Paragraphen in 21 W (pat) 27/12
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph |
---|
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 27/12 Verkündet am 17. März 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 060 146 …
BPatG 154 05.11
…
hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Ing. Schmidt-Bilkenroth und der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juni 2011 aufgehoben.
Das Patent 10 2004 060 146 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Bezeichnung: Autoinjektor mit Arretierung des Wirkstoffbehälters Anmeldetag: 14. Dezember 2004.
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015 Beschreibung, Seiten 2 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 7, gemäß Patentschrift.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I
Auf die am 14. Dezember 2004 unter Inanspruchnahme der Priorität der Patentanmeldung CH 02186/03 vom 18. Dezember 2003 mit der Bezeichnung „Autoinjektor mit Arretierung des Wirkstoffbehälters“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 10 2004 060 146 erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 3. September 2009 erfolgt.
Gegen das Patent ist von der S… GmbH, …straße, F…, mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2009, eingegangen per Telefax am selben Tage, Einspruch erhoben worden.
Die Einsprechende ist der Meinung, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei und verweist hierzu auf folgende Entgegenhaltungen:
D0 Prioritäts-Beleg: urspr. Unterlagen der Voranmeldung CH 02186/03 D1 DE 103 20 225 A1
(im Prioritätsjahr veröffentlicht!)
D2 DE 20 2004 016 791 U1
(kein Stand der Technik!)
D3 DD 289 412 A7 D4 EP 0 666 084 A2
(DE 695 32 840 T2)
D5 EP 0 768 902 B1
(DE 693 19 753 T2)
D6 US 6 767 336
(im Prioritätsjahr veröffentlicht!)
D7 US 5 609 577 D8 US 6 575 939
(DE 698 09 471 T2)
Die Patentinhaberin hat der Einsprechenden widersprochen und in der Anhörung vom 28. Juni 2011 ihr Patent beschränkt verteidigt. Am Ende der Anhörung hat die Patentabteilung 43 beschlossen, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin), die mit ihrem Schriftsatz vom 9. März 2015 noch die Druckschrift D9 US 2003/0105430 A1 eingereicht hat.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015 beantragt die Einsprechende,
den Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juni 2011 aufzuheben und das Patent 10 2004 060 146 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der von der Patentabteilung beschränkten Fassung aufrechtzuerhalten hilfsweise das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
- Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit Schriftsatz vom 17. April 2014, übrige Unterlagen gemäß Hauptantrag;
- Patentansprüche 1 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015,
Beschreibung Seiten 2 bis 6, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2015, Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet gegliedert
1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) verbunden ist,
1.3 einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
dadurch gekennzeichnet, dass
1.5 ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) verhindert, und dass
1.6 das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung bringbar ist,
1.6.1 in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
1.6.1.1 wobei das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist.
Hinsichtlich der erteilten, rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Der beschränkt aufrechterhaltene und gemäß Hauptantrag verteidigte Patentanspruch 1 lautet gegliedert (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 sind kenntlich gemacht):
1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) verbunden ist,
1.3 einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
dadurch gekennzeichnet, dasswobei
1.5’ ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) nach vorne verhindert, und dass
1.6’ das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung bringbar istgebracht wird,
1.6.1 in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
1.6.1.1 wobei das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist.
Hinsichtlich der rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 nach Hauptantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der gemäß Hilfsantrag 1 beschränkt verteidigte Patentanspruch 1 lautet gegliedert (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind kenntlich gemacht):
1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) verbunden ist,
1.3 einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
wobei
1.5’ ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) nach vorne verhindert, und
1.6’ das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung gebracht wird,
1.6.1 1.6.1.1’
in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
wobei das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiertfestgehalten ist.
Hinsichtlich der rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 13 nach Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der gemäß Hilfsantrag 2 beschränkt verteidigte Patentanspruch 1 lautet gegliedert (Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind kenntlich gemacht):
1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) verbunden ist,
1.3 einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
wobei
1.5’ ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) nach vorne verhindert, und
1.6’ das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung gebracht wird,
1.6.1 in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
1.6.1.1 wobei das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist
1.6.1.2 und in die Freigabestellung gebracht wird, indem es von dem Nadelschutzrohr (4) aus der Verriegelungsposition gedrängt wird.
Hinsichtlich der rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 2 sowie der übrigen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg. Der Senat sieht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag 2 als in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart an. Dieser Gegenstand erweitert den Schutzbereich des erteilten Patents nicht und ist patentfähig.
2. Der Einspruch der Einsprechenden ist zulässig.
Nach der Veröffentlichung der Patenterteilung am 3. September 2009 ist der am 3. Dezember 2009 per Telefax eingegangene Einspruch form- und fristgerecht erhoben worden. Die Einsprechende stützt den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit auf die Druckschriften D5 (hier: Anlagen 1, 1a, 2 und 3) und D4 und begründet, warum aus ihrer Sicht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu ist. Dabei setzt sie sich mit sämtlichen Merkmalen auseinander und gibt hierzu jeweils die entsprechenden Stellen in den Druckschriften D5 und D4 an. Ferner legt sie auch substantiell dar, dass aus ihrer Sicht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von der Druckschrift D6 in Kombination mit der Druckschrift D7 nahegelegt wird und nimmt schließlich auch zu den Unteransprüchen 2 bis 13 Stellung.
3. Das Patent betrifft gemäß der Beschreibung (vgl. Patentschrift, Abs. [0001]) einen Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes mit einem länglichen Gehäuse, einer im Gehäuse axial verschiebbaren Injektionsnadel, die mit einem Wirkstoffbehälter verbindbar ist, einem Kolben, der zwecks Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter verschiebbar ist und mit einem relativ zum Gehäuse verschiebbaren Nadelschutzrohr.
