Paragraphen in 10 W (pat) 14/10
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5 | 123 | PatG |
1 | 2 | PatKostG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 14/10
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent DE 60 2005 004 256.3-08 (= EP 1 700 744) hier: Wiedereinsetzung hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 2. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und des Richters Eisenrauch BPatG 152 08.05 beschlossen:
-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 7. März 2005 eingereichte Anmeldung wurde der Patentinhaberin mit Wirkung u. a. für die Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent 1 700 744 mit der Bezeichnung "Handschuhfach für Geländefahrzeug" erteilt. Das in der Verfahrenssprache Englisch vom Europäischen Patentamt am 9. Januar 2008 veröffentlichte Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Nummer 60 2005 004 256.3 geführt.
Das DPMA wies mit Bescheid vom 9. Januar 2008, der an die deutschen Vertreter der Patentinhaberin gerichtet war, darauf hin, dass bei fremdsprachigen europäischen Patenten innerhalb einer Frist von drei Monaten, beginnend mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung im europäischen Patentblatt, eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen und eine Gebühr von 150,- € für deren Veröffentlichung zu entrichten sei. Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2008 unterrichtete das Patentamt die Patentinhaberin davon, dass wegen Nichterfüllung der vorgenannten Erfordernisse die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten würden.
Am 11. Dezember 2008 stellte die Patentinhaberin einen Antrag auf Wiedereinsetzung "gegen die Versäumung der Geltendmachung des Rechts auf Abzweigung" und legte unter der Überschrift "Schutzansprüche" die deutsche Übersetzung des einzigen Patentspruchs vor. Zur Begründung trug sie vor, die Frist zur "Einreichung der Anmeldeunterlagen" sei ohne Verschulden versäumt worden. Die deutschen Vertreter seien von der taiwanesischen Vertreterkanzlei mit dem Verfahren der Patentanmeldung beauftragt worden. Ursache für die Fristversäumung sei ein Terminierungsfehler einer Mitarbeiterin in der Kanzlei in Taiwan gewesen. Diese habe, nachdem sie am 20. Februar 2008 den Erteilungsbeschluss des Europäischen Patentamts erhalten habe, als Fristablauf fälschlich den 9. April 2009, statt korrekt den 9. April 2008 notiert, was darauf zurück zu führen sei, dass die Mitarbeiterin im Februar 2008 an einer Erkrankung gelitten habe. Ansonsten habe diese seit fast 20 Jahren stets einwandfrei und korrekt gearbeitet. Der Fehler sei erst nach Eingang einer Statusabfrage von der Kanzlei in Taiwan zutage getreten, woraufhin sich die deutschen Vertreter am 20. August 2008 mit dem Patentamt telefonisch in Verbindung gesetzt hätten.
Auf einen Zwischenbescheid des Patentamts, wonach der Wiedereinsetzungsantrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden und auch die versäumte Handlung, nämlich die "Abzweigung eines Gebrauchsmusters" nicht nachgeholt worden sei, erklärte die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 27. April 2009, dass sich der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht auf die Frist zur Einreichung einer Gebrauchsmusteranmeldung, sondern auf die Frist zur Einreichung einer deutschen Übersetzung der europäischen Patentschrift sowie der Entrichtung der Veröffentlichungsgebühr von 150 Euro beziehe. Zudem sei ihr Wiedereinsetzungsantrag vom 11. Dezember 2008 auch als Antrag auf Wiedereinsetzung in die Antragsfrist anzusehen. Der Wiedereinsetzungsantrag sei nämlich zunächst an das Europäische Patentamt gerichtet worden; dortiges Eingangsdatum sei der 2. Oktober 2008. Das Europäische Patentamt habe mit Schreiben vom 27. Oktober 2008, das die Vertreter am 29. Oktober 2008 erhalten hätten, mitgeteilt, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung an das national zuständige Amt gerichtet werden müsse, was dann zu dem Wiedereinsetzungsantrag vom 11. Dezember 2008 geführt habe. Aufgrund der Ratifizierung des Londoner Abkommens sei zunächst davon ausgegangen worden, dass das Hindernis mit dem Inkrafttreten des Abkommens am 1. Mai 2008 automatisch beseitigt worden und die Nachreichung von Unterlagen und die Zahlung einer Gebühr nicht mehr nötig gewesen sei.
