenden Verkehrsbekanntheit nicht. Überdies gewährleiste der bloße Aufruf einer Seite nicht, dass der Nutzer sich den Titel der aufgerufenen Seite merke.
(2) Die Revision rügt, das Berufungsgericht übersehe bei seiner Beurteilung, dass die Rechtsprechung keine festen Grenzen für den notwendigen Bekanntheitsgrad festgesetzt habe. Soweit in der Entscheidung "Max" (BGH, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 23]) ein Bekanntheitsgrad von 10,6 % als unzureichend angesehen worden sei, unterscheide sich der dortige Fall durch die erhebliche Branchenverschiedenheit der mit dem streitgegenständlichen Titel gekennzeichneten Waren. Hier stünden sich Publikationen gegenüber, die jeweils auf eine Vermittlung von Allgemeinwissen ausgerichtet seien, sich also sowohl von der äußeren Aufmachung als auch inhaltlich sehr ähnelten. Damit dringt die Revision nicht durch.
(3) Das Berufungsgericht ist entgegen der Auffassung der Revision schon nicht allein unter Verweis auf die Entscheidung "Max" von einer fehlenden hinreichenden Bekanntheit ausgegangen. Es hat vielmehr die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und unter anderem darauf verwiesen, es sei nicht überzeugend, allein deshalb von der Bekanntheit des Titels der Sendereihe auszugehen, weil 4,134 Millionen Menschen jeweils mindestens eine Minute am Stück eine Folge gesehen und durchschnittlich Kontakt zu 2,9 Ausstrahlungen gehabt hätten.
Soweit die Revision meint, wegen des engen Zusammenhangs der sich hier gegenüberstehenden Werkkategorien genüge für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn eine geringere Verkehrsbekanntheit, übersieht sie, dass es sich bei dem Erfordernis einer hinreichenden Bekanntheit einerseits und eines gewissen sachlichen Zusammenhangs zwischen den gekennzeichneten Produkten und dem unter dem in Frage stehenden Titel veröffentlichten Werk andererseits um kumulative Voraussetzungen für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn handelt, die grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen sind (vgl. BGH, GRUR 1999, 581 [juris Rn. 23 und 24 bis 29] - Max).
e) Das Berufungsgericht hat auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens abgelehnt. Das greift die Revision nicht an und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
Die mittelbare Verwechslungsgefahr betrifft Fälle, in denen sich Titel für gleichartige Werke gegenüberstehen, die in einem Bestandteil übereinstimmen, aber durch weitere Bestandteile so stark voneinander abweichen, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinn nicht in Betracht kommt. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr liegt in diesen Fällen vor, wenn der Verkehr aufgrund des übereinstimmenden Titelbestandteils von einem Serienzeichen und damit von einer gemeinsamen Herkunft ausgeht (vgl. Baronikians aaO Rn. 352; BGH, GRUR 1999, 235 [juris Rn. 42] - Wheels Magazine). Im Streitfall geht es indes schon nicht um die Verwendung eines Serienzeichens.
4. Der Unterlassungsanspruch erweist sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG als begründet.
Es ist zwar unerheblich, dass die Klage nicht auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt ist. Im Verhältnis zu den Ansprüchen wegen Verwechslungsschutz nach § 15 Abs. 2 MarkenG bilden Ansprüche wegen Bekanntheitsschutz nach § 15 Abs. 3 MarkenG keinen selbständigen eigenen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 [juris Rn. 32] = WRP 2012, 716 - OSCAR). Es ist insofern Sache des Gerichts, den durch den Vortrag der Klagepartei zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex rechtlich zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194,
[juris Rn. 18 f.] - Biomineralwasser). Im Streitfall kommt ein Anspruch der Klägerin aus § 15 Abs. 3 und 4 Satz 1 MarkenG jedoch mangels Bekanntheit des Klagetitels nicht in Betracht, nachdem das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler bereits eine (nur) hinreichende Bekanntheit im Rahmen der unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn abgelehnt hat.
5. Da der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zusteht, sind auch die Ansprüche auf Auskunft (§ 19 Abs. 1 und 3 MarkenG), Schadensersatzfeststellung (§ 15 Abs. 5 Satz 1 MarkenG) sowie Rückruf (§ 18 Abs. 2 MarkenG) und Vernichtung (§ 18 Abs. 1 MarkenG) unbegründet.
III. Die Revision der Klägerin ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Koch Feddersen Schmaltz Odörfer Wille Vorinstanzen: LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.01.2023 - 17 O 122/22 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.07.2024 - 2 U 51/23 - Verkündet am: 7. Mai 2025 Wächter, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle