23 W (pat) 51/17
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 51/17 BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
Verkündet am 26. Juni 2018 Spanier Justizbeschäftigte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle betreffend die Patentanmeldung 10 2010 034 431.1 hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich, Dipl.Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann beschlossen:
ECLI:DE:BPatG:2018:260618B23Wpat51.17.0
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 2017 wird aufgehoben.
2. Es wird ein Patent erteilt mit der Bezeichnung „Bauelement mit geschützten Bauelementstrukturen und Verfahren zur Herstellung“, dem Anmeldetag 16. August 2010 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 3, - Beschreibungsseiten 1 bis 2, 2a und 3 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018; - 1 Seite Bezugszeichenliste, - 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4, jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe I.
1. Die vorliegende Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2010 034 431.1 und der Bezeichnung „Bauelement mit geschützten Bauelementstrukturen und Verfahren zur Herstellung“ wurde am 16. August 2010 beim Deutschen Patentund Markenamt von der E… AG in München angemeldet. Gleichzeitig mit der Anmeldung wurde Prüfungsantrag gestellt. Die Anmeldung wurde am 16. Februar 2012 mit der DE 10 2010 034 431 A1 offengelegt.
2. Die Prüfungsstelle für Klasse H01L hat im Prüfungsverfahren auf den Stand der Technik gemäß den folgenden Druckschriften verwiesen:
D1 US 2010/0 181 659 A1; D2 US 6 078 123 A; D3 Wikipedia-Artikel „Self-assembled monolayer“, Version vom 15. Juli 2010; D4 S.Nihonyanagi et al.: „Self-Assembled Monolayer Compatible with Metal Surface Acoustic Wave Devices on Lithium Niobate“. In: Langmuir 2008,
24, S. 5161-5165; D5 JP 2000-261 283 A und D6 US 2006/0 012 079 A1.
Sie hat in zwei Prüfungsbescheiden vom 3. Mai 2011 und 10. März 2017 ausgeführt, dass die Gegenstände der jeweils geltenden Ansprüche 1 auf Grund fehlender Neuheit (§ 3 PatG) und die jeweils mit einem nebengeordneten Anspruch beanspruchten Verfahren ebenfalls mangels Neuheit (§ 3 PatG) oder aber mangels erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG) nicht patentfähig seien (§ 1 Abs. 1 PatG). Auch die übrigen Ansprüche enthielten keine Merkmale die eine erfinderische Tätigkeit begründen könnten, so dass mit einer Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden müsse.
Die Anmelderin hat in einer Eingabe, mit der sie zwei neue Sätze Patentansprüche als Haupt- und Hilfsantrag eingereicht hat, den Ausführungen der Prüfungsstelle widersprochen und eine Anhörung beantragt. Diese Anhörung hat die Prüfungsstelle am 26. April 2017 durchgeführt. Da die Anmelderin zu dieser Anhörung nicht erschienen ist, ist die Prüfungsstelle ins schriftliche Verfahren zurückgekehrt und hat in der Folge die Anmeldung am 11. Mai 2017 aus den Gründen des Bescheids vom 10. März 2017 zurückgewiesen.
3. Gegen diesen der Anmelderin am 15. Mai 2017 zugestellten Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2017, eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Freitag nach Fronleichnam, dem 16. Juni 2017, Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 15. September 2017 begründet hat.
4. Der Senat hat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018 im Ladungszusatz noch auf die Druckschrift D7 DE 102 00 287 C1 hingewiesen, die im Recherchebericht der die vorliegende Anmeldung als Priorität in Anspruch nehmenden internationalen Anmeldung genannt wird.
Daraufhin hat die Anmelderin mit einem weiteren Schriftsatz vom 4. Juni 2018 vier Anspruchssätze als Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 3 eingereicht, deren Patentfähigkeit gegenüber dem ermittelten Stand der Technik sie mit diesem Schriftsatz begründet hat.
5. In der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018 hat die Anmelderin einen neuen Anspruchssatz mit selbständigen Ansprüchen 1 und 6 und sechs auf diese direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 5 sowie 7 und 8 als neuen Hilfsantrag 3 vorgelegt. Zudem hat sie zu allen Anträgen jeweils eine an die jeweiligen Patentansprüche angepasste Beschreibung vorgelegt und beantragt:
1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Mai 2017 aufzuheben.
2.a) Hauptantrag Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „Bauelement mit geschützten Bauelementstrukturen und Verfahren zur Herstellung“, dem Anmeldetag 16. August 2010 auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hauptantrag, eingegangen am 6. Juni 2018; - Beschreibungsseiten 1 bis 2, 2a und 3 bis 11 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018; - 1 Seite Bezugszeichenliste, - 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4, jeweils eingegangen im Deutschen Patent- und Markenamt am Anmeldetag.
