I ZR 185/22
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 185/22 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR:
ja ja ja BGB §§ 242 A, 273, 274, 656c, 656d, 810 a) § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.
b) Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.
c) Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.
d) Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gemäß § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gemäß § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.
BGH, Urteil vom 21. März 2024 - I ZR 185/22 - OLG München LG München I ECLI:DE:BGH:2024:210324UIZR185.22.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2023 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, die Richter Feddersen und Odörfer für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 9. Zivilsenat - vom 25. Oktober 2022 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I - 3. Zivilkammer - vom 22. Februar 2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen wird. Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Klägerin, ein Maklerunternehmen, erhielt im Juli 2020 vom Verkäufer einen Verkaufsauftrag für eine Doppelhaushälfte. Sie erstellte ein Exposé, welches einen Hinweis auf die jeweils vom Verkäufer und Käufer zu zahlende Maklercourtage in Höhe von 3,57 % des Verkaufspreises enthielt.
Am 10. Februar 2021 schlossen der Beklagte und die Klägerin einen Kaufinteressent-/Maklervertrag, in dem die Provision für den Erwerbsfall mit 3,57 % festgelegt wurde und der in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Hinweis auf die Zulässigkeit einer Doppelmaklertätigkeit enthielt.
Am 12. März 2021 erwarb der Beklagte von den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft als Verkäufer die Immobilie zu einem Kaufpreis von 1,28 Mio. €.
Am 19. April 2021 stellte die Klägerin dem Beklagten eine Rechnung in Höhe von 45.696 € für den Nachweis beziehungsweise die Vermittlung der Gelegenheit zum Abschluss des Immobilienkaufvertrags. Der Beklagte verweigerte die Zahlung.
Der Beklagte forderte die Klägerin per E-Mail auf, ihm nachzuweisen, dass alle die Klägerin betreffenden Vorschriften nach §§ 656a, 656b, 656c und 656d BGB erfüllt seien und forderte mit mehreren anwaltlichen Schreiben eine Offenlegung des Maklervertrags mit der Käuferseite. Eine solche Offenlegung erfolgte nicht. Die Klägerin teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 7. Juli 2021 das Datum des Abschlusses des Maklervertrags mit der Verkäuferseite, Provisionssatz, Rechnungsstellung und Geldeingang ohne Vorlage der entsprechenden Unterlagen mit.
Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von Maklerprovision in Höhe von 45.696 € nebst Zinsen mangels Erfüllung der Urkundenvorlagepflicht durch die Klägerin als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung dieser Provision nebst Zinsen verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat den Provisionsanspruch für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
Der Klägerin stehe Maklerlohn in verlangter Höhe zu.
Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestehe nicht. Eine Auskunftspflicht des Maklers, der für beide Kaufvertragsparteien tätig sei, in Form der Vorlage von Unterlagen sehe § 656c BGB nicht vor. Die umstrittene Frage, ob der Kunde einen Anspruch gegen den Makler darauf habe, dass dieser ihn über die Konditionen aufkläre, die er mit dem anderen Kunden vereinbart habe, sei richtigerweise zu verneinen. Dem Gesetz selbst sei in den §§ 656c oder 656d BGB ein solcher Anspruch nicht zu entnehmen. Infolgedessen könne ein Anspruch nur aus allgemeinen Regeln, insbesondere aus § 242 BGB oder einer vertraglichen Nebenpflicht hergeleitet werden. Für eine Rechtsfortbildung anhand von § 242 BGB bestehe keine Rechtfertigung. Der Umstand, dass die praktische Durchsetzbarkeit der Rechte des Kunden erheblich gefährdet sei, wenn ihm ein derartiger Anspruch nicht zugebilligt werde, reiche zur Annahme eines Auskunftsanspruchs nicht aus. Ein solcher könne auch nicht mit einer Parallele zu § 656d BGB begründet werden. Von dieser Norm unterscheide § 656c BGB sich, weil letztere Vorschrift keine Vorgabe über die Fälligkeit der Provision enthalte. Die Fälligkeitsvorschrift in § 656d BGB beruhe darauf, dass eine Seite die Vereinbarungen mit dem Makler getroffen habe und sodann die Forderung teilweise auf ihren Vertragspartner übertrage. So sei eindeutig bestimmt, wer zunächst zur Leistung verpflichtet sei. Für § 656c BGB gelte diese Überlegung nicht, weil beide Seiten einen Vertrag mit dem Makler geschlossen hätten und in diesem die Fälligkeit hätten regeln können.
Eine Auskunftspflicht in der vom Beklagten begehrten Form ergebe sich auch nicht aus § 260 BGB. Nur soweit dies vertraglich vereinbart oder gesetzlich festgelegt sei, seien mit der Auskunft Belege vorzulegen. Der Beklagte habe sich auch nicht in entschuldigter Weise im Ungewissen über Bestehen oder Umfang seines Rechts befunden, da er von Anfang an gewusst habe, dass die Klägerin eine Doppeltätigkeit ausgeübt habe.
Hinzu komme, dass die Klägerin dem Beklagten schriftlich eine vollständige Auskunft über die Doppeltätigkeit und über den Zahlungstermin nach Rechnungsstellung erteilt habe. Eine Auskunftsverpflichtung nach § 242 BGB umfasse grundsätzlich nicht die Vorlage von Belegen.
Der Provisionsanspruch der Klägerin sei nicht wegen eines unterbliebenen Hinweises auf die Doppeltätigkeit der Klägerin nach § 654 BGB verwirkt. Der Beklagte habe bereits aufgrund des Inhalts des Exposés und auch des Maklervertrags gewusst, dass die Klägerin für beide Seiten tätig ist. Die Behauptung des Beklagten, das Exposé nicht erhalten zu haben und auch über einen Internetlink keinen Zugriff darauf genommen zu haben, sei nicht glaubhaft. Die Doppeltätigkeit sei mithin vertraglich erlaubt gewesen. Der Beklagte trage die Darlegungsund Beweislast dafür, dass der Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB in Verbindung mit § 654 BGB nichtig sei. Er müsse also beweisen, dass mit der anderen Seite ebenfalls eine Vereinbarung abgeschlossen worden sei und dass diese eine abweichende Provisionshöhe oder gar Unentgeltlichkeit vorsehe. Eine Reduktion oder einen Erlass der mit dem anderen Vertragsteil vereinbarten Provision (§ 656c Abs. 1 Satz 3 BGB) müsse gleichfalls der Beklagte beweisen. Auch insoweit stehe ihm richtigerweise kein Auskunftsanspruch zur Verfügung. Beweise habe der Beklagte jedoch nicht angeboten.
B. Die zulässige Revision des Beklagten hat Erfolg.
Sofern sich die Klägerin - wie diese geltend macht - zunächst vom Verkäufer eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision von 7,14 % des Verkaufspreises, also 3,57 %, hat versprechen lassen und sodann von dem Beklagten eine Provision in Höhe der restlichen 3,57 %, steht dies der Wirksamkeit des mit dem Beklagten geschlossenen Maklervertrags unter dem Gesichtspunkt des § 656c Abs. 2 in Verbindung mit § 656c Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB nicht entgegen (dazu nachfolgend B I). Der Provisionsanspruch der Klägerin ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 656c Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 654 BGB verwirkt (dazu nachfolgend B II). Dem Beklagten steht jedoch gegen den etwaigen Provisionsanspruch der Klägerin ein zur Abweisung der Klage führendes Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu (dazu nachfolgend B III).
I. Sofern sich die Klägerin - wie diese geltend macht - zunächst vom Verkäufer eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision von 7,14 % des Verkaufspreises, also 3,57 %, hat versprechen lassen und sodann von dem Beklagten eine Provision in Höhe der restlichen 3,57 %, steht dies der Wirksamkeit des mit dem Beklagten geschlossenen Maklervertrags nicht entgegen. § 656c Abs. 2 in Verbindung mit § 656c Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB hindert eine solche sukzessive Doppelbeauftragung nicht.
1. Nach § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB kann sich der Makler von beiden Parteien eines Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus einen Maklerlohn nur in der Weise versprechen lassen, dass sich beide Parteien in gleicher Höhe verpflichten. Nach § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Maklervertrag, der hiervon abweicht, unwirksam.
2. Der sachliche, persönliche und zeitliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist eröffnet.
a) Der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet, weil es sich bei der vom Beklagten erworbenen Doppelhaushälfte um ein Einfamilienhaus im Sinne des § 656c Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB handelt. Ein solches ist ein Gebäude, das in erster Linie dazu bestimmt ist, Wohnzwecken der Mitglieder eines einzelnen Haushalts zu dienen (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser, BT-Drucks. 19/15827, S. 18). Eine Doppelhaushälfte dient der Beherbergung der Mitglieder eines einzelnen Haushalts.
b) Auch der persönliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist eröffnet. Gemäß § 656b BGB gelten die §§ 656c und 656d BGB nur, wenn der Käufer ein Verbraucher im Sinne des § 13 BGB ist. Dies ist hier unstreitig der Fall.
c) Die Vorschrift des § 656c BGB ist auch zeitlich anwendbar. Hierfür genügt es, wenn der Maklervertrag, auf den der geltend gemachte Provisionsanspruch gestützt wird, mit dem Verbraucher nach dem Inkrafttreten der Vorschrift geschlossen worden ist.
aa) § 656c BGB wurde durch Art. 1 Nr. 9 des Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1245) eingefügt, das nach Art. 3 des Gesetzes am 23. Dezember 2020 in Kraft getreten ist. Nach der Übergangsvorschrift Art. 229 § 53 EGBGB sind auf Rechtsverhältnisse, die vor dem 23. Dezember 2020 entstanden sind, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung weiter anzuwenden.
bb) Zu der Frage, wie die Konstellation zu behandeln ist, dass bei einer Doppeltätigkeit des Maklers einer der Maklerverträge vor dem 23. Dezember 2020 geschlossen worden ist - wie hier im Juli 2020 mit dem Verkäufer des Hauptvertrags -, der andere Maklervertrag aber nach dem Stichtag - wie hier im Februar 2021 mit dem Beklagten als Käufer des Hauptvertrags und Verbraucher -, werden in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten.
