Paragraphen in X ZR 159/23
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1 | 121 | PatG |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES X ZR 159/23 URTEIL in der Patentnichtigkeitssache Verkündet am: 24. Juni 2025 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2025:240625UXZR159.23.0 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bacher, den Richter Hoffmann, die Richterin Dr. Kober-Dehm, den Richter Dr. Crummenerl und die Richterin Dr. von Pückler für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 6. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 5. Juli 2023 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 494 579 (Streitpatents), das am 2. April 2003 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 2. April 2002 angemeldet worden ist und die Charakterisierung beweglicher Objekte vor einem stationären Hintergrund betrifft.
Patentanspruch 1, auf den fünf weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
A system for analyzing a retina of a subject, comprising: (i) a light source (14) for illuminating said retina; (ii) an imager (18) for acquiring at predetermined intervals of time, at least two images of said retina; (iii) a discriminator (104a) for comparing at least among each other, at least two of said images, and producing differential images of regions of changed intensity level; characterised in that the system further comprises: (iv)a superpositioner (104b) for generating at least one map of vascular path positions from said regions of changed intensity level, by superimposing the regions of changed intensity level of respective differential images on each other; and (v) a path map comparator (104c) for determining changes in vascular paths within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions.
Die Klägerin, die wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen wird, hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in seiner erteilten Fassung und mit 79 Hilfsanträgen (zuletzt gestellt in der Reihenfolge 74-78, 1-73, 79) in geänderten Fassungen verteidigt. Äußerst hilfsweise hat sie die Patentansprüche 2 bis 6 in ihren erteilten Fassungen in aufsteigender Reihenfolge gesondert verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
I. Das Streitpatent betrifft die Charakterisierung beweglicher Objekte vor einem stationären Hintergrund.
1. Nach der Beschreibung des Streitpatents reichen herkömmliche Bildgebungsverfahren nicht immer aus, um das quantitative Niveau bestimmter beweglicher Objekte vor einem visuell schwer zu unterscheidenden Hintergrund zu bestimmen (Abs. 2). Dies gelte etwa für das Sauerstoffniveau in der Blutzufuhr zu einem lebenden Gewebe (Abs. 3).
Hinsichtlich des Auges würden Diagnosen oftmals auf der Grundlage von erkannten strukturellen Veränderungen der Netzhaut infolge veränderter Sauerstoffzufuhr gestellt. Dazu gehörten die Neubildung von Blutgefäßen (Neovaskularisation) zwecks Kompensation verringerter Sauerstoffzufuhr in bestehenden Gefäßen, die Ausbildung von Baumwollflecken, d. h. von Regionen, in denen der axoplasmatische Transport von Nervenfasern versagt hat, und sogar die Degeneration von retinalen Nervenfasern. Solche strukturellen Veränderungen beruhten in der Regel auf bereits irreversiblen Schäden. Es sei daher wünschenswert, Veränderungen früher zu erkennen. Die hierfür benötigten Informationen ließen sich in zwei Kategorien unterteilen: einerseits die Sauerstoffsättigung in Blutgefäßen, andererseits strukturelle Veränderungen der Blutgefäßgeometrie, etwa Neovaskularisationen oder das scheinbare Verschwinden von Blutgefäßen aufgrund von Blockaden (Abs. 4).
Zur Diagnose einer Neovaskularisation würden im Stand der Technik die Fluoreszenzangiographie und die Spaltlampenuntersuchung genutzt. Erstere sei empfindlicher, aber invasiv. Mit letzterer könne nur eine ausreichend fortgeschrittene Neovaskularisation festgestellt werden (Abs. 19).
2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, eine einfache und mit geringen Risiken verbundene Möglichkeit zur frühzeitigen Erkennung von Veränderungen des Blutgefäßsystems der Netzhaut bereitzustellen.
3. Zur Lösung sieht Patentanspruch 1 ein System vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1 A system for analyzing a retina of a Ein System zum Analysieren einer subject, comprising:
Netzhaut eines Individuums, das Folgendes umfasst:
(i) a light source (14) for illuminating (i) eine Lichtquelle (14) zum Beleuchsaid retina; ten der Netzhaut,
(ii) an imager (18) for acquiring at pre- (ii) ein Bildaufnahmegerät (18) zur determined intervals of time, at least Aufnahme von mindestens zwei Biltwo images of said retina; dern der Netzhaut in vordefinierten Zeitabständen,
(iii) a discriminator (104a) for compar- (iii) einen Diskriminator (104a) zum ing at least among each other, at least Vergleichen von mindestens zwei der two of said images, and producing dif- Bilder zumindest miteinander und zur ferential images of regions of changed Erzeugung von Differentialbildern von intensity level; Bereichen mit verändertem Intensitätspegel,
(iv) a superpositioner (104b) for gen- (iv) ein Überlagerungsgerät (104b) zur erating at least one map of vascular Erstellung mindestens einer Karte von path positions from said regions of Gefäßpfad-Positionen von den Bereichanged intensity level, by superim- chen mit verändertem Intensitätspegel posing the regions of changed inten- durch Überlagerung der Bereiche mit sity level of respective differential im- verändertem Intensitätspegel der jeages on each other; and weiligen Differentialbilder miteinander; und
(v) a path map comparator (104c) for (v) einen Pfad-Karten-Komparator determining changes in vascular paths (104c) zur Ermittlung von Änderungen within the retina by comparing the at in Gefäßpfaden in der Netzhaut durch least one map of vascular path posi- Vergleich der mindestens einen Karte tions to a previously generated map of von Gefäßpfad-Positionen mit einer vascular path positions.
zuvor erstellten Karte von Gefäßpfad- Positionen.
4. Einige Merkmale bedürfen der näheren Erläuterung.
a) Die Merkmale 1 bis 3 sehen eine Vorrichtung zur Aufnahme von mindestens zwei Bildern der Netzhaut in vordefinierten Zeitabständen vor.
Auf welche Weise diese Aufnahmen gefertigt werden und wie die aufzunehmenden Objekte vom Bildhintergrund unterschieden werden, lässt Patentanspruch 1 offen. Er gibt auch nicht vor, dass der Sauerstoffgehalt des Blutes gemessen werden muss, wie dies in den einleitenden Passagen der Beschreibung als Möglichkeit geschildert wird.
b) Der in Merkmal 4 vorgesehene Diskriminator dient der Feststellung von Unterschieden zwischen den in zeitlichem Abstand gefertigten Aufnahmen.
aa) Dies ist schematisch in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 2A-C dargestellt.
Die beiden ersten Figuren zeigen schematisch die Verteilung der roten Blutkörperchen zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten (tA, tB). Im dazwischenliegenden Zeitraum hat sich das im Fadenkreuz dargestellte Blutkörperchen von rechts oben nach links unten bewegt.
Figur 2C zeigt eine Abbildung des Bereichs innerhalb des Fadenkreuzes, die durch Subtraktion der Intensitätswerte aus dem ersten und dem zweiten Bild und eine Verstärkung des verbleibenden Werts um den Faktor 10 errechnet worden ist. Der Ort, an dem sich das Blutkörperchen im Zeitpunkt tA befunden hat, wird darin dunkel dargestellt, weil er im ersten Bild dunkel und im zweiten Bild hell ist. Bei dem Ort, an dem sich dieses Blutkörperchen im Zeitpunkt tB befunden hat, ist es umgekehrt. Bereiche, die in beiden Bildern gleich aussehen, werden durch die Subtraktion eliminiert (Abs. 79).
bb) Die Art und Weise, in der die Differentialbilder gewonnen werden, ist in Patentanspruch 1 nicht festgelegt.
Die Beschreibung führt als mögliche Alternative zu einer Subtraktion eine Division der zu den Bildern gehörenden Werte an (Abs. 82 f.). Sie erläutert ferner, dass der Vergleich zwischen zwei Bildern wahlweise dadurch erfolgen kann, dass einzelne Bilder miteinander verglichen werden, oder dadurch, dass einzelne Bilder mit Durchschnittswerten (averages) einer Vielzahl von Bildern verglichen werden (Abs. 53). Im Zusammenhang mit der Division von Werten wird die zuletzt genannte Methode als vorzugswürdig bezeichnet (Abs. 82 und Abs. 93).
cc) Maßgebliches Kriterium für die Erzeugung der Differentialbilder ist gemäß Merkmal 4 die Veränderung des Intensitätspegels.
Das Streitpatent enthält keine ausdrückliche Definition dieses Begriffs. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass es um die in den aufgenommenen Bildern dargestellten Helligkeitswerte geht.
Diese Werte können unter anderem von der Wellenlänge des von der Lichtquelle ausgestrahlten Lichts abhängen. Deshalb bezeichnet es die Beschreibung als vorteilhaft, die oben geschilderte Vorgehensweise bei verschiedenen Wellenlängen mehrfach zu wiederholen (Abs. 80). Patentanspruch 1 sieht dies jedoch nicht zwingend vor.
dd) Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt zur Erzeugung von Differentialbildern im Sinne von Merkmal 4 nicht die Berechnung von Informationen, die Aufschluss über Bereiche mit verändertem Intensitätspegel geben. Aus der Anforderung, dass es sich um ein Bild handeln muss, ergibt sich vielmehr, dass die Informationen in einer Form vorliegen müssen, die ihre Wiedergabe als Bildinformation ermöglicht.
-926 Entgegen der Auffassung der Klägerin steht dem nicht entgegen, dass die in Figur 2 veranschaulichte Differenzbildung zu negativen Intensitätswerten führen kann. Wie Figur 2C zeigt und auch die Klägerin nicht verkennt, kann auch aus einem solchen Ergebnis eine Bildinformation erstellt werden, etwa dadurch, dass der Nullpunkt der Intensitätswerte so verschoben wird, dass keine negativen Werte mehr auftreten. 27 c) Die in Merkmal 5 vorgesehene Überlagerung der in den Differentialbildern vorhandenen Bereiche mit verändertem Intensitätspegel dient dem Zweck, anhand dieser Bereiche eine Karte von Gefäßpfad-Positionen zu erstellen. 28 aa) Ein diesbezügliches Ausführungsbeispiel ist schematisch in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 6A-C dargestellt.
Figur 6A zeigt ein Einzelbild von Blutgefäßen einer bestimmten Region (Abs. 93).
Figur 6B zeigt vier Differentialbilder derselben Region, die in der oben dargestellten Weise erstellt worden sind. Helle und dunkle Stellen zeigen demgemäß Bereiche mit verändertem Intensitätspegel im Sinne von Merkmal 4 an. Aus beiden Arten von Bereichen ergeben sich Informationen über den Pfad. Zu Referenzzwecken ist jeweils ein Diagramm der sichtbaren Kapillargefäße (101, 202) überlagert (Abs. 94).
Figur 6C zeigt eine Überlagerung der vier Differentialbilder aus Figur 6B. Die hellen und dunklen Flecken zeichnen den Pfad der Blutgefäße nach, durch die sich die Blutkörperchen bewegt haben. Auf diese Weise kann die Position der Gefäße angezeigt werden, obwohl sie selbst nicht sichtbar sind. Um eine endgültige Bewegungskarte zu erzeugen, können vorzugsweise weitere Schritte zur Nachbearbeitung ausgeführt werden (Abs. 95).
bb) Merkmal 5 gibt lediglich vor, dass die Karte der Gefäßpfad-Positionen durch Überlagerung von Bereichen mit verändertem Intensitätspegel erstellt wird. In welcher Weise diese Überlagerung zu erfolgen hat, ist nicht festgelegt.
Insbesondere ist Merkmal 5 nicht die Festlegung zu entnehmen, dass die Karte durch schlichtes Überlagern der in Merkmal 4 vorgesehenen Differentialbilder zu erstellen ist, wie dies bei dem Ausführungsbeispiel geschieht. Es genügt vielmehr, wenn die anhand dieser Differentialbilder ermittelten Bereiche mit verändertem Intensitätspegel überlagert werden. Damit ist nicht ausgeschlossen, die Überlagerung der anhand der Differentialbilder gewonnenen Informationen auf andere Weise durchzuführen und hierbei zusätzliche Informationen über die Bewegung von Blutkörperchen zu gewinnen.
d) Der in Merkmal 6 vorgesehene Vergleich einer Karte mit Gefäßpfad-Positionen mit einer zuvor erstellten Karte kann nach der Beschreibung entweder durch den Systemoperator oder einen Arzt erfolgen oder durch den Einsatz von Algorithmen, die auf bekannten Methoden zur Bildverarbeitung beruhen (Abs. 96).
aa) Merkmal 6 legt nicht ausdrücklich fest, ob die beiden miteinander verglichenen Karten denselben Patienten betreffen müssen. Aus der Funktion des Vergleichs ergibt sich aber, dass diese Voraussetzung erfüllt sein muss.
Der Vergleich mit einer zuvor erstellten Karte eröffnet die Möglichkeit, Veränderungen in der Struktur der Blutgefäße früh zu erkennen, weil auch Gefäße miteinander verglichen werden können, die nicht unmittelbar sichtbar sind. Ein solcher Vergleich ist nur dann sinnvoll, wenn Karten herangezogen werden, die denselben Patienten betreffen.
bb) Wie die Berufungserwiderung zu Recht ausführt, ist die in Merkmal 6 vorgegebene Zweckbestimmung jedoch schon dann verwirklicht, wenn das System ohne Veränderungen in seinem Aufbau oder seiner Konfiguration dazu geeignet ist, Karten desselben Patienten miteinander zu vergleichen. Merkmal 6 fordert hingegen nicht zwingend, dass das System zu diesem Zweck eingesetzt wird.
cc) Der Vergleich der Karten kann automatisiert oder durch den Benutzer erfolgen.
Der Wortlaut von Merkmal 6 legt nicht fest, in welcher Weise der Vergleich zu erfolgen hat.
Nach der Beschreibung kann der Komparator auf früher erzeugte Karten zurückgreifen und die Daten für die Ausgabe auf einem Bildschirm oder Drucker verarbeiten. Alternativ und vorzugsweise gibt er die Karte oder die Karten direkt auf dem Bildschirm aus, so dass der Operator oder ein Arzt sie selbst untersuchen kann (Abs. 99).
e) Entgegen der Auffassung der Berufung führt der Umstand, dass die Beschreibung des Streitpatents auf K9 ausdrücklich Bezug nimmt, nicht zu einer engeren Auslegung.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Umstand, dass sich ein Patent von konkret beschriebenem Stand der Technik abgrenzt, allerdings von Bedeutung für die Auslegung des Patentanspruchs sein.
Voraussetzung hierfür ist aber, dass aus der Patentschrift hinreichend deutlich hervorgeht, auf welche konkrete Ausgestaltung sich die Abgrenzung bezieht und durch welches Merkmal sich das Patent von dieser Ausgestaltung abgrenzt (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 7. Mai 2024 - X ZR 51/22, GRUR 2024, 1093 Rn. 31 - Festhalteanordnung).
bb) Im Streitfall fehlt es an einer solchen Abgrenzung.
(1) Wie auch die Berufung nicht verkennt, weist die Beschreibung des Streitpatents darauf hin, dass die dort vorgeschlagenen Komponenten zum Kalibrieren des Blitzlichts (Abs. 75) und das in den Figuren 2A-C dargestellte Verfahren zur Erzeugung von Differentialbildern (Abs. 77) aus K9 bekannt sind.
Daraus mag sich im Gegenschluss ergeben, dass sich andere Komponenten oder Verfahrensschritte von dem in K9 offenbarten System unterscheiden. Dies lässt aber nicht erkennen, worin die relevanten Unterschiede bestehen und in welchen Merkmalen des Patentanspruchs sie zum Ausdruck kommen.
(2) Als konkreten Unterschied führt die Beschreibung an, die dort geschilderten Elemente zur Auswahl der Wellenlänge unterschieden sich von den in K9 offenbarten Elementen (Abs. 76).
Dieser Unterschied hat in Patentanspruch 1 keinen Niederschlag gefunden. Aufnahmen mit verschiedenen Wellenlängen und bestimmte Mittel zur Auswahl der Wellenlänge sind dort nicht vorgesehen.
Patentanspruch 6 sieht einen Selektor für die Wellenlänge zwingend vor, lässt aber offen, wie dieser ausgestaltet ist.
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Der Gegenstand des Streitpatents sei ausgehend von der internationalen Patentanmeldung 99/63882 (K9) naheliegend.
K9 offenbare die Merkmale 1 bis 5 des Streitpatents. Dass es in K9 nicht um die Gassättigung, sondern um die Messung von Menge und Geschwindigkeit des Blutdurchflusses mittels errechneter Vektoren gehe, stehe dem nicht entgegen. Denn auch die Überlagerung von Bewegungsvektoren mit unterschiedlichen Intensitäten falle dem Wortlaut nach unter Merkmal 5.
Zwar sehe K9 keinen Pfad-Karten-Komparator im Sinne des Merkmals 6 vor. Jedoch könne der Fachmann, ein Physiker mit Hochschulausbildung und mehrjähriger praktischer Erfahrung im Zusammenhang mit der Entwicklung die Netzhaut betreffender bildgebender Verfahren, der hinsichtlich medizinischen Fachwissens einen Augenarzt hinzuziehe, schon K9 selbst entnehmen, dass die Blutflussraten unterschiedlicher Patienten miteinander verglichen werden könnten. Damit sei dem Fachmann zugleich klar, dass er Daten desselben Patienten miteinander vergleichen könne. Ferner gehörten Verlaufskontrollen zum fachmännischen Wissen und zum üblichen ärztlichen Vorgehen. Solche Verlaufskontrollen erforderten Zeitreihen und entsprechende Vergleiche im Sinne des Merkmals 6. Dieses Fachwissen komme etwa in der internationalen Patentanmeldung 96/17545 (K11) und in dem Lehrbuch von Zoller et al. (Einführung in die Ultraschalldiagnostik, 2. Aufl. 1994, S. 30-34, K13) zum Ausdruck. Der entsprechenden Ergänzung und Anwendung der aus K9 bekannten Vorrichtung stünden auch keine besonderen Umstände entgegen, die eine Anwendung unmöglich, schwierig oder untunlich erscheinen ließen.
III. Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Berufungsverfahren im Ergebnis stand.
1. Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass K9 die Merkmale 1 bis 5 offenbart.
a) K9 befasst sich mit der Messung des Blutflusses insbesondere in der Netzhaut anhand der Bewegung einzelner Blutkörperchen in den dortigen Blutgefäßen (S. 1).
Das vorgeschlagene System umfasst ein Bildaufnahmegerät mit hoher Auflösung und ein Blitzlicht. Für jede zu untersuchende Region werden mehrere Aufnahmen getätigt. Bei jeder Aufnahme werden innerhalb von einigen Millisekunden jeweils zwei hochauflösende Bilder der Netzhautgefäße angefertigt (S. 5).
Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Aufnahmen kann vom Benutzer eingestellt werden. Die Auswahl kann sich nach dem Typ des untersuchten Blutgefäßes richten, aber auch nach Erwartungen des Benutzers, die auf früheren Befunden für den Patienten beruhen (S. 9).
aa) Die Grundlage des Analyseverfahrens ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 schematisch dargestellt.
In den Bildern A und B ist links unterhalb der Bildmitte ein sich bewegendes Blutkörperchen vergrößert dargestellt. In einem echten Bildpaar sind diese Zellen für das menschliche Auge nicht sichtbar. Durch Subtrahieren oder Dividieren der Bildinformationen und Multiplikation des Ergebnisses mit dem Faktor 1000 wird das Bild C erstellt. Darin werden die Unterschiede zwischen den beiden Bildern offengelegt und verstärkt. Die Bewegung von Zellen wird durch Paare von dunklen und hellen Flecken angezeigt. Dunkle Flecken zeigen die ursprüngliche Position einer Zelle in Bild A, helle Flecken ihre neue Position in Bild B (S. 8).
bb) Durch Vergleich mehrerer solcher Bildpaare werden Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit der Blutkörperchen analysiert (S. 9).
Dies kann durch automatische Konvertierung einer Anzahl von Bildpaaren in eine farbige Abbildung der Blutflussrate geschehen. Ergänzend kann dem Benutzer das Bewegungssignal an einem Bildschirm angezeigt werden (S. 9/10).
(1) Für beide Analysearten werden die erstellten Bilder zunächst global ausgerichtet, um Augenbewegungen zu kompensieren. Ferner wird die Bildhelligkeit normalisiert, um Schwankungen der Beleuchtungsstärke auszugleichen. Aus einer Vielzahl dieser Bilder wird im Wege der Durchschnittsbildung ein Blankwert für den Hintergrund (background blank) generiert. Dieser Wert wird von jedem einzelnen Bild subtrahiert.
Die resultierenden Differenzbilder heben die einzigartigen Merkmale in den Bits niedriger Ordnung der Pixel jedes Bildes hervor, die hauptsächlich auf die Bewegung der Blutkörperchen in der Blutbahn zurückzuführen sind. Der Erstellung dieser Differenzbilder kommt entscheidende Bedeutung zu, um das Bewegungssignal aus jedem einzelnen Bildpaar extrahieren und die einzelnen Blutkörperchen sichtbar machen zu können, wie dies in Figur 2 veranschaulicht ist (S. 10).
(2) Bei der automatischen Analyse werden kleine Unterbereiche eines ersten Bildes mit mehreren benachbarten und gleich großen Unterbereichen des zweiten Bildes verglichen.
Für jeden untersuchten Unterbereich wird ein Ähnlichkeitswert in Gestalt des mittleren quadratischen Fehlers (mean squared error, MSE) bestimmt. Für eine bestimmte Anzahl von Unterbereichen mit der größten Ähnlichkeit (d.h. dem geringsten Fehlerwert) wird die relative Verschiebung in zwei Dimensionen aufgezeichnet. Aus diesen Werten wird durch Bildung eines gewichteten Mittelwerts ein Übereinstimmungswert für Richtung und Distanz der Bewegung (consensus direction and distance of flow) ermittelt (S. 11 f.).
Auf dieser Grundlage wird für jede analysierte Pixelposition ein Bewegungsvektor erzeugt, der anzeigt, wie weit und in welche Richtung sich die Blutkörperchen im Zeitraum zwischen zwei Aufnahmen bewegt haben (S. 12).
Eine solche Analyse wird für jedes einzelne Bildpaar durchgeführt. Aus den durch Analyse von vielen solcher Paare gewonnenen Übereinstimmungswerten wird eine Karte der Blutflussrichtung kompiliert. Mittels Division der Größe dieser Vektoren durch das Zeitintervall zwischen den Bildern wird eine Karte der Durchflussrate erstellt, die als Farbbild angezeigt werden kann (S. 12).
Die Anzeige der so gewonnenen Informationen kann mit Informationen über den Durchmesser von Blutgefäßen kombiniert werden.
So kann zum Beispiel ein Graph generiert werden, der die optisch gemessene Blutflussrate und den Durchmesser einander gegenüberstellt. Dies ergibt eine Messgröße, die Vergleiche zwischen Patienten (inter-patient comparisons) ermöglicht (S. 12).
(3) Die interaktive Analyse kann dadurch erfolgen, dass das erstellte Durchschnittsbild von einer vom Benutzer ausgewählten Menge von Bildpaaren subtrahiert wird.
Diese beiden Bilder werden dann abwechselnd hintereinander angezeigt. Die dadurch erzeugte Illusion einer Bewegung ermöglicht es dem Benutzer, Bereiche mit höherer oder geringerer Durchflussrate zu erkennen. Zur Verifikation kann gleichzeitig das automatisch erzeugte Bild der Durchflussrate angezeigt werden (S. 12 unten).
(4) Bei einer zweiten Art der qualitativen Analyse wird schlicht das zweite Bild eines Paars vom ersten subtrahiert.
Dies ergibt dasselbe Bewegungssignal wie das Subtrahieren eines Durchschnittsbildes, komprimiert diese Information aber in ein Bild, ohne dass es einer zusätzlichen Analyse bedarf. Dadurch entsteht ein statisches Bild mit grauen Bereichen ohne Veränderung der Pixelintensität sowie dunklen und hellen Bereichen, aus denen bzw. in die sich Blutkörperchen bewegt haben. Diese Methode funktioniert am besten, wenn die zurückgelegte Entfernung nicht allzu groß ist (S. 13).
b) Damit sind, wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 1 bis 3 offenbart.
c) Merkmal 4 ist in K9 bei zwei Verfahrensschritten verwirklicht.
aa) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, führt die in Figur 2 von K9 dargestellte und als Möglichkeit zur qualitativen Analyse angeführte Differenzbildung zwischen zwei zu einem Paar gehörenden Bildern zu Differentialbildern im Sinne von Merkmal 4. In Einklang damit weist die Beschreibung des Streitpatents - wie bereits erwähnt - darauf hin, dass die in Figur 2A-C dargestellte Differenzbildung aus K9 bekannt ist (Abs. 79), die Bereiche ausweisen, in denen sich der Intensitätspegel verändert hat.
bb) Eine Erstellung von Differentialbildern von Bereichen mit verändertem Intensitätspegel findet auch bei der in der Beschreibung geschilderten Subtraktion eines im Wege der Durchschnittsbildung gebildeten Blankwerts für den Hintergrund von jedem einzelnen Bild statt.
Bei dieser Operation werden zwar nicht zwei Bilder unmittelbar miteinander verglichen. Der Durchschnittswert entsteht aber durch Vergleich einer Vielzahl von Bildern. Durch Subtraktion des so gewonnenen Werts von den Einzelbildern werden jeweils eine Vielzahl von Bildern miteinander verglichen. Dies reicht zur Verwirklichung von Merkmal 4 aus, weil darin für die Anzahl der miteinander zu vergleichenden Bilder nur ein Mindestwert (zwei) definiert ist, nicht aber eine Obergrenze und weil die auf Merkmal 4 bezogenen Ausführungen der Beschreibung einen Vergleich mit Durchschnittswerten ausdrücklich als möglich (und sogar vorzugswürdig) bezeichnen.
Dieser Vergleich führt auch zu der nach Merkmal 4 erforderlichen Bildung von Differentialbildern von Bereichen mit verändertem Intensitätspegel. Auch durch die Subtraktion der Durchschnittswerte für den Hintergrund werden Bereiche gekennzeichnet, in denen sich die Intensität im Vergleich zu anderen Aufnahmen geändert hat.
cc) Ob Merkmal 4 zusätzlich auch durch die Ermittlung von Übereinstimmungswerten (consensus results) und die Bildung von daraus abgeleiteten Bewegungsvektoren verwirklicht wird, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
Wie bereits oben ausgeführt wurde, schließt es Patentanspruch 1 nicht aus, dass zwischen der Erzeugung von Differentialbildern im Sinne von Merkmal 4 und der Anfertigung einer Karte im Sinne von Merkmal 5 weitere Rechenschritte durchgeführt werden. Die in K9 vorgesehene Erzeugung von Differentialbildern durch den Vergleich von Einzelbildern mit Durchschnittswerten verwirklicht Merkmal 4 mithin unabhängig davon, ob dem zusätzliche Rechenschritte nachfolgen und ob diese ebenfalls dieses Merkmal verwirklichen.
d) Entgegen der Ansicht der Berufung offenbart K9 auch das Merkmal 5.
aa) Wie das Patentgericht zu Recht ausgeführt hat, wird die Karte der Blutflussrichtungen in K9 anhand der Vektoren erstellt, die durch Analyse einer Vielzahl von Bildpaaren gewonnen wurden.
Diese Zusammenstellung der Vektoren in einer Karte ist eine Überlagerung im Sinne von Merkmal 5, weil Informationen aus mehreren Differentialbildern in einem Bild zusammengefasst werden. Die daraus resultierende Karte kann - anders als die einzelnen Vektoren - auch als Bildinformation dargestellt werden.
bb) Entgegen der Auffassung der Berufung betrifft diese Überlagerung Bereiche mit verändertem Intensitätspegel aus einzelnen Differentialbildern.
(1) Anders als bei dem im Streitpatent geschilderten Ausführungsbeispiel erfolgt diese Überlagerung allerdings nicht wie bei dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 6A-C des Streitpatents durch schlichte Kombination der Bildinformationen, sondern durch Bildung von Vektoren und deren zusammenfassender Darstellung in einer Karte.
Dies steht der Verwirklichung von Merkmal 5 jedoch nicht entgegen, weil darin nicht vorgegeben ist, in welcher Weise die Überlagerung zu erfolgen hat. Wie bereits oben dargelegt wurde, erfordert Merkmal 5 lediglich, dass die Karte durch Überlagerung von Bereichen mit veränderten Intensitätswerten erstellt wird.
(2) Diese Voraussetzung ist bei dem in K9 offenbarten Verfahren erfüllt, weil die Vektoren durch Analyse von Bereichen mit veränderten Intensitätswerten erstellt werden, also solche Bereiche repräsentieren. Durch ihre Zusammenstellung in einer Karte werden diese Bereiche überlagert.
Der Beschreibung von K9 lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass die Vektoren anhand von Differentialbildern erstellt werden, wie sie K9 in der Figur 2 darstellt. Nach den Ausführungen zum Analyseverfahren werden vielmehr Differentialbilder verwendet, die durch Subtraktion der errechneten Durchschnittswerte für den Hintergrund von den einzelnen Bildern entstanden sind. Wie bereits oben dargelegt wurde, stellen aber auch die so entstandenen Bilder Differentialbilder im Sinne von Merkmal 4 dar. Ihre Verwendung zur Erstellung einer Karte führt mithin zur Darstellung von Bereichen mit verändertem Intensitätspegel.
cc) Wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, ist eine durch Zusammenstellung der Bewegungsvektoren erstellte Karte zugleich eine Karte von Gefäßpfad-Positionen im Sinne von Merkmal 5. Dies gilt, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, sowohl für die Karte der Blutflussrichtung als auch für die Karte der Blutflussgeschwindigkeit.
Einer Darstellung, in welche Richtung bzw. mit welcher Geschwindigkeit die Blutkörperchen an den verschiedenen Stellen der Netzhaut fließen, kann zugleich entnommen werden, wo die Blutgefäße verlaufen, in denen diese Bewegung stattfindet. Dass zusätzlich Informationen zur Richtung bzw. Geschwindigkeit der Bewegung gegeben werden, steht der Verwirklichung von Merkmal 5 nicht entgegen.
