5 Ni 17/12 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 17/12 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
23. Januar 2013 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 0 831 383 (DE 597 00 750)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, den Richter Dipl.-Ing. Bork, die Richterin Martens sowie die Richter Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. (Univ.) Nees für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 831 383 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:
„1. Verwendung eines von einer Steuerelektronik (18) in Abhängigkeit von einem für eine Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu niedrigen Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') generierten Signals zum Absperren einer zu einem Handbremsventil (31) führenden Versorgungsleitung (32), wobei sich nach Beendigung des Absperrens der zu dem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung (32) eine weitere Druckerhöhung in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') anschließt, bis der vorgesehene Maximaldruck erreicht ist.“
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ¾, die Beklagte ¼.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und am 28. August 1997 angemeldeten europäischen Patents 0 831 383 (Streitpatent), das die Bezeichnung „Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges“ trägt. Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 597 00 750 geführte Streitpatent nimmt die Priorität der deutschen Patentanmeldung Nr. 196 38 226 vom 19. September 1996 in Anspruch. Es umfasst sieben Patentansprüche, die alle mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2 und 6 lauten in der Verfahrenssprache Deutsch wie folgt:
Patentanspruch 1:
„1. Verwendung eines von einer Steuerelektronik (18) in Abhängigkeit von einem für eine Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu niedrigen Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27") generierten Signals zum Absperren einer zu einem Handbremsventil (31) führenden Versorgungsleitung (32).“
Patentanspruch 2:
„2. Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges, mit einem einen Eingangs- (5), einen Durchgangsanschluß und einen Auslass (9) aufweisenden Gehäuse (1), in dem ein Druckregler (2) für die herangeführte Druckluft vorgesehen ist, der über ein gesteuertes Auslassventil (8) in dessen Offenstellung mit der Atmosphäre verbindbar ist, mit einem dem Druckregler (2) nachgeschalteten Rückschlagventil (14), mit einem integrierten Mehrkreisschutzventil (3), das mehrere Steuer- und Anzeigeeinheiten (30, 30', 30" usw.) aufweist, die nach dem Rückschlagventil (14) des Druckreglers (2) abzweigen, wobei für die Betätigung des gesteuerten Auslassventils (8) des Druckreglers (2) und der Steuer- und Anzeigeeinheiten (30, 30' usw.) eine gemeinsame Steuerelektronik (18) und zwischen dem Druckregler (2) und dem nachgeschalteten Rückschlagventil (14) ein regenerierbarer Trockner (4) vorgesehen ist, der über die gemeinsame Steuerelektronik (18) und ein Regenerations-Magnetventil (16) mit nachgeschaltetem Rückschlagventil (21) für die Ansteuerung des Trockners (4) geschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, daß die dem Handbremsventil (31) zugeordnete Steuer- und Anzeigeeinheit (30") zusätzlich eine Schließstellung für eine zu dem Handbremsventil (31) führende Versorgungsleitung (32) aufweist und einen pneumatisch ansteuerbaren Kolben zum Erreichen dieser Schließstellung besitzt, daß das Regenerations-Magnetventil (16) über eine Steuerleitung (36) mit der dem Handbremsventil zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit (30") verbunden ist, und daß die Steuerelektronik (18) zur Generierung eines Signals in Abhängigkeit von einem für eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges zu niedrigen Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') ausgebildet ist, mit dem das RegenerationsMagnetventil (16) während der Lastlaufphase des Druckreglers (2) ansteuerbar ist.“
Patentanspruch 6:
„6. Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges, mit einem Steuergerät, das ein Gehäuse (1) mit einem Eingangs- (5), einem Durchgangsanschluß und einem Auslass (9) aufweist, in dem ein Druckregler (2) mit nachgeschaltetem Rückschlagventil (14) für die herangeführte Druckluft, der über ein gesteuertes Auslassventil (8) in dessen Offenstellung mit der Atmosphäre verbindbar ist, und ein integriertes Mehrkreisschutzventil (3) vorgesehen sind, das mehrere Steuer- und Anzeigeeinheiten (30, 30', 30" usw.) aufweist, die nach dem Rückschlagventil (14) des Druckreglers (2) abzweigen, wobei für die Betätigung des gesteuerten Auslassventils (8) des Druckreglers (2) und der Steuer- und Anzeigeeinheiten (30, 30' usw.) eine gemeinsame Steuerelektronik (18) und zwischen dem Druckregler (2) und dem nachgeschalteten Rückschlagventil (14) ein regenerierbarer Trockner (4) vorgesehen ist, der über die gemeinsame Steuerelektronik (18) und ein Regenerations-Magnetventil (16) mit nachgeschaltetem Rückschlagventil (21) für die Ansteuerung des Trockners (4) geschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, daß in einer Versorgungsleitung (32), die von der dem Handbremsventil (31) zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit (30") zu dem Handbremsventil (31) führt, ein Sperrventil (41), insbesondere ein Magnetventil, angeordnet ist, und daß die Steuerelektronik (18) des Steuergeräts zur Generierung eines Signals in Abhängigkeit von einem für eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges zu niedrigen Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') ausgebildet ist, mit dem das Sperrventil (41) während der Lastlaufphase des Druckreglers (2) ansteuerbar ist.“
Wegen der auf Patentanspruch 2 rückbezogenen Ansprüche 3 bis 5 sowie wegen des auf Patentanspruch 6 rückbezogenen Anspruchs 7 wird auf die Streitpatentschrift (EP 0 831 383 B1) Bezug genommen.
Mit der Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:
D 1 DE 195 15 895 A11 D 2 EP 0 689 117 A22 D 3 US 4 824 178 D 4 US 4 018 485 D 5 US 4 058 349 D 6 DE 41 25 964 C1 D 7 DE 41 09 741 C1.
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 0 831 383 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
prioritätsälter, jedoch nachveröffentlicht 2 Priorität: DE 44 21 575 A1, siehe Abs. 2 der Streitpatentschrift (SPS)
Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent im Umfang der Hilfsanträge als Anlage zum Schriftsatz vom 7. Januar 2013.
Hilfsantrag I zu Patentanspruch 1 in dieser Fassung lautet wie folgt:
„1. Verwendung eines von einer Steuerelektronik (18) in Abhängigkeit von einem für eine Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu niedrigen Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') generierten Signals zum Absperren einer zu einem Handbremsventil (31) führenden Versorgungsleitung (32), wobei sich nach Beendigung des Absperrens der zu dem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung (32) eine weitere Druckerhöhung in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') anschließt, bis der vorgesehene Maximaldruck erreicht ist.“
Zu dem Wortlaut der übrigen Hilfsanträge zu Patentanspruch 1 sowie zu den Patentansprüchen 2 und 6 wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent zumindest in den hilfsweise verteidigten Fassungen für neu und erfinderisch.
Zur Stützung ihres Vorbringens legt die Beklagte folgende Unterlagen vor:
Anlage I: Anlage II:
Ex-Post-Kombination eines Mehrkreisschutzventils gemäß D2 mit einem Bremskreis gemäß D5, Auszug aus dem Prüfungsverfahren zu EP 04 764 945, hier: geänderte Ansprüche gemäß Eingabe vom 9. Juli 2008,
Anlage III:
Auszug aus dem Prüfungsverfahren zu EP 04 764 945, hier: Eingabe der Nichtigkeits- Anlage IV:
klägerin vom 9. Juli 2008, Ausgabe 2/2011 von „Das Kundenmagazin von KNORR-Bremse Systeme für Nichtfahrzeuge GmbH“,
Anlage V:
WO 2005/025958 A1,
Anlage VI:
DE 602 08 804 T2,
Anlage VII:
DE 197 04 358 A1,
Anlage VIII:
DE 199 54 584 B4,
Anlage IX:
ursprünglich eingereichte Anmeldeunterlagen zum Streitpatent,
Anlagen X bis XII: Hilfsanträge als Anlage zum Schriftsatz vom
18. November 2011, präzisiert in der Fassung als Anlage zum Schriftsatz vom
17. Dezember 2012.
Im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung sind außerdem die auf dem Deckblatt der Streitpatentschrift zitierten Druckschriften in Betracht gezogen worden:
DE 35 06 178 A1, DE 44 21 575 A1 und JP 58-110344 (Abstract).
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt allen Unterlagen sowie auf den Hinweis des Senats vom 27. November 2012 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe Die Klage, mit der der in Art. II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Absatz 1 lit. a EPÜ i. V. m. Art. 52 bis 57 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und nur zu einem Teil begründet. Das Streitpatent war für nichtig zu erklären, soweit es über Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags I vom 7. Januar 2013 hinausgeht; im Übrigen hat es in der erteilten Fassung Bestand.
I.
1. Zum Streitpatent Das Streitpatent befasst sich mit der Aufgabe, das Lösen der Feststellbremse erst dann zuzulassen, wenn eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges beim Bremsen möglich ist.3 Dazu sollen die Behälter der Betriebsbremskreise zunächst teilaufgefüllt werden, sodass der Vorratsdruck für eine Mindestverzögerung ausreicht, bevor die Feststellbremse gelöst werden kann. Zur Lösung dieser Aufgabe ist in Absatz 6 der Streitpatentschrift als Kerngedanke der Erfindung erläutert, mit Hilfe der Steuerelektronik ein Signal zu generieren, das auftritt „bei Unterschreiten eines fest gewählten oder einstellbaren Druckwertes des Vorratsdrucks in den Behältern, die den Betriebsbremskreisen zugeordnet sind …“.4 Wenn dieses Signal vorliegt, wird es dazu verwendet, die Versorgungsleitung zum Handbremsventil abzusperren. Überschreitet der Vorratsdruck den fest gewählten oder einstellbaren Schwellenwert, entfällt das Signal und die Absperrung der Versorgungsleitung zum Handbremsventil wird aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt ist das Lösen der Feststellbremse möglich.
SPS Abs. 4 4 SPS Sp. 2 Z. 19 bis 21 Angesichts dessen kommt der streitpatentgemäßen Signalverwendung eine zentrale Bedeutung zu, denn in ihr konzentriert sich der erfindungswesentliche Kern. Deshalb ist der auf die Signalverwendung gerichtete Patentanspruch 1 dem Streitpatent sozusagen inhaltlich oder bedeutungsentsprechend voran gestellt. Die Patentansprüche 2 und 6 definieren ein Steuergerät und eine Druckbeschaffungsanlage, deren jeweils konkrete bauliche Gestaltung die Voraussetzung schafft, um das erfindungsgemäß generierte Signal zur Aufgabenlösung anzuwenden. Trotz ihrer formalen Nebenordnung in patentrechtlicher Hinsicht bezeichnen die Patentansprüche 2 und 6 daher inhaltlich eher spezielle Vorrichtungen zum Ausführen der Signalverwendung gemäß Patentanspruch 1. Insbesondere bestimmt der Patentanspruch 2 eine pneumatisch betätigbare Vorrichtung und der Patentanspruch 6 eine vorzugsweise elektrische betätigbare Vorrichtung.
2. Durchschnittsfachmann Die Erfindung berührt die technischen Bereiche sowohl der Druckluftaufbereitung als auch der Druckluftverarbeitung in einer Fahrzeug-Bremsanlage. Vor diesem Hintergrund wird einvernehmlich mit den Parteien als Durchschnittsfachmann ein Maschinenbauingenieur der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik angesehen, der als Entwickler für Druckluftbremsanlagen von vornehmlich Nutzkraftfahrzeugen tätig ist. Er verfügt über mehrere Jahre Berufserfahrung sowohl bezüglich der Druckluftaufbereitung wie auch der Druckluftverarbeitung sowie der einschlägigen Sicherheitstechnik.
3. Auslegung der Patentansprüche 1, 2 und 6 Seiner patentrechtlichen Bewertung des Streitpatents und des Standes der Technik legt der Senat folgendes technisches Verständnis der Erfindung zugrunde:
3.1 Patentanspruch 1 definiert die erfindungsgemäße „Verwendung eines … Signals zum Absperren …“ als abstrakten, singulären Tatbestand. Denn die Signalverwendung hat gemäß dem Anspruchswortlaut weder einen zeitlichen Bezug noch eine bestimmte Zeitdauer und steht in keinem Zusammenhang mit irgendwelchen Abläufen. Anders ausgedrückt, reicht ein beliebiger Betrachtungsmoment aus, um festzustellen, ob ein Signal erfindungsgemäß verwendet wird oder nicht. Um welches Signal es sich handelt und wer es erzeugt, ist im Patentanspruch 1 festgelegt. Demnach generiert eine nicht näher spezifizierte Steuerelektronik das Signal in Abhängigkeit von einem Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern dann, wenn dieser Vorratsdruck für eine Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu niedrig ist. Gemäß Patentanspruch 1 und der Erfindungsbeschreibung bleibt es dem Fachmann überlassen, die Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu bestimmen. Aus der vorstehend erläuterten Aufgabenstellung des Streitpatents geht für den Fachmann allerdings klar hervor, dass die Erfindung darauf abzielt, einen bremsenlosen Zustand zu verhindern. Dieser bremsenlose Zustand träte auf, wenn die Feststellbremse gelöst würde und die Betriebsbremse (mangels ausreichendem Vorratsdruck) noch nicht wirksam werden könnte. Infolge dessen wird der Fachmann einen für eine Mindestverzögerung zu niedrigen Vorratsdruck zumindest als einen solchen ansehen, der gar keine Wirkung der Betriebsbremse zu erzeugen vermag. Zumindest solange dieser Zustand besteht, generiert die Steuerelektronik das Signal zum Absperren auf jeden Fall. Als Zweck der Signalverwendung ist in Patentanspruch 1 das Absperren einer zu einem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung bestimmt. Ausführungsmittel für diesen Zweck sind im Patentanspruch 1 allerdings nicht genannt.
3.2 Patentanspruch 2 definiert ein Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage. Im Oberbegriff des Patentanspruchs 2 sind konkrete Bauteile eines im Stand der Technik vorbekannten Steuergerätes angegeben, das unter anderem ein Mehrkreisschutzventil mit mehreren Steuer- und Anzeigeeinheiten umfasst. Dieses Steuergerät wird mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 2 weitergebildet durch Ausführungsmittel für den vorgenannten Zweck. Sie bestehen aus einer speziellen baulichen Modifikation derjenigen Steuer- und Anzeigeeinheit des Mehrkreisschutzventils 3, die dem Handbremsventil zugeordnet ist. Diese Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ ist erfindungsgemäß mit einer zusätzlichen Schließstellung für eine zu dem Handbremsventil 31 führenden Versorgungsleitung 32 ausgebildet. Zum Erreichen der Schließstellung weist die Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ einen pneumatisch ansteuerbaren Kolben 35 auf. Die Steuerund Anzeigeeinheit 30´´ ist mit dem Regenerations-Magnetventil 16 über eine Steuerleitung 36 verbunden. Zur Verdeutlichung dient der nachstehende modifizierte Ausschnitt aus Fig. 1 der Streitpatentschrift. Darin tritt die zusätzliche (pneumatisch ansteuerbare) Schließstellung derjenigen Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ besonders hervor, die dem Handbremsventil 31 zugeordnet ist.
Das von der Steuerelektronik generierte Signal wird zur Ansteuerung des Regenerations-Magnetventils 16 während der Lastlaufphase des Druckreglers benutzt. Dabei gibt das Regenerations-Magnetventil 16 die Zufuhr von Druckluft frei über die Steuerleitung 36 zu dem pneumatischen Kolben 35 der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ und versetzt diese pneumatisch in ihre zusätzliche Schließstellung. In dieser Schließstellung ist die Handbremsventilversorgungsleitung 32 abgesperrt.
Damit wird das Belüften der zu dem Handbremsventil 31 führenden Versorgungsleitung 32 verhindert, solange das Signal vorliegt. Die Folge ist, dass in diesem Zeitraum ein Lösen der Feststellbremse nicht möglich ist.
3.3 Patentanspruch 6 definiert eine Druckluftbeschaffungsanlage. Im Oberbegriff des Patentanspruchs 6 sind konkrete Bauteile einer im Stand der Technik vorbekannten Druckluftbeschaffungsanlage angegeben, die neben anderen Bauteilen ein Mehrkreisschutzventil mit mehreren, gleichartigen Steuer- und Anzeigeeinheiten umfasst. Diese Druckluftbeschaffungsanlage wird mit den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 6 weitergebildet durch Ausführungsmittel für den vorgenannten Zweck. Sie bestehen aus einem speziellen Sperrventil 41, insbesondere einem Magnetventil, welches in einer Versorgungsleitung 32 angeordnet ist, die von der dem Handbremsventil 31 zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ zu dem Handbremsventil 31 führt. Zur Verdeutlichung dient der nachstehende Ausschnitt aus Fig. 2 der Streitpatentschrift, der das (insbesondere elektrisch ansteuerbare) Sperrventil 41 hervorhebt, welches in der Versorgungsleitung 32 angeordnet ist, die von der dem Handbremsventil zugeordneten Steuerund Anzeigeeinheit 30´´ zu dem Handbremsventil 31 führt. Dieses Sperrventil 41 ist erfindungsgemäß mit dem von der Steuerelektronik 18 auf vorstehend erläuterte Weise generierten Signal während der Lastlaufphase des Druckreglers ansteuerbar, insbesondere elektrisch. Dadurch wird das Sperrventil 41 in seine Sperrstellung gebracht und das Belüften der zu dem Handbremsventil 31 führenden Versorgungsleitung 32 verhindert, solange das Signal vorliegt. Die Folge ist, dass in diesem Zeitraum ein Lösen der Feststellbremse nicht möglich ist.
3.4 Mit der vorstehenden Beurteilung teilt der Senat ausdrücklich nicht die Auffassung der Klägerin, Patentanspruch 6 lasse sich auch auf die Druckbeschaffungsanlage lesen, welche in Fig. 1 der Streitpatentschrift dargestellt ist. Zu dieser Auffassung gelangt die Klägerin nur, weil sie die streitpatentgemäße Handbremsventilversorgungsleitung 32 ab der Hauptversorgungsleitung 38 beginnen und beim Handbremsventil 31 enden lässt. Unter dieser Annahme interpretiert sie das Steuerventil 23´´ der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ als Sperrventil im Sinne des Patentanspruchs 6.5 Ein derartiges Verständnis erweist sich im Lichte der Offenbarung der Erfindung als nicht haltbar. Denn die erfindungsgemäß abzusperrende Handbremsventilversorgungsleitung definiert Patentanspruch 6 eindeutig mit dem Relativsatz: „…. Versorgungsleitung (32), die von der dem Handbremsventil (31) zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit (30") zu dem Handbremsventil (31) führt, …“.6 Diese Leitung beginnt in Druckluftströmungsrichtung erst nach der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´. Nur so und nicht anders erschließt sich der Sinn des Patentanspruchs 6, welcher das vorzugsweise elektrisch ansteuerbare Sperrventil 41 beschreibt als Alternative mit analoger Funktion zu der pneumatischen Ansteuerung der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ gemäß Patentanspruch 2. Eine Stütze findet Schreiben der Klägerin vom 17. Dezember 2012, S. 12 letzter Absatz 6 SPS Zitat aus Patentanspruch 6, Sp. 10 Z. 18 bis 20 dieses Senatsverständnis in der Beschreibung der Streitpatentschrift.7 Demnach ersetzt das Sperrventil 41 gemäß Patentanspruch 6 die zusätzliche Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ gemäß Patentanspruch 2 und nicht deren Steuer- bzw. Drucksicherungsventil 23´´, wie die Klägerin fälschlich meint.