(1) Einer Auffassung zufolge ist der Anwendungsbereich des § 656c BGB nur eröffnet, wenn beide Maklerverträge nach neuem Recht abgeschlossen werden (Wistokat, NZM 2021, 905, 915; Greiner, ZMR 2022, 844 f.; Grüneberg/Retzlaff, BGB, 83. Aufl., Art. 229 EGBGB, § 53 Rn. 1).
(2) Nach anderer Auffassung reicht es für die Anwendung von § 656c BGB aus, dass der Maklervertrag nur mit einer der Parteien des Hauptvertrags nach dem 23. Dezember 2020 abgeschlossen worden ist (LG Tübingen, ZMR 2022, 842 [juris Rn. 33]; LG München II, Urteil vom 30. Januar 2023 - 2 O 4028/21, juris Rn. 20; Staudinger/Arnold, BGB [2021], § 656c Rn. 1; D. Fischer, Maklerrecht,
7. Aufl., Kap. XII Rn. 70; ders., NJW 2020, 3553 Rn. 34 und NJW 2023, 1178 Rn. 21).
cc) Der letztgenannten Auffassung ist jedenfalls für die im Streitfall gegebene Fallgestaltung beizutreten, in der der Vertrag des Käufers mit dem Makler nach dem 23. Dezember 2020 geschlossen worden ist.
(1) Für die Anwendung der neuen Regelung auf die Fallgestaltung, in der der Maklervertrag nur mit einer der Parteien des Hauptvertrags nach dem 23. Dezember 2020 abgeschlossen worden ist, spricht maßgeblich die damit verbundene effektive Durchsetzung des mit der Neuregelung beabsichtigten Verbraucherschutzes (s. dazu BT-Drucks. 19/15827, S. 11 f.). Der Wortlaut des Art. 229 § 53 EGBGB steht dem nicht entgegen. Die Verwendung der pluralischen Form "Rechtsverhältnisse" kann sich auch schlicht auf sämtliche vor dem Stichtag geschlossene Maklerverträge (mit oder ohne Doppeltätigkeit) beziehen.
(2) Die Anwendung des § 656c BGB auf einen nach seinem Inkrafttreten geschlossenen Maklervertrag des Käufers im Falle eines vor seinem Inkrafttreten geschlossenen Maklervertrags des Verkäufers ist auch mit Blick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot zulässig.
Die Anwendung des § 656c BGB auf den nach Inkrafttreten der Regelung abgeschlossenen Maklervertrag erweist sich unter dem Gesichtspunkt der unechten Rückwirkung (auch: tatbestandliche Rückanknüpfung) als unproblematisch. Hierunter wird die Konstellation verstanden, bei der die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 41] mwN). Solche Regelungen, die den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig machen, unterliegen weniger strengen Beschränkungen als die Rückbewirkung von Rechtsfolgen (dazu vgl. BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 40] mwN) und sind vorrangig an den Grundrechten sowie den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit, aber auch der Verhältnismäßigkeit zu messen (BVerfGE 92, 277 [juris Rn. 225]; BVerfGE 97, 67 [juris Rn. 41]). Um eine tatbestandliche Rückanknüpfung handelt es sich, soweit bei der Beurteilung der Wirksamkeit des nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen (zweiten) Maklervertrags ein vor dem Inkrafttreten abgeschlossener (erster) Maklervertrag in die rechtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 656c BGB einbezogen wird.