Auf einen weiteren Zwischenbescheid des DPMA, wonach der Vortrag der Patentinhaberin keine Gründe dafür erkennen lasse, dass die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung ohne Verschulden versäumt worden sei, trug die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 2. November 2009 vor, die Erkrankung der Mitarbeiterin in der taiwanesischen Kanzlei sei sowohl ursächlich für die fehlende Fristüberwachung als auch für die Eingabe beim Europäischen Patentamt gewesen. Die Erkrankung habe dazu geführt, dass diesseits kein Ansprechpartner zur Verfügung gestanden habe, eine Absprache hinsichtlich des weiteren Vorgehens mit der Kanzlei in Taiwan sei aber dringend erforderlich gewesen. Die Eintragung des falschen Fristablaufs habe dazu geführt, dass sich die Sache der Fristenkontrolle entzogen habe und daraufhin zunächst fälschlicherweise beim Europäischen Patentamt eingereicht worden sei.
Das DPMA – Patentabteilung 21 - wies den Wiedereinsetzungsantrag schließlich durch Beschluss vom 9. Dezember 2009 zurück. Zur Begründung ist darin im Wesentlichen ausgeführt, die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung sei nicht ohne Verschulden versäumt worden. Die Patentinhaberin habe am 20. August 2008 erkannt, dass die Frist für die Einreichung der Übersetzung und die Zahlung der Veröffentlichungsgebühr verstrichen war, womit das Hindernis weggefallen sei. Die Wiedereinsetzung sei daher bis zum 20. Oktober 2008 zu beantragen und die versäumte Handlung nachzuholen gewesen, beides sei nicht geschehen. Von einem Rechts- und Patentanwalt sei bei üblicher und zumutbarer Sorgfalt zu erwarten, dass er die Wiedereinsetzung in eine vom DPMA gesetzte Frist bei diesem Amt und nicht beim Europäischen Patentamt beantrage. Bei dieser Sachlage sei der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen. Die Wirkungen des europäischen Patents gälten damit für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin, die sinngemäß beantragt,
- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und - ihr Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung einer Übersetzung ihres europäischen Patents und zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung des Patents zu gewähren.
Zur Begründung führt die Patentinhaberin aus, der Antrag auf Wiedereinsetzung sei fristgerecht am 2. Oktober 2008 beim Europäischen Patentamt eingegangen. Dies sei so zu behandeln, als ob der Antrag beim DPMA eingegangen wäre. Die Versendung an das Europäische Patentamt sei aufgrund eines Kommunikationsfehlers zwischen dem taiwanesischen und dem deutschen Vertreter der Patentinhaberin erfolgt, und dieser Fehler sei auf die Erkrankung einer sonst zuverlässigen Mitarbeiterin in der taiwanesischen Kanzlei zurückzuführen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde vom DPMA zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, weil die Patentinhaberin eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erlitten hat (§ 123 Abs. 1 PatG).
Bei der Frist handelt es sich um die dreimonatige Frist zur Einreichung einer Übersetzung des erteilten europäischen Patents nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG (in der bis zum 30. April 2008 geltenden Fassung) und zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung des Patents (§ 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Gebührenverzeichnis Nr. 313 820). Die genannten Vorschriften sind nach der Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG für Altfälle wie den vorliegenden, in denen die Patenterteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, weiterhin anwendbar (BGH GRUR 2011, 1053 - Ethylengerüst). Die Frist hat mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt am 9. Januar 2008 zu laufen begonnen und endete am 9. April 2008. Eine Übersetzung wurde aber erst zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 11. Dezember 2008 eingereicht, und eine Gebührenzahlung ist bis heute nicht feststellbar. Die verspätete Übersetzung und fehlende Gebührenzahlung führen nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG a. F. dazu, dass die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang nicht eingetreten gelten.
2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unzulässig, weil die zweimonatige Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG, die mit Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnt, nicht eingehalten wurde.
a) Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Aufwendung der ihnen zuzumutbaren Sorgfalt nicht mehr gehindert sind, die versäumte Handlung vorzunehmen, oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist der Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rdn. 27). Die taiwanesischen Vertreter der Patentinhaberin haben die Versäumung spätestens am 20. August 2008 erkannt und an diesem Tag die deutschen Vertreter unterrichtet. Der Wiedereinsetzungsantrag hätte daher bis zum 20. Oktober 2008 gestellt werden müssen, tatsächlich ist er verspätet am 11. Dezember 2008 beim DPMA eingegangen.
b) Der behauptete Eingang eines Wiedereinsetzungsantrags beim Europäischen Patentamt am 2. Oktober 2008 ist ohne Bedeutung, denn dieser Eingang kann dem Eingang beim DPMA nicht gleichgestellt werden (vgl. BPatGE 49, 1 - Irrläufer; die frühere Verwaltungsvereinbarung zwischen EPA und DPMA über den Zugang von Schriftstücken wird seit dieser Entscheidung nicht mehr angewendet, vgl. BlPMZ 2005, 273). Dass der Antrag beim DPMA zu stellen ist, ergibt sich ohne Weiteres aus dem Umstand, dass es bei Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG a. F. um eine gegenüber dem DPMA einzuhaltende Frist geht und das DPMA auch über den Antrag zu entscheiden hat (§ 123 Abs. 3 PatG).
c) Die Patentinhaberin hat im Verfahren vor dem Patentamt mit Schriftsatz vom 27. April 2009 erklärt, dass ihr Schriftsatz vom 11. Dezember 2008 auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Antragsfrist beinhalte. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Erklärung nicht ihrerseits verspätet ist. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass die Antragsfrist für den (ersten) Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Frist zur Einreichung der Übersetzung und Zahlung der Gebühr ohne Verschulden versäumt worden ist. Die inländischen Vertreter hätten - nachdem das Versäumnis am 20. August 2008 zutage getreten war - erkennen müssen, dass die Wiedereinsetzung beim DPMA, und nicht beim Europäischen Patentamt, zu beantragen war. Es ist nicht schlüssig vorgetragen, aus welchen Gründen die Erkrankung der taiwanesischen Mitarbeiterin für diesen Fehler ursächlich gewesen sein könnte. Ebenso hätte ein Patent- oder Rechtsanwalt wissen bzw. sich kundig machen müssen, dass das Übersetzungserfordernis im vorliegenden Fall nach der genannten Übergangsregelung weiter gilt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG ist daher jedenfalls unbegründet.
d) Zudem fehlt es nicht nur an der Einhaltung der Antragsfrist, sondern an der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 123 Abs. 2 Satz 3, wonach innerhalb der Antragsfrist die versäumte Handlung nachzuholen ist. Die Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung hätte somit innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses nachentrichtet werden müssen. Tatsächlich ist (ausweislich der Amtsakte) diese Gebühr bis heute nicht gezahlt worden. Da gemäß § 123 Abs. 2 Satz 4 PatG die versäumte Handlung ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist nicht mehr nachgeholt werden kann, kommt eine Wiedereinsetzung auch aus diesem Grund nicht in Betracht.
3. Wegen der Unzulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags bedarf es keiner Beantwortung der Frage, ob die vorgetragenen Gründe die Wiedereinsetzung (bei Zulässigkeit des Antrags) rechtfertigen würden.
Rauch Püschel Eisenrauch prö
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