II. 1. Patentanspruch 1 1.1. Die Signalverwendung nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist nicht patentfähig, denn sie ist aus der prioritätsälteren, jedoch nachveröffentlichten D 1 neuheitsschädlich vorbekannt. Die D 1 offenbart eine Druckluft-Versorgungseinrichtung 10.1, die vorteilhafterweise die Zufuhr von Druckluft in die jeweiligen Verbraucherkreise fahrzeugspezifisch oder in Abhängigkeit von Betriebsbedingungen der Druckluftanlage oder des Fahrzeugs regeln kann.8 Wesentlicher Bestandteil dieser Druckluft-Versorgungseinrichtung 10.1 ist eine Steuerelektronik 57.9 Indem lediglich das Programm der Steuerelektronik 57 an vorgegebene Spezifika oder Betriebsbedingungen angepasst wird, sollen vielfältige Funktionen ohne aufwändige konstruktive Änderungen der Druckluft-Versorgungseinrichtung 10.1 realisierbar sein.10 SPS Abs. [0023] 8 vgl. D 1 (DE 195 15 895 A1) insbes. Sp. 1 Z. 50 bis 62 9 vgl. D 1 insbes. Anspruch 14 ff. 10 vgl. D 1 insbes. Sp. 2 Z. 3 bis 8, Sp. 7 Z. 62 bis Sp. 8 Z. 4
- 16 Die Steuerelektronik 57 überwacht ständig den Druck in den Druckluftvorratsbehältern, insbesondere in den Behältern 37.1 und 37.2 der Betriebsbremskreise I und II.11 Ausweislich vorstehender Fig. 1 der D 1 ist die Steuerelektronik 57 dazu elektrisch mit Drucksensoren 54.1 und 54.2 verbunden, die an den Förderleitungen 17.1 und 17.2 zu den Behältern 37.1 und 37.2 angeordnet sind.12 In der Funktion „Erstbefüllung“ generiert die Steuerelektronik 57 aus der Information über die aktuellen Drücke in den Druckluftvorratsbehältern 37.1 sowie 37.2 und entsprechend ihrer Programmierung ein Signal oder Schaltkriterium, mit welchem auf die Befüllreihenfolge aller Druckluftverbraucherkreise (druckabhängig) Einfluss genommen wird.13 Zur bevorrechtigten Erstbefüllung der Betriebsbremskreise I und II trennt die Steuerelektronik 57 alle anderen Verbraucherkreise so vgl. D 1 insbes. Sp. 5 Z. 18 bis 21 12 vgl. D 1 insbes. Sp. 6 Z. 27 bis 30 i. V. m. vorstehender Fig. 1 13 vgl. D 1 Sp. 6 Z. 68 bis Sp. 7 Z. 3 lange von der Druckluftversorgung ab, bis beispielsweise der Betriebsdruck in den Verbraucherkreisen I und II erreicht ist.14 Lediglich mit anderen Worten ausgedrückt, generiert die Steuerelektronik 57 also ein Signal/Schaltkriterium in Abhängigkeit von einem zu niedrigen Vorratsdruck in den Behältern der Betriebsbremskreise I und II. Während der Erstbefüllung durchläuft der Vorratsdruck dabei einen Bereich messbarer Druckwerte von 0 bar beginnend bis zum Betriebsdruck. Aus diesem Druckbereich generiert die Steuerelektronik durch ständige Überwachung das Signal/Schaltkriterium. Dieser Druckbereich enthält einen Teilbereich von Druckwerten, die gar keine Wirkung der Betriebsbremse erzeugen können, weil sie dafür (noch) zu niedrig sind.
Als ein Beispiel für einen Druckwert aus diesem Teilbereich wurde in der mündlichen Verhandlung ein Vorratsdruck = 1 bar diskutiert und angenommen, dass damit keine Bremswirkung der Betriebsbremse erzeugbar ist. In diesem Fall wird das in vorstehend erläuterter Weise generierte Schaltsignal gemäß D 1 gleichermaßen wie beim Streitpatent verwendet, nämlich zum Abtrennen/Absperren der übrigen Verbraucherkreise von den Betriebsbremskreisen I und II, insbesondere des Verbraucherkreises III.15 Der Verbraucherkreis III gehört zum Feststellbremskreis des Fahrzeuges.16 Dessen Versorgungsleitung 17.3 und Druckluftvorratsbehälter 37.3 sind in vorstehender Fig. 1 dargestellt und in Sp. 5 Z. 14 bis 18 erwähnt. Weitere Bauteile des Feststellbremskreises sind zwar nicht offenbart, denn die D 1 befasst sich hauptsächlich mit dem Druckluftbeschaffungsteil einer Fahrzeug-Druckluftanlage. Der eingangs definierte Fachmann liest ein Handbremsventil jedoch als unerlässliches Bauteil der Feststellbremsanlage im Anschluss an die Versorgungsleitung 17.3 bzw. den Behälter 37.3 als selbstverständlich vorhanden mit, denn dort ist es für gewöhnlich angeordnet. Insoweit ist durch die D 1 aber auch der streitpatentgemäße Zweck vorweggenommen. Denn die programmierbare Steuerelektronik 57 verwendet das erzeugte Signal für den Beispiels-Vorratsdruck 1 bar zum Absperren der Förderleitung 17.3, also der zum Handbremsventil führenden Ver- vgl. D 1 insbes. Sp. 7 Z. 3 bis 14 15 vgl. D 1 insbes. Sp. 7 Z. 11 bis 14 16 vgl. D 1 insbes. Sp. 5 Z. 18 bis 21 sorgungsleitung.17 Demnach besteht ein Unterschied zwischen der Signalverwendung gemäß D 1 und der streitpatentgemäßen nicht.
Dagegen wendet die Beklagte ein, zur Generierung des Signals verwende die D 1 eine gegenüber der Erfindung andere Abhängigkeit. Nach D 1 werde der aktuell gemessene Vorratsdruck in Bezug zu dem Betriebsdruck gesetzt und daraus das Signal zum Absperren ermittelt. Demgegenüber stelle die erfindungsgemäße Signalverwendung auf den Zeitpunkt ab, an dem eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges möglich sei. Dieser Zeitpunkt werde früher erreicht als der Betriebsdruck. Folglich ergebe sich mit der Erfindung ein Zeitvorteil bei der Inbetriebnahme des Fahrzeugs, den die Beklagte anhand eines skizzierten Druckverlaufs in der mündlichen Verhandlung erläutert hat.
Dieses Argument hat nicht überzeugen können, weil ein derart einengendes Verständnis der Signalverwendung gemäß Patentanspruch 1 nicht geboten ist. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten definiert der Patentanspruch 1 als Signalabhängigkeit nämlich keinen Zeitpunkt und auch keinen Druck als Schwellenwert, ab wann oder mit dem eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges möglich ist. Wie vorstehend erläutert, ist darin vielmehr ein Druckbereich bezeichnet, in welchem der Vorratsdruck in den Behältern der Betriebsbremskreise für eine Mindestverzögerung zu niedrig ist.18 Dieser Druckbereich ist ohne jeden Zweifel ein Teil des Gesamtdruckbereichs, den die Druckwerte von 0 bar bis zu Erreichen des Betriebsdrucks durchlaufen. Genau aus diesem Teildruckbereich generiert allerdings auch die Steuerelektronik gemäß D 1 das zum Absperren der Handbremsventilversorgungsleitung verwendete Signal, wie vorstehend am Beispiel-Vorratsdruck 1 bar aufgezeigt wurde. Folglich besteht kein Unterschied zur streitpatentgemäßen Signalverwendung.
vgl. D 1 insbes. Sp. 7 Z. 48 bis 59 18 vgl. Patentanspruch 1 des Streitpatents i. V. m. Sp. 3 Z. 32 bis 37 oder Sp. 6 Z. 55 ff.
Eine zusätzliche Bestätigung erfährt diese Bewertung durch Betrachtung der Funktion „direktes Nachfüllen eines Verbraucherkreises“, welche in D 1 ebenfalls beschrieben ist.19 In dieser Funktion wird als Schaltkriterium ein Vorratsdruck verwendet, der niedriger ist als der Betriebsdruck. Dieser „Minimaldruck“ ist definiert durch eine programmierbare Druckdifferenz zum Betriebsdruck.20 Derart vermittelt die D 1 dem eingangs definierten Fachmann unmittelbar und eindeutig, dass als ein mögliches Schaltkriterium für die Steuerelektronik 57 ein unterhalb des Betriebsdrucks liegender „Minimaldruck“ verwendbar (im Sinne von programmierbar) ist. Dass dieser „Minimaldruck“ zumindest eine nicht näher definierte Bremswirkung zur Folge haben muss, d. h. zumindest für eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges ausreichend ist, ist platt selbstverständlich. Denn die zur Programmierung erforderliche Bestimmung der Druckdifferenz zum Betriebsdruck ergibt nur dann einen technischen Sinn, wenn dadurch überhaupt eine Bremswirkung erzeugbar ist. Eine Bremswirkung ist in jedem Fall zwingend erforderlich zur Verhinderung einer akuten Verkehrsgefährdung bei Unterschreiten der programmierten Druckdifferenz zum Betriebsdruck, wenn dadurch eine Mindestverzögerung des Kraftfahrzeuges nicht möglich sein sollte. Nur mit diesem Verständnis erschließt sich dem Fachmann die vorstehend beschriebene Funktion. Das Unterschreiten der in Rede stehenden Druckdifferenz bedeutet aber, in den Behältern der Betriebsbremskreise herrscht augenblicklich ein für eine Mindestverzögerung eines Kraftfahrzeuges zu niedriger Vorratsdruck. Infolgedessen erzeugt die Steuerelektronik gemäß D 1 ein Signal und verwendet es zum Absperren einer zu einem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung, wie vorstehend beschrieben.21 vgl. D 1 insbes. Sp. 7 Z. 47 bis 61 20 vgl. D 1 insbes. Sp. 7 Z. 48 bis 53 21 vgl. D 1 auch Sp. 7 Z. 53 bis 59 Dagegen wendet die Beklagte ein, bis zum Anmeldetag des Streitpatents sei der Fachmann davon ausgegangen, dass zunächst eine ordnungsgemäße, nämlich vollständige Befüllung der Betriebsbremskreise I und II erfolgen müsse bevor die Druckbeaufschlagung der zu einem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung erfolgen könne. Dieses Vorurteil sei insbesondere durch die D 1 dokumentiert, denn auch dort werde die Sperrung der übrigen Verbraucherkreise erst dann aufgehoben, wenn der Betriebsdruck in den Betriebsbremskreisen I und II erreicht sei. Im Gegensatz dazu werde durch die streitpatentgemäße Signalverwendung ein Zeitvorteil bei der Erstbefüllung erzielt, weil die Lösefunktion der Feststellbremse schon vor Erreichen des Betriebsdrucks in den Betriebsbremskreisen I und II zur Verfügung gestellt werde.
Diese Argumente verengen die Offenbarung der D 1 auf nur eine von mehreren beschriebenen Funktionen, nämlich nur auf die Erstbefüllung der Verbraucherkreise. Zudem berücksichtigen sie die Signalverwendung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents nur im Hinblick auf die Erstbefüllung der Betriebsbremskreise nach der Fahrzeuginbetriebnahme. Derart verkürzte Betrachtungen sind objektiv nicht gerechtfertigt und können daher nicht durchgreifen.
Wie eingangs festgestellt worden ist, definiert der Patentanspruchs 1 des Streitpatents eine Signalverwendung vergleichsweise abstrakt, weder fahrzeugspezifisch noch durch irgendeine Betriebsbedingung, ein Zeitkriterium, eine Anlagenkonfiguration oder sonst wie beschränkt. D. h. aber auch, das streitpatentgemäße Signal kann sowohl bei der Erstbefüllung wie auch bei der Nachfüllung verwendet werden. Seine Verwendung setzt allein ein abhängig von einem zu niedrigen Vorratsdruck für eine Mindestverzögerung generiertes Schaltkriterium voraus, welches zum Absperren der Versorgungsleitung zum Handbremsventil führt. Exakt diese Signalverwendung ist in der D 1 in Zusammenhang mit der Erstbefüllung und mit der Nachfüllfunktion beschrieben. Wie vorstehend im Einzelnen dargelegt, konnte der Fachmann dies der Druckschrift unmittelbar und eindeutig entnehmen.
Somit ist der Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht bestandsfähig.
1.2. Die Signalverwendung nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag I ist patentfähig.
1.2.1. Die vorgenommene Änderung des Patentanspruchs 1 ist zulässig.
Dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung ist gemäß Hilfsantrag I folgendes Merkmal nachgestellt worden:
„wobei sich nach Beendigung des Absperrens der zu dem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung (32) eine weitere Druckerhöhung in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern (27, 27') anschließt, bis der vorgesehene Maximaldruck erreicht ist.“22 Ursprungsoffenbart ist dieses Merkmal auf S. 10, Z. 28 bis 35 der Anmeldungsunterlagen und in Sp. 7 Z. 17 bis 26 der Streitpatentschrift (Wortlaut identisch).
Das hinzugefügte Merkmal bezeichnet eine Druckerhöhung bis zum Erreichen des vorgesehenen Maximaldrucks in den Behältern der Betriebsbremskreise als zwingende Folgewirkung, die gegeben sein muss, wenn das Absperren der Versorgungsleitung zum Handbremsventil beendet ist. Diese Folgewirkung ist zwar kategoriefremd, weil sie die Signalverwendung an sich nicht beschränkt. Trotzdem hat der Senat das Einfügen dieser Folgewirkung als Beschränkung zugelassen. Denn die Folgewirkung verknüpft die vormals nur zu einem beliebigen Betrachtungsmoment und folgenlos definierte Signalverwendung zum Absperren der Handbremsventilversorgungsleitung mit einer Druckerhöhung in den Behältern der Betriebsbremskreise bis zum vorgesehenen Maximaldruck, sobald das Absperren beendet ist. Insoweit bindet die nach dem Wegfall des Signals eintretende Folgewirkung Blatt 242 der Gerichtsakte (GA)
die erfindungsgemäße Signalverwendung an eine bestimmte Wirkungsweise einer Vorrichtung, z. Bsp. einer Druckbeschaffungsanlage. Im Vergleich zur vorhergehenden, sehr abstrakten Signalverwendung stellt dies eine maßgebliche Beschränkung dar.
Die Klägerin meint, ursprungsoffenbart auf S. 10 Z. 33 bis 35 der Anmeldungsunterlagen des Streitpatents sei eine Druckerhöhung nur in sämtlichen Behältern 27, 27´, 27´´, und 27´´´. Demgegenüber stelle die Nennung allein derjenigen Behälter 27, 27´ der Betriebsbremskreise im hinzugefügten Beschränkungsmerkmal eine unzulässige Erweiterung gegenüber der Ursprungsoffenbarung dar. Dieser Einwand bleibt ohne Erfolg. Für die Zulässigkeit einer Beschränkung durch Hinzufügen einzelner Merkmale ist maßgeblich, dass die dadurch definierte Merkmalskombination in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellt, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann.23 Das ist vorliegend der Fall. Wie im vorstehenden Abschnitt I, Ziff. 3.1 erläutert, zielt die Erfindung für den Fachmann erkennbar darauf ab, einen bremsenlosen Zustand zu verhindern. Deshalb wird der Vorratsdruck ausdrücklich in den Behältern 27, 27´ der Betriebsbremskreise überwacht und die zum Handbremsventil führende Versorgungsleitung noch nicht freigegeben, solange der Vorratsdruck dort für eine Mindestverzögerung mit der Betriebsbremse noch unzureichend ist.24 Wenn das Absperren der Handbremsventilversorgungsleitung beendet wird, ist der vorgesehene Maximaldruck in diesen Behältern 27, 27´ allerdings noch nicht erreicht.25 Diese Offenbarungsstellen lenken den Focus des Fachmannes nachweislich immer auf den Vorratsdruck der Betriebsbremskreise. Deshalb ist es für ihn auch unübersehbar, dass nach dem Öffnen der Handbremsventilversorgungsleitung der Vorratsdruck vor allem in den Behältern 27, 27' der Betriebsbremskreise weiter erhöht werden muss und zwar bis dort der vorgesehene Maximaldruck erreicht ist. Schließlich ist erst danach eine ordnungsgemäße Bremsung möglich. Insoweit ist gerade die nunmehr beanspruchte Kombination einer Signalverwendung mit daran anschließender Folgewirkung für den Fachmann den ur- vgl. BGH – Drehmomentübertragungseinrichtung - in GRUR 2002, 49-52 24 vgl. insbes. S. 10 Z. 6 bis 14 der Anmeldeunterlagen des Streitpatents 25 vgl. insbes. S. 10 Z. 24 bis 28 der Anmeldeunterlagen des Streitpatents sprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung eindeutig zu entnehmen.
1.2.2. Die Signalverwendung gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist unbestritten gewerblich anwendbar. Sie ist auch neu, denn der im Verfahren befindliche Stand der Technik weist eine Signalverwendung mit sämtlichen Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1 nicht nach.
Hinsichtlich der im geltenden Patentanspruch 1 identischen Signalverwendung wie nach der erteilten Fassung, gelten die im vorstehenden Abschnitt 1.1 gemachten Ausführungen in Bezug auf die D 1 gleichermaßen. Die nunmehr hinzugefügte, beschränkende Folgewirkung zeigt diese Druckschrift allerdings nicht.
