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RiSt 1/21

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES RiSt 1/21 URTEIL in dem Disziplinarverfahren Verkündet am: 4. Mai 2023 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2023:040523URIST1.21.0 Das Dienstgericht des Bundes hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2023 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Pamp, die Richterin am Bundesgerichtshof Harsdorf-Gebhardt, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Menges, die Richterin am Bundesfinanzhof Hübner und den Richter am Bundesfinanzhof Prof. Dr. Nöcker für Recht erkannt:

Die Beklagte wird aus dem Richterverhältnis entfernt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die am in geborene Beklagte ist Richterin am Bundesfinanzhof. Sie ist verheiratet und kinderlos.

2 Nach dem Abitur im Jahr ließ sie sich zunächst als ausbilden. Anschließend studierte sie Rechtswissenschaften und legte die Erste juristische Staatsprüfung mit der Note ab. bestand sie die Zweite juristische Staatsprüfung mit der Note

. trat sie als Beamtin in den höheren Dienst der Finanzverwaltung des Landes ein. Dort war sie zunächst als Sachgebietsleiterin in den Finanzämtern und tätig. Anschließend war sie von bis Referentin im Bundesministerium der Finanzen.

wurde sie zur Regierungsdirektorin ernannt und an das Finanzgericht abgeordnet.

wurde sie im Land zur Richterin auf Lebenszeit ernannt. Während ihrer Tätigkeit am Finanzgericht war die Beklagte gewähltes Mitglied des Präsidiums und Vorsitzende des Richterrats.

folgte ihre Ernennung zur Richterin am Bundesfinanzhof. Dort war sie zunächst dem unter anderem für Ertragsteuern zuständigen III. Senat zugewiesen.

wechselte sie zu dem zunächst nur für Ertragsteuern zuständigen XI. Senat, dessen Zuständigkeiten ab 2008 das Umsatzsteuerrecht und ab 2012 zusätzlich der Familienausgleich und das Kindergeld waren und als dessen stellvertretende Vorsitzende sie seit fungierte. Zwischen und engagierte sich die Beklagte als Vorsitzende des Richtervereins der Richterinnen und Richter des Bundesfinanzhofs.

Die Beklagte veröffentlicht im Steuerrecht. Die Universität verlieh ihr den Doktortitel mit der Note

.

wurde die Beklagte zur Honorarprofessorin an der Universität bestellt.

Das Präsidium des Bundesfinanzhofs (künftig nur: Präsidium) teilte die Beklagte mit dem Beginn des Geschäftsjahres 2016 gegen ihren Willen dem für das Umsatzsteuerrecht zuständigen V. Senat zu. Ihre dagegen gerichteten Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten und eine gegen die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergangenen abschlägigen Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde blieben ohne Erfolg. Zum 1. Januar 2019 und mit den Geschäftsverteilungsplänen für die Folgejahre wies das Präsidium die Beklagte - wiederum gegen ihren Willen - dem für Ertragsteuern zuständigen X. Senat zu.

Nach Beendigung ihres Urlaubs zum 4. Januar 2019 meldete sich die Beklagte zunächst krank und brachte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei. Mit Attest vom 11. Juli 2019 bescheinigte die behandelnde Ärztin der Beklagten, sie gehe davon aus, dass die Arbeitsfähigkeit der Beklagten in vollem Umfang längstens in zwei Monaten wiederhergestellt sei.

Am 24. September 2019 unterrichtete die Vorsitzende des X. Senats den (damaligen) Präsidenten des Bundesfinanzhofs (künftig nur: Präsident) darüber, die Beklagte leite ihr zugeschriebene Akten des X. Senats kommentarlos und unbearbeitet an die Geschäftsstelle zurück. Mit "Eilanträgen" vom 10. September 2019 trug die Beklagte gegenüber dem Präsidium auf die Nichtigkeit verschiedener sie betreffender Beschlüsse des Präsidiums seit dem Jahr 2015 an. Diese "Eilanträge" wies das Präsidium in seiner Sitzung vom 26. September 2019 zurück. Mit E-Mail vom 6. Oktober 2019 teilte die Beklagte der Vorsitzenden des X. Senats mit, sie gehöre "weiterhin nicht dem X. Senat" an.