Nach der Beschreibungseinleitung der Patentschrift sind Autoinjektoren in vielen verschiedenen Ausführungen bekannt. Sie dienen zum Verabreichen von Injektionen, insbesondere durch den betreffenden Patienten selbst. Beim Gebrauch wird eine Injektionsnadel automatisch eingestochen, meistens mittels Federkraft, und anschließend ein Wirkstoff eingespritzt. Es sind viele wieder verwendbare Autoinjektoren bekannt und auch solche, die nach dem Gebrauch teilweise oder ganz weggeworfen werden. Autoinjektoren, die gefüllt und mit gespannten Federn ausgeliefert werden, müssen mit einer Nadelschutzkappe versehen sein, damit die Sterilität der Injektionsnadel gewährleistet werden kann. Da diese Nadelschutzkappe den mit der Injektionsnadel verbundenen Wirkstoffbehälter vorzugsweise dichtend umschließt, wird zwangsläufig eine gewisse Zugkraft auf den Wirkstoffbehälter ausgeübt, sobald die Nadelschutzkappe als Vorbereitung für den Gebrauch des Autoinjektors abgezogen wird (vgl. Abs. [0002]).
Ferner nennt die Patentschrift zum Stand der Technik die DD 289 412 A7 (= D3), die EP 0 666 084 A2 (= D4) und die DE 20 2004 016 791 U1 (= D2), die Autoinjektoren beschreiben. Schließlich ist aus der DE 103 20 225 A1 (= D1) eine Mehrweg-Betätigungsvorrichtung für eine sterile Spritze bekannt (vgl. Abs. [0003]).
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe (vgl. Abs. [0004]) zugrunde, zu verhindern, dass der Wirkstoffbehälter mit der Injektionsnadel in unerwünschter Weise nach vorne gezogen wird, beispielsweise beim Abziehen einer Nadelschutzkappe.
Als hier zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik mit Hochschulausbildung an, der über eine mehrjährige Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Vorrichtungen zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes durch den Patienten selbst verfügt.
4. Der Senat legt dem Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 folgendes Verständnis zugrunde:
„Nadelschutzrohr“ im Merkmal 1.4: Darunter ist ein rohrförmiges, d. h. rotationssymmetrisches und längliches Bauteil des Autoinjektors anzusehen, das eine Schutzwirkung gegenüber der Injektionsnadel gemäß 1.2 erfüllt, siehe hierzu in der Verriegelungsstellung gemäß Fig. 1, 2 und Abs. [0028]: „Zudem schafft das Nadelschutzrohr 4 am nun offenen Ende eine Distanz, die das Berühren der Injektionsnadel 10 verhindert oder zumindest erschwert“ und nach dem Abheben von der Haut gemäß Fig. 7 und Abs. [0032]: „Es dient nun hauptsächlich dazu, die Injektionsnadel zu verbergen und den Benutzer und andere Personen vor Verletzungen durch die Injektionsnadel 10 zu schützen. Es muss folglich verhindert werden, dass das Nadelschutzrohr 4 gegenüber der Injektionsnadel 10 so verschoben wird, dass diese aus dem Nadelschutzrohr 4 herausragt“. Ferner muss gemäß 1.4 das Nadelschutzrohr relativ zum Gehäuse verschiebbar sein; weitergehende Einschränkungen, insbesondere hinsichtlich seiner Form oder Bezeichnung, bestehen für das Nadelschutzrohr nicht.
„Verriegelungsglied“ im Merkmal 1.5 und 1.6.1:
Hier kann es sich nach Auffassung des Senats um ein Bauteil oder eine mehrteilige Baugruppe des Autoinjektors handeln, da dieses Merkmal nicht durch räumlich-körperliche Merkmale eingeschränkt, sondern lediglich durch Funktionsangaben in seinen Wirkungen beschrieben wird.
Demnach muss das Verriegelungsglied in der Lage sein,
- (1.5)
in einer Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters zu verhindern (siehe Abs. [0028]: „Nach wie vor ist die Verriegelungshülse 20 in der Verriegelungsposition und die Verriegelungszunge 21 verhindert, dass der Wirkstoffbehälter 7 mit der Injektionsnadel 10 nach vorne geschoben wird.“).
Ob es dabei direkt mit dem Wirkstoffbehälter in Kontakt steht, oder indirekt ein Verschieben verhindert, bleibt offen. - (1.6.1) in einer anderen Stellung, nämlich der Freigabestellung, das Verschieben des Wirkstoffbehälters zuzulassen. Ob aber eine Verschiebung tatsächlich ausgelöst wird, ist offengelassen, d. h. wenn sich das Verriegelungsglied in der Freigabestellung befindet, kann sich der Wirkstoffbehälter bewegen, muss aber nicht. Für das Verriegelungsglied definiert der Patentanspruch 1 also zwei verschiedene Positionen bzw. Stellungen (Zustände), die dadurch gekennzeichnet sind, dass eine Verschiebung des Wirkstoffbehälters (entweder) verhindert oder zugelassen wird.
Wirkzusammenhang zwischen „Verriegelungsglied“ und „Nadelschutzrohr“:
Die genannten Bauteile bzw. Baugruppen werden in ihrem Zusammenwirken durch weitere funktionelle Merkmale wie folgt zusätzlich eingeschränkt:
- (1.6) Durch Verschieben des Nadelschutzrohrs in das Gehäuse ist das Verriegelungsglied in eine Freigabestellung bringbar. Dadurch wird die Geeignetheit des Verriegelungsglieds in dem Sinne definiert, dass es in eine bestimmte Stellung gebracht werden kann. Offen bleibt dabei, ob das Nadelschutzrohr in direktem Kontakt das Verriegelungsglied in die Freigabestellung bringt oder ob dies indirekt über weitere Bauteile erfolgt. Ferner ist für das Verbringen des Verriegelungsglieds in die Freigabestellung das Verschieben des Nadelschutzrohrs zwingend aber nicht ausschließend, d.h. es kann auch eine weitere Aktion (z.B. das Drücken eines Auslösers) hierzu erforderlich sein.
- (1.6.1.1) In der Verriegelungsposition ist das Verriegelungsglied vom Nadelschutzrohr blockiert.