Gemäß D 1 werden die Betriebsbremskreise I und II vorrangig befüllt. Das geschieht durch mechanische Justierung der Überströmventile 40.1 bis 40.5 des Mehrkreisschutzventils 42.1 und/oder durch Programmierung der Steuerelektronik 57.26,27 In jeder durch die Steuerelektronik 57 ausgeführten Funktion der Druckluft-Versorgungseinrichtung 10.1 wird das Absperren der zu dem Handbremsventil führenden Versorgungsleitung 17.3 erst dann aufgehoben, wenn der Schwellenwert „Betriebs- oder Begrenzungsdruck“ in den Verbraucherkreisen I und II erreicht ist. Daran schließt die Versorgung der übrigen Verbraucherkreise III bis V an. In den Behältern der Betriebsbremskreise I und II findet zu dieser Zeit eine weitere Druckerhöhung nicht mehr statt, denn dort ist der vorgesehene Maximaldruck bereits erreicht.
vgl. D 1 insbes. Sp. 6, Z. 60 bis 64 27 vgl. D 1 insbes. Sp. 7, Z. 3 bis 11, Z. 14 bis 19 sowie Z. 59 bis 61 Dagegen wendet die Klägerin ein, die Überströmventile 40.1 bis 40.5 seien mit begrenzter Rückströmung ausgebildet. Daher gehe mit der Freigabe der Volumina der Verbraucherkreise III bis V zwingend ein kurzfristiger Druckabfall in den Versorgungsleitungen zu den Überströmventilen 40.1 und 40.2 der Betriebsbremskreise einher. Dieser Druckabfall verursache über die Rückströmleitungen der Überströmventile 40.1 und 40.2 auch einen kurzfristigen Druckabfall mit nachfolgender, erneuter Druckerhöhung in den Betriebsbremskreisen selbst. Demzufolge sei die zusätzliche Bedingung auch bei der Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 1 gegeben. Das Argument überzeugt den Senat nicht, denn es vernachlässigt die grundsätzliche Druckabsicherungsaufgabe des Mehrkreisschutzventils 42.1, die in D 1 ausdrücklich angesprochen ist.28 Damit wird sichergestellt, dass die Druckluft in den Vorratsbehältern insbesondere der vorrangig aufgefüllten Betriebsbremskreise nicht zufällig zurückströmen kann. Dazu werden die Überströmventile 40.1 bis 40.5 von der Steuerelektronik 57 durch eine pneumatische Vorsteuerung oder elektrisch in eine Sperrstellung gebracht.29 Das von der Klägerin angesprochene Rückströmen der Vorratsdruckluft aus den Betriebsbremskreisen offenbart die D 1 allenfalls im Zusammenhang mit einem definiert gesteuerten Druckausgleich zwischen den Verbraucherkreisen I bis IV und zur gezielten Entnahme von Steuerluft.30 Beide Funktionen haben für den vorstehend diskutierten Fall jedoch keine Bedeutung, denn sie beziehen sich nicht auf das Ende des Absperrens der Handbremsventilversorgungsleitung und setzen Behälter der Betriebsbremse erkennbar voraus, die zumindest mit dem Betriebsdruck gefüllt sind.
Der übrige im Verfahren befindliche Stand der Technik zeigt eine erfindungsgemäße Signalverwendung mit der in Rede stehenden, einschränkenden Folgewirkung ebenfalls nicht. Gegenteiliges hat auch die Klägerin nicht nachgewiesen.
vgl. insbes. Sp. 5 Z. 28 bis 34 29 vgl. insbes. Ansprüche 1, 5 sowie 19 und 23 30 vgl. insbes. Sp. 7 Z. 20 bis 47
- 25 Das Streitpatent berücksichtigt das Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 2 bereits durch zutreffende Darstellung von deren Priorität DE 44 21 575 A1 in Abs. [0002] der Streitpatentschrift. Diese Druckluftbeschaffungsanlage ähnelt in ihrem gegenständlichen Aufbau derjenigen der D 1, siehe nachstehende Fig. 1. Denn auch gemäß D 2 ist wesentlicher Bestandteil der Druckluftbeschaffungsanlage eine Steuerelektronik 52, welche durch entsprechende Programmierung an vorgegebene Spezifika oder Betriebsbedingungen so angepasst werden kann, dass vielfältige Funktionen ohne aufwändige konstruktive Änderungen der Druckluftbeschaffungsanlage selbst realisierbar sind.31 Als eine dieser Funktionen ist beispielsweise die bevorzugte Befüllung der beiden Betriebsbremskreise genannt.32 Sie ist durch eine entsprechende Ansteuerung der vgl. D 2 (EP 0 689 117 A2) insbes. Sp. 2 Abs. 2 sowie Sp. 4 Abs. 2 i. V. m. nachstehender Fig. 1 32 vgl. D 2 insbes. Sp. 3 Z. 5 bis 11
- 26 im Mehrkreisschutzventil 3 enthaltenen Steuer- und Anzeigeeinheiten 30, 30´, 30´´ und 30´´´ der einzelnen Kreise erreichbar33, wobei der jeweilige Vorratsdruck von Drucksensoren 40, 40´, 40´´ und 40´´´ überwacht wird.34 Eine vorzeitige Beendigung des Absperrens der Handbremsventilversorgungsleitung, respektive eine Öffnung des zugehörigen Verbraucherkreises III, bevor der „Betriebs- oder Begrenzungsdruck“ in den beiden Betriebsbremskreisen erreicht ist, offenbart die D 2 an keiner Stelle. Die elektrisch gesteuerte Druckluft-Bremsanlage gemäß D 3 verfügt über eine Steuerelektronik 2 mit einem aktiven und passiven Bremsanlagenprüfprogramm.35 Nur nach erfolgreicher Prüfung wird das Öffnen einer Druckluftversorgungsleitung 19 zum Federspeicherbremszylinder 8 der Feststellbremsanlage zugelassen.36 Ausweislich nachstehender Fig. 1 dient ein Magnet-Sperrventil 11 zum vgl. D 2 insbes. Sp. 6 Z. 38 bis 48 sowie Sp. 8 Z. 12 bis 21 i. V. m. Fig. 1 34 vgl. D 2 insbes. Sp. 7 Z. 5 bis 9 35 vgl. D 3 (US 4 824 178) insbes. Sp. 1 Z. 57 bis 66 36 vgl. D 3 insbes. Sp. 4 Z. 3 bis 5 i. V. m. Fig. 1 Absperren der Druckluftversorgungsleitung 19. Dieses Magnet-Sperrventil 11 ist allerdings dem Federspeicher 8 und nicht dem Handbremsventil 9 vorgeschaltet, wie erfindungsgemäß vorgesehen ist. Indem die Steuerelektronik 2 das MagnetSperrventil 11 schaltet, nimmt sie auf die (von dem Druckluftbehälter 10) zu dem Handbremsventil 9 führende Versorgungsleitung gerade keinen Einfluss und verfolgt damit einen anderen Zweck als das Streitpatent. Besonders deutlich wird das für den Fall, wenn das Handbremsventil in der Parkstellung steht. Dann entlüftet es die Versorgungsleitung 19 und die Stellung des darin befindlichen Sperrventils 11 wirkt sich in der zu dem Handbremsventil 9 führenden Versorgungsleitung gar nicht aus. Derjenige Teil der Versorgungsleitung zwischen dem Druckluftbehälter 10 und dem Handbremsventil 9, auf den es erfindungsgemäß ankommt, ist in der Fig. 1 unterbrechungsfrei dargestellt und die zugehörige Beschreibung offenbart nichts anderes. Die Vorratsdrücke in den Druckluftbehältern 10 und 4 werden gemäß D 3 nicht sensiert. Folglich kann die Steuerelektronik auch kein davon abhängiges Signal generieren, wie das erfindungsgemäß vorgesehen ist.
Neben der vorstehend erläuterten Offenbarung vermittelt die D 3 im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel gemäß nachstehender Fig. 2 noch den Hinweis auf eine spezielle Gestaltungsvariante.
Dabei ist nach dem Lösen der Feststellbremse eine weitere Druckerhöhung in den Behältern der beiden Betriebsbremskreise offenbart, wie sie als Folgewirkung nun auch erfindungsgemäß vorgesehen ist. Fig. 2 zeigt eine zweikreisig aufgebaute Bremsanlage, bei der ein Fuß-Bremswertgeber 1 und/oder ein belüfteter Handbremsgeber 25 über ein Wegeventil 27 den Betriebsdruck der Betriebsbremse 5 bestimmen.37 Zur Ermittlung des ausgesteuerten Betriebsbremsdrucks dient eine Druckmessdose 6, die dem Wegeventil 27 nachgeordnet ist und einen Messwert elektrisch an die Steuerelektronik 2 weitergibt.38 Ergibt die Prüfung der Steuerelektronik 2, dass der Betriebsbremskreis ordnungsgemäß arbeitet, wird das Lösen der Feststellbremse freigegeben.39 Bei dieser Anlagenkonfiguration ist ausdrücklich gewollt, dass die Feststellbremse bereits freigegeben werden kann, wenn auch nur ein Betriebsbremskreis ordnungsgemäß arbeitet.40 Woher der ausgesteuerte Betriebsbremsdruck kommt, ist aufgrund der Messdosenanordnung nicht feststellbar. Außerdem werden die Vorratsdrücke in den Druckluftbehältern 10 und vgl. D 3 insbes. Sp. 4 Z. 64 bis Sp. 5, Z. 6 38 vgl. D 3 insbes. Sp. 2 Z. 44 bis 48 39 vgl. D 3 insbes. Sp. 4 Z. 41 bis 56 40 vgl. D3 insbes. Sp. 5 Z. 25 bis 28 gemäß D 3 nicht direkt sensiert. Trotz gleicher Folgewirkung wie nach der Erfindung, zeigt sich darin ein maßgeblicher Unterschied zur erfindungsgemäßen Signalverwendung. Denn die D 3 generiert das Lösesignal für den Feststellbremskreis aus dem ausgesteuerten Betriebsbremsdruck, also aus einem durch Bremswertgeber 1 und/oder Handbremsgeber 15 modulierten Vorratsdruck und damit grundsätzlich anders als die Erfindung.
Die Druckschriften D 4 und D 5 offenbaren rein mechanisch/pneumatisch aufgebaute Druckluftbremsanlagen bzw. dafür geeignete Ventile.41 Eine Steuerelektronik mit der erfindungsgemäßen Signalgenerierung geht aus diesen Druckschriften nicht hervor. Gleiches gilt auch für das rein mechanisch/pneumatisch aufgebaute Mehrkreisschutzventil gemäß der Druckschrift D 6.42 Gegenüber dem letztgenannten Stand der Technik offenbart D 7 im Ausführungsbeispiel der Fig. 7 zwar noch eine Drucksensierung mit elektronischer Auswertung in den Betriebsbremskreisen I und II.43 Diese Drucksensierung stellt allerdings nur eine Alternative zur pneumatischen Drucksensierung dar und wird gleichartig für die vorrangige Befüllung der Betriebsbremskreise verwendet. Wenn diese befüllt sind, ist eine ordnungsgemäße Betätigung der Betriebsbremse gegeben.44 Erst danach wird das Absperren der zum Feststellbremskreis, respektive der zum Handbremsventil führenden Versorgungsleitung beendet durch Öffnen des Steuerventils 13.45 Eine der Öffnung des Steuerventils 13 nachfolgende, weitere Druckerhöhung in den Betriebsbremskreisen ist somit nicht offenbart.