Nach Anhörung der Beklagten sprach der Präsident mit Schreiben vom 14. Oktober 2019 eine Ermahnung gegenüber der Beklagten aus und forderte sie auf, unverzüglich ihre Tätigkeit im X. Senat aufzunehmen. Dieser Aufforderung kam die Beklagte nicht nach. Sie wandte sich unter dem 21. Oktober 2019 mit einer Gegenvorstellung gegen die Ermahnung, die dem Präsidenten gemäß seinem Schreiben vom 22. Januar 2020 keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage gab. An Sitzungen des X. Senats im November und Dezember 2019 nahm die Beklagte nicht teil, obwohl sie nach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan Mitglied der Sitzgruppe war und weder eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt noch einen Urlaubsantrag gestellt hatte.

Mit Verfügung vom 23. Januar 2020 leitete der Präsident ein Disziplinarverfahren gegen die Beklagte nach § 63 Abs. 1 DRiG, § 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 BDG ein. Die Gleichstellungsbeauftragte war mit Schreiben vom 22. Januar 2020 über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet worden und hatte dagegen mit Schreiben vom selben Tag keine Einwände erhoben. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 23. Januar 2020 ebenfalls über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet und über ihre Rechte belehrt. Sie erhob in der Folge erfolglos verschiedene Dienstaufsichtsbeschwerden und Gegenvorstellungen. Sie nahm unter dem 21. Februar 2020 zu der Unterrichtung über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens Stellung. Nach Beendigung der Ermittlungen, aber vor der Entscheidung über den Abschluss des Disziplinarverfahrens auf der Ebene des Bundesfinanzhofs wurde die Gleichstellungsbeauftragte durch Kenntnisgabe des Abschlussberichts informiert, gegen den sie mit Schreiben vom 30. April 2020 Einwendungen nicht geltend machte. Daraufhin wurde die Beklagte mit Schreiben des Präsidenten vom 5. Mai 2020 gemäß § 63 Abs. 1 DRiG, § 30 BDG nach Beendigung der Ermittlungen im Disziplinarverfahren angehört und erneut über ihre Rechte belehrt. Mit Schreiben vom 5. Mai 2020 untersagte der Präsident der Beklagten die weitere Ausübung von Nebentätigkeiten bis zur Wiederaufnahme ihrer richterlichen Tätigkeiten. In einem weiteren Schreiben vom 8. Mai 2020 mahnte der Präsident gegenüber der Beklagten die Einhaltung des Dienstwegs bei der Stellung von Urlaubsanträgen und Nebentätigkeitsanzeigen an und bekräftigte das Verbot von Nebentätigkeiten. Einen Widerspruch der Beklagten gegen die Untersagung von Nebentätigkeiten legte der Präsident mit Schreiben vom 28. Juli 2020 dem Bundesministerium der Justiz (künftig nur: Bundesministerium) zur Entscheidung vor.

Mit E-Mail vom 22. Juli 2020 wandte sich die Präsidialrichterin des Bundesfinanzhofs an den Richterrat und teilte mit, die Beklagte wünsche in ihrer Stellungnahme im Rahmen ihrer Anhörung zum Abschluss der Ermittlungen die Beteiligung des Richterrates. Der Richterrat fasste in seiner Sitzung am 30. Juli 2020 den Beschluss, er sehe keine Grundlage für die Geltendmachung von Einwendungen gegen die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage gegen die Beklagte, weil die Voraussetzungen eines Mitwirkungstatbestands nicht erfüllt seien.

Mit Verfügung vom 30. Juli 2020 stellte der Präsident den Verlust der Dienstbezüge der Beklagten fortgesetzt ab dem 1. Januar 2019 mit Ausnahme von Krankheits- und Urlaubstagen fest. Mit Abschlussverfügung vom 29. Oktober 2020 gab die Vizepräsidentin des Bundesfinanzhofs das Disziplinarverfahren nach § 63 Abs. 1 DRiG, § 31 Satz 1 BDG an das Bundesministerium mit der Empfehlung ab, bei dem Dienstgericht des Bundes Klage auf Entfernung der Beklagten aus dem Dienst zu erheben.

Im Jahr 2021 strengte die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht München zum Aktenzeichen M 5 K 21.6181 ein Verfahren an, mit dem sie beantragte, die Klägerin und das Präsidium zu verpflichten, "unter Beseitigung des falschen Rechtsscheins" der bisherigen - "u.a. mit der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbaren" - Geschäftsverteilung "umgehend und bis auf weiteres" der Beklagten "die Position einer stellvertretenden Senatsvorsitzenden im XI. Senat" zuzuweisen.

Die durch das Bundesministerium vertretene Klägerin wirft der Beklagten mit der von der (damaligen) Staatssekretärin unterzeichneten, der zuständigen (damaligen) Bundesministerin vorab zur Kenntnisnahme und Billigung vorgelegten, im November 2021 anhängig gemachten und der Beklagten am 3. Dezember 2021 zugestellten Disziplinarklage vor, seit dem Jahr 2019 ihren richterlichen Amtsgeschäften vorsätzlich, ohne rechtfertigenden Grund und schuldhaft nicht mehr nachgekommen zu sein.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte aus dem Dienst zu entfernen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich angekündigt zu beantragen,

die Disziplinarklage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet abzuweisen.

Außerdem hat sie schriftsätzlich Anträge auf Aussetzung des Verfahrens, auf Vorlage an das Bundesverfassungsgericht und den Gerichtshof der Europäischen Union und auf Beiziehung von Akten angekündigt.

Die Beklagte rügt innerhalb der Frist der § 63 Abs. 1 DRiG, § 55 Abs. 1 BDG nach ihrer Auffassung wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens. Sie beanstandet die Form der Disziplinarklage. In der Sache wendet sie ein, sie habe kein Dienstvergehen begangen. Ihre Zuweisung zum X. Senat sei willkürlich und deshalb nichtig, so dass sie zu einer Dienstleistung in diesem Senat nicht verpflichtet sei.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die Disziplinarklage in erster und letzter Instanz (vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 1 DRiG) auf die Entfernung der Beklagten, die trotz Hinweises nach § 102 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, aus dem Richterverhältnis (§ 63 Abs. 1 DRiG, § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG).

A.

Mit den innerhalb der Zweimonatsfrist der § 63 Abs. 1 DRiG, § 55 Abs. 1 BDG erhobenen Rügen zeigt die Beklagte keine wesentlichen Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens auf.

I.

Die Einleitung des Disziplinarverfahrens am 23. Januar 2020 entspricht den Vorgaben der § 63 Abs. 1 DRiG, § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG.

Danach hat der Dienstvorgesetzte die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Richters. Die disziplinarischen Ermittlungen sollen so früh wie möglich im Rahmen des gesetzlich geordneten Verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen Sicherungen zu Gunsten des Richters, insbesondere dem Recht auf Beweisteilhabe nach § 63 Abs. 1 DRiG, § 24 Abs. 4 BDG, geführt werden. Der Dienstvorgesetzte darf, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres Belastungsmaterial sammeln (BVerwG, Urteil vom 15. November 2018

- 2 C 60.17, BVerwGE 163, 356 Rn. 21; Urteil vom 28. September 2022 - 2 A 17.21, juris Rn. 24).

Diesen Voraussetzungen genügt die Verfahrensweise der Klägerin. Zwar wurde der Präsident bereits am 24. September 2019 darüber unterrichtet, die Beklagte verweigere jede Mitarbeit im X. Senat, und liegen zwischen dieser Mitteilung und der Einleitung des Disziplinarverfahrens knapp vier Monate. Der Versuch, die Beklagte zunächst durch eine - entgegen ihren Einwänden nicht "nichtige" - Ermahnung unter dem 14. Oktober 2019 zu einer ordnungsgemäßen und unverzögerten Erledigung ihrer Amtsgeschäfte gemäß § 26 Abs. 2 DRiG anzuhalten, diente indessen dazu, zugunsten der Beklagten eine Maßnahme bis hin zur Entfernung aus dem Dienst zu vermeiden. Mit § 64 Abs. 2 DRiG steht eine Ermahnung schon deshalb nicht in Widerspruch, weil sie in § 26 Abs. 2 DRiG eine eigene Rechtsgrundlage besitzt. Eine durch diesen Versuch bedingte Verzögerung der Einleitung des Disziplinarverfahrens ist daher unschädlich. Gleiches gilt, soweit der Ermahnung keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war.

II.

Anhaltspunkte für die von der Beklagten behauptete Besorgnis der Befangenheit des Präsidenten "und alle[r] Angehörigen der Hausspitze" des Bundesfinanzhofs liegen nicht vor.

Nach § 63 Abs. 1 DRiG, § 3 BDG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. November 2008 - 2 B 63.08, juris Rn. 19; Urteil vom 29. Juli 2010 - 2 A 4.09, juris Rn. 119) hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wenn von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet wird. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält (§ 21 Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (BVerwG, Urteil vom 28. September 2022 - 2 A 17.21, juris Rn. 39).

Objektivierbare, über eine rein subjektive Besorgnis hinausgehende Anhaltspunkte werden von der Beklagten nicht dargetan. Soweit die Beklagte dem Präsidenten eine Voreingenommenheit zu ihren Ungunsten zur Last legt, die auch schon Gegenstand ihres Vortrags in dem vor dem Senat geführten Prüfungsverfahren war (BGH, Urteil vom 1. März 2022 - RiZ 2/16, juris Rn. 93), ist nichts dafür ersichtlich, der Präsident habe ihr gegenüber im Disziplinarverfahren ein Verhalten an den Tag gelegt, das die Besorgnis einer Befangenheit begründete. Im Gegenteil ergibt sich aus den in dem von der Beklagten angestrengten Prüfungsverfahren festgestellten Umständen ab Mai 2018 (BGH, Urteil vom 1. März 2022, aaO, Rn. 30 ff.) und aus dem Versuch, die Beklagte mittels einer (schonenden) Ermahnung wieder in die ihr obliegenden richterlichen Amtsgeschäfte einzubinden, ein auf die Wahrung der Interessen der Beklagten Bedacht nehmendes und unvoreingenommenes Vorgehen. Die von der Beklagten weiter angeführten Schreiben ab dem 5. Mai 2020 betreffen Folgemaßnahmen aufgrund der Weigerung der Beklagten, ihre richterlichen Amtsgeschäfte auszuüben, und begründen die Besorgnis der Befangenheit nicht.

III.

Die Rüge der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung des Richterrats greift ebenfalls nicht durch. Der Richterrat wurde im Verlauf des behördlichen Disziplinarverfahrens auf Wunsch der Beklagten mit der Sache befasst. Dass er - damit zugleich außerhalb des Anwendungsbereichs des § 54 Abs. 2 VwGO - der Auffassung war, keinen Anlass zu einer Stellungnahme zu haben, weil ein Mitwirkungstatbestand nicht erfüllt sei, begründet keinen wesentlichen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens.

IV.

Der weitere Einwand der Beklagten, die Gleichstellungsbeauftragte sei nicht wie geboten beteiligt worden, findet im vorliegenden Akteninhalt keine Stütze. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde mit Schreiben vom 22. Januar 2020 gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d und Abs. 2 BGleiG frühzeitig unterrichtet. Sie wurde erneut nach Beendigung der Ermittlungen informiert. Sie hat am 30. April 2020 mitgeteilt, keine Einwendungen gegen den Abschlussbericht zu haben. Dies genügte den Anforderungen der § 27 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d und Abs. 2, § 32 Abs. 2 BGleiG.

V.

Die Dauer des behördlichen Disziplinarverfahrens entspricht angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles noch den Anforderungen an das Beschleunigungsgebot.

B.

Die Rügen der Beklagten zeigen auch keine wesentlichen Mängel der Klageschrift auf. Die Disziplinarklage trägt die Unterschrift der Staatssekretärin. Sie wurde vorab durch die zuständige Bundesministerin gebilligt. Damit sind die wesentlichen Förmlichkeiten gewahrt (vgl. zu einem anderen Sachverhalt BGH, Urteil vom 18. Februar 2016 - RiSt(R) 1/15, NVwZ-RR 2016, 586 Rn. 42).

C.

Auch in der Sache ist die Disziplinarklage begründet, ohne dass der Senat Anlass hat, zur weiteren Sachaufklärung, wie von der Beklagten vor der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich beantragt, Akten beizuziehen.

I.

Für den Senat steht fest, dass die Beklagte seit September 2019 keinerlei richterliche Amtsgeschäfte mehr verrichtet und als Rechtfertigung dafür ausschließlich angeführt hat, die Entschließungen des Präsidiums über die Jahresgeschäftsverteilung, mit denen sie ab dem Jahr 2019 dem X. Senat zugeteilt worden sei, entfalteten - weil nichtig - zu ihren Lasten keine Bindungswirkung, so dass sie Amtsgeschäfte im X. Senat nicht zu verrichten habe. Diese Feststellungen beruhen auf den Angaben der Disziplinarklage, den mit der Disziplinarklage vorgelegten Unterlagen und der schriftsätzlichen Einlassung der Beklagten selbst.

II.

Durch das festgestellte Verhalten hat die Beklagte ein Dienstvergehen begangen (§ 46 DRiG, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG). Sie ist vorsätzlich und schuldhaft über Jahre dem Dienst ferngeblieben, ohne dass ihr Fernbleiben (mit Ausnahme von Urlaubs- und Krankheitstagen) gerechtfertigt war.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des für das Dienstrecht der Beamten zuständigen Bundesverwaltungsgerichts knüpft der Begriff des nicht genehmigten Fernbleibens vom Dienst an die formale Dienstleistungspflicht des Beamten an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert vom Beamten in erster Linie, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (BVerwG, Urteil vom 25. September 2003 - 2 C 49.02, Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 26 S. 41 f.; Urteil vom 11. Oktober 2006 - 1 D 10.05, Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 34; Urteil vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13, BVerwGE 149, 117 Rn. 22; Urteil vom 23. Juni 2016 - 2 C 24.14, BVerwGE 155, 292 Rn. 15). Solange ein Beamter dienstunfähig ist, ist er von der Dienstleistungspflicht befreit, weil er sie nicht erfüllen kann (BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 D 2.05, juris Rn. 32 mwN). Ein dienstfähiger Beamter wird in der Regel nur durch eine wirksame Urlaubsbewilligung oder sonstige Freistellung vom Dienst - sei es genehmigt oder kraft Gesetzes - von seiner Dienstleistungspflicht entbunden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. August 2001 - 1 DB 23.01, juris Rn. 7 mwN).

Für Richter gilt im Grundsatz nichts anderes. Zwar unterliegen Richter keinen festen Dienstzeiten. Aus der nach Art. 97 GG gewährleisteten Unabhängigkeit des Richters folgt, dass er grundsätzlich seine Arbeit nicht innerhalb fester Dienstzeiten und nicht an der Gerichtsstelle erledigen muss (BGH, Urteil vom 16. November 1990 - RiZ 2/90, BGHZ 113, 36, 38 ff.; Urteil vom 25. September 2002 - RiZ(R) 2/01, NJW 2003, 282; Urteil vom 21. Oktober 2010 - RiZ(R) 5/09, DRiZ 2011, 66 Rn. 24). Der Richter ist aber nach § 46 DRiG, § 61 Abs. 1 Satz 1 BBG verpflichtet, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen. Ihm obliegt weiter die ordnungsgemäße und unverzögerte Erledigung der ihm durch das Präsidium für das Geschäftsjahr übertragenen Amtsgeschäfte (§ 26 Abs. 2 DRiG, vgl. BGH, Urteil vom 7. September 2017 - RiZ(R) 2/15, NJW 2018, 158 Rn. 11 f.; Urteil vom 12. Mai 2020 - RiZ(R) 3/19, NJW 2020, 3320 Rn. 18). Entsprechend verstößt ein Richter gegen seine Amtspflicht, wenn er seine Dienstgeschäfte nicht nur ordnungswidrig, sondern über Jahre hinweg überhaupt nicht versieht, ohne beurlaubt oder dienstunfähig erkrankt zu sein. Einen solchen Verstoß hat sich die Beklagte vorsätzlich zuschulden kommen lassen, indem sie ab September 2019 keinerlei Dienstgeschäfte im X. Senat wahrgenommen hat.

2. Die Beklagte kann ihr Verhalten nicht damit rechtfertigen, sie habe ihre Zuweisung zum X. Senat ab dem Geschäftsjahr 2019 für nichtig erachtet.

Für das Dienstrecht der Beamten ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass ein Fall des unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst auch dann vorliegt, wenn ein Beamter eine unterwertige oder nicht auslastende Beschäftigung im Wege der "Selbsthilfe" abwehrt, indem er dem Dienst fernbleibt, anstatt gegen seine Verwendung (Eil-)Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1998 - 1 D 39.96, juris Rn. 30; Beschluss vom 31. Juli 2019 - 2 B 56.18, juris Rn. 7).

Erst recht hat ein Richter kein Recht zur "Selbsthilfe" durch ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst, wenn er durch das Präsidium des Gerichts, an dem ihm ein Richteramt übertragen ist, in richterlicher Selbstverwaltung einem anderen als dem von ihm gewünschten Spruchkörper dieses Gerichts zugeteilt wird. In einem solchen Fall fehlt es bereits an einer unterwertigen Beschäftigung (so selbst für den Fall der Verwendung eines Vorsitzenden Richters als Beisitzer in einem anderen Spruchkörper BGH, Urteil vom 22. April 1983 - RiZ(R) 4/82, BGHZ 88, 1, 6). Das Präsidium hat für die ordnungsgemäße Erledigung der anfallenden Rechtsprechungsaufgaben durch Einsatz der dem Gericht zugeteilten Richter zu sorgen. Dabei gibt es kein Recht eines Richters auf die Erledigung bestimmter Rechtsangelegenheiten, so wie es auch nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG gehört, dass ein Beamter ein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinne hat (vgl. BVerfGE 8, 332, 344 f.; 43, 242, 282; BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13, juris Rn. 37). Ein Richter muss grundsätzlich für jede Tätigkeit im Rahmen der gerichtlichen Zuständigkeit einsetzbar und einsatzbereit sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. August 2016 - 2 BvR 877/16, DRiZ 2017, 64 Rn. 18).

Die Zuweisungen der Beklagten mit den Jahresgeschäftsverteilungsplänen ab dem Jahr 2019 waren entgegen ihrem Vorbringen nicht nichtig. Selbst eine willkürliche Zuweisung im Sinne einer verdeckten Disziplinarmaßnahme, für die hier keinerlei Anhaltspunkte bestehen (vgl. eingehend BGH, Urteil vom 1. März 2022 - RiZ 2/16, juris Rn. 73 ff.), hätte die Beklagte nicht davon entbunden, anstelle des Fernbleibens vom Dienst um gerichtlichen Rechtsschutz gegen ihre Zuweisung nachzusuchen, und bis zur Bestätigung ihres Standpunkts durch die Verwaltungsgerichte ihre richterlichen Amtsgeschäfte fortzuführen. Generell gilt, dass sich der Richter nicht im selben Umfang wie der rechtsuchende Bürger auf die Unwirksamkeit einer Geschäftsverteilung berufen kann. Insbesondere kann er nicht jegliche richterliche Tätigkeit - da im Widerspruch zum Justizgewährungsanspruch stehend - ablehnen. Vielmehr muss er aufgrund seiner Bindung an das Gesetz und an das Recht in Verbindung mit seiner allgemeinen Dienstleistungspflicht auch bei einem fehlerhaften Geschäftsverteilungsplan in dem ihm durch den Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen Aufgabenbereich tätig werden. Erst wenn rechtskräftig oder - vorläufig im Wege einer einstweiligen Anordnung die Unwirksamkeit des Geschäftsverteilungsplans festgestellt worden ist, muss sich der betroffene Richter hieran nicht mehr festhalten lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1990 - 2 BvR 785,1536/90, DRiZ 1991, 100; HessStGH, Beschluss vom 5. August 1992 - P.St. 1132, juris Rn. 60; BayVGH, Beschluss vom 12. Juli 1993 - 20 CE 93.1589, NJW 1994, 2308). "Eilanträge" der Beklagten gegenüber dem Präsidium im September 2019 und ihre weiteren Eingaben betreffend ihre Zuweisung mit den Jahresgeschäftsverteilungsplänen für 2021 und 2022 waren schon grundsätzlich nicht geeignet, ihr Fernbleiben vom Dienst zu rechtfertigen. Gleiches gilt unabhängig davon, ob dieser Antrag überhaupt als statthafter Angriff gegen ihre jährliche Zuweisung zum X. Senat gewertet werden könnte, für den bei dem Verwaltungsgericht München zum Aktenzeichen M 5 K 21.6181 gestellten Antrag der Beklagten, das Präsidium "zu verpflichten", sie als stellvertretende Vorsitzende dem XI. Senat zuzuweisen.

III.

Im Rahmen der dem Senat obliegenden Maßnahmenbemessung (§ 63 Abs. 1, § 64 Abs. 2 DRiG, § 13 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDG) ist die Entfernung der Beklagten aus dem Richterverhältnis die gebotene Maßnahme, ungeachtet des Umstands, dass ihr Verhalten nicht strafbar ist. Durch ihr Dienstvergehen hat die Beklagte das Vertrauen ihres Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Die Entfernung der Beklagten aus dem Dienst ist verhältnismäßig.

1. Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 63 Abs. 1, § 64 Abs. 2 DRiG, § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Richters und des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Sicherung der Funktion des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Richters geboten ist, um die Funktionsfähigkeit der Justiz und die Integrität des Berufsrichtertums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (vgl. zum Beamtenrecht BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252, 258 ff.; Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 ff.; Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10, DokBer 2012, 260 Rn. 71; Urteil vom 2. Dezember 2021 - 2 A 7.21, BVerwGE 174, 219 Rn. 46).