Im Kontext der Merkmale 1.6 und 1.6.1.1 ergibt sich zusammenfassend, dass das Verriegelungsglied in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr blockiert wird und durch Verschieben des Nadelschutzrohrs in eine Freigabestellung bringbar ist. Aufgrund dieses komplexen Wirkzusammenhangs ist im Lichte der Beschreibung das Merkmal 1.6.1.1 so zu verstehen, dass das Verriegelungsglied in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr daran gehindert („blockiert“) wird, dass es in die Freigabestellung gelangen kann – egal, ob das Verriegelungsglied aufgrund einer Vorspannung spontan oder durch äußere Einwirkung bedingt die Freigabestellung einnehmen würde.
5. Zum Hauptantrag:
Die gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 nunmehr beschränkt verteidigte Vorrichtung nach Hauptantrag ist zulässig, aber nicht patentfähig.
5.1 Gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 ist der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in den Merkmalen 1.5’ und 1.6’ geändert.
Nach Merkmal 1.5’ soll das Verriegelungsglied nun das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) nach vorne verhindern. Dadurch wird die Funktionsangabe des Verriegelungsglied auf eine bestimmte zugelassene Verschieberichtung des Wirkstoffbehälters eingeschränkt.
Nach Merkmal 1.6’ wird nunmehr das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung gebracht. Da der beanspruchte Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine Vorrichtung ist, ist eine derartige Funktionsangabe nur insoweit auszulegen, als hierdurch die Geeignetheit des Verriegelungsglieds in dem Sinne definiert wird, dass es in eine bestimmte Stellung gebracht werden kann. Insofern sind die unterschiedlichen Formulierungen von Merkmal 1.6 und 1.6’ für die Funktion und damit für den Sinngehalt ohne Bedeutung.
5.2 Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist zulässig.
Bei der Verteidigung eines Patents in veränderter Fassung im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren ist die Zulässigkeit dieser Fassung ohne Beschränkung auf die gesetzlichen oder die geltend gemachten Widerrufsgründe zu prüfen (BGH GRUR 1998, 901 – Polymermasse, Leitsatz).
Zunächst ist der erteilte Anspruch 1 ist aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 2 wie folgt hervorgegangen:
erteilter Anspruch 1 des Patents Offenbarung in Anmeldung urspr. Anspruch 1:
1. Autoinjektor zum automatischen In- Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit jizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2), einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial ver- einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10), schiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1. die mit einem Wirkstoffbehälter (7) die mit einem Wirkstoffbehälter (7)
verbunden ist,
verbindbar ist,
1.3 einem Kolben (8),
einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens der zwecks Ausschüttens des Wirkdes Wirkstoffes im Wirkstoffbehäl- stoffes im Wirkstoffbehälter (7) verter (7) verschiebbar ist und mit schiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4), verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
dadurch gekennzeichnet, dass dadurch gekennzeichnet, dass
1.5 ein Verriegelungsglied (21) in einer ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition das Ver- Verriegelungsposition das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) schieben des Wirkstoffbehälters (7)
in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2)
verhindert, und dass verhindert, und dass
1.6 das Verriegelungsglied (21) durch das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutz- Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in rohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung bringbar ist, eine Freigabestellung bringbar ist,
1.6.1 in der es das Verschieben des in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
das Gehäuse (1, 2) zulässt.
urspr. Anspruch 2:
Autoinjektor nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
1.6.1.1 wobei das Verriegelungsglied (21) in dass das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist.
Nadelschutzrohr (4) blockiert ist Die Änderung im Merkmal 1.2.1 sieht der Senat als eine zulässige Einschränkung an, da in der erteilten Fassung die Injektionsnadel (10) zwingend mit dem Wirk- stoffbehälter (7) verbunden ist im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung, wonach die Injektionsnadel (10) nur geeignet zu sein braucht, mit dem Wirkstoffbehälter (7) verbunden werden zu können. Die Änderung im Merkmal 1.3.1 ist lediglich redaktioneller Art und die Aufnahme des kennzeichnenden Merkmals des urspr. Anspruchs 2 in den Patentanspruch 1 ist auch zulässig.
Ausgehend davon ist der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag im Merkmal 1.5’ (siehe ursprüngliche Beschreibung auf Seite 6 Zeilen 3-10 in Verb. mit Fig. 1, 2) und 1.6’ (siehe ursprüngliche Beschreibung auf Seite 6 Zeilen 20-22 in Verb. mit Seite 6 Zeilen 3-5 und Fig. 1, 3) im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung geändert; die geänderte Fassung führt auch zu keiner Schutzbereichserweiterung.
5.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig.
5.3.1 Zur Priorität des Streitpatents: Die Einsprechende hat in ihrem Einspruchs-Schriftsatz vom 3. Dezember 2009 die Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung angegriffen und sich beim Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit auch auf die im Prioritätsjahr veröffentlichte Druckschrift D6 gestützt. Demzufolge sieht sich der Senat veranlasst zu prüfen, ob das Streitpatent die Priorität der schweizerischen Patentanmeldung CH 02186/03 vom 18. Dezember 2003 (D0) wirksam in Anspruch nehmen kann.