Die im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung berücksichtigten Druckschriften zeigen keinen näherkommenden Stand der Technik. In den Absätzen 2 und 3 der Streitpatentschrift sind die Gegenstände der Druckschriften DE 35 06 178 A1, DE 44 21 575 A1 und JP 58-110344 (Abstract) zum Teil dargestellt. Der Senat hat nach Prüfung keine Erkenntnis gewonnen, dass die Signalverwendung gemäß Patentanspruch 1 durch diesen Stand der Technik vorweggenommen ist. Daher hat vgl. D 4 (US 4 018 485) und D 5 (US 4 058 349) insbes. jeweilige Figuren 42 vgl. D 6 (DE 41 25 964 C1) insbes. Figuren 1 bis 4 43 vgl. D 7 (DE 41 09 741 C1) insbes. Sp. 8, Z. 11 bis 30 sowie Anspruch 7 44 vgl. D 7 insbes. Sp. 6 Z. 7 bis 16 45 vgl. D 7 insbes. Sp. 6, Z. 16 bis 20 die Klägerin zu Recht nichts vorgetragen zu diesem Stand der Technik im Zusammenhang mit dem Patentanspruch 1.
1.2.3. Die Signalverwendung gemäß geltendem Patentanspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn der im Verfahren befindliche Stand der Technik legt diese beschränkte Signalverwendung nicht nahe.
Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit findet die D 1 aufgrund ihres Altersrangs keine Berücksichtigung.46 Den nächstliegenden Stand der Technik bildet die Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 2. Deren maßgebliche Unterschiedsmerkmale im Hinblick auf die erfindungsgemäße Signalverwendung sind vorstehend ausführlich erläutert worden. Eine Anregung zur Abwandlung dieser Unterschiedsmerkmale in Richtung auf das nunmehr Beanspruchte ergibt sich aus der D 2 objektiv ebenso wenig wie in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen des Fachmannes oder mit dem übrigen Stand der Technik. Jedenfalls hat der Senat dafür keinen Anhalt gefunden.
Die Klägerin hat, unter Hinweis auf die große Variationsbreite der Einsatzmöglichkeiten47 der Steuerelektronik gemäß D 2, die Auffassung vertreten, dadurch sei die Signalverwendung gemäß geltendem Patentanspruch 1 insgesamt nahegelegt. Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus folgenden Gründen nicht an. Die angezogene große Variationsbreite der Einsatzmöglichkeiten der Steuerelektronik vermittelt lediglich eine Aussage des verkürzt zusammengefassten Inhalts: „Alles ist programmierbar“. Daraus zu folgern, dies lege die Erfindung nahe, gelingt offenbar nur in Kenntnis der Erfindung selbst. Denn die hinter dieser Argumentation stehende Überlegung, ob die erfindungsgemäße Signalverwendung vielleicht auch mit der Steuerelektronik gemäß D 2 programmierbar sei, stellt sich nicht ohne Weiteres am Anmeldetag des Streitpatents. Sie wird erst durch die patentierte Erfindung aufgeworfen. Um die Erfindung nahezulegen, hätte es jedoch einer kon-
§ 4 Satz 2 PatG 47 vgl. D 2 insbes. Sp. 4, Z. 21 bis 23 kreten Anregung zu der nunmehr beanspruchten Signalverwendung am Anmeldetag des Streitpatents bedurft. Eine derartige Anregung vermittelt die D 2 dem Fachmann jedoch gerade nicht, auch nicht mit der „Alles ist programmierbar“-Aussage. Stattdessen verbleibt die Gesamtoffenbarung der D 2 auf dem vor der Erfindung bekannten technischen Anwendungsstand, „…beispielsweise eine bevorzugte Befüllung in den beiden Betriebsbremskreisen über das Mehrkreisschutzventil …. zu erreichen.“48 Diese bevorzugte Befüllung erfolgt, jedenfalls solange nichts Gegenteiliges offenbart ist, regelmäßig bis zum Betriebsdruck und regt damit gerade nicht zu der erfindungsgemäßen Signalverwendung an.
Die D 3 offenbart zwar die nunmehr beanspruchte Folgewirkung, generiert das Signal zum Absperren jedoch grundlegend anders als die Erfindung und lässt dabei insbesondere den Vorratsdruck der Betriebsbremskreise unberücksichtigt. Eine Zusammenschau der D 2 mit der D 3 führt daher in logischer Konsequenz zu einer Programmierung der Steuerelektronik 52 gemäß D 2 mit der im Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 2 der D 3 offenbarten Signalgenerierung unter Vernachlässigung des Vorratsdruckes in den Betriebsbremskreisen. Damit ist aber klar, dass diese Zusammenschau von der erfindungsgemäßen Signalverwendung weg führt.
Die Berücksichtigung der übrigen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen führt nicht näher zur erfindungsgemäßen Signalverwendung. Insbesondere in den Druckschriften D 6 und D 7 ist im Gegensatz zum Vortrag der Klägerin nämlich kein vorzeitiges Lösen der Feststellbremse beschrieben. In den diesbezüglich in beiden Druckschriften übereinstimmenden Textstellen49,50 ist sinngemäß ausgeführt, dass durch die vorrangige Auffüllung der Betriebsbremskreise die Bedingungen für eine ordnungsgemäße Betätigung der Betriebsbremse gegeben sind. Als ordnungsgemäß sieht der Fachmann eine Betätigung der Betriebsbremse dann an, wenn der Betriebsbremsdruck vorhanden ist.51 Nichts anderes besagt der vgl. D 2 insbes. S. 3, Z. 8 bis 11 49 vgl. D 6 (DE 41 25 964 C1) Sp. 4, Z. 54 bis 67 50 vgl. D 7 (DE 41 09 741 C1) Sp. 6, Z. 7 bis 20 51 vgl. II, Ziff. 1.2.1 der Urteilsbegründung, letzter Absatz („ordnungsgemäße Bremsung“)
letzte Satz der Textstellen49,50, wonach erst die erforderliche Druckhöhe im Kreis III vorhanden sein muss, bevor die Feststellbremse gelöst werden kann. Denn die „erforderliche Druckhöhe“ vermittelt dem Fachmann denselben Hinweis auf eine Befüllung mit dem Betriebsbremsdruck wie die zuvor genannte „ordnungsgemäße Betätigung“. Insoweit scheint die gegenteilige Auffassung der Klägerin von der Kenntnis der Erfindung geprägt. Nach Überzeugung des Senats führt den Fachmann jedenfalls keine Zusammenschau des übrigen im Verfahren befindlichen Standes der Technik mit den vorstehend erläuterten Druckschriften D 2 und/oder D 3 zur Erfindung. Denn aus der jeweiligen Offenbarung der übrigen Entgegenhaltungen geht insbesondere eine Anregung zu der beschränkenden Folgewirkung gerade nicht hervor, wie vorstehend nachgewiesen. Folgerichtig kann sich dieses Merkmal für einen Fachmann nicht durch eine beliebige Zusammenschau einzelner oder mehrerer Entgegenhaltungen quasi aus dem Nichts einstellen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass und/oder wodurch sich das in Rede stehende Merkmal für den Fachmann ohne Weiteres ergeben könnte. Außer der D 3, welche diesbezüglich jedoch eine andere Richtung vorgibt, hat auch die fachkundige Klägerin einen entsprechenden Nachweis nicht erbracht.
Mithin ist die Signalverwendung des geltenden Patentanspruchs 1 patentfähig.
2. Patentanspruch 2
2.1. Das Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges gemäß Patentanspruch 2 ist patentfähig. Ein derartiges Steuergerät ist zweifellos gewerblich anwendbar und auch neu, denn es ist nicht mit allen beanspruchten Merkmalen aus dem Stand der Technik bekannt.
Ein Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges mit sämtlichen Merkmalen, die im Oberbegriff des Patentanspruchs 2 angegeben sind, geht ohne Weiteres erkennbar aus der D 1 hervor.52 Aus den zuvor erläuterten Gründen wird der Fachmann in Druckluftströmungsrichtung nach dem Vorratsbehälter 37.3 des Verbraucherkreises III ein Handbremsventil selbstverständlich mitlesen. Dementsprechend muss er als die dem Handbremsventil zugeordnete Steuer- und Anzeigeeinheit das Überströmventil 40.3 ggfls. mitsamt dem pneumatischen Vorsteuerventil 44.3 sowie den Drucksensor 54.3 erkennen. Diese Bauteile zeigen nämlich den Druck in der Versorgungsleitung 17.3 zum nachgeordneten Handbremsventil an und steuern ihn durch Öffnen und Absperren, wie dies auch erfindungsgemäß vorgesehen ist. Das Überströmventil 40.3 verfügt über ein pneumatisches Betätigungsmittel 41, mit dem es in die einzige Schließstellung schaltbar ist.53 Im Unterschied zum erfindungsgemäßen Steuergerät offenbart die D 1 somit nur eine und keine zusätzliche (im Sinne von einer weiteren) Schließstellung für eine zu dem Handbremsventil führende Versorgungsleitung. Darauf hat der Senat in seinem Hinweis vom 30. November 2012 bereits aufmerksam gemacht.54 Die Klägerin bestreitet im Schreiben vom 17. Dezember 2012, S. 15 zu Merkmal m´ und durch entsprechenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung die Neuheit des Steuergeräts hauptsächlich mit dem Argument, gemäß Sp. 5 Z. 39 bis 46 der D 1 werde die Schließstellung mittels eines ansteuerbaren Manschettenkolbens erreicht. Sie übersieht dabei offenbar, dass es erfindungsgemäß maßgeblich darauf ankommt, „dass die dem Handbremsventil (31) zugeordnete Steuer-und Anzeigeeinheit (30") zusätzlich eine Schließstellung für eine zu dem Handbremsventil (31) führende Versorgungsleitung (32) aufweist …“.55 Diese Schließstellung ist zusätzlich zu der jeweils einfach vorhandenen Schließstellung der vorbekannten Steuer- und Anzeigeeinheiten gemäß D 1 vorgesehen. Sie wirkt sich aus wie die Integration eines separaten Sperrventils in die vorhandene Steuer- und Anzeigeeinheit und gibt der erfindungsgemäßen Steuer- und Anzeigeeinheit für den vgl. D 1 insbes. vorstehende Fig. 1 53 vgl. D 1 insbes. Sp. 5 Z. 48 bis 55 54 vgl. insbes. Ziff. 4c 55 Zitat aus Patentanspruch 2 des Streitpatents, Unterstreichung hinzugefügt Versorgungskreis III eine neue, eigenständige Funktion, die in D 1 nicht vorweggenommen ist. Folglich kann das Argument der Klägerin nicht durchgreifen.
Aus der D 2 geht auch ohne Weiteres erkennbar ein Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges mit sämtlichen Merkmalen, die im Oberbegriff des Patentanspruchs 2 angegeben sind, hervor.56 Aus den zuvor erläuterten Gründen wird der Fachmann auch hierbei in Druckluftströmungsrichtung nach dem Vorratsbehälter 29´´ für den Verbraucherkreis III ein Handbremsventil selbstverständlich mitlesen. Dementsprechend muss er die Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´, bestehend aus dem Durchlassventil 31´´, dem Magnetventil 35´´ sowie dem Drucksensor 40´´ als diejenige erkennen, die dem (nicht dargestellten) Handbremsventil zugeordnet ist. Diese Bauteile zeigen nämlich den Druck in der Versorgungsleitung 28´´ zum nachgeordneten Handbremsventil an und steuern ihn ebenso wie dies auch erfindungsgemäß vorgesehen ist. Die Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ verfügt über eine elektromagnetische Betätigungseinheit (Magnetventil 35``), mit dem sie in ihre einzige Schließstellung schaltbar ist.57 Im Unterschied zum erfindungsgemäßen Steuergerät offenbart auch die D 2 somit nur eine einzige und keine zusätzliche (im Sinne von einer weiteren) Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ für eine zu dem Handbremsventil führende Versorgungsleitung.
vgl. D 2 insbes. Fig. 1 57 vgl. D 2 insbes. Anspruch 1 sowie Sp. 3, Z. 31 bis 35 und Z. 46 bis 50 Auch hier bestreitet die Klägerin die Neuheit des Steuergeräts u. a. mit dem Argument, Fig. 1 der D 2 zeige mit dem Durchlassventil 31´´ eine Komponente, die eine Schließstellung für die zum Handbremsventil führende Versorgungsleitung aufweise.58 Sie vernachlässigt dabei offenbar auch hier, dass es erfindungsgemäß auf die zusätzliche Schließstellung maßgeblich ankommt. Diese zusätzliche Schließstellung wirkt sich aus wie die Integration eines separaten Sperrventils in die vorhandene Steuer- und Anzeigeeinheit. Sie gibt der Steuer- und Anzeigeeinheit für den Versorgungskreis III eine neue, eigenständige Funktion, die in D 2 nicht vorweggenommen ist. Folglich kann dieses Argument der Klägerin auch im Hinblick auf die D 2 nicht durchgreifen.
Der übrige Stand der Technik zeigt unbestritten nicht einmal alle gattungsgemäßen Merkmale des Steuergerätes gemäß Patentanspruch 2. Daher hat die Klägerin dem gegenüber die Neuheit des erfindungsgemäßen Steuergerätes nicht in Frage gestellt.
2.2. Das Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage eines Kraftfahrzeuges gemäß Patentanspruch 2 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik war es nur durch eine erfinderische Tätigkeit zu erreichen.
Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit findet die D 1 aufgrund ihres Altersrangs keine Berücksichtigung.59 Schreiben der Klägerin vom 17. Dezember 2012, S. 17 zu Merkmal m´ und entsprechender Vor trag in der mündlichen Verhandlung
§ 4 Satz 2 PatG Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehende, ausführliche Erläuterung der in D 2 offenbarten Druckluftbeschaffungsanlage verwiesen. Die D 2 gibt dem Fachmann zur Ausbildung einer zusätzlichen Schließstellung bei der dem Handbremsventil zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit schon deshalb keine Veranlassung, weil die dort offenbarten Steuer- und Anzeigeeinheiten aller Verbraucherkreise ausdrücklich gleichartig sein sollen.60 Dementsprechend haben alle Steuer- und Anzeigeeinheiten eine einzige Schließstellung, die durch das jeweilige Durchlassventil 31 ausgeübt wird. Außerdem ist in D 2 als Vereinfachungsabsicht ausdrücklich hervorgehoben, ein preiswertes, kompaktes Gerät, insbesondere mit gleich aufgebauten Steuer- und Anzeigeeinheiten aufzuzeigen.61 Zwar sind in D 2 noch alternative Beispiele offenbart, bei denen beispielsweise verschiedene Durchlassventile mit Rückschlagventilen kombiniert sind62 oder Verbraucherkreise gemeinsam versorgt werden63 oder ein Trockner fehlt.64 Keiner dieser Alternativen zeigt jedoch eine zusätzliche, also eine außer der vorhandenen, weitere Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheiten. Demzufolge kann sich aus dieser Druckschrift für den Fachmann keine diametral dagegen gerichtete Anregung dahingehend ergeben, beispielsweise für die zum Handbremsventil führende Versorgungsleitung eine mit einer zusätzlichen Schließstellung versehene Steuer- und Anzeigeeinheit auszubilden, wie dies erfindungsgemäß vorgesehen ist. Wenn bereits die zusätzliche Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheit in der zum Handbremsventil führenden Versorgungsleitung durch D 2 nicht nahegelegt ist und diese Druckschrift auch nicht in der Lage ist, zu der in Patentanspruch 2 außerdem enthaltenen, erfindungsgemäßen Signalverwendung anzuregen, was unter Ziff. 1.2.3 nachgewiesen worden ist, kann dahinstehen, ob die übrigen kontrovers diskutierten Merkmale (Kolben, Regenerationsventil) ggfls. durch die D 2 bekannt oder nahegelegt sind oder nicht. Das ändert nämlich nichts daran, dass bereits zwei wesentliche Merkmale durch die D 2 nachweislich nicht nahegelegt sind.
vgl. D 2 insbes. Anspruch 1 61 vgl. D 2 insbes. Sp. 3 Z. 5 bis 12 62 D 2 siehe Fig. 2 63 D 2 siehe Fig. 3 64 D 2 siehe Fig. 4 Aufgrund dieser Bewertung der Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 2 können auch die von der Klägerin noch geltend gemachten Zusammenschauen jeweils mit D 3, D 4 oder D 5 sowie D 6 oder D 7 den Fachmann nicht zu dem erfindungsgemäßen Steuergerät hinführen.
Die unter Ziff. 1.2.2 erläuterte Offenbarung der D 3 und die unter Ziff. 1.2.3 erläuterte Zusammenschau der D 2 mit der D 3 gelten gleichermaßen im Hinblick auf das erfindungsgemäße Steuergerät. Eine zusätzliche Schließstellung einer Steuer- und Anzeigeeinheit offenbart die D 3 nicht, weil sie sich mit der Druckluftbeschaffung nicht befasst und deshalb den Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern völlig außer Betracht lässt, wie vorstehend erläutert. Dementsprechend ist das Steuergerät gemäß Patentanspruch 2 mit den Kenntnissen, welche D 2 und D 3 dem Fachmann vermitteln, nicht zu erreichen.
Die rein mechanisch/pneumatisch aufgebaute Druckluftbremsanlage gemäß D 4 offenbart deren Druckluftbeschaffungsteil lediglich als konventionellen Kompressor 12 bzw. 212, der die verschiedenen Druckluftbehälter 14, 16, 18 und 20 bzw. 214, 216, 218 und 220 füllt, sobald der Fahrzeugmotor gestartet wird.65 Eine Steuer- und Anzeigeeinheit im erfindungsgemäßen Sinn ist ebenso wenig Gegenstand dieser Druckluftbremsanlage wie ein Mehrkreisschutzventil, in dem die Steuer- und Anzeigeeinheiten für gewöhnlich angeordnet sind. Demzufolge kann sich durch eine Zusammenschau mit der D 4 die fehlende zusätzliche Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheit gemäß D 2 nicht ergeben.
vgl. D 4 insbes. Figuren 1 und 3 i. V. m. Sp. 1 Z. 33 bis 38, Sp. 4 Z. 12 bis 14 und Sp. 5 Z. 21 bis 24 Dasselbe gilt auch für eine Zusammenschau mit dem Druckhalteventil gemäß D 5. Diese Druckschrift übergeht den Druckbeschaffungsteil und die Betriebsbremse völlig. Sie setzt gemäß den Ausführungsbeispielen zu den Figuren 1 und 4 jeweils einen gefüllten Vorratsbehälter 10 einer Feststellbremsanlage voraus, um anschließend das spezielle Druckhalteventil und dessen Funktion zu beschreiben.66 Folglich offenbart sie weder ein Steuergerät für eine Druckluftbeschaffungsanlage noch ein Mehrkreisschutzventil, das mehrere Steuer- und Anzeigeeinheiten aufweist, geschweige denn eine Steuer- und Anzeigeeinheit mit einer zusätzlichen Schließstellung. In der Zusammenschau kann sie daher zu der fehlenden Schließstellung der Steuer- und Anzeigeeinheit gemäß D 2 nichts beitragen.
Die Mehrkreisschutzventile gemäß D 6 und D 7 führen aufgrund des in Ziff. 1.2.3 dargelegten fachmännischen Verständnisses offensichtlich in keiner Zusammenschau zu dem Steuergerät gemäß Patentanspruch 2.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere der von der Beklagten genannte Stand der Technik wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum Patentanspruch 2 nicht aufgegriffen. Sie können ebenfalls keine Anregungen zum beanspruchten Gegenstand geben.
Somit ist das Steuergerät des Patentanspruchs 2 patentfähig.
3. Patentanspruch 6
3.1 Die Druckluftbeschaffungsanlage gemäß Patentanspruch 6 ist ebenfalls patentfähig. Sie ist zweifellos gewerblich anwendbar und auch neu, denn eine derartige Anlage mit allen beanspruchten Merkmalen ist aus dem Stand der Technik nicht bekannt.
vgl. D 5 insbes. Sp. 2 Z. 21 bis 28 Die im Oberbegriff des Patentanspruchs 6 enthaltenen gegenständlichen Merkmale einer Druckluftbeschaffungsanlage mitsamt einem Steuergerät sind inhaltlich mit denjenigen identisch, die im Oberbegriff des Patentanspruchs 2 enthalten sind. Insofern und zur Vermeidung von Wiederholungen gelten die entsprechenden Ausführungen unter Ziff. 2.1 hier entsprechend. Diese Merkmale sind unbestritten in D 1 offenbart. Die erfindungsgemäße Weiterbildung dieser Druckluftbeschaffungsanlage besteht in der Hauptsache aus einem Sperrventil, das in der Versorgungsleitung angeordnet ist, die von der dem Handbremsventil zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit zu dem Handbremsventil führt. Dies zeigt die D 1 nicht, worauf der Senat bereits in seinem Hinweis vom 30. November 2012 aufmerksam gemacht hat.67 Denn in Strömungsrichtung der Druckluft betrachtet, endet die dem Handbremsventil zugeordnete Steuer- und Anzeigeeinheit am Druckluftausgang des Überströmventils 40.3, bzw. am Drucksensor 54.3.68 Im daran anschließenden Teil der Versorgungsleitung 17.3 ist nach D 1 nur noch der Vorratsbehälter 37.3 vorgesehen, aus dem das selbstverständlich mitgelesene, aber nicht mehr gezeigte Handbremsventil seine Druckluft bezieht. Dieser Teil der Versorgungsleitung 17.3, um den es erfindungsgemäß geht, ist unterbrechungsfrei dargestellt; aus der gesamten Druckschrift geht nichts anderes hervor. In Ermangelung eines Sperrventils kann die D 1 natürlich auch keine Ansteuerung dafür offenbaren. Auch insoweit unterscheidet sie die Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 1 von der erfindungsgemäßen.
Nach dem schriftlichen Vortrag der Klägerin vom 17. Dezember 2012, insbes. S. 11 zu Merkmal m), den sie in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, soll das in Rede stehende Sperrventil durch das Überströmventil 40.3 selbst gebildet sein. Für diese vergleichende Interpretation lässt eine objektive Betrachtung allerdings keinen Raum, weil das Überströmventil 40.3 mitsamt dem Drucksensor 54.3 Bestandteile der Steuer- und Anzeigeeinheit gemäß D 1 sind, wie vorstehend erläutert. Aus diesem Grund ist ausgeschlossen, dass es in derjenigen Blatt 150 GA Ziff. 4b 68 vgl. D 1 insbes. Fig. 1 Versorgungsleitung angeordnet sein kann, die von der Steuer- und Anzeigeeinheit wegführt.
Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 2 im gleichen Maße. Denn auch hierbei ist im Anschluss an die Steuerund Anzeigeeinheit 30´´ kein Sperrventil vorgesehen.69 Vielmehr ist die Versorgungsleitung 28´´, die von einem aus dem Vorratsbehälter 29´´ mit Druckluft versorgten Handbremsventil zu der zugeordneten Steuer- und Anzeigeeinheit 30´´ führt, unterbrechungsfrei offenbart. Die mit den gleichen Argumenten dagegen stehende Auffassung der Klägerin kann hier ebenso wenig überzeugen wie zuvor.
Der übrige Stand der Technik zeigt unbestritten nicht einmal alle gattungsgemäßen Merkmale der Druckluftbeschaffungsanlage gemäß Patentanspruch 6. Daher hat die Klägerin dem gegenüber die Neuheit der erfindungsgemäßen Druckluftbeschaffungsanlage zu Recht nicht in Frage gestellt.
3.2. Die Druckluftbeschaffungsanlage gemäß Patentanspruch 6 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik war sie nur durch eine erfinderische Tätigkeit zu erreichen.
Bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit findet die D 1 aufgrund ihres Altersrangs keine Berücksichtigung.70 Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehende, ausführliche Erläuterung der in D 2 offenbarten Druckluftbeschaffungsanlage verwiesen. Die D 2 gibt dem Fachmann zur Einrichtung eines Sperrventils im Anschluss an die dem Handbremsventil zugeordnete Steuer- und Anzeigeeinheit keine Veranlassung, weil sie ein preiswertes, kompaktes Gerät aufzeigen will, das alle Bestandteile der Druckluftaufbereitungsanlage in einem gemeinsamen Gehäuse integriert.71 Dazu zählen insbesondere die kreiszugehörigen, jeweiligen Steuer- und Anzeigeeinhei- vgl. D 2 insbes. Fig. 1 70 § 4 Satz 2 PatG 71 vgl. D 2 insbes. Sp. 2 Z. 29 bis 36 sowie Sp. 3 Z. 5 bis 12 ten, deren ausdrücklicher Bestandteil ein Drucksensor zur Erfassung des Vorratsdrucks ist.72 Die in D 2 noch genannten alternativen Beispiele bezeichnen sämtliche Ventilvariationen, die innerhalb des gemeinsamen Gehäuses vorzunehmen sind.73 Demzufolge geht aus dieser Druckschrift für den Fachmann keine Anregung zur Anordnung eines Sperrventils im Anschluss an die zum Handbremsventil führende Versorgungsleitung hervor. Folgerichtig gilt dies auch für die Steuerung eines derartigen Sperrventils.
Aufgrund dieser Bewertung der Druckluftbeschaffungsanlage gemäß D 2 können auch die von der Klägerin noch geltend gemachten Zusammenschauen jeweils mit D 3, D 4 oder D 5 sowie D 6 oder D 7 den Fachmann nicht zu der erfindungsgemäßen Druckluftbeschaffungsanlage hinführen.
Eingedenk der insbesondere unter II Ziff. 1.2.2 erläuterten Offenbarung zeigt die D 3 ein der Steuer- und Anzeigeeinheit nachgeschaltetes Sperrventil in der Versorgungsleitung, die zu dem Handbremsventil 9 bzw. 25 führt, gerade nicht. In den Figuren ist lediglich der Vorratsbehälter 10 gezeigt, von dem sich die Versorgungsleitung zum jeweiligen Handbremsventil unterbrechungsfrei erstreckt. Mit der Druckluftbeschaffung befasst sich die Druckschrift nicht und setzt deshalb den Vorratsdruck in den den Betriebsbremskreisen zugeordneten Behältern nicht zu irgendeiner Steuerung ein, wie vorstehend erläutert. Dementsprechend kann eine Zusammenschau der D 2 und D 3 keine Druckluftbeschaffungsanlage nahelegen mit einen Sperrventil und erst recht nicht mit der erfindungsgemäßen Anordnung und Steuerung.
Auch die Druckluftbremsanlage gemäß D 4 zeigt weder eine Steuer- und Anzeigeeinheit im erfindungsgemäßen Sinn noch ein nachgeordnetes Sperrventil. Demzufolge kann sich dieses Sperrventil durch eine Zusammenschau mit der Druckluftbeschaffungsanlage nach D 2 nicht ergeben.
vgl. D 2 insbes. Sp. 3 Z. 1 bis 5 73 vgl. D 2 insbes. Figuren 3 bis 6 Dasselbe gilt auch für eine Zusammenschau mit dem Druckhalteventil gemäß D 5, weil diese Druckschrift den Druckbeschaffungsteil und die Betriebsbremse völlig außer Betracht lässt. In der Zusammenschau kann sie daher zu dem fehlenden Sperrventil der Steuer- und Anzeigeeinheit gemäß D 2 nichts beitragen.
Die Mehrkreisschutzventile gemäß D 6 und D 7 führen aufgrund des in Ziff. 1.2.3 dargelegten fachmännischen Verständnisses offensichtlich in keiner Zusammenschau zu der Druckluftbeschaffungsanlage gemäß Patentanspruch 6.
Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften, insbesondere der von der Beklagten genannte Stand der Technik wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum Patentanspruch 6 nicht mehr angeführt. Sie können ebenfalls keine Anregungen zum beanspruchten Gegenstand geben.
Somit ist auch die Druckluftbeschaffungsanlage des Patentanspruchs 6 patentfähig.
4. Mit den tragenden Patentansprüchen 2 und 6 haben auch die darauf jeweils rückbezogenen Patentansprüche 3 bis 5 und 7 Bestand.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
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