Bei der Gesamtwürdigung sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe der § 63 Abs. 1 DRiG, § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 63 Abs. 1 DRiG, § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG - nach Maßgabe des § 64 Abs. 2 DRiG - aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 - 2 A 11.10, DokBer 2012, 260 Rn. 73; Urteil vom 2. Dezember 2021 - 2 A 7.21, BVerwGE 174, 219 Rn. 47).

Der Richter hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit im Sinne der § 63 Abs. 1 DRiG, § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG endgültig verloren, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Richter werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des richterlichen Ansehens sei bei einer Fortsetzung des Richterdienstverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Richterverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit der Justiz und ihrer Integrität beendet werden (vgl. zum Beamtenrecht BVerwG, Urteile vom 29. März 2012 - 2 A 11.10, DokBer 2012, 260 Rn. 74; Urteil vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14, BVerwGE 154, 10 Rn. 12 ff.).

2. Die Beklagte hat sich ein Dienstvergehen entsprechender Schwere zuschulden kommen lassen.

Für das Beamtenrecht ist höchstrichterlich geklärt, dass unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG über einen Zeitraum von mehreren Monaten regelmäßig geeignet ist, das für das Beamtenverhältnis erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten zu zerstören. Aufgrund der Bedeutung und der leichten Einsehbarkeit der Pflicht, überhaupt zum Dienst zu erscheinen, offenbart das Fernbleiben über einen derart langen Zeitraum ein besonders hohes Maß an Verantwortungslosigkeit und Pflichtvergessenheit. Daher ist in diesen Fällen die Entfernung aus dem Dienst grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme (BVerwG, Urteil vom 7. November 1990 - 1 D 33.90, juris Rn. 31; Urteil vom 22. April 1991 - 1 D 62.90, BVerwGE 93, 78, 80 f.; Urteil vom 6. Mai 2003 - 1 D 26.02, juris Rn. 54 f.). Dies gilt auch im Fall des Fernbleibens vom Dienst im Wege der "Selbsthilfe" (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juni 1998 - 1 D 39.96, juris Rn. 27 und 30 zu einer Fehlzeit von mehr als 15 Wochen; Beschluss vom 31. Juli 2019 - 2 B 56.18, juris Rn. 11). Die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfällt nur dann, wenn im Einzelfall gewichtige Entlastungsgründe zugunsten des Beamten zu berücksichtigen sind (BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 - 1 D 2.05, juris Rn. 51; Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05, Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 42; Beschluss vom 23. Januar 2013 - 2 B 63.12, juris Rn. 11; Beschluss vom 31. Juli 2017 - 2 B 30.17, juris Rn. 13). Beeinträchtigungen der Persönlichkeit durch Mobbing zählen zu den subjektiven Beweggründen, die in die Zumessungsentscheidung nach § 13 Abs. 1 BDG zugunsten des Beamten einzustellen sind (BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2009 - 2 B 15.09, NVwZ-RR 2009, 815 Rn. 9; zu § 13 BDG allgemein BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04, Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 und 25).

Für das Richterdienstrecht gilt nichts anderes. Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wiegt die Verletzung der Dienstpflicht der Beklagten durch ihr Fernbleiben über Jahre hinweg schwer. Zwar hat sich die Beklagte schriftsätzlich damit gerechtfertigt, das Präsidium habe sie auch in den Jahren seit 2019 willkürlich einem anderen als dem von ihr gewünschten Senat zugewiesen; sie sei seit dem Jahr 2015 Opfer einer gegen sie beim Bundesfinanzhof geführten Kampagne gewesen. Die Beklagte ist aber über Jahre hin von keinem der von ihr in Anspruch genommenen Gerichte in ihrer Annahme bestätigt, sondern wiederholt deutlich widerlegt worden, ohne ihrer eigenen Weltsicht widerstreitende Argumente inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen. Ihr Begehren auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz gegen die erste ihren Wünschen widersprechende Zuteilung zu einem anderen als dem XI. Senat ab dem Jahr 2016 war erfolglos (vgl. VG München, Beschluss vom 18. Dezember 2015 - M 5 E 15.5395, juris; BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2016 - 6 CE 15.2800, BayVBl. 2016, 813 ff.). Eine gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht im einem ausführlich begründeten Beschluss nicht zur Entscheidung an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. August 2016 - 2 BvR 877/16, DRiZ 2017, 64 f.). Anträge der Beklagten in einem Prüfungsverfahren nach § 26 Abs. 3 DRiG, die die Vorgänge im Bundesfinanzhof seit dem Jahr 2015 und die Zuweisung der Beklagten zum X. Senat ab dem Jahr 2019 zum Gegenstand hatten, scheiterten (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2022 - RiZ 2/16, juris) ebenso wie eine gegen die vorgenannte Entscheidung des Senats gerichtete Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 2023 - 2 BvR 1459/22; vgl. außerdem BVerfG, Beschluss vom 15. Februar 2023 - 2 BvR 909/22). Die subjektiven Beweggründe der Beklagten sind demnach nicht geeignet, die Entfernung aus dem Dienst als unverhältnismäßige Maßnahme auszuschließen. Das gilt auch, soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. April mitgeteilt hat, bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zum Aktenzeichen 3 K 914/23 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt zu haben, damit das Bundesverfassungsgericht zur "Wiederaufnahme" der durch Nichtannahmebeschlüsse beendeten Verfassungsbeschwerdeverfahren bewogen werde.