Der erteilte Patentanspruch 1 ist von der Voranmeldung D0 wie folgt gedeckt:
erteilter Anspruch 1 des Patents Offenbarung in Voranmeldung CH 02186/03 urspr. Anspruch 1:
1. Autoinjektor zum automatischen In- Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit jizieren eines Wirkstoffes, mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2), einem länglichen Gehäuse (1, 2),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial ver- einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10), schiebbaren Injektionsnadel (10),
1.2.1. die mit einem Wirkstoffbehälter (7) die mit einem Wirkstoffbehälter (7)
verbunden ist,
verbindbar ist,
1.3 einem Kolben (8),
einem Kolben (8),
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens der zwecks Ausschüttens des Wirkdes Wirkstoffes im Wirkstoffbehäl- stoffes im Wirkstoffbehälter (7) verter (7) verschiebbar ist und mit schiebbar ist und mit
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4), verschiebbaren Nadelschutzrohr (4),
dadurch gekennzeichnet, dass dadurch gekennzeichnet, dass
1.5 ein Verriegelungsglied (21) in einer Verriegelungsposition ein Verriegelungsglied (21)
das Verschieben des Wirkstoffbe- das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Ge- hälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) verhindert, und dass häuse (1, 2) verhindert, und dass
1.6 das Verriegelungsglied (21) durch das Verriegelungsglied (21) durch Verschieben des Nadelschutz- Verschieben des Nadelschutzrohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in rohrs (4) in das Gehäuse (1, 2) in eine Freigabestellung bringbar ist, eine Stellung bringbar ist,
1.6.1 in der es das Verschieben des in der es das Verschieben des Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf Wirkstoffbehälters (7) in Bezug auf das Gehäuse (1, 2) zulässt,
das Gehäuse (1, 2) zulässt.
1.6.1.1 wobei das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist.
Die Merkmale 1.2.1 und 1.3.1 sieht der Senat als von der Voranmeldung D0 gedeckt an, da die Änderungen eine zulässige Einschränkung (wie auch gegenüber den Anmeldungsunterlagen) darstellen oder redaktioneller Art sind.
Auch das Merkmal 1.5 sieht der Senat als der Voranmeldung im Anspruch 1 (s. o.), auf Seite 1 Zeilen 25-27 und auf Seite 4 Zeilen 21-31 unmittelbar und eindeutig entnehmbar an:
Es ist offensichtlich, dass beim Abziehen der Nadelschutzkappe 15 in Folge der Haftreibung zwischen Innenhülse 17 und Wirkstoffbehälter 7 eine Zugkraft auf den Wirkstoffbehälter 7 ausgeübt wird. Folglich muss verhindert werden, dass der Wirkstoffbehälter 7 seine Position im Autoinjektor schon beim Abziehen der Nadelschutzkappe 15 verlässt und ungewollt nach vorne gezogen wird. Zu diesem Zweck ist im Gehäuse-Vorderteil eine Verriegelungshülse 20 axial unbeweglich gelagert, an der mindestens eine Verriegelungszunge 21 angeordnet ist. … Wie die Fig. 1 deutlich zeigt, liegt das freie Ende der Verrie- gelungszunge 21 am Flansch 6 der Schiebehülse 5 an und hindert dadurch letztere daran, mit dem in ihr angeordneten Wirkstoffbehälter 7 nach vorne gezogen zu werden.
Die Tatsache, dass beim Merkmal 1.5 die Worte „in einer Verriegelungsposition“ in der Voranmeldung explizit nicht angegeben sind, steht einer wirksamen Inanspruchnahme nicht entgegen, da diese Worte lediglich eine kurze und knappe Umschreibung des Zustands des Autoinjektors darstellen, wie er in obiger Passage in Verb. mit der Fig. 1 deutlich beschrieben ist (siehe BGH GRUR 2009, 933936 - Druckmaschinen-Temperierungssystem II, Leitsatz).
Dies gilt ebenso für den Begriff „Freigabe“-Stellung im Merkmal 1.6 im Hinblick auf Seite 1 Zeilen 27-29 und Seite 5 Zeilen 14-16 in Verb. mit Fig. 3 der Voranmeldung.
Dagegen kann nach Überzeugung des Senats das Merkmal 1.6.1.1 der Voranmeldung nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnommen werden, und zwar auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass Patentansprüche, Beschreibung und Zeichnungen der Anmeldeunterlagen gleichwertige Offenbarungsmittel sind (BGHZ 111, 21, 26 – Crackkatalysator). Hierzu wird nun festgestellt, dass genau die Textpassagen in den Anmeldungsunterlagen, die das Merkmal 1.6.1.1 explizit stützen könnten (diesbezüglich wird auf Seite 1 Zeile 30 bis Seite 2 Zeile 2, Seite 9 Zeilen 15 – 18 in Verb. mit Fig. 8 sowie Unteranspruch 2 der Anmeldungsunterlagen verwiesen), in der Voranmeldung D0 fehlen. Daher verbleiben als mögliche Offenbarungsstellen für das Merkmal 1.6.1.1 nur die Fig. 1 bis 7 der Voranmeldung D0. Bei der Frage der Offenbarung von Merkmalen in den Zeichnungen ist allerdings die höchstrichterliche Rechtsprechung zu beachten.
So kann zur Offenbarung eines Merkmals als zur Erfindung gehörend die Darstellung in einer Zeichnung genügen, auf die sich die Beschreibung oder die Patentansprüche der Anmeldeunterlagen beziehen. Maßgeblich ist, ob die merk- malsgemäße Ausgestaltung nach der Gesamtoffenbarung aus fachmännischer Sicht als mögliche Ausführungsform der zum Patent angemeldeten Erfindung erscheint (BGH GRUR 2010, 599-602 – Formteil, Leitsatz). Lediglich gezeichnete Merkmale gehören aber nur dann zur Offenbarung einer Erfindung, wenn sie deutlich dargestellt sind, d. h., ein Fachmann muss ohne weiteres erkennen, dass das nur gezeichnete Merkmal zur Erfindung gehört, obwohl es weder in der Beschreibung, noch in den Ansprüchen erwähnt ist. Dies setzt voraus, dass die Aufmerksamkeit des Fachmannes in irgendeiner Weise auf dieses Merkmal gelenkt wird (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., § 34 Rdn. 305ff. und BPatG München, Urteil vom 22. Mai 2007 – 3 Ni 64/05 (EU), Rn. 72).