Verfassungsrechtliche Bedenken ergeben sich hierbei auch dann nicht, wenn ein Makler infolge der Nichtigkeit des zweiten Vertrags wegen Verstoßes gegen § 656c BGB gänzlich leer ausgeht, weil im ersten Vertrag auf die Vereinbarung einer Provision verzichtet worden ist. In der Regelung des § 656c BGB liegt eine mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG zulässige Berufsausübungsregelung, die durch das Ziel gerechtfertigt wird, natürliche Personen beim Kauf von Wohnungen oder Einfamilienhäusern vor einer unangemessenen Überbürdung fremder Kosten und der Ausnutzung faktischer Zwangslagen zu schützen (s. BTDrucks. 19/15827, S. 13). Zur Erreichung dieses Ziels ist die Regelung auch dann geeignet, erforderlich und im engeren Sinn verhältnismäßig, wenn sie allein auf den (zweiten) nach ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Maklervertrag angewendet wird. Schutzwürdiges Vertrauen der Makler wird nicht enttäuscht, weil ihren durch die Neuregelung betroffenen Belangen durch den in Art. 3 des Gesetzes vorgesehenen sechsmonatigen Aufschub des Inkrafttretens nach Verabschiedung des Gesetzes Rechnung getragen wurde, der sie in die Lage versetzte, ihr geschäftliches Handeln auf die neue Regelung einzustellen (s. BTDrucks. 19/15827, S. 20). Selbst wenn man also von einem "faktischen Eingriff" in den mit dem Verkäufer vor Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossenen, keine Provision vorsehenden Maklervertrag sprechen wollte, weil der Makler genötigt sei, wegen der drohenden Nichtigkeit des mit dem Käufer geschlossenen Maklervertrags erneut auf den Verkäufer mit dem Ziel der nachträglichen Provisionsvereinbarung zuzugehen (so Greiner, ZMR 2022, 842), liegt keine Verletzung berechtigten Vertrauens vor, weil das Gesetz dem Makler nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung hinreichend Zeit eingeräumt hatte, etwaige bestehende vertragliche Regelungen anzupassen.
3. Die von der Klägerin vorgetragenen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien verstoßen nicht gegen § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB.
a) Die Klägerin macht geltend, sie habe sich von beiden Parteien einen Maklerlohn in gleicher Höhe, nämlich in Höhe von 3,57 % des Verkaufspreises versprechen lassen.
b) Entgegen der Auffassung der Revision erlaubt es § 656c BGB im Falle der sukzessiven Doppelbeauftragung des Maklers, zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision zu vereinbaren und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.
aa) Soweit die Revision sich gegen diese Vertragspraxis wendet, dringt sie damit nicht durch. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, wonach es unzulässig sei, dass sich der Makler vom zweiten Vertragspartner nochmals eine Provision in gleicher Höhe versprechen lasse, weil dies dem Halbteilungsgrundsatz zuwider eine Provisionsverdoppelung bewirke (MünchKomm.BGB/Althammer, 9. Aufl., § 656c Rn. 16; Staudinger/Arnold aaO § 656c Rn. 6), verfängt nicht.
(1) Dem Wortlaut des § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB lässt sich nicht entnehmen, dass sich - bei einer sukzessiven Doppelbeauftragung des Maklers - der zweite Vertragspartner zu einer hälftigen Übernahme der mit dem ersten Vertragspartner vereinbarten Provision verpflichten müsste. Die Formulierung, "dass sich beide Parteien in gleicher Höhe verpflichten", streitet dagegen, dass bei sukzessivem Vertragsschluss die zunächst vereinbarte Provision zu halbieren wäre (vgl. BeckOGK.BGB/Meier, Stand 1. Februar 2023, § 656c Rn. 9). Die Voraussetzung einer Verpflichtung in gleicher Höhe ist nämlich auch dann erfüllt, wenn die in beiden Maklerverträgen vorgesehenen Provisionen sich quantitativ entsprechen, also im zweiten Vertrag nochmals die identische Courtage vereinbart wird.
(2) Dies mag in der Praxis zwar dazu führen, dass die Summe beider sukzessiv vereinbarter Courtagen nicht unterhalb bisher üblicher Provisionssätze liegt oder diese sogar übersteigt, was der Absicht des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, die Kaufnebenkosten beim Immobilienerwerb zu senken (BTDrucks. 19/15827, S. 11), zuwiderliefe. Eine Deckelung der Höhe der Maklerprovision hat der Gesetzgeber in § 656c BGB aber gerade nicht vorgesehen. Alternative Gesetzentwürfe, die eine Begrenzung des Maklerlohns der Höhe nach vorsahen (Entwurf eines Gesetzes über die Reduktion der Kaufnebenkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Immobilien, BT-Drucks. 19/17120, S. 7 f.; Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung von Verbrauchern beim Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien [Makler-Bestellerprinzip- und Preisdeckelgesetz], BTDrucks. 19/4557, S. 3 f.), wurden nicht beschlossen. Die Höhe der Gesamtprovision ist vielmehr der Vertragsfreiheit der Beteiligten überlassen. Einer unangemessenen Überhöhung der Provision kann dadurch entgegengewirkt werden, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit nach § 655 BGB oder der Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB die Gesamtprovision in den Blick genommen wird (vgl. MünchKomm.BGB/Althammer aaO § 656c Rn. 16).
II. Der Anspruch auf Maklerlohn ist nicht wegen Verstoßes gegen § 656c Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 654 BGB verwirkt. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte von der Doppeltätigkeit der Klägerin bereits aus dem Exposé und aufgrund des abgeschlossenen Maklervertrags jedenfalls vor dem Notartermin erfahren hat. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
III. Dem Beklagten steht gegen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Maklerlohn ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB zu. Zwar ist der dem Beklagten gemäß § 242 BGB zustehende Auskunftsanspruch durch Erfüllung untergegangen (dazu nachfolgend B III 1). Der Beklagte hat jedoch darüber hinaus gemäß § 810 BGB Anspruch auf Vorlage des vom Kläger mit dem Verkäufer abgeschlossenen Maklervertrags (dazu nachfolgend B III 2).
