Paragraphen in 11 W (pat) 29/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 29/14 Verkündet am 28. Juni 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
ECLI:DE:BPatG:2018:280618B11Wpat29.14.0 betreffend das Patent 10 2009 032 925 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Kruppa, Dipl.-Ing. (Univ.) Wiegele und Dipl.-Ing. (Univ.) Gruber beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juli 2014 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
- Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung und Figuren gemäß Patentschrift.
Gründe I.
Auf die am 14. Juli 2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung
„Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur auf einer flächig ausgebildeten Funktionslage“
am 27. Januar 2011 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent durch Beschluss vom 24. Juli 2014 widerrufen hat.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 14 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juli 2014 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
- Patentansprüche 1 bis 9, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2018;
- Beschreibung und Figuren gemäß Patentschrift.
Die Einsprechende beantragt,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die Einsprechende macht geltend, das Streitpatent sei nicht patentfähig. Sie hat ihr Vorbringen auf die im Einspruchsverfahren berücksichtigten Druckschriften und Dokumente D1 DE 10 2004 033 906 A1 D2 DE 10 2008 023 872 A1 D3 DE 44 21 219 A1 D4 DE 200 17 774 U1 D5 US 6,250,645 B1 D6 DE 10 2006 047 424 A1 D7 WO 2005/022009 A2 D8 DE 10 2007 019 946 A1 D9 DE 198 21 350 A1 D10 Fragenkatalog Klausurvorbereitung, Wintersemester 2008/2009:
Teil 1: Umformen, 11.02.2009 D11 Prof. M…: 3. Umformen, IAM-2005, S. 1 bis 33 gestützt.
Im Beschwerdeverfahren wurden darüber hinaus noch die Druckschriften und Dokumente D12 E…: Neue Zylinderkopfdichtung mit integrierter Dichtspaltsensorik, MTZ Motorentechnische Zeitschrift 60 (1999) 3, 1999, S. 148 – 149 D13 DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: Fertigungsverfahren Druckumformen, DIN 8583-1, September 2003, S. 1 bis 4 D14 Maschinenbau Physik, ahoefler.de: Kaltverfestigung; Internetveröffentlichung, abgerufen am 18.06.2018 D15 DE 698 23 856 T2 D16 SU 1141254 A D16e EPO Patent Translate: Maschinenübersetzung der D16 D17 EP 1 600 671 A1 D18 EP 1 482 218 A1 genannt.
Der geltende Patentanspruch 1 mit hinzugefügter Gliederungsnummerierung lautet:
1.1 Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur (2) 1.2 auf einer flächig ausgebildeten Funktionslage (1), 1.3 bei dem ein Umformwerkzeug (4) mit zumindest einer dem gewünschten Querschnitt der Dichtkontur (2) angepassten Formausnehmung (10) 1.4 auf die Funktionslage (1) mit einer vorgebbaren Druckkraft aufgepresst wird, 1.5 die ausreicht, das Material der Funktionslage (1) in die zumindest eine Formausnehmung (10) unter Bildung einer Dichtkontur zumindest teilweise einzuformen, 1.6 und dabei die Dichtkontur einer Innenkontur der Formausnehmung genau angepasst hergestellt wird, 1.7 wobei mittels einer am Umformwerkzeug (4) außerhalb der Formausnehmung (10) befindlichen Verdrängereinrichtung (16) 1.8 unter der Einwirkung der Druckkraft beim Herstellen der Dichtkontur (2) Materialanteile der Funktionslage (1) in Richtung auf die Formausnehmung (10) verdrängt werden, 1.9 wobei durch als Verdrängereinrichtung dienende Verdrängerkörper (16), die neben der jeweiligen Formausnehmung (10) an der Stirnfläche (18) eines Prägestempels des Umformwerkzeuges (4) vorspringend angeordnet sind, Materialteile der Funktionslage (1) in Richtung auf den Innenraum der Formausnehmung (10) verdrängt werden, 1.10 wobei die Dichtkontur in Form einer Mikroprägung (2) der Funktionslage (1) ausgebildet wird und 1.11 die Dichtkontur (2) in Form zumindest einer rippenartigen Erhebung mit schmalem, einen Dichtlinienbereich bildendem Gipfel (12) und breiterem an die Funktionslage (1) angrenzendem Fußteil geformt wird, 1.12 und der Gipfel der zumindest einen rippenartigen Erhebung eine spitze Gipfelform aufweist oder auf zumindest einem Teil des Gipfels (12) der zumindest einen rippenartigen Erhebung eine Feinkontur in Form von mindestens einer linienhaften, nutartigen Vertiefung oder in Form eines wulstartigen Vorsprungteils angebracht ist.
Der nebengeordnete Patentanspruch 6 lautet:
„Getriebesteuerplatte (14), die zumindest eine Funktionslage (1) mit mindestens einer gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellten Dichtkontur (2) aufweist.“
Zum Wortlaut der abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 und 7 bis 9 sowie den weiteren Einzelheiten wird auf die Amts- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
A.
Die zulässige Beschwerde ist nunmehr begründet.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur auf einer flächig ausgebildeten Funktionslage. Ferner bezieht sich das Streitpatent auch auf eine Getriebesteuerplatte, die zumindest eine Funktionslage mit einer nach diesem Verfahren hergestellten Dichtkontur aufweist (vgl. Abs. [0001]).
In der Beschreibung wird ausgeführt, bei Getriebesteuerplatten müssten große Abdichtlängen bei nur geringen zulässigen Bauteildeformationen gewährleistet werden. Hierzu würden mittels Siebdruck Dichtsysteme auf Trägerplatten aufgebracht. Allerdings ließen sich über entsprechende Siebdruckverfahren nur Dichtkonturen mit einer Mindestbreite darstellen, die aber die maximal darstellbare Dichtungsbreite bei Labyrinthstrukturen von Getriebesteuerplatten bereits überschreiten würden. In einem aufwendigen zusätzlichen Montageschritt könnten alternativ Elastomer-Dichtlippen auf dem Träger – beispielsweise stoffschlüssig angeordnet werden. Die Herstellung von feinen Konturformen sei allerdings auch mit diesen Verfahren nicht möglich (vgl. Abs. [0002], [0003]).
Ein Verfahren zum Herstellen einer metallischen Flachdichtung, insbesondere einer Zylinderkopfdichtung, mit einer Metalllage, die an dem Endbereich einer Durchgangsöffnung, die einer Brennraumöffnung entspreche, einen durch Fließpressen gebildeten Vorsprung zur Abstützung einer Sicke aufweise, sei in der Druckschrift DE 195 40 533 A1 offenbart. Der Durchmesser der Durchgangsöffnung der Metalllage sei kleiner als der Durchmesser der Brennraumöffnung ausgebildet, wodurch ein in die Brennraumöffnung ragender Abschnitt gebildet sei, der mit Hilfe eines Prägewerkzeugs zunächst verformt würde, so dass ein Teil des Abschnittes zur Bildung des Vorsprungs in Richtung der Brennraumöffnungskante fließe und anschließend die Durchgangsöffnung auf den Durchmesser der Brennraumöffnung vergrößert würde, indem der Abschnitt von der Metalllage abgetrennt würde (vgl. Abs. [0006]).
Aufgabe des Streitpatents sei es, ein Verfahren anzugeben, mit dem Dichtkonturen auch mit feinen Konturformen exakt auf einer als Träger dienenden Funktionslage gebildet werden könnten, wobei dieses Verfahren auch einfach durchführbar sein solle (vgl. Abs. [0007]).
2. Der mit der Lösung dieser Aufgabe befasste Fachmann ist ein Diplomingenieur des Maschinenbaus mit Fachhochschulabschluss oder entsprechendem akademischen Grad, der über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Konstruktion und Fertigung von Dichtsystemen verfügt.
Die Lösung bestünde in einem Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
3. Einige Merkmale der vorgeschlagenen Lösung bedürfen der Erläuterung.
Der Patentanspruch 1 stellt auf ein Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur ab [M1.1], bei dem ein Umformwerkzeug auf eine flächige Funktionslage mit einer definierten Druckraft aufgepresst wird [M1.2], [M1.4]. Das Umformwerkzeug soll hierzu eine Formausnehmung aufweisen, die dem Querschnitt der gewünschten Dichtkontur entspricht [M1.3]. An einem Prägestempel des Umformwerkzeuges sind seitlich neben der Formausnehmung an der Stirnseite vorspringende Verdrängerkörper gefordert [M1.7], [M1.9]. Diesbezüglich ist in den Figuren 2 und 3 des Streitpatents gezeigt, dass ein Übergang von der Stirnseite des Prägestempels zu jedem Verdrängerkörper mit einem Versatz auszubilden ist. Die Verdrängerkörper sollen beim Aufpressen auf die Funktionslage Materialteile der Funktionslage in Richtung auf den Innenraum der Formausnehmung verdrängen [M1.8], [M1.9], so dass die Dichtkontur so genau angepasst an die Innenkontur der Formausnehmung [M1.6] in Form einer Mikroprägung [M1.10] mit einer rippenartigen Erhebung hergestellt werden kann. Diese rippenartige Erhebung ist mit einem schmalen, einen Dichtlinienbereich bildenden Gipfel und mit einem breiteren an die Funktionslage angrenzenden Fußteil definiert [M1.11].
Zum Verständnis und zur Auslegung der anspruchsgemäßen Mikroprägung [M1.10] und der rippenartigen Erhebung [M1.11] ist im Streitpatent zunächst beschrieben, dass die Figuren des Streitpatents nicht maßstäblich seien und dass die dargestellten Mikroprägungen gegenüber der Materialdicke weit übertrieben groß dargestellt seien (vgl. Abs. [0027], Fig. 4). Im Absatz [0031] des Streitpatents sind vorteilhafte Dimensionsangaben einer Mikroprägung angegeben, die unter Wahrung der Proportionen der folgenden Figur zugrunde liegen und anhand derer ein Verständnis der in den geforderten Merkmalen des Verfahrens nach Patentanspruch verwendeten Begrifflichkeiten gewonnen werden kann:
Mit Blick auf die obenstehende Figur ist gemäß der Lehre des Streitpatents unter einer rippenartigen Erhebung auch ein langgestrecktes Trapez zu verstehen, dessen Plateau den anspruchsgemäßen Gipfel mit einem flächigen Dichtlinienbereich bildet, wobei auf den geforderten schmalen Gipfel auch ein gegenüber dem Fußteil lediglich schmaleres Plateau gelesen werden kann. Die rippenartige Erhebung bildet mit ihrem durch den Prägenvorgang gegenüber dem Niveau der Funktionslage geringfügig erhöht ausgebildeten Gipfel die Dichtkontur in Form der Mikroprägung aus.
Zur Bildung der Dichtkontur in Form der Mikroprägung sollen die Verdrängerkörper des Umformwerkzeuges Materialteile der Funktionslage in Richtung auf den Innenraum der Formausnehmung verdrängen [M1.9]. Der Senat geht diesbezüglich davon aus, dass es beim Einpressen der Verdrängerkörper in die Funktionslage zu einem seitlichen Fließen von Material der Funktionslage quer zur Prägerichtung in die Formausnehmung kommen soll. Ob die Formausnehmung ausschließlich durch die von diesen seitlichen Verdrängerkörpern verdrängten Materialteilen aufzufüllen ist, oder ob bspw. durch weitere Verdrängerkörper desselben oder eines zusätzlichen Umformwerkzeuges beim Prägevorgang andere Materialteile der Funktionslage ebenfalls in den Innenraum der Formausnehmung fließen, ist über die Merkmale 1.8 und 1.9 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 nicht festgelegt. Dem Streitpatent ist diesbezüglich zu entnehmen (vgl. Fig. 1 i. V. m. Abs. [0025]), dass Dichtkonturen auch beidseitig der Funktionslage aufgeprägt werden können.
Bei einem solchen beidseitigen Prägevorgang kommt es zu einem multi-direktionalen Fließen von Materialteilen der Funktionslage oder auch zu einem „Durchprägen“ in die verschiedenen Formausnehmungen.
Das Merkmal 1.12 i. V. m. dem Merkmal 1.6 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 dahingehend zu verstehen, dass die Formausnehmung entsprechend der jeweiligen Gipfelkontur ausgebildet ist, so dass mit der rippenartigen Erhebung im selben Fertigungsschritt auch deren Gipfelprofil in Form eines spitzen Gipfels, einer nutartigen Vertiefung oder eines Wulstes zu prägen ist.
B.
1. Die Patentansprüche sind zulässig.
Die Merkmale 1.1 bis 1.5 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 gehen auf den ursprünglichen Patentanspruch 1 zurück. Im die Seiten 3 und 4 überspannenden Absatz der ursprünglichen Beschreibung ist das Merkmal 1.6 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 offenbart. Die Merkmale 1.7 bis 1.11 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 fußen auf den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 5. Das Merkmal 1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 geht aus der ursprünglichen Beschreibung, hier der Seite 7, erster unvollständiger Absatz und der Seite 10, einziger Absatz hervor.
Der Nebenanspruch 6 basiert auf dem ursprünglichen Patentanspruch 10.
Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 sowie 7 bis 9 gehen auf die ursprünglichen Patentansprüche 6 bis 9 sowie 11 bis 13 zurück.
Im Streitpatent finden die Merkmale ihre Stütze entsprechend in den erteilten Patentansprüchen 1 bis 4 sowie Abs. [0033] der Beschreibung, dem nebengeordneten Patentanspruch 9 sowie den Unteransprüchen 5 bis 8 und 10 bis 12.
2. Das Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur sowie die Getriebesteuerplatte gemäß den Patentansprüchen 1 und 6 sind patentfähig.
a) Das Verfahren nach Patentanspruch 1 ist neu.
Die Druckschrift D1 (vgl. Abs. [0020], Fließpressen) offenbart ein Verfahren zum Herstellen einer Dichtlage (vgl. Fig. 1 und 2, Dichtlage 22) einer Zylinderkopfdichtung. Im Rahmen dieses Herstellverfahrens ist vorgesehen, auf einer flächigen Funktionslage [M1.2] der Dichtlage 22 Vertiefungen 30 und Erhebungen 32 (vgl. Fig. 2) – also eine Kontur – mittels eines Fließpressprozesses auszubilden. Die Druckschrift D1 lehrt, dass die Dichtlage 22 an sich bereits die Abdichtwirkung der Zylinderkopfdichtung erhöht (vgl. Abs. [0019]), also eine Dichtfunktion erfüllt, sich aber auch mit ihrer Kontur direkt auf Gehäuseteilen eines Motors abstützend montieren lässt (vgl. Abs. [0025]), wobei die Kontur dann direkt abdichtend gegenüber dem Brennraum des Motors wirkt. Über die aus den Vertiefungen 30 und Erhebungen 32 gebildete Kontur ist demnach auch eine, eine dichtende Funktion ausübende Dichtkontur offenbart [M1.1].
Aus der Druckschrift D1 ist auch bekannt, dass ein Formgebungswerkzeug, also ein Umformwerkzeug für das Fließpressen Formwände aufweist, die den Außenflächen der Dichtkontur mit ihren Vertiefungen 30 und Erhebungen 32 entsprechen (vgl. Abs. [0020]). Beim Fließpressprozess bilden dann Formbacken des Umformwerkzeuges die Vertiefungen 30 bzw. sich an die Formbacken entsprechend der Kontur der Erhebungen 32 anschließende Formausnehmungen des Umformwerkzeuges die Erhebungen 32 aus (vgl. Fig. 2 i V. m. Abs. [0020]). Die Formausnehmungen des Umformwerkzeuges sind dem gewünschten Querschnitt der Dichtkontur angepasst (vgl. Fig. 2, Abs. [0020], Querschnittsformen) [M1.3]. Das offen- barte Fließpressverfahren umfasst ein Aufpressen des Umformwerkzeuges auf die Funktionslage, wobei implizit offenbart wird, dass dies nicht mit einer beliebigen Druckkraft erfolgt, sondern die Druckkraft dabei vielmehr definiert bzw. vorgebbar ist [M1.4].
Angesichts von Figur 2 der Druckschrift D1 und der hier offenbarten Funktionslage nach dem Fließpressen reicht diese Druckkraft offensichtlich aus, um Materialanteile der Funktionslage in Richtung auf die Formausnehmung zu verdrängen und unter Bildung der entsprechenden Dichtkontur einzuformen bzw. der Funktionslage die gewünschte Dichtkontur aufzuprägen [M1.5], wobei die Dichtkontur der Innenkontur der Formausnehmung (vgl. Abs. [0020], Formwände, „…in Richtung der Erhebungen 32 unter Bildung derselben.“) genau angepasst hergestellt wird [M1.6]. Darüber hinaus ist in der Druckschrift D1 offenbart (vgl. Abs. [0020]), dass die Formbacken des Umformwerkzeuges unter Einwirkung der Druckkraft im Fließpressprozess zum Herstellen der Dichtkontur das Material der Funktionslage in Richtung der Erhebungen 32 – also in Richtung der Formausnehmung – unter Bildung eben dieser Erhebungen 32 verdrängen. Diese außerhalb der Formausnehmungen vorgesehenen bzw. sich an diese anschließenden Formbacken sind demnach gegenständlich der beanspruchten Verdrängereinrichtung mit ihren Verdrängerkörpern gleichzusetzen und erfüllen auf deren beanspruchte Funktion [M1.7], [M1.8].
Dass die Verdrängerkörper neben der jeweiligen Formausnehmung an der Stirnfläche eines Prägestempels des Umformwerkzeuges vorspringend angeordnet sind, ist beim Studium von Figur 2 der Druckschrift D1 offensichtlich (vgl. Fig. 2, Abs. [0020]), wobei durch die Verdrängerkörper auch Materialteile der Funktionslage seitlich in Richtung auf den Innenraum der Formausnehmung verdrängt werden (vgl. Abs. [0020], „verdrängen das Metall“) [M1.9]. Aus der Druckschrift D1 ist weiter bekannt, dass die Dichtkontur eine Prägung der Funktionslage in Form der sich über das Niveau der Funktionslage nach oben hinaus erstreckenden Erhebung 32 (vgl. Fig. 2) umfasst, die sich sicherlich, auch mangels weiterer Definition des Begriffs „Mikro“ im Streitpatent, auf die beanspruchte Mikroprägung lesen lässt [M1.10]. Die aus der Druckschrift D1 bekannte Dichtkontur (vgl. Fig. 2) bildet über ihre trapezförmige Erhebung 32 (vgl. obenstehende Erläuterungen der Merkmale) auch eine anspruchsgemäße rippenartige Erhebung mit schmalem, einen Dichtlinienbereich bildenden Gipfel und breiterem an die Funktionslage angrenzendem Fußteil aus bzw. ist entsprechend geformt [M1.11].
Die Druckschrift D1 offenbart nicht, dass die rippenartige Erhebung eine spitze Gipfelform aufweist oder auf einem Teil des Gipfels eine Feinkontur gemäß Merkmal 1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 ausgebildet ist.
Die vorangemeldete aber nachveröffentlichte Druckschrift D2 offenbart ebenfalls ein Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur (vgl. Patentanspruch 19, Abs. [0039] bis [0069], Fig. 1, 2, 3, 8A, 8B) [M1.1] auf einer flächig ausgebildeten Funktionslage (Dichtungsblech 5,15) [M1.2], bei dem ein Umformwerkzeug (Prägestempel 6) mit einer dem gewünschten Querschnitt der Dichtkontur angepassten Formausnehmung (zurückversetzte Innenseite 10, Hohlraum 30) [M1.3] auf die Funktionslage 5, 15 mit einer vorgebbaren Druckkraft aufgepresst wird (Prägevorgang) [M1.4], die ausreicht, das Material der Funktionslage 5, 15 in die zumindest eine Formausnehmung 10, 30 unter Bildung einer Dichtkontur zumindest teilweise einzuformen (vgl. Abs. [0040], Material wird in Richtung Kufe verdrängt, Aufdickung) [M1.5], wobei mittels einer am Umformwerkzeug 6 außerhalb der Formausnehmung 10, 30 befindlichen Verdrängereinrichtung (Vorsprünge 8a, 8b, 29, Schrägen 9a, 9b) [M1.7] unter Einwirkung der Druckkraft beim Herstellen der Dichtkontur Materialanteile der Funktionslage 5, 15 in Richtung auf die Formausnehmung 10, 30 verdrängt werden (Materialverdrängung, Aufdickung) [M1.8].
Angesichts der Figuren 8A, 8B dieser Druckschrift ist offensichtlich, dass auch die Dichtkontur einer Innenkontur der Formausnehmung 30 genau angepasst hergestellt wird [M1.6]. Die Druckschrift D2 offenbart ebenfalls die beanspruchten vorspringenden Verdrängerkörper (Vorsprünge 8a, 8b, 29) und deren materialver- drängende Funktion (vgl. Abs. [0040]) [M1.9], wobei die Verdrängerkörper 8a, 8b, 29 eine zur Formausnehmung gerichtete Schräge 9a, 9b aufweisen, um Material seitlich in Richtung der Formausnehmung 10, 30 zu verdrängen (vgl. Abs. [0040]). Die als Innenkontur der Formausnehmung 10, 30 ausgebildete Prägung ist angesichts ihrer Erhöhung bzw. der Aufdickung gegenüber dem Niveau der Funktionslage 5, 15 und der diesbezüglich offenbarten Größenordnungen (vgl. Abs. [0039], h=1,3mm, ∆h=0,05 bis 0,1mm) als Mikroprägung anzusehen [M1.10]. Die beanspruchte rippenartige Erhebung ist in Form der in Figur 1 der Druckschrift D2 gezeigten Mikroprägung offenbart [M1.11]. Zum Merkmal 1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 ist in der Druckschrift D2 nichts beschrieben.
Aus der Druckschrift D4 (vgl. Patentanspruch 1, Fig. 4) ist ein Verfahren zum Herstellen einer Kontur eines Verformungsbegrenzers 4 einer Metallflachdichtung auf einer flächig ausgebildeten Funktionslage (Trägerblech 2) bekannt. Dabei wird ein negativ konturiertes Umformwerkzeug von beiden Seiten auf die Funktionslage aufgepresst, so dass bei der Verformung verdrängte Materialanteile der Funktionslage gezielt seitlich in Formausnehmungen des Umformwerkezuges fließen (vgl. Seite 4, ersten vier vollständigen Absätze), so dass die Kontur erhöht gegenüber der Funktionslage ausgebildet wird (vgl. Patentanspruch 1, Verdickungen). Hinweise auf das Merkmal 1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 finden sich in dieser Druckschrift nicht.
Die übrigen berücksichtigten Druckschriften vermitteln keine weitergehenden Erkenntnisse im Hinblick auf die Neuheit des beanspruchten Verfahrens und offenbaren insbesondere keine Verfahren zum Herstellen von Dichtkonturen, bei denen mittels der anspruchsgemäßen Verdrängerkörper eine rippenartige Erhebung mit dem geforderten Gipfelprofil geformt werden.
b) Die Getriebesteuerplatte nach Patentanspruch 6 ist neu.
Der unabhängige Patentanspruch 6 ist auf eine Getriebesteuerplatte gerichtet, die zumindest eine Funktionslage mit mindestens einer gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellten Dichtkontur aufweist. Aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften geht eine Getriebesteuerplatte mit einer geprägten Dichtkontur hervor, die in Form einer entsprechend den Merkmalen M1.11 und M12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 geforderten rippenartigen Erhebung geformt ist.
c) Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Als geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird die Druckschrift D1 ausgewählt, die ein Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur mit den Merkmalen 1.1 bis 1.11 des Patentanspruchs 1 offenbart.
Im Patentanspruch 1 des Streitpatents wird gefordert, dass der Gipfel der zumindest einen rippenartigen Erhebung eine spitze Gipfelform aufweist oder auf zumindest einem Teil des Gipfels der zumindest einen rippenartigen Erhebung eine Feinkontur in Form von mindestens einer linienhaften, nutartigen Vertiefung oder in Form eines wulstartigen Vorsprungteils angebracht ist.
Zu einer solchen Gipfelausgestaltung ist bei dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren nichts ausgeführt.
Gründe, aus denen heraus der Fachmann eine derartige Feinkontur am Gipfel der rippenartigen Erhebung über einen einzigen Prägeschritt im Rahmen fachmännischen Handelns hätte vorsehen sollen, sind nicht ersichtlich.
Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf die Druckschriften D15 bis D18 die Auffassung vertreten, der Fachmann kenne spitze bzw. rillen/rippenförmige oder wulstartige Dichtkonturen und würde diese je nach Anforderung auch einsetzen. Der Senat teilt grundsätzlich zwar diese Auffassung, ist aber der Überzeugung, dass es auch angesichts des genannten Standes der Technik nicht nahe lag, eine derartige Kontur am Gipfel einer rippenartigen Erhebung einer Dichtkontur vorzusehen und in einem gemeinsamen Prägeschritt mit der rippenartigen Erhebung zu formen:
Aus der Druckschrift D17 (vgl. Abs. [0025], Fig. 2a) ist bekannt, an einer umgefalzten Blechlage einer Dichtungsplatte einer Zylinderkopfdichtung eine Rillen- 200 und Rippenstruktur 202 zur Verschleißreduzierung aufzuprägen. Die Druckschrift D18 (vgl. Abs. [0043], Fig. 2G) lehrt, an einer umgefalzten Grundplatte einer Zylinderkopfdichtung wulstartige Vorsprünge 262 zur Erhöhung der Flächenpressung vorzusehen.
Mittels des Verfahrens nach Druckschrift D1 wird bereits eine Dichtkontur mit einer Mehrzahl von rippenartigen Erhebungen/Vorsprüngen/Rippen 32 geformt und so eine gegenüber einer Einzelerhebung oder einem reinen Falz verbesserte Struktur mit optimierter Flächenpressung mit kleinerer Reibfläche bereitgestellt. Warum der Fachmann ausgehend von der Druckschrift D1 unter Hinzuziehung einer der Druckschriften D17 oder D18 zusätzlich diese Erhebungen gipfelseitig noch mit zumindest einer linienhaften Nut oder Rille (vgl. Druckschrift D17) bzw. mit einem wulstartigen Vorsprung (vgl. Druckschrift D18) ausführen sollte und dies zusammen mit der Formung der rippenartigen Erhebung in einem einzigen Umformschritt ausführen sollte, erschließt sich nicht.
Aus der Druckschrift D16 (vgl. Übersetzung D16e mit Fig.) ist bekannt, dreieckförmige Rippen an der Zwischenlage eines Dichtprofils vorzusehen und die sich ergebenden Zwischenbereiche anschließend mit Metall zu verfüllen. Im Ergebnis liegt eine vergleichbare Struktur, wie die bereits in der Druckschrift D1 über die trapezförmigen Erhebungen 32 vorgeschlagene, vor. Dem Fachmann liegt es also fern, das fertigungstechnisch einfachere Verfahren aus der Druckschrift D1 durch das diesbezüglich aufwendigere Verfahren aus der Druckschrift D16 zu ersetzen.
Die Druckschrift D15 (vgl. Patentanspruch 1, Abs. [0026], Fig. 2) offenbart eine elastomere dreieck-förmige Dichtungsrippe 6 als Teil einer auf einem flachen Metallkern aufgebrachten Elastomerschicht. Bedingt durch die konzeptionellen Unterschiede zur geprägten Dichtkontur der Druckschrift D1 liegt das Hinzuziehen der Druckschrift D15 eher fern. Selbst die Implementierung eines aus der Druckschrift D15 bekannten Verfahrensschrittes zur Aufbringung einer Elastomer-Dichtungsrippe in das Verfahren der Druckschrift D1 führte den Fachmann nicht zum Merkmal 1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1, nämlich eine spitze Gipfelform auf einer rippenartigen Erhebung der Funktionslage im selben Fertigungsschritt mit zu prägen. Es fehlt jeder Hinweis dahingehend, den in der Druckschrift D1 offenbarten Gipfel der trapezförmigen Erhebung 32 in Kenntnis der Druckschrift D15 dreieck-förmig, also spitz, durch einen einzigen Prägeschritt auszugestalten.
Die übrigen Druckschriften vermitteln keine weitergehenden Hinweise, warum der Fachmann eine rippenartige Erhebung mit der anspruchsgemäßen Gipfelausgestaltung im Rahmen des in der Druckschrift D1 offenbarten Verfahrens hätte vorsehen sollen.
Die Gesamtbetrachtung des Standes der Technik ergibt somit, dass die über den Patentanspruch 1 vorgeschlagene Lösung nicht nahelag.
d) Die Getriebesteuerplatte nach Patentanspruch 6 ist dem Fachmann nicht nahegelegt.
Wenn, wie oben dargelegt, das Verfahren zum Herstellen einer Dichtkontur des Patentanspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist dies auch hinsichtlich der Getriebesteuerplatte nach Patentanspruch 6 mit einer geprägten Dichtkontur, die insbesondere in Form einer entsprechend dem Merkmal M1.12 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 geforderten rippenartigen Erhebung geformt ist, so zu beurteilen.
e) Die abhängigen Patentansprüche 2 bis 5 sowie 7 und 9 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1 bzw. der Getriebesteuerplatte nach Patentanspruch 6.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Kruppa Wiegele Gruber Fa
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