Im vorliegenden Fall ist aber das nur gezeichnete Merkmal nicht ohne weiteres für den Fachmann als zur Erfindung gehörend erkennbar. Zwar zeigen die Fig. 1 und 2, wie der Absatz der Verriegelungszunge 21 innerhalb des Nadelschutzrohrs „gefangen“ ist, dieser Umstand geht aber in der Vielzahl der technischen Einzelheiten des komplett im Querschnitt dargestellten Autoinjektors unter, dessen komplexer Aufbau auf zwei Seiten (Seite 3 Zeile 8 bis Seite 5 Zeile 8 der D0) ausführlich erläutert wird – ohne dabei jedoch explizit anzugeben, dass „das Verriegelungsglied (21) in der Verriegelungsposition von dem Nadelschutzrohr (4) blockiert ist“.
Außerdem ist gemäß Seite 2 Zeilen 6-8 und Anspruch 2 der Voranmeldung D0 das Verriegelungsglied vorzugsweise als mindestens eine federnd nachgiebige Verriegelungszunge ausgebildet (siehe auch Seite 4 Zeilen 26-30). Hiermit ergibt sich in Verbindung mit der Beschreibung zur Fig. 3, (siehe Seite 5 Zeilen 14-16) wonach „die Verriegelungszunge 21 durch das nach hinten verschobene Nadelschutzrohr 4 nach außen gedrängt wurde und nun den Flansch 6 der Schiebehülse 5 freigibt“ (siehe auch Anspruch 4), dass die Verriegelungszunge eher radial nach innen vorgespannt ist, so dass ein Blockieren der Verriegelungszunge durch das Nadelschutzrohr zumindest nicht im Vordergrund steht.
Schließlich ist der Begriff „Verriegelungsposition“ selbst, wie zum Merkmal 1.5.1 ausgeführt, nicht in der Voranmeldung definiert, so dass in der Voranmeldung D0 überhaupt nicht zuordenbar ist, in welchem der in den Figuren 1 bis 7 gezeigten Zuständen ein Blockieren der Verriegelungszunge durch das Nadelschutzrohr relevant sein sollte.
Damit ist das Merkmal 1.6.1.1 in der Voranmeldung nicht als zur Erfindung gehörend offenbart, so dass das Streitpatent die beanspruchte Priorität nicht wirksam in Anspruch nehmen kann mit der Folge, dass auch die D1 und die D6 uneingeschränkt als Stand der Technik bei der Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen sind.
5.3.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht neu.
In Anlehnung an obige Merkmalsgliederung beschreibt die Druckschrift D8 einen
1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit (siehe Bezeichnung: Device for automatic injection of a dose of medicinal product)
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2) [= rear part 10, bestehend aus elements 12, 13 bzw. sleeve/Manschette 12 und tube/Röhre 13] (siehe Spalte 5 Zeile 54 bis Spalte 6 Zeile 38 in Verb. mit Fig. 2, 3: „This auto-injection device includes, first of all, a casing with a generally cylindrical outer form composed of two parts, a said rear part 10 and a front part 11. the rear part 10 of the casing consists of two elements 12 , 13“, „sleeve 12 tube 13”),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10) [= needle 3],
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) [= syringe 1] verbunden ist, (siehe Spalte 5 Zeilen 34-53: „medicinal liquid enclosed in a pre-filled syringe 1 … including a neck 2 on which an injection needle 3 is mounted“)
1.3 einem Kolben (8) [= stopper 6], (siehe Spalte 5 Zeilen 34-53: „stopper 6 acting as a piston, and a piston rod 7“)
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffes im Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit (siehe Spalte 9 Zeilen 8-10 in Verb. mit Fig. 11: „under the effect of the propulsion spring 50… moves the piston rod 7 relative to syringe body 1, resulting in the injection of the product enclosed in the said syringe“)
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4) [= front part 11], (siehe Spalte 5 Zeilen 54-59: „This auto-injection device includes, first of all, a casing with a generally cylindrical outer form composed of two parts, a said rear part 10 and a front part 11, one fitted inside the other so as to be able to slide longitudinally one inside the other over a short traverse of the order of a few millimetres.“ und Fig. 4, 5), wobei (siehe Spalte 6 Zeile 63 bis Spalte 7 Zeile 10) das vordere Teil/front part 11 einen hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 mit einem axialen Schlitz/axial opening 31 und zwei Ausschnitten/cut-aways 32 und Scharten/notches 33 aufweist.
An der Manschette/sleeve 12 des ‚rear part 10’ befindet sich ein Auslöser/trigger 15. Zum Halten und Mitnehmen der Kolbenstange 7 der Spritze ist ein Bügel/stirrup 35 mit zwei Längsflügel und einem Ring 38 vorgesehen (siehe Spalte 7 Zeilen 14-31 in Verb. mit Fig. 6). Der Ring 38 hat an seiner Außenseite eine verformbare Zunge/tongue 39.
Auslöser/trigger 15 und Zunge/tongue 39 bilden gemeinsam ein Verriegelungsglied im Sinne des Merkmals 1.5’, das in der Verriegelungsposition gemäß der Fig. 8 verhindert, dass die Spritze/syringe 1 von der Feder/spring 50 nach vorne verschoben wird, indem die Zunge/tongue 39 axial an einer Innenrippe/inner rib 18 der Manschette/sleeve 12 anliegt (siehe Spalte 8 Zeilen 8-19 in Verb. mit Fig. 8).
In dieser Position ist das Verriegelungsglied aufgrund von Querschenkeln/transverse bar 15b am Auslöser/trigger 15/15a von den Scharten/notches 33 am hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 des vorderen Teils/front part 11 im Sinne des Merkmals 1.6.1.1 blockiert (siehe Spalte 8 Zeilen 35 bis 40 in Verb. mit Fig. 14).
Wird dagegen der Autoinjektor gegen den Körper gerichtet, dann wird der vordere Teil/front part 11 gemeinsam mit dem hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 im Sinne des Merkmals 1.6’ nach hinten verschoben, wodurch die Querschenkel/transverse bar 15b des Auslösers/trigger 15/15a über den Aus- schnitten/cut-aways 32 zu liegen kommen, so dass der Auslöser/trigger 15 als Verriegelungsglied niedergedrückt werden kann (siehe Spalte 8 Zeile 53-63 in Verb. mit Fig. 15). In dieser Stellung ist das aus Auslöser/trigger 15 und Zunge/tongue 39 gebildete Verriegelungsglied im Sinne des Merkmals 1.6.1 in der Lage, das Verschieben der Spritze/syringe 1 in Bezug auf das Gehäuse zuzulassen.