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stand dem Beklagten zunächst ein Anspruch auf Auskunft gegen die Klägerin über das Bestehen eines Maklervertrags mit dem Verkäufer bezüglich desselben Erwerbsobjekts und ergänzend über die Höhe des sich daraus ergebenden Provisionsanspruchs zu. Dieser Auskunftsanspruch ist jedoch durch Erfüllung erloschen.
a) Die Frage, ob der Makler gegenüber dem Kunden zur wirksamen Durchsetzung von dessen Recht auf Einhaltung des Halbteilungsgrundsatzes auskunftspflichtig ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten.
aa) Nach einer Auffassung ist der Makler verpflichtet, dem Kunden auf Verlangen über die Höhe der Provision des anderen Teils des Hauptvertrags und über etwaige Erlassabsprachen Auskunft zu erteilen (BeckOK.BGB/Kneller, 67. Edition [Stand 1. August 2023], § 656c Rn. 8; Mansel in Jauernig, BGB, 19. Aufl., § 656c Rn. 5; MünchKomm.BGB/Althammer aaO § 656c Rn. 4; D. Fischer in Erman, BGB, 17. Aufl., § 656c Rn. 12; ders., IMR 2021, 88, 92; ders., NJW 2021, 1202 Rn. 3; ders., NJW 2023, 1178, 1181 Rn. 20; ders., ZAP 2023, 69, 80; Wistokat, NZM 2021, 905, 914; Staudinger/Arnold aaO § 656c Rn. 6; jurisPK.BGB/Würdinger, Stand 1. Februar 2023, § 656c Rn. 12; Palandt/ Sprau, BGB, 80. Aufl., § 656c Rn. 6; Grüneberg/Retzlaff aaO § 656c Rn. 8; Lindner, ZMR 2021, 24, 26; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2023 - 18 U 6/23, juris Rn. 21).
bb) Die Gegenauffassung wendet ein, mangels expliziter gesetzlicher Regelung sei weder im Wege der Vertragsauslegung noch der Rechtsfortbildung Raum dafür, dem Maklerkunden einen derartigen Anspruch zuzubilligen (BeckOGK.BGB/Meier aaO § 656c Rn. 14 bis 16; ders. ZfIR 2020, 765, 773).
b) Der erstgenannten Auffassung ist der Vorzug zu geben.
aa) Ein Auskunftsanspruch des Maklerkunden gegen den Makler ist in § 656c BGB nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Regelung des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach zum Schutz von Umgehungen (BT-Drucks. 19/15827, S. 20) der Anspruch aus einer Vereinbarung nach § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB - zur anteiligen Übernahme der Maklerkosten durch die Partei, die in keinem Vertragsverhältnis zu dem Makler steht - erst fällig wird, wenn der ursprüngliche Vertragspartner des Maklers die Erfüllung seiner Provisionsverpflichtung beziehungsweise die Zahlung seines Anteils nachgewiesen hat, findet in § 656c BGB keine Entsprechung.
bb) Eine analoge Anwendung von § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB auf Fälle der Doppeltätigkeit kommt - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat nicht in Betracht. Zwar stellt sich auch bei der praktisch besonders relevanten, weil weithin üblichen Fallgestaltung einer einvernehmlichen Doppeltätigkeit des Maklers (vgl. BT-Drucks. 19/15827, S. 12) im Sinne von § 656c BGB jedenfalls in gleichem Maße wie bei § 656d BGB die Frage, wie Umgehungen vermieden und Kundenrechte praktisch wirksam durchgesetzt werden können (vgl. Jeep, notar 2020, 225, 228; Wistokat, NZM 2021, 905, 914). Eine Analogie setzt aber voraus, dass die Übertragung der gesetzlichen Regelung auf den ungeregelten Fall nicht durch eine gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen ist, also eine planwidrige Lücke besteht (BGH, Urteil vom 28. November 2019 - IX ZR 239/18, BGHZ 224, 177 [juris Rn. 16]; Urteil vom 24. Februar 2021 - VIII ZR 36/20, BGHZ 229, 59 [juris Rn. 38]).
An einer planwidrigen Regelungslücke fehlt es hier. Der Gesetzgeber hat bewusst beide Fallgestaltungen differenziert und einen Nachweis der Maklerlohnzahlung gegenüber dem Maklerkunden ausdrücklich nur in den CourtageÜberwälzungsfällen des § 656d BGB, nicht aber in den Fällen der Doppeltätigkeit in § 656c BGB vorgesehen, so dass von einer Planwidrigkeit der Regelungslücke nicht auszugehen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 22. Februar 2023 - 18 U 6/23, juris Rn. 23).
cc) Ein Auskunftsanspruch des Maklerkunden gegen den Makler ergibt sich aber aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB.
(1) In Fällen, in denen ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Verpflichteten die Rechtsverfolgung in hohem Maße erleichtert, oft überhaupt erst möglich macht, ist - auch ohne Vorliegen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses - nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dem Berechtigten ein Anspruch auf Auskunft bei Rechtsverhältnissen zu gewähren, deren Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer solche Auskunft zu erteilen und dadurch nicht unbillig belastet wird (RG, Urteil vom 4. Mai 1923 - II 310/22, RGZ 108, 1, 7; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1953 - II ZR 149/52, BGHZ 10, 385 [juris Rn. 24]; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 291/98, BGHZ 148, 26 [juris Rn. 29] - Entfernung der Herstellungsnummer II; Urteil vom 28. Juli 2022 - I ZR 141/20, GRUR 2022, 1427 [juris Rn. 124] = WRP 2022, 1125 - Elektronischer Pressespiegel II, mwN).
Auf dieser Grundlage wird dem Makler ein Anspruch auf Auskunft gegen den Maklerkunden über die für die Entstehung und Berechnung seines Provisionsanspruchs maßgeblichen Umstände zuerkannt (BGH, Urteil vom 8. Oktober 1986 - IVa ZR 20/85, NJW-RR 1987, 173 [juris Rn. 6]; Urteil vom 7. Februar 1990 - IV ZR 314/88, NJW-RR 1990, 1370 [juris Rn. 7]; Beschluss vom 27. Juli 2000 - III ZR 279/99, NJW-RR 2001, 705 [juris Rn. 7]).
(2) Durch die zwingende Regelung des Halbteilungsgrundsatzes in § 656c BGB ist eine vergleichbare Fallkonstellation geschaffen worden (vgl. D. Fischer, NJW 2021, 1202, 1203).
Um der gesetzgeberischen Intention - den Verbraucher als Käufer von Wohnungen und Einfamilienhäusern vor einer vollständigen Abwälzung der Maklerkosten auf ihn zu schützen - praktische Wirkung zu verleihen, ist der Käufer darauf angewiesen, zu erfahren, ob der Verkäufer tatsächlich seinerseits zur Zahlung von 50 % des insgesamt zu entrichtenden Maklerlohns verpflichtet ist. Der Käufer ist in dem Fall, dass der Makler sowohl mit dem Verkäufer als auch mit dem Käufer über einen Maklervertrag verbunden ist, auf die Auskunft des Maklers angewiesen, um festzustellen, ob und in welcher Höhe er provisionspflichtig ist. Ohne die Möglichkeit der Durchsetzung eines Auskunftsbegehrens für den Maklerkunden wäre die Verwirklichung des verbraucherschützenden Normzwecks von § 656c BGB nicht gewährleistet und drohte leerzulaufen. Eine solche Auskunft kann der Makler unschwer erteilen. Eine unbillige Belastung des Maklers ist damit nicht verbunden und Belange des Datenschutzes dürften regelmäßig nicht tangiert sein, zumal die Identität des Erwerbsobjekts und der anderen Partei dem jeweiligen Vertragspartner aus dem Hauptvertrag ohnehin bereits bekannt ist.
Verfassungsrechtliche Erwägungen stehen dem nicht entgegen. Soweit eingewandt wird, der Gesetzgeber habe dem Halbteilungsgrundsatz gemäß § 656c BGB bewusst kein Auskunftsrecht zur Seite gestellt, was durch Anwendung der Generalklausel des § 242 BGB im Wege der Rechtsfortbildung nicht konterkariert werden dürfe (BeckOGK.BGB/Meier aaO § 656c Rn. 15), verfängt dies nicht. Die Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen durch schöpferische Rechtsfortbildung aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz anerkannt (BVerfGE 138, 377 [juris Rn. 39]). Die privatrechtlichen Generalklauseln bieten den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen
(vgl. BVerfGE 97, 169 [juris Rn. 34 f.]; st. Rspr.) und die Schutzintention des Gesetzgebers zu ergänzen. Eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung in Form einer mit der Auskunftsverpflichtung des Maklers einhergehenden Grundrechtsbeeinträchtigung ist nicht ersichtlich.
c) Dem Beklagten stand somit ursprünglich ein Auskunftsanspruch gegen die Klägerin über alle Umstände zu, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind. Die Klägerin hat diesen Anspruch jedoch bereits erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Beklagten spätestens mit Schreiben der Klägerin vom 7. Juli 2021 eine vollständige Auskunft über die Doppeltätigkeit, über den Abschluss des Verkäufermaklervertrags, den vereinbarten Provisionssatz, die Rechnungsstellung an die Verkäuferseite und den Geldeingang erteilt worden ist. Dagegen erinnert die Revision nichts.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dem Beklagten stehe gegenüber der Klägerin kein Anspruch auf Vorlage des zwischen dieser und der Verkäuferseite des Hauptvertrags abgeschlossenen Maklervertrags zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus § 810 Fall 2 BGB. Die Geltendmachung des auf diesen Anspruch gestützten Zurückbehaltungsrechts führt zur Abweisung der Klage.