2.b) Hilfsantrag 1 Hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingegangen am 6. Juni 2018; - Beschreibungsseiten 1 bis 2, 2a und 3 bis 11 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018; - die unter 2.a) genannten Bezugszeichenliste und Zeichnungen.
2.c) Hilfsantrag 2 Weiter hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2, eingegangen am 6. Juni 2018; - Beschreibungsseiten 1 bis 2, 2a und 3 bis 11 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018;
- die unter 2.a) genannten Bezugszeichenliste und Zeichnungen.
2.d) Hilfsantrag 3 Weiter hilfsweise für die unter 2.a) genannte technische Neuerung ein Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 3, - Beschreibungsseiten 1 bis 2, 2a und 3 bis 11 gemäß Hilfsantrag 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018; - die unter 2.a) genannten Bezugszeichenliste und Zeichnungen.
6. Der mit der Eingabe vom 4. Juni 2018 eingereichte Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):
„1. Bauelement, aufweisend 1.1 - ein hermetisch versiegeltes Gehäuse (G), 1.2 im hermetisch versiegelten Gehäuse (G) angeordnete Bauelementstrukturen (BS) mit SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen sowie 1.3 eine selbstorganisierende Monolage (SAM), wobei 1.4 - die selbstorganisierende Monolage (SAM) die Bauelementstrukturen (BS) bedeckt.“
Der ebenfalls mit der Eingabe vom 4. Juni 2018 eingereichte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 weist ausgehend vom Anspruch 1 nach Hauptantrag an seinem Ende das weitere Merkmal
„1.5 wobei das hermetisch versiegelte Gehäuse eines von Chip Size Package (CSP), Wafer Level Package (WLP), Chip Sized Wafer Level Package (CS-WLP) oder Thin Film Package-Systeme aufweist.“
auf.
Beim Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 sind an das Ende des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 noch die beiden zusätzlichen Merkmale
„1.6 das Bauelement ferner aufweisend eine weitere Schicht, wobei - die weitere Schicht SiO2, Si3N4, SiONx, Polyimid oder BCB aufweist und
1.7 - die weitere Schicht zwischen den Bauelementstrukturen (BS) und der selbstorganisierenden Monolage (SAM) angeordnet ist.“
angefügt.
Der in der mündlichen Verhandlung am 26. Juni 2018 erarbeitete Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):
„1. Bauelement, aufweisend 1.1 - ein hermetisch versiegeltes Gehäuse (G), 1.2 im hermetisch versiegelten Gehäuse(G) angeordnete Bauelementstrukturen (BS) mit SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen sowie 1.3 eine selbstorganisierende Monolage (SAM), wobei 1.4‘ - die selbstorganisierende Monolage (SAM) sämtliche Oberflächen innerhalb des hermetisch versiegelten Gehäuses einschließlich die der Bauelementstrukturen bedeckt, 1.5 wobei das hermetisch versiegelte Gehäuse eines von Chip Size Package (CSP), Wafer Level Package (WLP), Chip Sized Wafer Level Package (CS-WLP) oder Thin Film Package-Systemen ist,
1.6 das Bauelement ferner aufweisend eine weitere Schicht, wobei - die weitere Schicht SiO2, Si3N4, SiONx‚ Polyimid oder BCB aufweist und
1.7 - die weitere Schicht zwischen den Bauelementstrukturen (BS) und der selbstorganisierenden Monolage (SAM) angeordnet ist.“
Der ein Herstellungsverfahren betreffende nebengeordnete Anspruch 6 nach Hilfsantrag 3 lautet (Gliederung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):
„6. Verfahren zur Herstellung eines Bauelements, aufweisend die Schritte:
6.1 - Bereitstellen von Bauelementstrukturen (BS) mit SAW-, BAWoder GBAW-Strukturen,
6.2 - Aufbringen einer ersten Schicht auf der Bauelementstruktur (BS), wobei die erste Schicht SiO2, Si3N4, SiONx, Polyimid oder BCB aufweist,
6.3 - Bereitstellen einer Atmosphäre, die sich auf einer Oberfläche selbstorganisierende Moleküle (M) aufweist,
6.4 - Exponieren der Bauelementstrukturen (BS) in der Atmosphäre bis eine selbstorganisierende Monolage (SAM) der Moleküle (M) auf den Bauelementstrukturen (BS) angeordnet ist, wobei die selbstorganisierende Monolage (SAM) auf der ersten Schicht angeordnet ist,
6.5 - hermetische Versiegelung eines Gehäuses (G) des Bauelements,
6.6 wobei das hermetisch versiegelte Gehäuse eines von Chip Size Package (CSP), Wafer Level Package (WLP), Chip Sized Wafer Level Package (CS-WLP) oder Thin Film Package-Systeme ist,
6.7 wobei die selbstorganisierende Monolage (SAM) auf sämtliche Oberflächen innerhalb des hermetisch versiegelten Gehäuses einschließlich denen der Bauelementstrukturen aufgebracht wird.“
Hinsichtlich der nebengeordneten Verfahrensansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 sowie der Unteransprüche der vier Anträge wird genau wie hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2018 insoweit als begründet, als sie zur Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse H01L und zur Erteilung des Patents gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag 3 führt, denn die geltenden Patentansprüche nach Hilfsantrag 3 sind zulässig, und ihre gewerblich anwendbare Lehre ist sowohl ausführbar als auch patentfähig. Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg, da die Gegenstände der Ansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhen (§ 4 PatG), weshalb sie nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG) sind.