3. Die Entfernung der Beklagten aus dem Richterverhältnis ist auch im Übrigen die angemessene Maßnahme.

Die vollständige, über Jahre währende und andauernde Weigerung der Beklagten, jegliche ihr obliegenden Amtspflichten zu erfüllen, ist so schwerwiegend, dass bei der Maßnahmenbemessung nach § 63 Abs. 1 DRiG, § 13 BDG von der höchsten Maßnahme auszugehen ist. Die Beklagte verhält sich so, als oblägen ihr aus dem Richterverhältnis keine Amtspflichten. Zugleich bestreitet sie das Recht des Dienstherrn, den Verlust ihrer Dienstbezüge fortgesetzt ab dem 1. Januar 2019 - mit Ausnahme der Krankheits- und Urlaubstage - festzustellen, obwohl sie keinerlei Tätigkeit in dem ihr übertragenen Amt entfaltet. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten faktisch selbst das Dienstverhältnis aufgesagt. Darauf ist angemessen in der Weise zu reagieren, dass das Richterverhältnis durch ihre Entfernung aus dem Dienst nunmehr auch seitens des Dienstherrn beendet werden kann.

Dabei hat der Senat zugunsten der Beklagten in seine Betrachtung eingestellt, dass sie disziplinarisch nicht vorbelastet ist und über Jahre mit hohem Einsatz ihren Dienst verrichtet hat. Angesichts der Schwere ihres Dienstvergehens kann sie dies aber nicht vor der schwersten disziplinarischen Maßnahme bewahren. Die Beklagte verweigert sich ihren richterlichen Amtspflichten vollständig. Ihre Entfernung aus dem Dienst, die sie den von ihr seit Jahren vorsätzlich, ungerechtfertigt und schuldhaft verweigerten Dienstpflichten enthebt, ist die konsequente Reaktion auf dieses Verhalten.

Das Disziplinarverfahren hat auch nicht unangemessen lange gedauert und insbesondere keine Dauer angenommen, die bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Beklagten, der Vorgehensweise der Justizverwaltung oder der Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für die Beklagte nicht mehr vertretbar gewesen wären (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04, NVwZ 2010, 1015 Rn. 49). Die Beklagte hat durch zahlreiche offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuche selbst wesentlich zur Dauer des gerichtlichen Disziplinarverfahrens beigetragen. Davon abgesehen ist höchstrichterlich geklärt, dass es die unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens nicht rechtfertigt, von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen, wenn diese Maßnahme disziplinarrechtlich geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 2012 - 2 B 3.12, NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 6).

D.

Der Senat hat mangels Vorgreiflichkeit keinen Anlass, den von der Beklagten gestellten Aussetzungsanträgen zu entsprechen. Die Voraussetzungen eines von der Beklagten gewünschten konkreten Normenkontrollverfahrens sind nicht gegeben. Gleichfalls hat der Senat keinen Anlass, den Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen. Schließlich besteht kein Anlass für die von der Beklagten beantragte Beiziehung von Akten.

E. 52 Es besteht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Regelung für den Unterhaltsbeitrag (§ 63 Abs. 1 DRiG, § 10 Abs. 3 BDG) abzuweichen.

F.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 63 Abs. 1 DRiG, § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO.

Pamp Hübner Harsdorf-Gebhardt Nöcker Menges

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