a) Gemäß § 810 Fall 2 BGB kann jedermann die Gestattung der Einsicht in eine Urkunde von deren Besitzer verlangen, wenn in der Urkunde ein zwischen dem Anspruchsteller und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist und der Anspruchsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtsgewährung hat.
aa) Nach dem hier zugrunde zu legenden zivilprozessualen Urkundenbegriff (vgl. §§ 422 f. ZPO) sind Urkunden durch Niederschrift verkörperte Gedankenerklärungen, die Aussagen über Rechtsgeschäfte oder Rechtsverhältnisse zum Inhalt haben, gleichgültig, in welcher Weise die Niederschrift erfolgt (BGH,
Urteil vom 28. November 1975 - V ZR 127/74, BGHZ 65, 300 [juris Rn. 6]; Urteil vom 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 22]).
bb) Bei dem beurkundeten Rechtsverhältnis muss es sich nicht um ein zwischen dem Anspruchsteller und dem Besitzer der Urkunde bestehendes Rechtsverhältnis handeln. Im Sinne der gebotenen weiten Auslegung des § 810 BGB (dazu vgl. RG, Urteil vom 28. Juni 1927 - II 464/26, RGZ 117, 332, 333; BGH, WM 1971, 565 [juris Rn. 9]) genügt es, dass die Urkunde eine objektive und unmittelbare Beziehung zu dem Rechtsverhältnis aufweist, an welchem der die Vorlegung Begehrende beteiligt ist (BGH, Urteil vom 16. April 1962 - VII ZR 252/60, WM 1962, 706 = BeckRS 2012, 8206 Rn. 55). Auf ein rechtliches Interesse an der Urkundsvorlage kann sich jeder berufen, der die Einsichtnahme in eine Urkunde zur Förderung, Erhaltung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen benötigt (BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 - XI ZR 264/13, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 21]).
So kann, wer Anspruch auf Beteiligung an der Provision eines Maklers hat, von diesem gemäß § 810 BGB die Vorlage der Provisionsabrechnungen verlangen, die der Makler von seinem Auftraggeber erhalten hat (BGH, Urteil vom 16. April 1962 - VII ZR 252/60, MDR 1962, 562 = BeckRS 2012, 8206 Rn. 56). Ein Bürge kann Vorlage der Geschäftsbücher seines Bürgschaftsgläubigers verlangen, soweit darin angebliche Zahlungen des Hauptschuldners verbucht sind (RGZ 56, 109, 112; BGH, Urteile vom 10. Dezember 1987 - IX ZR 269/86, WM 1988, 209, 210 und vom 18. Mai 1995 - IX ZR 129/94, WM 1995, 1229, 1230; BGH, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 21]).
cc) Zur Begründung des rechtlichen Interesses eines Anspruchstellers im Sinne von § 810 BGB müssen hinreichend bestimmte Anhaltspunkte vorliegen, die auf einen Zusammenhang zwischen dem Inhalt der zur Einsichtnahme begehrten Urkunde und dem Rechtsverhältnis hinweisen, zu dessen Klarstellung die Einsicht verlangt wird. Ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Ein- sichtsrechts ist dabei die Schutzwürdigkeit dieses rechtlichen Interesses des Anspruchstellers (BGH, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 24]). Hieran fehlt es, wenn ein Anspruchsteller lediglich aufgrund vager Vermutungen Urkundeneinsicht verlangt, um erst dadurch Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde oder gegen Dritte zu gewinnen. In einem solchen Fall zielt das Einsichtsverlangen auf eine unzulässige Ausforschung (BGH, Urteil vom 30. November 1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260 [juris Rn. 25]; BGH, NJW 2014, 3312 [juris Rn. 24]).
b) Danach sind die Voraussetzungen des Anspruchs gemäß § 810 Fall 2 BGB auf Vorlage des Maklervertrags, den der Beklagte dem mit der Klage geltend gemachten Provisionsanspruch entgegenhält, gegeben. Dem Maklerkunden steht im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zu.
aa) Bei dem von der Klägerin mit dem Verkäufer geschlossenen Maklervertrag handelt es sich um eine verkörperte Gedankenerklärung über ein Rechtsgeschäft, mithin um eine Urkunde im Sinne des § 810 BGB.