Eine Verschiebung der Spritze/syringe 1, also ein Auslösen und Einstechen der Spritze, erfolgt jedoch noch nicht – dies wird durch das Merkmal 1.6.1 gemäß obiger Auslegung auch nicht gefordert, zumal auch im Streitpatent in der Zwischenstellung gemäß der Fig. 3 die Verriegelungszunge 21 den Flansch 6 nur freigibt, aber eine Bewegung des Wirkstoffbehälters 7 noch nicht erfolgt. So erfolgt bei der D8 ein Auslösen erst durch Niederdrücken des Auslösers/trigger 15, wodurch auch die Zunge/tongue 39 niedergedrückt wird und sich an der inneren Rippe/inner rib 18 nicht mehr festhalten kann, so dass die Feder/spring 50 den Bügel/stirrup 35 nach vorne schiebt (siehe Spalte 8 Zeile 64 bis Spalte 9 Zeile 15 in Verb. mit Fig. 10, 11).
Auch beim Streitpatent erfolgt ein Auslösen erst durch weiteres Verschieben des Nadelschutzrohrs 4 nach hinten gegen den Druck der Feder 22, wodurch die am distalen Ende des Treibteils 12 befindlichen Rastnasen 13 vom Auslösering 28 zusammengedrückt und dann vom Druck der Treibfeder 14 durch die Öffnung der Führungshülse 11 gezogen werden, so dass das Treibteil 12 die Kolbenstange 9 mit dem Kolben 8 und damit auch den Wirkstoffbehälter 7 nach vorne drückt.
Damit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag aus der Druckschrift D8 bekannt.
6. Zum Hilfsantrag 1:
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist zulässig, aber sein Gegenstand ist nicht patentfähig.
Gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lediglich im Merkmal 1.6.1.1‘ dadurch geändert, dass das Wort „blockiert“ durch das Wort „festgehalten“ ersetzt ist.
Diese Änderung ist zulässig, da sowohl in der Anmeldung (siehe Seite 2 Zeile 2) als auch im Streitpatent (siehe letzte Zeile im Abs. [0005]) beide Worte austauschbar verwendet werden und der Fachmann vor dem Hintergrund der Beschreibung beiden Worten denselben Sinngehalt beimisst.
Als Folge davon haben der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 den identischen Gegenstand zum Inhalt, so dass auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 aus den obigen Gründen nicht patentfähig ist.
7. Zum Hilfsantrag 2:
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist zulässig und sein Gegenstand patentfähig; auch die geänderten Unteransprüche 2 bis 11 sowie die geänderte Beschreibung ist zulässig.
7.1 Gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 durch das weitere Merkmal 1.6.1.2 eingeschränkt. Dieses Merkmal versteht der Fachmann so, dass das Verriegelungsglied von der Verrie- gelungsposition in die Freigabeposition gebracht wird, indem es von dem Nadelschutzrohr aus der Verriegelungsposition gedrängt wird. Das Nadelschutzrohr übt also unmittelbar eine Kraftwirkung auf das Verriegelungsglied aus, so dass das Verriegelungsglied die Verriegelungsposition verlässt.
7.2 Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist zulässig.
Das zusätzliche Merkmal 1.6.1.2 ergibt sich aus den Anmeldungsunterlagen auf Seite 6 Zeilen 7 - 9 in Verbindung mit Fig. 2 und Seite 6 Zeilen 20 - 22 in Verb. mit Fig. 3 sowie aus der Kombination der Merkmale 1.5, 1.6 und 1.6.1 des ursprünglichen Anspruchs 1 sowie Abs. [0029] des Streitpatents. Dabei verkennt der Senat nicht, dass bei dem in Fig. 3 gezeigten Ausführungsbeispiel eine engere Lehre in der Hinsicht beschrieben ist, dass die Verriegelungszunge 21 durch das nach hinten verschobene Nadelschutzrohr 4 nach außen gedrängt wurde und nun den Flansch 6 der Schiebehülse 5 frei gibt. Zu berücksichtigen ist andererseits aber auch, dass die Ermittlung dessen, was der Fachmann in den Ursprungsunterlagen als allgemeinste erfindungsgemäße Lehre entnimmt, wertenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung zu vermeiden ist (BGH GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal). Der Senat geht daher davon aus, dass der Fachmann aufgrund obiger Offenbarung eine Verallgemeinerung unmittelbar und eindeutig und ohne Hinzufügen weiterer fachmännischer Überlegungen in dem Sinne entnehmen konnte, dass das Verriegelungsglied von dem Nadelschutzrohr aus der Verriegelungsposition gedrängt wird, ohne dass es hier der Richtungsangabe „nach außen“ bedarf.
7.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist patentfähig.
Wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt wurde, wird beim Autoinjektor der Druckschrift D8 das Verriegelungsglied, das dort von Auslöser/trigger 15 und Zunge/tongue 39 gemeinsam gebildet wird, im Sinne des Merkmals 1.6‘ durch Verschieben des Nadelschutzrohrs [vordere Teil/front part 11 mit hinterem Längsflügel/longitudinal leg 30] in die Freigabestellung gebracht, indem der Autoinjektor gegen den Körper gerichtet wird. Dadurch wird der vordere Teil/front part 11 gemeinsam mit dem hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 nach hinten verschoben, so dass die Querschenkel/transverse bar 15b des Auslösers/trigger 15/15a über den Ausschnitten/cut-aways 32 zu liegen kommen. Dadurch wird nun der vom hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 blockierte Auslöser/trigger 15 freigegeben und kann von der Bedienperson niedergedrückt werden. Mit dem Niederdrücken des Auslösers/trigger 15 wird nun auch die Zunge/tongue 39 niedergedrückt, die sich daraufhin nicht mehr an der inneren Rippe/inner rib 18 festhalten kann und letztlich ein Auslösen des Autoinjektors der D8 bewirkt. Hier wird also das Verriegelungsglied [Auslöser/trigger 15 und Zunge/tongue 39] durch Krafteinwirkung der Bedienperson und nicht durch das Nadelschutzrohr [vordere Teil/front part 11 mit hinterem Längsflügel/longitudinal leg 30] von der Verriegelungsposition in die Freigabestellung gebracht, so dass sich hiervon die im Merkmal 1.6.1.2 enthaltene Lehre unterscheidet, wonach das Nadelschutzrohr eine Kraftwirkung unmittelbar auf das Verriegelungsglied ausübt und dieses aus der Verriegelungsposition drängt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist damit neu gegenüber der D8.
