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2 StR 166/14

BUNDESGERICHTSHOF StR 166/14 BESCHLUSS vom 10. Juli 2014 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO am 10. Juli 2014 beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 3. Februar 2014 a) im Schuldspruch aa) wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen aufgehoben,

bb) im Übrigen dahin berichtigt, dass der Angeklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen und wegen Sichverschaffens kinderpornographischer Schriften in fünf Fällen schuldig ist,

b) im Strafausspruch hinsichtlich der Fälle II.2 und II. 4 der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und der Nebenklage, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und wegen Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern hält aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen rechtlicher Nachprüfung stand. Dagegen begegnen die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen und wegen Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften in 23 Fällen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Das Landgericht hat im Fall II.3 der Urteilsgründe nicht rechtsfehlerfrei dargelegt, dass dem Tatopfer zur Tatzeit die Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung gefehlt und der Angeklagte dies ausgenutzt hat (§ 182 Abs. 3 StGB). Es hat zwar zutreffend angenommen, dass sich das Fehlen der Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung daraus ergibt, ob der Jugendliche aus Gründen altersbedingter Reife im konkreten Fall außerstande ist, die Entscheidung über die Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen intellektuell, moralisch oder emotional in ein Selbstbild und Lebensbild zu integrieren, welche der Bedeutung sexueller Selbstbestimmung gerecht wird. Es ist weiter auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass dies der Feststellung im Einzelfall bedarf und dabei auch die Persönlichkeit des Täters und die Struktur des Verhältnisses zwischen Täter und Opfer in den Blick zu nehmen ist (vgl. Fischer, StGB,

61. Aufl., § 182, Rn. 12, 13). Bei der insoweit erforderlichen Würdigung hat die Strafkammer allerdings vor allem Gesichtspunkte erörtert, die - wie etwa der Umstand, dass der Angeklagte alleiniger Ansprechpartner für Probleme der Nebenklägerin war - ohne wirkliche Bedeutung für die erforderliche Einschätzung des Fehlens der sexuellen Selbstbestimmung ist. Soweit sie weiter darauf abstellt, die Nebenklägerin habe in der konkreten Tatsituation auf Widerstand gegen den Angeklagten verzichtet, weil dies ja nichts bringe, wäre dies - abstrakt betrachtet - zwar grundsätzlich geeignet, die landgerichtliche Einschätzung mit zu tragen. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung hätten freilich weitere Umstände der Erörterung bedurft, etwa dass die Nebenklägerin sich zu dem Angeklagten hingezogen fühlte und sie - nach Vollzug des Geschlechtsverkehrs, der „nicht so schlimm“ gewesen sei, ihr vielmehr eine gewisse Befriedigung in sexueller Hinsicht verschafft habe - das Verhältnis mit dem Angeklagten fortsetzte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Strafkammer in dieser unmittelbar nach der ersten Tat getroffenen Entscheidung der Nebenklägerin einen von ausreichender Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung getragenen Entschluss gesehen hat, weitere sexuelle Kontakte der Nebenklägerin nicht als strafbar angesehen und insoweit freigesprochen hat. Die Sache bedarf deshalb der Aufhebung und Neuverhandlung.

b) Die Verurteilung wegen Erwerbs und Besitzes kinderpornographischer Schriften in 23 Fällen (Fälle II.4 der Urteilsgründe) durch Herunterladen von Bildern und Videos aus dem Internet wird von den Feststellungen nicht getragen. Zum einen ist der einzelne Schuldspruch - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt - in „Sichverschaffen“ kinderpornographischer Schriften zu ändern. Zum anderen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Annahme von 23 Einzelfällen nicht hinreichend belegt. Danach kommt eine Tat im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit in Betracht, wenn mehrere Dateien im Verlauf einer Internetsitzung herunter geladen werden (BGH NStZ 2009,

208). Zwar schließt dies - worauf das Landgericht abstellt - nicht aus, dass während einer Internetsitzung immer wieder neue Tatentschlüsse gefasst werden können und so die Annahme einer neuen einzelnen Tat gerechtfertigt sein kann. Ob davon allerdings wie hier bei zeitlich kurz hintereinander folgenden Download-Vorgängen ohne Weiteres ausgegangen werden kann, erscheint bedenklich, jedenfalls hat das Landgericht dies nicht tragfähig belegt. Der Senat, der ausschließt, dass dahingehende zuverlässige Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung getroffen werden könnten, nimmt mit Blick auf fünf Tage, an denen der Angeklagte Daten herunter geladen hat, fünf selbständige Taten an und ändert den Schuldspruch selbst ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte insoweit nicht anders hätte verteidigen können und dies im Übrigen seinem Vorbringen in der Revisionsbegründung entspricht.

2. Der Strafausspruch im Fall II.1 der Urteilsgründe weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf. Hingegen hält die Verhängung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten für das Übersenden eines Bildes mit dem erigierten Penis des Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht, das eine Strafe aus dem untersten Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens des § 176 Abs. 4 StGB angeordnet hat, versäumt es darzulegen, ob die Verhängung dieser Freiheitsstrafe im Sinne von § 47 Abs. 2 StGB unerlässlich ist und warum angesichts des geringen Tatunrechts eine Geldstrafe zur Ahndung der Tat nicht ausreicht. Deshalb hebt der Senat den Strafausspruch im Fall II.2 der Urteilsgründe auf.

Die Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.3 der Urteilsgründe sowie die Schuldspruchberichtigung im Fall II.4 der Urteilsgründe führen im Übrigen zum Wegfall der jeweiligen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs.

Fischer Schmitt Krehl Ott Zeng

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