1. Die Erfindung betrifft elektronische Bauelemente mit beispielsweise gegen Feuchtigkeit geschützten Bauelementstrukturen sowie Verfahren zur Herstellung entsprechender Bauelemente (vgl. S. 1, Z. 6 bis 8 der geltenden Beschreibungen). Die Bauelemente weisen dabei SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen auf.
Elektronische Bauelemente, z. B. mit akustischen Wellen arbeitende Bauelemente, können Bauelementstrukturen aufweisen, welche empfindlich auf Feuchtigkeit reagieren. SAW-Bauelemente (SAW = Surface Acoustic Wave = akustische Oberflächenwelle) beispielsweise umfassen Elektrodenfinger zum Wandeln von HF-Signalen in akustische Oberflächenwellen und umgekehrt. Veränderungen des Elektrodenmaterials, wie sie zum Beispiel durch Feuchtigkeit verursacht werden, führen zu Veränderungen der Charakteristika des Bauelements. So besteht die Gefahr der Korrosion, welche die Bauelementfunktionen bis hin zum Totalausfall beeinträchtigen kann oder die Bauelementstrukturen zumindest teilweise beschädigen kann.
Zur Verminderung der Gefahr der Beschädigung können empfindliche Bauelementstrukturen in Gehäusen angeordnet sein. Feuchtigkeit, die durch ein Gehäuse dringt, kann die Funktion von Bauelementstrukturen beeinträchtigen. Doch selbst in hermetisch abgedichteten Gehäusen kann eine Menge an Restfeuchtigkeit enthalten sein, welche Bauelementfunktionen beeinträchtigen kann. Eine solche Menge an Restfeuchtigkeit kann z. B. durch unvermeidbare Verfahrensschritte bei der Herstellung eines Bauelements eingeschlossen worden sein.
Im Stand der Technik sind beispielsweise aus der EP 0 896 427 A2 mit akustischen Oberflächenwellen arbeitende Bauelemente bekannt, deren Bauelementstrukturen mit einer SiO2 oder Si3N4 umfassenden Schutzschicht bedeckt sind.
Eine solche Schutzschicht hat prinzipiell einige Nachteile. Zum einen verändert die durch die Schutzschicht bedingte Massenbelegung Charakteristika des Bauelements. Insbesondere mit akustischen Wellen arbeitende Bauelemente reagieren empfindlich auf eine veränderte Massenbelegung. Zum anderen schwankt die Dicke einer solchen Schutzschicht herstellungsbedingt. Veränderungen der Charakteristika der Bauelemente sind deshalb prinzipiell schlecht vorhersagbar. Des Weiteren können solche Schutzschichten in einem gewissen Maße porös und für Wasser permeabel sein. Somit besteht die Gefahr, dass die Bauelementstrukturen zum einen korrodieren und zum anderen zusätzlich durch eine bezüglich der akustischen Eigenschaften nachteilige Schutzschicht bedeckt sind. Die Schutzwirkung einer solchen Schutzschicht steigt mit zunehmender Schichtdicke. Dabei nimmt aber der störende Einfluss der Schutzschicht durch eine steigende Mas- senbelegung ebenfalls zu (vgl. S. 1, Z. 10 bis S. 2a, Z. 2 der geltenden Beschreibungen).
Hiervon ausgehend liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, Bauelemente mit empfindlichen Bauelementstrukturen aufweisend SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen anzugeben, welche einen gegenüber dem Stand der Technik verbesserten Schutz, z. B. vor Feuchtigkeit, aufweisen. Zudem soll ein Verfahren zur Herstellung solcher Bauelemente angegeben werden (vgl. S. 2a, Z. 4 bis 8 der geltenden Beschreibungen).
Diese Aufgabe wird durch den Gegenstand des Anspruchs 1 aller Anträge sowie durch das Verfahren des nebengeordneten Verfahrensanspruchs aller Anträge gelöst.
Anspruch 1 nach Hauptantrag beansprucht somit ein elektronisches Bauelement, das ein hermetisch versiegeltes Gehäuse und im Gehäuse angeordnete Bauelementstrukturen aufweist. Diese Bauelementstrukturen beinhalten SAW- (deutsch: AOW = akustische Oberflächenwellen), BAW- (Bulk Acoustic Wave) oder GBAW(Guided Bulk Acoustic Wave) Strukturen. Eine SAW-Struktur ist dabei üblicherweise als ein piezoelektrisches Substrat, auf dem sich zwei kammartige ineinandergreifende Elektroden befinden, aufgebaut. Mit deren Hilfe können akustische Oberflächenwellen im piezoelektrischen Material erzeugt werden. Eine BAWStruktur benutzt das ganze Substrat um akustische Wellen zu erzeugen. Dabei sind beispielsweise auf beiden Seiten einer piezoelektrischen Schicht Elektroden angeordnet. Ein Schwingquarz ist ein Beispiel einer BAW-Struktur mit einer relativ großen Größe und damit verhältnismäßig geringen Frequenz. Bei einer GBAWStruktur ist die BAW-Struktur zusätzlich so ausgebildet, dass es eine Resonatorstruktur gibt, die die erzeugten Wellen leitet, so dass eine stehende Welle erzeugt werden kann.
Das hermetisch versiegelte Gehäuse schließt einen häufigen Verwendungszweck der beanspruchten Bauelementstrukturen als chemischer Sensor aus, da dieser Verwendungszweck einen möglichst freien Zugang zur Bauelementstruktur erfordert und somit mit einem hermetisch versiegelten Gehäuse unvereinbar ist.
Zudem weist das Bauelement eine selbstorganisierende Monolage (SAM) auf. Eine selbstorganisierende Monolage (englisch: SAM = Self-Assembled Monolayer) ist eine Lage mit monomolekularer Dicke, wobei die Moleküle sich selbst relativ zueinander und relativ zu einer Oberfläche ausrichten. Haben sich die Moleküle ausgerichtet, kann man auch von einer selbstorganisierten Monolage sprechen (vgl. S. 3, Z. 11 bis 16 der geltenden Beschreibungen). Diese bedeckt zumindest die Bauelementstrukturen, also zumindest die SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen.
Bei den Hilfsanträgen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 weiter eingeschränkt. So werden im Hilfsantrag 1 die Gehäusetypen eingeschränkt. Als mögliche Gehäusetypen genannt werden Chip Size Package (CSP), Wafer Level Package (WLP), Chip Sized Wafer Level Package (CS-WLP) oder Thin Film Package-Systeme. Da diese Typen nicht näher beschrieben werden, geht die vorliegende Anmeldung demnach davon aus, dass diese dem Fachmann bekannt sind. Dabei handelt es sich bei den Formen WLP und CS-WLP um spezielle Formen des CSP. Bei Thin Film Package Systemen werden auf ein Substrat, an oder in dessen Oberfläche das eigentliche Bauelement ausgebildet ist, Dünnfilme aufgebracht, die ein Gehäuse für das Bauelement bilden.
Im Hilfsantrag 2 wird zusätzlich eine weitere Schicht beansprucht, bei der es sich um eine herkömmliche SiO2, Si3N4, SiONx, Polyimid oder BCB-Schicht handelt. Diese Schicht befindet sich zwischen den Bauelementstrukturen und der selbstorganisierenden Monolage. Anders ausgedrückt werden die im Stand der Technik beschriebenen Bauelementstrukturen mit einer zusätzlichen selbstorganisierenden Monolage versehen, die dann die herkömmliche Schutzschicht nicht ersetzt, sondern ergänzt.
Nach Hilfsantrag 3 bedeckt die selbstorganisierende Monolage nicht mehr nur die Bauelementstrukturen, sondern alle Oberflächen innerhalb des Gehäuses, zu denen auch die der Bauelementstrukturen gehören.
Die selbständigen Verfahrensansprüche beanspruchen jeweils ein Herstellungsverfahren eines Bauelements, wie es in den jeweiligen Ansprüchen 1 beansprucht wird. Dabei gibt es jedoch ein zusätzliches Merkmal, das den Ansprüchen 1 nicht zu entnehmen ist. Die selbstorganisierende Monolage wird nämlich aus der Gasphase aufgebracht, da das Bauelement einer Atmosphäre ausgesetzt wird, die die selbstorganisierenden Moleküle enthält.
2. Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Physiker oder Chemiker mit Hochschulabschluss zu definieren, der über gute Kenntnisse auf dem Gebiet der physikalischen Chemie verfügt und seit mehreren Jahren im Bereich des Häusens und des Verkapselns von elektronischen Bauelementen, insbesondere solchen mit SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen tätig ist.
3. Die Gegenstände der Ansprüche 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 beruhen gegenüber dem ermittelten Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG), weshalb sie nicht patentfähig sind (§ 1 Abs. 1 PatG).
3.1. Anspruch 1 nach Hauptantrag Druckschrift D4 beschäftigt sich in erster Linie mit der Ätzwirkung von selbstorganisierende Schichten bildenden Materialien auf SAW-Strukturen. Dabei werden eine selbstorganisierende Monolage auf eine SAW-Struktur aufgebracht (vgl. S. 5161, 5162 seitenübergreifender Abs.: „Conventional SAW device manufactur- ing processes, including deposition and photolithographic definition of metalinterdigitated electrode and bus bar structures, preferably precede the SAM coating process. Under these conditions, it is important to examine the effect of SAM formation on SAW device features and properties, e.g., the possibility of corrosion in the wet chemical process.“), und deren Effekt auf die aus Aluminium gebildeten Elektroden mittels einen Lichtmikroskops betrachtet (siehe Figure 2), sowie elektrische Funktionstests durchgeführt (vgl. S. 5162, linke Sp. „Experimental Section“: „… Degradation of Al circuits on the LiNbO3 substrate was visually examined by an optical microscope using various magnifications of up to 400×. Electrical testing was performed on wafer-level OTS- and OTMS-coated SAW device samples using an rf probe station connected to an HP-8753 network analyzer to measure the reflected response (S11) over a 100 MHz frequency range centered at 250 MHz.“).
Im Einzelnen offenbart Druckschrift D4 in Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein Bauelement, aufweisend
1.2 Bauelementstrukturen mit SAW-, BAW- oder GBAW-Strukturen (vgl. die bereits zitierten Stellen) sowie
1.3 eine selbstorganisierende Monolage (SAM) (vgl. die bereits zitierten Stellen), wobei
1.4 - die selbstorganisierende Monolage (SAM) die Bauelementstrukturen bedeckt (Dies folgt aus der Tatsache, dass zuerst die SAW-Strukturen erzeugt und dann die selbstorganisierende Monolage aufgebracht wird. Zudem vgl. S. 5164, 5165 seitenübergreifender Abs.: „OTMS SAM formation is potentially useful as one step in a procedure that can be used to manufacture SAW-based hydrogen sensors or the coating of any device whose metal parts are susceptible to corrosion.”).
Druckschrift D4 offenbart dagegen kein hermetisch versiegeltes Gehäuse gemäß Merkmal 1.1, in dem die Bauelementstrukturen angeordnet sind. Die Ausführungen im Bescheid der Prüfungsstelle vom 10. März 2017, dass die SAW-Struktur mittels eines Lichtmikroskops untersucht worden sei, so dass sie sich in einem Gehäuse, nämlich dem des Lichtmikroskops, befunden haben müsse, weshalb Druckschrift D4 den Gegenstand des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorwegnehme, überzeugen dabei nicht. Zum einen muss es bei einem Lichtmikroskop nicht notwendigerweise ein Gehäuse geben, in das die SAW-Struktur gebracht wird, zum anderen würde es sich dann um das Gehäuse des Lichtmikroskops und nicht das Gehäuse des Bauelements handeln. Diese können nicht identisch sein, denn es wäre beim Gehäuse des Lichtmikroskops nicht möglich, das Bauelement vom Lichtmikroskop zu entfernen und dabei das Gehäuse, das gemäß Anspruch 1 ein Bestandteil des Bauelements ist, mitzunehmen, ohne das Lichtmikroskop in mehrere Teile zu zerlegen.
Allerdings liegt es nahe, die empfindlichen SAW-Strukturen nicht offen liegen zu lassen, sondern diese zu deren Schutz in einem Gehäuse anzuordnen, wie dies üblich ist und beispielsweise in der Druckschrift D2 in mehreren Variationen gezeigt wird. Da die dort offenbarten Gehäuse hermetisch versiegelt sind (vgl. Sp. 1, Z. 9 bis 14: „It has been customary to mount a SAW device to a mounting substrate in such a manner as to maintain the function surface of the device airtight and form a preselected space over the oscillation propagation section of the device. With this configuration, it is possible to protect the function surface from extraneous interference.“ und Sp. 1, Z. 62 bis 65: „It is therefore an object of the present invention to provide a structure capable of reliably mounting a SAW device in a small size, light weight configuration, sparingly breakable, and insuring a sealing function.“), beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG) und ist damit nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG).
3.2. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 Das zusätzliche Merkmal des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1, nämlich, dass das Gehäuse ein Chip Size Package oder ein Thin-Film-Package-System ist, ist bereits aus Druckschrift D2 bekannt. Dort wird ein solches Gehäuse beispielsweise in Fig. 7 offenbart. Es besteht aus dem Chip (SAW device 1) und dem Trägersubstrat (carrier substrate 12). Dieser Teil hat nahezu die Größe des Chips (vgl. Sp. 6, Z. 56 bis 59: „FIG. 7 shows a fifth embodiment of the present invention. As shown, the SAW device 1 is mounted on a carrier substrate 12 having substantially the same size as the device 1.“). Damit kann das zusätzliche Merkmal die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 nicht begründen.
3.3. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Auch das zusätzliche Merkmal, zwischen den Bauelementstrukturen und der selbstorganisierenden Monolage eine weitere Schicht auszubilden, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Betrachtet man das Ergebnis der Selbstorganisation in der Figur am oberen Ende von Seite 5163 der Druckschrift D4, so kann dieses bereits als eine Folge einer sehr dünnen Schicht, bestehend aus Siliziumoxid und einer weiteren Schicht aus selbstorganisiert angeordneten Kohlenwasserstoffketten angesehen werden. Liegt nun ohnehin eine dünne Siliziumoxidschicht vor, so liegt es für den Fachmann nahe, diese Schicht auch als separat gefertigte Schicht etwas dicker auszuführen, wie dies Druckschrift D5 vorschlägt.
Druckschrift D5 offenbart eine SAW-Struktur, die eine isolierende Schutzschicht und eine hydrophobe monomolekulare Schicht aufweist (vgl. die Übersetzung des Anspruchs 2: „A surface acoustic wave apparatus which it is a surface acoustic wave apparatus which covers the surface of an excitation electrode arranged on a piezoelectric board by insulating protective film and a hydrophobic protective film, and the aforementioned hydrophobic protective film is a monomolecular layer, and is characterized by each thickness of the aforementioned excitation electrode and the aforementioned insulating protective film satisfying a following formula. h1 >= h2 (however, thickness of an h1: excitation electrode, h2: thickness of an insulating protective film)”). Wie Fig. 1 zeigt, liegt die weitere Schicht (4) dabei zwischen der SAW-Struktur (3, 5) und der hydrophoben Monolage (2). Druckschrift D5 gibt nicht explizit an, dass es sich bei der hydrophoben Monolage um eine selbstorganisierende Monolage handelt, doch liegt es ausgehend von Druckschrift D4 für den Fachmann nahe, die hydrophobe Monolage (2), wie in Druckschrift D4 angegeben, selbstorganisierend auszuführen.
In Druckschrift D5 werden als Materialien für die isolierende Schutzschicht (4) u. a. auch SiO2 und Si3N4 angegeben (vgl. die Übersetzung des Abs. [0016]: „The insulating protective film 4 which comprises any 1 or more type, such as SiO2, Si3N4, TiN, SiC, TaO, Si, and Al2O3, is formed by vacuum deposition or a sputtering method.”). Insbesondere SiO2 ist ausgehend von der Druckschrift D4, die, wie bereits ausgeführt, schon eine dünne Siliziumoxidschicht zeigt, für den Fachmann naheliegend, da dies letztendlich nur eine Verdickung der bereits vorhandenen dünnen Schicht bedeutet. Damit kommt der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, auch zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2.
3.4. Es kann für den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 und 2 dahingestellt bleiben, ob die Verfahren der nebengeordneten Verfahrensansprüche oder die Gegenstände und Verfahren nach den abhängigen Ansprüchen patentfähig sind, denn wegen der Antragsbindung im Patenterteilungsverfahren fallen mit dem Patentanspruch 1 auch alle anderen Ansprüche eines Anspruchssatzes (vgl. BGH GRUR 2007, 862, 863 Tz. 18 – „Informationsübermittlungsverfahren II“ m. w. N.).
4. Die geltenden Patentansprüche des Hilfsantrags 3 sind zulässig (§ 38 PatG), und ihre gewerblich anwendbare Lehre (§ 5 PatG) ist sowohl ausführbar (§ 34 Abs. 4 PatG) als auch neu (§ 3 PatG) und beruht zudem auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG), so dass sie auch patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 PatG).
4.1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig (§ 38 PatG).
So geht Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 aus dem ursprünglichen Anspruch 1 (Merkmale 1, Teile der Merkmale 1.1 und 1.2, Merkmal 1.3 und Teile des Merkmals 1.4‘) durch Aufnahme der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 2 (Teile des Merkmals 1.2) und 7 (Merkmale 1.6 und 1.7) sowie einiger Merkmale aus der ursprünglichen Beschreibung hervor. Dabei wurde aus der Beschreibung aufgenommen, dass das Gehäuse hermetisch versiegelt ist (Teil des Merkmals 1.1), was auf Seite 9, Zeile 23 der ursprünglichen Beschreibung und auch im ursprünglichen Verfahrensanspruch 10 offenbart ist. Das weitere Teilmerkmal des Merkmals 1.4‘ kann der Seite 3, Zeilen 17 bis 21 der ursprünglichen Beschreibung entnommen werden, wo als eine Möglichkeit angegeben wird, dass die Monolage auch sämtliche Oberflächen innerhalb des Gehäuses bedeckt. Dies wird zudem im Ausführungsbeispiel der ursprünglichen Fig. 3 gezeigt und auf Seite 10, Zeilen 1 bis 4 beschrieben. Damit ist das in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beanspruchte Bauelement in den ursprünglichen Unterlagen offenbart, weshalb Anspruch 1 zulässig ist.
Die Anspruch 1 untergeordneten Ansprüche 2 bis 5 nach Hilfsantrag 3 gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6 hervor, wobei in Anspruch 5 die im ursprünglichen Anspruch 6 offensichtlich falschen chemischen Formeln berichtigt wurden. Auch diese Ansprüche sind demnach zulässig.
Der nebengeordnete Anspruch 6 nach Hilfsantrag 3 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 8 (Merkmal 6, Teile des Merkmals 6.1, Merkmal 6.3 und Teile des Merkmals 6.4) unter Aufnahme der Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2 (Teile des Merkmals 6.1), des ursprünglichen Anspruchs 7 (Merkmal 6.2 und Teile des Merkmals 6.4) und einem der weiteren Verfahrensschritte aus den im ursprünglichen Anspruchs 10 aufgeführten Möglichkeiten (Merkmal 6.5) hervor, wobei eine Klarstellung dahingehend erfolgt ist, dass die Bauelementstrukturen und nicht das Bauelement der Atmosphäre ausgesetzt werden, was beispielsweise auf Seite 7, Zeilen 10 bis 14 der ursprünglichen Beschreibung offenbart ist. Diese Klarstellung war notwendig, da wegen der hermetischen Versiegelung des Gehäuses im fertiggestellten Bauelement die Bauelementstrukturen der Atmosphäre nicht mehr ausgesetzt werden können, so dass sich auch bei langem Aussetzen des Bauelements keine selbstorganisierende Monolage der Moleküle auf den Bauelementstrukturen ausbilden kann.
Hinzu kommen weitere Merkmale aus der Beschreibung, wie beispielsweise die Angabe des Gehäusetyps auf Seite 3, Zeilen 6 bis 9 der ursprünglichen Beschreibung (Merkmal 6.6) oder die Angabe, dass die selbstorganisierende Monolage auf sämtliche Oberflächen innerhalb des hermetisch versiegelten Gehäuses aufgebracht wird, was auf Seite 3, Zeilen 17 bis 19 der ursprünglichen Beschreibung als eine Möglichkeit offenbart wird (Merkmal 6.7).
Zwar besteht im ursprünglichen Anspruchssatz keinerlei Bezug der Ansprüche 2 und 7 mit Anspruch 8, doch geht aus der Anmeldung klar hervor, dass die mit den Verfahrensansprüchen beanspruchten Verfahren zur Herstellung der mit den gegenständlichen Ansprüchen beanspruchten Gegenstände dienen. Damit ist auch offenbart, dass mit dem im ursprünglichen Anspruch 8 beanspruchten Verfahren auch Bauelemente mit den im ursprünglichen Anspruch 2 beanspruchten Strukturen hergestellt werden sollen. Das im ursprünglichen Anspruch 7 beanspruchte Aufbringen der ersten Schicht wird zudem für ein Beispiel auf Seite 5, Zeilen 1 bis 10 als Verfahren beschrieben. Damit ist auch das Verfahren des Anspruchs 6 ursprünglich offenbart, so dass Anspruch 6 zulässig ist.
Die weiteren Unteransprüche 7 und 8 gehen aus den ursprünglichen Ansprüchen 9 und 10 hervor, wobei im Anspruch 8 der in Anspruch 6 aufgenommene Verfahrensschritt weggelassen wurde. Auch diese beiden Ansprüche sind somit zulässig, so dass der gesamte Anspruchssatz des Hilfsantrags 3 zulässig ist.
4.2. Bezüglich der Ausführbarkeit der Lehren der Ansprüche bestehen keine Zweifel (§ 34 Abs. 4 PatG).
4.3. Der gewerblich anwendbare (§ 5 PatG) Gegenstand des Anspruchs 1 ist hinsichtlich des ermittelten Standes der Technik neu (§ 3 PatG) und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns (§ 4 PatG), so dass er patentfähig ist (§ 1 Abs. 1 PatG).
Wie bereits aufgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 im Wesentlichen dadurch von dem des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2, dass die selbstorganisierende Monolage sämtliche Oberflächen innerhalb des hermetisch versiegelten Gehäuses bedeckt (Merkmal 6.7). Hierauf gibt es im ermittelten Stand der Technik keinen Hinweis.
So beschäftigt sich Druckschrift D4 nicht mit einem Gehäuse eines Bauelements mit einer SAW-, BAW- oder GBAW-Struktur. Druckschrift D2 beschäftigt sich zwar mit hermetisch versiegelten Gehäusen von Bauelementen mit SAW-Struktur, doch wird dort eine selbstorganisierende Monolage nicht genannt. Damit kann keine der beiden Druckschriften einen Hinweis darauf geben, eine selbstorganisierende Monolage auf die inneren Oberflächen des Gehäuses, die Oberflächen innerhalb des hermetisch versiegelten Gehäuses darstellen, aufzubringen. Auch die Zusammenschau kann dies nicht nahelegen, denn ausgehend von Druckschrift D4 lehrt Druckschrift D2 lediglich, wie ein hermetisch versiegeltes Gehäuse für die in Druckschrift D4 offenbarte, mit einer selbstorganisierende Monolage bedeckte Bauelementstruktur ausgeführt sein kann.
Druckschrift D7 gibt an, wie eine Oberfläche gegenüber bestimmten Stoffen mit selbstorganisierenden Monolagen passiviert werden kann (vgl. Abs. [0026]: „Ein weiterer Vorteil solcher Schichten ist ihre Eigenschaft, unter Verwendung von geeigneten Endgruppen unspezifische Adsorption von organischen und biologischen Substanzen, insbesondere von Proteinen, auf der Substratoberfläche zu verhin- dern oder zumindest stark zu verringern. Die hoch aktiven Metall- bzw. Metalloxidoberflächen werden demnach durch die Aufbringung solcher SAMs passiviert.“). Es liegt zwar nahe, diese Art der Passivierung auch bei den in Druckschrift D4 erwähnten chemischen Sensoren zu verwenden, als die SAWs oft eingesetzt werden (vgl. D4, S. 5161, rechte Sp., 2. Abs.: „Surface acoustic wave (SAW) devices have been utilized for a wide range of applications such as mobile communication systems21,22 and chemical sensors in gas23 and liquid.24“), um so die unerwünschte Adsorption der Stoffe auf Oberflächen des Sensors, auch denen eines Gehäuses zu vermeiden, um in der Folge eine höhere Messgeschwindigkeit zu erreichen. Jedoch weisen solche chemischen Sensoren keine hermetisch versiegelten Gehäuse auf, da sie mit ihrer Umwelt in Kontakt treten müssen.
Umgekehrt ist es eher so, dass der Fachmann bei einem hermetisch versiegelten Gehäuse gerne Oberflächen hätte, die Stoffe, die auf der Bauelementstruktur unerwünscht sind, so beispielsweise Wasser, an sich binden, damit diese Stoffe in der Folge nicht mehr zur Bauelementstruktur gelangen können. Der Fachmann wird deshalb die selbstorganisierende Monolage nicht über die Bauelementstruktur hinaus ausdehnen, um diesen möglicherweise bereits vorhandenen Effekt der anderen Oberflächen innerhalb des Gehäuses nicht zunichte zu machen. Er wird möglicherweise die anderen Oberflächen mit einer Beschichtung versehen, die die Anbindung unerwünschter Moleküle an diese Oberflächen fördert. Diese Beschichtung kann dann zwar durchaus ebenfalls eine selbstorganisierende Monolage sein, aber eine andere mit in Bezug auf den unerwünschten Stoff gegensätzlichen Eigenschaften.
Druckschrift D1 beschäftigt sich mit einer selbstorganisierenden Monolage, die die Haftung eines Kunststoffes eines Gehäuses an einem Leadframe verbessern soll (vgl. Abs. [0011] und [0012]). Einen Hinweis darauf, eine freiliegende innere Oberfläche eines Gehäuses mit einer selbstorganisierenden Monolage zu versehen, erhält der Fachmann aus dieser Druckschrift nicht.
Druckschrift D5 offenbart nur Schichten, die eine Bauelementstruktur bedecken. Einen Hinweis darauf, die inneren Oberflächen eines Gehäuses mit einer selbstorganisierenden Monolage zu bedecken, kann der Fachmann aus dieser Schrift nicht erhalten, da in ihr kein Gehäuse offenbart ist.
Dies trifft auch für Druckschrift D6 zu, da sich diese Druckschrift ebenfalls nicht mit Gehäusen eines Bauelements beschäftigt, sondern ein Verfahren offenbart, wie selbstorganisierende Monolagen, die als Trennmittel während eines Prägeprozesses dienen, auf Oberflächen aus der Gasphase aufgebracht werden können.
Dokument D3 gibt nur Informationen bezüglich selbstorganisierender Monolagen. Einen Hinweis darauf, die inneren Oberflächen eines Gehäuses eines Bauelements damit zu beschichten, erhält der Fachmann aus ihm nicht.
Damit kommt der Fachmann nicht ohne erfinderisch tätig werden zu müssen zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3, so dass dieser patentfähig ist. Dies gilt aus denselben Gründen auch für das Verfahren des nebengeordneten Anspruchs 6 nach Hilfsantrag 3.
4.4. An den selbständigen Patentanspruch 1 und den selbständigen Anspruch 6 können sich die Unteransprüche 2 bis 5 bzw. 7 und 8 anschließen, da sie vorteilhafte Weiterbildungen des beanspruchten Gegenstands bzw. Verfahrens angeben, welche nicht platt selbstverständlich sind.
4.5. In der Beschreibung des Hilfsantrags 3 ist der Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und die Erfindung anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.
5. Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H01L aufzuheben und ein Patent, wie es mit Hilfsantrag 3 beantragt wird, zu erteilen. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der Anmelderin - vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Sie ist nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann Pr