Diese Beurteilung gilt auch für die Druckschrift D9. Diese beschreibt einen 1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes, mit
(siehe Bezeichnung: „Automatic injector“ und Abs. [0111]: The present invention is directed to automatic injectors and needle-locking devices. The injector is automatic in that the needle is automatically extracted out of a distal end of the injector and injected into the injection site (e.g., a patient's skin), delivery is initiated upon activation of the injector, and the needle is automatically retracted after the end of delivery), mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2) [= housing 502, outer housing 507 inner housing 509] (siehe Abs. [0207] in Verb. mit Fig. 73a, b),
1.2 einer im Gehäuse (1, 2) axial verschiebbaren Injektionsnadel (10) [= needle 32 of syringe 204] (siehe Abs. [0207] in Verb. mit Fig. 73a, b),
1.2.1 die mit einem Wirkstoffbehälter (7) [= barrel 36 of syringe 204] verbunden ist (siehe Abs. [0207] in Verb. mit Fig. 73a, b),
1.3 einem Kolben (8) [= plug 38],
1.3.1 der zum Zwecke des Ausschüttens des Wirkstoffbehälter (7) verschiebbar ist und mit (siehe Fig. 59 und 70)
Wirkstoffes im
1.4 einem relativ zum Gehäuse (1, 2) verschiebbaren Nadelschutzrohr (4) [= body sensor 506] (siehe Abs. [0207] in Verb. mit Fig. 73a, b und Abs. [0213]: „When pressed against an injection site, the body sensor 506 slides into the housing 502 “).
Dabei hält ein durch nach innen gerichtete Sperrriegel/retaining latches 514 gebildetes Verriegelungsglied die Spritze/syringe 204 und sichert diese in ihrer Verriegelungsposition vor einem vorzeitigen Bewegen axial nach vorne im Sinne des Merkmals M1.5’ (siehe Abs. [0215] in Verb. mit Fig. 61).
Wenn nun die Bedienperson den Autoinjektor der D9 und damit das Nadelschutzrohr [Körpersensor/body sensor 506] gegen die Einstichstelle/injection site 52 drückt und gleichzeitig auch den Auslöser/trigger 24 bedient, wird das Nadelschutzrohr [Körpersensor/body sensor 506] nach hinten verschoben. Dabei drückt nun ein konischer Abschnitt des Körpersensors/body sensor 506, also das Nadelschutzrohr, das Verriegelungsglied [Sperrriegel/retaining latches 514] nach außen (siehe Abs. [0217], [0218] in Verb. mit Fig. 63).
Dadurch sind die Sperrriegel/retaining latches 514 nicht mehr in Eingriff mit der Spritze/syringe 204, so dass sich die Spritze/syringe 204 mittels der Antriebseinheit (Feder)/driving unit 505 frei in Richtung der Einstichstelle/injection site 52 im Sinne des Merkmals 1.6.1 bewegen kann (vgl. Abs. [0218], [0219] in Verb. mit Fig. 65).
Auch wenn bei der D9 infolge des Aufsetzens des Autoinjektors das Nadelschutzrohr [Körpersensor/body sensor 506] nach hinten verschoben und das Verriegelungsglied [die nach innen gerichteten Sperrriegel/retaining latches 514] durch die konischen Abschnitte des Körpersensors/body sensor 506 nach außen gedrückt werden, entspricht diese Lehre insofern nicht den Merkmalen 1.6’ und 1.6.1.2, da bei der D9 zwingend der Bediener den Auslöser/trigger 24 niederdrücken muss, um so ein Verschieben des Nadelschutzrohrs [Körpersensor/body sensor 506] nach hinten zu ermöglichen. Und selbst wenn man den Auslöser/trigger 24 in das „Verriegelungsglied” mit einbeziehen wollte, wäre das Merkmal 1.6.1.1 aufgrund dessen nicht erfüllt, dass bei der D9 der Auslöser/trigger 24 immer bedient werden kann.
Abgesehen davon ist bei dem Autoinjektor der D9 das Merkmal 1.6.1.1 auch deshalb nicht verwirklicht, weil sich die nach innen gerichteten Sperrriegel/retaining latches 514 in der Verriegelungsposition ohne äußere Einwirkung nach innen ausrichten und somit entgegen dem Merkmal 1.6.1.1 nicht blockiert sind, insbesondere auch nicht von dem dem Nadelschutzrohr entsprechenden Körpersensor/body sensor 506.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist auch neu gegenüber der Druckschrift D5. Diese beschreibt einen 1. Autoinjektor zum automatischen Injizieren eines Wirkstoffes
(siehe Spalte 1 Zeilen 3-7: „auto-injector for prefilled syringes incorporating a first device which makes automatic the needle penetration into the user's body and controls a second device which performs the medicament injection“), mit
1.1 einem länglichen Gehäuse (1, 2) [= casing 14, 15 und cover 24] (siehe Spalte 11 Zeilen 37-40 in Verb. mit Spalte 6 Zeile 42 bis Spalte 7 Zeile 15 und Fig. 1, 2).