bb) Der von der Klägerin mit dem Verkäufer geschlossene Maklervertrag weist die nach § 810 Fall 2 BGB erforderliche objektive und unmittelbare Beziehung zu dem zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossenen Maklervertrag auf. Der Beklagte bedarf der Vorlage dieses Vertrags zur Verteidigung seiner rechtlich geschützten Interessen. Beide Maklerverträge stehen über die zwingende Regelung des § 656c Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach sich der Makler von beiden Parteien des Kaufvertrags nur in der Weise Maklerlohn versprechen lassen darf, dass sich die Parteien in gleicher Höhe verpflichten, und die in § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB im Falle einer Abweichung angeordnete Nichtigkeitsfolge in Abhängigkeit zueinander. In dieser Konstellation sind Bestand und Höhe der eigenen Provisionsverpflichtung des Beklagten erst aus der vom Makler mit dem Verkäufer errichteten Vertragsunterlage ersichtlich. Darauf, dass die Maklervertragsurkunde zwischen dem Makler und dem Verkäufer weder im Interesse des Käufers errichtet wurde noch ein Rechtsgeschäft beurkundet, an dem der Käufer beteiligt ist (mit dieser Begründung einen Vorlageanspruch verneinend LG Münster, Urteil vom 15. Dezember 2022 - 8 O 212/22, NZM 2023, 471 [juris Rn. 27]), kommt es hiernach nicht an.
cc) Das Vorlagebegehren des Beklagten erschöpft sich nicht in einer unzulässigen Ausforschung, so dass das rechtliche Interesse des Beklagten auch schutzwürdig ist. Der Beklagte verlangt nicht aufgrund vager Vermutungen Urkundeneinsicht, um erst dadurch Anhaltspunkte für eine spätere Rechtsverfolgung gegen den Besitzer der Urkunde oder gegen Dritte zu gewinnen. Vielmehr bestehen hinreichend bestimmte Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Inhalt der Vertragsurkunde, deren Vorlage der Beklagte begehrt, und dem vorliegend streitgegenständlichen Anspruch auf Maklerprovision, zu dessen Klarstellung der Beklagte die Einsicht verlangt, ein Zusammenhang besteht.
dd) Der Zuerkennung eines Vorlageanspruchs nach § 810 Fall 2 BGB im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers steht nicht entgegen, dass der Gesetzgeber in § 656c BGB - anders als im Falle des § 656d BGB - keine Nachweispflicht geregelt hat.
Die Regelung des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Anspruch aus einer Vereinbarung nach § 656d Abs. 1 Satz 1 BGB - zur anteiligen Übernahme der Maklerkosten durch die Partei, die in keinem Vertragsverhältnis zu dem Makler steht - erst fällig wird, wenn der ursprüngliche Vertragspartner des Maklers die Erfüllung seiner Provisionsverpflichtung beziehungsweise die Zahlung seines Anteils nachgewiesen hat, findet in § 656c BGB keine Entsprechung. Aus der unterbliebenen Regelung einer entsprechenden Fälligkeitsvoraussetzung in § 656c BGB kann zwar gefolgert werden, dass mangels planwidriger Lücke eine analoge Anwendung des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in Betracht kommt (vgl. bereits vorstehend Rn. 45).
Bei der Frage, ob der Maklerkunde im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers dessen Provisionsverlangen einen Anspruch auf Urkundenvorlage nach § 810 Fall 2 BGB entgegenhalten kann, geht es hingegen nicht um die Frage der Fälligkeit der Provisionsforderung, sondern um die Herleitung eines Gegenanspruchs aus § 810 BGB, einer allgemeinen bürgerlichrechtlichen Vorschrift über die Vorlegung von Sachen, der gegebenenfalls - bei etwaig fortbestehender Fälligkeit des Provisionsanspruchs - gemäß §§ 273 f. BGB die Durchsetzbarkeit des Provisionsanspruchs hindert.
c) Die Geltendmachung des Gegenanspruchs gemäß § 810 Fall 2 BGB durch den Beklagten begründet ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB, dessen Geltendmachung im Streitfall zur Abweisung der Klage als derzeit unbegründet führt.
Zwar hat nach § 274 Abs. 1 BGB gegenüber der Klage die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist. Ausnahmsweise kann aber, wenn eine gleichzeitige Ausführung der beiderseitigen Leistungen nicht möglich ist, die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts zur Klageabweisung führen (MünchKomm.BGB/Krüger aaO § 274 Rn. 9; Grüneberg/Grüneberg aaO § 274 Rn. 2). Dies ist insbesondere der Fall, wenn zwischen den Ansprüchen ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt besteht, dass der einredeweise geltend gemachte Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient (OLG Frankfurt am Main, BB 1978, 323 = BeckRS 1977, 1609 Rn. 50). So verhält es sich im Streitfall. Ergibt die von der Klägerin geschuldete Urkundenvorlage eine den Voraussetzungen des § 656c BGB nicht genügende Doppeltätigkeit der Klägerin, kann dies wegen der in § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB angeordneten Nichtigkeitsfolge ihren Provisionsanspruch zu Fall bringen.
C. Danach ist auf die Revision des Beklagten das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Koch Feddersen Löffler Odörfer Schwonke Vorinstanzen: LG München I, Entscheidung vom 22.02.2022 - 3 O 15005/21 OLG München, Entscheidung vom 25.10.2022 - 9 U 1628/22 -