Ob diese Informationen auch der in K9 vorgeschlagenen Gegenüberstellung von Blutflussgeschwindigkeit und lokalem Durchmesser der Gefäße entnommen werden können, bedarf keiner Entscheidung. Eine solche Ausgestaltung wird in K9 nur als Option angeführt.
2. Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, offenbart K9 auch das Merkmal 6.
a) Zutreffend ist das Patentgericht allerdings davon ausgegangen, dass K9 einen Vergleich nur zwischen den Daten unterschiedlicher Patienten erwähnt.
b) Wie die Klägerin zu Recht ausführt, ergibt sich aus diesen Ausführungen jedoch die Eignung, solche Vergleiche auch mit Daten desselben Patienten durchzuführen.
aa) Um einen Vergleich zwischen Daten verschiedener Patienten durchführen zu können, müssen sowohl die Ergebnisse der zuletzt durchgeführten Analyse als auch die Ergebnisse der Analyse von mindestens einem anderen Patienten vorhanden sein.
Dies setzt voraus, dass geeignete Mittel zum Speichern, Wiederaufrufen und Vergleichen solcher Informationen vorhanden sind. Eine solche Speichermöglichkeit besteht unabhängig davon, von welchem Patienten die Daten stammen. Wenn sie vorhanden ist, besteht folglich auch die Möglichkeit, Daten des- selben Patienten von zwei unterschiedlichen Untersuchungszeiträumen zu speichern und miteinander zu vergleichen. Diese Eignung reicht aus den oben dargelegten Gründen zur Verwirklichung von Merkmal 6 aus.
bb) Ob sich aus den Ausführungen in K9 die Eignung des Systems zum automatischen Vergleich solcher Daten ergibt, ist unerheblich. K9 offenbart jedenfalls auch die Möglichkeit zu einem visuellen Vergleich durch den Benutzer. Wie bereits oben dargelegt wurde, reicht dies zur Verwirklichung von Merkmal 6 aus.
3. Unabhängig davon ist das Patentgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Merkmal 6 ausgehend von K9 nahelag.
a) Nach den Feststellungen des Patentgerichts entsprechen Verlaufskontrollen unter Verwendung auch bildgebender Diagnostik einem allgemein bekannten fachlichen Vorgehen in der Medizin.
Diese Feststellungen werden durch K11 (S. 17 Z. 22-24) und K13 (S. 30 rechts oben) bestätigt. Die Berufung zeigt keine konkreten Umstände auf, die Zweifel an deren Vollständigkeit oder Richtigkeit begründen.
b) Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Vergleich von Daten desselben Patienten von unterschiedlichen Untersuchungszeitpunkten ausgehend von K9 schon durch dieses Fachwissen nahegelegt war.
aa) Entgegen der Auffassung der Berufung ist in diesem Zusammenhang nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob es nahelag, solche Vergleiche gezielt zu dem Zweck anzustellen, Veränderungen in der Position von Gefäßpfaden anzustellen. Ausreichend ist vielmehr, dass es nahelag, nach Veränderungen der bei K9 im Mittelpunkt des Interesses stehenden Durchflussrate zu suchen.
Wie bereits oben dargelegt wurde, ergeben sich aus einer Karte, die die Durchflussrate in verschiedenen Bereichen der Netzhaut anzeigt, zugleich auch Informationen zur Position der Blutgefäße. Der Vergleich zweier solcher Karten liefert entsprechende Informationen und lässt erkennen, welche Veränderungen sich zwischen den beiden Untersuchungszeitpunkten ergeben haben. Dies reicht zur Verwirklichung von Merkmal 6 aus. Welche Schlussfolgerungen der Benutzer oder der Arzt aus solchen Darstellungen zieht, ist unerheblich.
bb) Anlass zum Vergleich mehrerer denselben Patienten betreffenden Karten der Durchflussrate ergab sich vor dem Hintergrund des aufgezeigten Fachwissens schon daraus, dass festgestellte Veränderungen auf das Fortschreiten einer krankhaften Entwicklung und einen dadurch indizierten Behandlungsbedarf hinweisen können.
Besondere Schwierigkeiten, dieses Fachwissen auf die in K9 vorgeschlagenen Untersuchungsergebnisse anzuwenden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Dass bekannte Systeme nach den Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents keine hinreichend hohe Auflösung hatten, um die Position der Blutgefäße darzustellen, ist schon deshalb unerheblich, weil das in K9 vorgeschlagene System die erforderliche Auflösung aufweist. Im vorliegenden Zusammenhang geht es nicht um die Frage, diese Auflösung weiter zu erhöhen, sondern nur darum, mehrere der in K9 vorgeschlagenen Karten mit Durchflussraten zur Verlaufskontrolle heranzuziehen. Dies ist mit dem in K9 vorgeschlagenen System in gleicher Weise möglich wie der dort ausdrücklich erwähnte Vergleich mit Daten anderer Patienten.
cc) Auch in diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob sich aus den Ausführungen in K9 die Eignung des Systems zum automatischen Vergleich der in Rede stehenden Informationen ergibt. K9 offenbart jedenfalls auch die Möglichkeit zu einem visuellen Vergleich durch den Benutzer. Wie bereits oben dargelegt wurde, reicht dies zur Verwirklichung von Merkmal 6 aus.
4. Zu Recht hat das Patentgericht die Hilfsanträge der Beklagten als unbegründet angesehen.
a) Der mit Hilfsantrag 74 verteidigte Gegenstand ist im Lichte von K9 ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 74 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 4 wie folgt ergänzt werden:
wherein said discriminator is operative to compare said images by alignment bb) Eine solche Ausrichtung der Bilder im Zusammenhang mit der Erstellung von Differentialbildern ist in K9 offenbart.
Wie bereits oben aufgezeigt wurde, werden die einzelnen Bilder zur Vorbereitung der Analyse global ausgerichtet, um Augenbewegungen zu kompensieren (S. 10 Abs. 2). Damit wird wie beim Streitpatent eine möglichst exakte Erstellung der Differentialbilder gewährleistet.
b) Für Hilfsantrag 75 gilt Entsprechendes.
aa) Nach Hilfsantrag 75 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 74 wie folgt ergänzt werden:
wherein said discriminator is operative to compare said images by alignment based on distinct landmarks bb) Diese Vorgehensweise ist in K9 ebenfalls offenbart.
Die globale Ausrichtung der Bilder kann gemäß K9 anhand von Mustern des Gefäßsystems erfolgen (S. 10 Abs. 2). Solche Muster sind charakteristische Bereiche (landmarks) im Sinne des Streitpatents.
Entgegen der Auffassung der Berufung steht dem nicht entgegen, dass der Verlauf der Blutgefäße nach dem Streitpatent erst auf Basis der Differential- bilder erkannt werden soll. In den Ausführungen zu den Figuren 6A-C geht vielmehr auch das Streitpatent davon aus, dass es sichtbare Blutgefäße gibt, die als Referenzobjekte verwendet werden können (Abs. 94).
c) Der mit Hilfsantrag 76 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 76 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 5 wie folgt ergänzt werden:
wherein the superpositioner is configured to align the differential images for superimposing bb) Dieses Merkmal ist, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, durch K9 nahegelegt, weil auch beim Kompilieren der Bewegungsvektoren Anlass besteht, die zu überlagernden Informationen räumlich auszurichten, um Artefakte aufgrund von Bewegungen der Netzhaut zu kompensieren.
Entgegen der Auffassung der Berufung steht dem nicht entgegen, dass bei dem in K9 vorgeschlagenen System bereits die Erzeugung der Bewegungsvektoren anhand von Wahrscheinlichkeitswerten eine Fehlerkorrektur bewirkt. Diese Korrektur betrifft die einzelnen Bewegungsvektoren. Sie enthebt nicht von der Aufgabe, beim Kompilieren mehrerer solcher Vektoren darauf zu achten, dass deren räumliche Ausrichtung übereinstimmt.
d) Hilfsantrag 77 unterliegt keiner abweichenden Beurteilung.
aa) Nach Hilfsantrag 77 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 76 wie folgt ergänzt werden:
wherein the superpositioner is configured to align the differential images based on distinct landmarks for superimposing bb) Ob dieser Gegenstand ursprünglich offenbart ist, bedarf keiner Entscheidung. Er ist jedenfalls aus den vom Patentgericht dargelegten Gründen durch K9 nahegelegt.
Wie bereits im Zusammenhang mit Hilfsantrag 75 ausgeführt wurde, offenbart K9 eine Ausrichtung der einzelnen Aufnahmen vor der Erstellung von Differentialbildern anhand von Mustern des Gefäßsystems. Wenn bei der Kompilierung von Bewegungsvektoren, die mit Hilfe solcher Bilder erstellt worden sind, eine erneute Ausrichtung erfolgt, beruht auch diese auf charakteristischen Bereichen im Sinne des Streitpatents.
e) Für Hilfsantrag 78 gilt nichts anderes.
Nach Hilfsantrag 78 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 um die zusätzlichen Merkmale nach den Hilfsanträgen 75 und 77 ergänzt werden. Diese Merkmale sind auch in ihrer Kombination durch K9 nahegelegt.
f) Der mit Hilfsantrag 1 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 1 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 6 wie folgt ergänzt werden:
(v) a path map comparator (104C) for determining changes in vascular paths within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions by an algorithmic method on image processing technigues bb) Diese Ausgestaltung war ausgehend von K9 durch Fachwissen nahegelegt.
Nach den Feststellungen des Patentgerichts entsprach es allgemeinem Fachwissen, zur Unterstützung visueller Kontrollen mathematische Algorithmen einzusetzen, um zwei in zeitlichem Abstand gewonnene Untersuchungsergebnisse auf Veränderungen zu untersuchen.
Vor diesem Hintergrund hat das Patentgericht zu Recht angenommen, dass es auch ausgehend von K9 nahelag, den dort offenbarten Vergleich unterschiedlicher Karten durch einen Arzt durch einen automatisierten Vergleich zu ergänzen.
Entgegen der Auffassung der Berufung führt auch in diesem Zusammenhang der Umstand, dass in K9 die Darstellung der Durchflussrate im Mittelpunkt steht, nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Wie bereits oben dargelegt wurde, geht auch aus einer solchen Darstellung die Position der Blutgefäße hervor. Der automatisierte Vergleich solcher Karten verwirklicht deshalb das ergänzte Merkmal 6.
g) Die Hilfsanträge 2 bis 5 unterliegen keiner abweichenden Beurteilung.
aa) Nach den Hilfsanträgen 2 bis 5 soll Patentanspruch 1 in der Fassung von Hilfsantrag 1 um unterschiedliche Kombinationen der nachfolgend hervorgehobenen Passagen ergänzt werden:
(v) a path map comparator (104c) for determining structural changes in vascular paths due to neovascularization and/or due to apparent disappearance of blood vessels due to blockage of the flow therethrough within the retina by comparing the at least one map of vascular path positions to a previously generated map of vascular path positions from the same subject at the same region by an algorithmic method based on image processing techniques.
bb) Diese Ergänzungen sind sowohl einzeln als auch in ihren Kombinationen naheliegend, weil ein ausgehend von K9 nahegelegter Vergleich von Darstellungen der Durchflussrate zugleich Aufschluss über die in den Hilfsanträgen 2 bis 5 näher spezifizierten strukturellen Veränderungen gibt. Ob ein Nutzer den Vergleich zum Zwecke einer diesbezüglichen Diagnose einsetzt, ist für die Verwirklichung dieser Merkmale unerheblich.
h) Der mit Hilfsantrag 6 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 6 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 3 wie folgt ergänzt werden:
(ii) an imager (18) for acquiring at predetermined intervals of time, at least two images of said retina at a fixed wavelength bb) Diese Ausgestaltung ist durch K9 jedenfalls nahegelegt.
K9 führt aus, es sei vorteilhaft, kurze Lichtblitze mit weitgehend identischer Stärke einzusetzen. Als geeignete Farbtöne werden blaues Licht mit 400 bis 450 Nanometer und/oder grünes Licht mit 530 bis 580 Nanometer vorgeschlagen (S. 6 Abs. 2).
Damit ist der Einsatz von Licht mit einer festgelegten Wellenlänge zumindest nahegelegt.
Anders als die Berufung meint, steht dem nicht entgegen, dass K11 ausführt, die dort offenbarte Technik zur Verlaufskontrolle erfordere Aufzeichnungen mit Echtfarben. Das Patentgericht hat K11 nur als Beleg dafür herangezogen, dass eine visuelle oder automatisierte Verlaufskontrolle zum generellen Fachwissen gehört. Daraus hat es zutreffend gefolgert, dass eine Verlaufskontrolle auch beim Einsatz anderer Aufnahmetechniken naheliegt.
i) Für die Hilfsanträge 7 bis 11 gilt Entsprechendes.
Nach den Hilfsanträgen 7 bis 11 soll Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 5 jeweils um das zusätzliche Merkmal aus Hilfsantrag 6 ergänzt werden. Diese Ausgestaltung lag auch in ihrer Kombination nahe.
j) Die mit den Hilfsanträgen 12 und 13 verteidigten Gegenstände sind ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 12 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 3 wie folgt ergänzt werden:
wherein the imager comprises a beam splitting device bb) Nach Hilfsantrag 13 soll folgende Passage hinzukommen:
such that the input illumination coming from the light source can be directed towards the illuminated organ tissue along the same optical path as the image information obtained by reflection from the illuminated tissue of interest cc) Der Einsatz eines Strahlteilers ist in K9 offenbart (S. 7 Abs. 2).
Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts gehört der Einsatz einer solchen Komponente bei Retina-Aufnahmen ohnehin zum Fachwissen.
dd) Vor diesem Hintergrund ergibt sich nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts aus dem Umstand, dass in K9 eine Funduskamera bzw. ein Ophthalmoskop eingesetzt werden, implizit, dass die Strahlengänge auf der zum Auge weisenden Seite des Strahlteilers gleich sind.
k) Die Hilfsanträge 14 bis 35 unterliegen derselben Beurteilung.
Nach den Hilfsanträgen 14 bis 35 soll Patentanspruch 1 in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 11 mit den zusätzlichen Merkmalen aus den Hilfsanträgen 12 bzw. 13 kombiniert werden. Alle diese Kombinationen lagen aus den oben aufgezeigten Gründen ebenfalls nahe.
l) Die mit den Hilfsanträgen 36 bis 38 verteidigten Gegenstände sind ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 36 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 6 wie folgt ergänzt werden:
wherein the system also comprises an output display device (24) for showing said at least one vascular path map to determine the characteristics of vascular paths present in said retina of said subject, wherein the output display device is configured for interactively viewing the maps of vascular path positions bb) Nach Hilfsantrag 37 sollen die Wörter "for interactively viewing" ersetzt werden durch "for annotating", nach Hilfsantrag 38 durch "for interactively viewing and annotating".
cc) Eine solche Anzeigemöglichkeit ist, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, in K9 offenbart. Die zusätzlich vorgesehene Möglichkeit zur Annotation lag aufgrund des Fachwissens zumindest nahe.
Auch in diesem Zusammenhang ist aus den oben aufgezeigten Gründen nicht erheblich, dass in K9 die Darstellung der Durchflussrate im Mittelpunkt steht. Ausschlaggebend ist auch insoweit, dass die in K9 offenbarte Anzeigemöglichkeit eine Beurteilung von Besonderheiten der Gefäßpfade ermöglicht - unabhängig davon, ob der Benutzer von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
m) Die Hilfsanträge 38 bis 73 unterliegen derselben Beurteilung.
Die Hilfsanträge 38 bis 73 sehen unterschiedliche Kombinationen der zusätzlichen Merkmale nach den Hilfsanträgen 1 bis 37 vor. Alle diese Kombinationen sind aus den oben aufgezeigten Gründen ebenfalls nahegelegt.
n) Der mit Hilfsantrag 79 verteidigte Gegenstand ist ebenfalls nicht patentfähig.
aa) Nach Hilfsantrag 79 soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 in Merkmal 2 wie folgt ergänzt werden:
(i) a light source (14) for illuminating said retina by flashing pulses of light of less than 1 sec bb) Der Einsatz von Lichtblitzen mit dieser Dauer ist in K9 offenbart (S. 5 f.).
5. Der Gegenstand der Patentansprüche 2 bis 6 ist ebenfalls nicht patentfähig.
a) Der Gegenstand von Patentanspruch 2 ist aus denselben Gründen nicht patentfähig wie der mit Hilfsantrag 36 verteidigte Gegenstand.
Hilfsantrag 36 greift das zusätzliche Merkmal aus Patentanspruch 2 auf und ergänzt es um ein weiteres Merkmal.
b) Der in Patentanspruch 3 vorgesehene Einsatz einer computergesteuerten Blitzlampe ist in K9 offenbart.
c) Der Gegenstand von Patentanspruch 4 entspricht dem mit Hilfsantrag 74 verteidigten Gegenstand und ist aus den oben angeführten Gründen nicht patentfähig.
d) Patentanspruch 5 sieht einen Signalprozessor zur Nachbearbeitung der mindestens einen Karte von Gefäßpfad-Positionen vor.
Der Einsatz eines solchen Prozessors gehört nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Patentgerichts zum Fachwissen.
Auch in diesem Zusammenhang ist aus den oben dargelegten Gründen unerheblich, dass in K9 die Darstellung der Durchflussrate im Mittelpunkt steht.
e) Patentanspruch 6 sieht einen Wellenlänge-Selektor zur Bestimmung eines Wellenlängen-Bereichs der vom Bildaufnahmegerät aufgenommenen Bilder der Netzhaut vor.
Eine solche Ausgestaltung lag, wie das Patentgericht im Kern zutreffend ausgeführt hat, ausgehend von K9 schon deshalb nahe, weil dort unterschiedliche Wellenlängen als geeignet angeführt werden. Dieser Hinweis gab Anlass, eine Auswahlmöglichkeit vorzusehen, um für möglichst viele Aufnahmesituationen eine geeignete Wellenlänge verwenden zu können.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Bacher Hoffmann Kober-Dehm Crummenerl von Pückler Vorinstanz: Bundespatentgericht, Entscheidung vom 05.07.2023 - 6 Ni 23/21 (EP) -
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1 | 121 | PatG |
1 | 97 | ZPO |
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