Selbst wenn hier unterstellt wird, dass der Schieber/slider 5 bzw. 405 als ein Teil des Gehäuses anzusehen ist und die Vorrichtung der D5 eine Injektionsnadel [= Nadel/needle 10], die gemäß Merkmal 1.2.1 mit einem Wirkstoffbehälter [= Spritze/syringe 4 bzw. 404] verbunden und auch gegenüber dem Schieber/slider 5 bzw. 405 verschieblich ist (siehe Fig. 13, 14), aufweist, so ist entgegen Merkmal 1.2 die Injektionsnadel [= Nadel/needle 10] aber nicht im Gehäuse axial verschiebbar (siehe Fig. 1, 2, 13, 14). Ferner mag die Vorrichtung der D5 gemäß Fig. 13, 14 auch einen auf den Kolben/piston 23 der Spritze/syringe 4 drückenden Kolben/piston 21 zum Austreten und Abgeben des Medikaments im Sinne der Merkmale 1.3 und 1.3.1 (siehe Spalte 7 Zeile 57 bis Spalte 8 Zeile 5) und ferner eine Muffe/thimble 411 im Sinne des Merkmals 1.4 umfassen, die gegenüber dem Schieber/slider 405 und gegen- über dem Gehäuse/casing 14 und der Abdeckung/cover 24 verschieblich ist (siehe Spalte 11 Zeile 45 bis Spalte 12 Zeile 58 und Fig. 13, 14). Jedoch kann ein Verschieben des Schiebers/slider 405 relativ zur Muffe/thimble 411 nur als ein Verschieben des Nadelschutzrohrs in Bezug auf das Gehäuse verstanden werden. Da aber die als Nadelschutzrohr anzusehende Muffe/thimble 411 den hier als Gehäuse betrachteten Schieber/slider 405 umgibt, ist ein Verschieben des Nadelschutzrohrs in das Gehäuse nicht möglich, so dass das Merkmal 1.6‘ nicht erfüllt ist.
Auch die übrigen Druckschriften nehmen den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht neuheitsschädlich vorweg, was der Senat auch im Einzelnen überprüft hat.
Dieser Gegenstand beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des vorstehend definierten Fachmanns.
Soweit der Autoinjektor der D8 dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten kommt, ist für den Fachmann keinerlei Veranlassung erkennbar, von der dort offenbarten Lehre derart abzuweichen, dass schon beim Ansetzen der Vorrichtung und damit einhergehenden Verschieben des vorderen Teil/front part 11 gemeinsam mit dem hinteren Längsflügel/longitudinal leg 30 der Auslöser 15 ohne Zutun der Bedienperson nach unten gedrückt wird. Dies würde dem Ansinnen der D8, dass nämlich die Bedienperson bewusst den Auslöser 15 drücken muss, um eine Injektion auszulösen, zuwiderlaufen. Ebenso liegt es dem Fachmann fern, die D8 mit der D9 zu kombinieren, nur weil dort die nach innen gerichteten Sperrriegel/retaining latches 514 durch den konischen Abschnitt des Körpersensors/body sensor 506 von der Verriegelungsstellung in die Freigabestellung nach außen gedrängt werden. Um nämlich zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen, müsste der Fachmann aus den Druckschriften D8 und D9 einzelne Merkmale mosaikartig zusammenfügen, was ihm aber nur in Kenntnis der Erfindung gelänge und somit eine rückschauende Betrachtungsweise voraussetzte.
Soweit die Einsprechende die erfinderische Tätigkeit von der Druckschrift D5 ausgehend angegriffen hatte, ist nicht ersichtlich, wie diese in Verbindung mit der D4 oder der D8 dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nahelegen sollte. Die D5 beruht nämlich gegenüber den Druckschriften D4 und D8 auf einer ganz anderen Funktionsweise: Bei der D5 erfolgt nämlich keine axiale Bewegung von Spritze bzw. Wirkstoffbehälter und Injektionsnadel gegenüber dem Gehäuse. Lediglich in einem ersten Schritt wird die als Nadelschutzrohr wirkende Muffe/thimble 411 nach hinten relativ zur Injektionsnadel und Gehäuse 14, 15, 24 verschoben und dann in einem zweiten Schritt der Schieber/slider 405 relativ zur Injektionsnadel und Gehäuse 14, 15, 24, wobei der Schieber/slider 405 als Steuerglied zur planmäßigen Abfolge von automatischem Einstechen der Nadel (Teileinrichtung D1) und automatischem Einspritzen des Medikaments (Teileinrichtung D2) dient.
Da sämtliche im Verfahren befindlichen Druckschriften Vorrichtungen beschreiben, die jeweils von ihrer Konstruktion her einen komplizierten Aufbau haben und dadurch jeweils eine spezielle komplexe Funktionalität aufweisen, erscheint es aus Sicht des Senats auch nicht naheliegend, dass einzelne Details losgelöst von der übrigen Lehre abgeändert werden oder aber isoliert von der Vorrichtung einer ersten Druckschrift zu der Vorrichtung einer zweiten Druckschrift übertragen werden, ohne dass es dafür eine für den Fachmann erkennbare Veranlassung oder Anregung gibt. Damit können die im Verfahren befindlichen Druckschriften auch in Verbindung mit dem Fachwissen den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht nahelegen, so dass er als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen ist.
7.4 Die Unteransprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 2 gehen aus den erteilten Ansprüchen 2 bis 4 und 7 bis 13 sowie aus den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 5 und 8 bis 14 hervor, wobei lediglich die Rückbezüge angepasst und teilweise auf der Grundlage der ursprünglichen Offenbarung korrigiert wurden.
Die mit Hilfsantrag 2 überreichten übrigen Unterlagen sind zulässig, denn es sind lediglich die Fig. 8 und 9 und die sich darauf beziehenden Teile der Beschreibung gestrichen worden.
III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be- schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Dr. Häußler Hartlieb Schmidt-Bilkenroth Frau Zimmerer ist urlaubsbedingt nicht in der Lage zu unterschreiben.
i. V. Dr. Häußler Pr
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Häufigkeit | Paragraph |
---|
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen