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V ZB 17/13

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 17/13 vom 10. Oktober 2013 in der Zurückschiebungshaftsache Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 27. Januar 2013 und der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg vom 13. Februar 2013 ihn in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I. 1 Der Betroffene, ein somalischer Staatsangehöriger, wurde am 26. Januar von Beamten der Bundespolizei in einem aus Dänemark kommenden Zug festgenommen, nachdem er Ausweis- oder Aufenthaltspapiere nicht vorlegen konnte. Eine EURODAC-Recherche ergab, dass er seit dem 20. Juli 2010 in Schweden als Asylbewerber registriert war.

Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 27. Januar 2013 hat das Amtsgericht nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom gleichen Tag Sicherungshaft bis längstens 10. März 2013 angeordnet. Die Beschwerde gegen die Haftanordnung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde beantragt der Betroffene, der zwischenzeitlich nach Schweden zurückgeschoben worden ist, festzustellen, durch die Beschlüsse des Amts- und des Landgerichts in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

II.

Das Beschwerdegericht meint, das Amtsgericht habe zu Recht festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung von Zurückschiebehaft vorlägen. Auch sei nicht zu beanstanden, dass dem Betroffenen der Haftantrag erst zu Beginn der Anhörung ausgehändigt worden sei.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache analog § 62 FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359 Rn. 9 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Die Haft hätte schon deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte.

a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, InfAuslR 2012, 328 Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - V ZB 118/12, juris Rn. 4; vom 31. Januar 2013 - V ZB 20/12, FGPrax 2013, 130 Rn. 15, jeweils mwN).

b) Bei einer Zurückschiebung nach der Dublin-II-Verordnung (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003, ABl. L 50 S. 1) gehören zu den erforderlichen Angaben zur Durchführbarkeit der Zurückschiebung auch Ausführungen dazu, dass und weshalb der Zielstaat - hier Schweden nach der Verordnung zur Rücknahme verpflichtet ist. Das wiederum richtet sich im Wesentlichen danach, in welchem der in der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Verfahren die Zurückschiebung erfolgen soll, insbesondere ob eine Aufnahme nach Art. 10, 16 Abs. 1 Buchstabe a der Dublin-II-Verordnung oder eine Wiederaufnahme nach Art. 4 Abs. 5 oder Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c bis e jeweils in Verbindung mit Art. 20 Dublin-II-Verordnung betrieben werden soll. Die Entscheidung darüber, ob eine Aufnahme oder eine Wiederaufnahme beantragt wird, obliegt dem zuständigen Bundesamt, dessen Vorgehen abgefragt und in dem Haftantrag mitgeteilt werden muss. Ferner muss der Antrag Angaben dazu enthalten, innerhalb welchen Zeitraums Überstellungen in den betreffenden Mitgliedstaat üblicherweise möglich sind. Pauschale Angaben zu den Fristen für die Beantwortung des Ersuchens und für die Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat reichen nicht aus (eingehend zum Ganzen Senat, Beschlüsse vom 6. Dezember 2012 - V ZB 118/12, juris Rn. 5 ff., und vom 31. Januar 2013 - V ZB 20/12, FGPrax 2013, 130 Rn. 19 ff., jeweils mwN).

c) Daran gemessen ist der Haftantrag unzureichend. In diesem ist dazu lediglich ausgeführt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Betroffenen als Person im Sinne des Art. 20 der VO (EG) 343/2003 fristgerecht dem zuständigen Mitgliedstaat „anbieten“ und die Übernahme beantragen werde. Der letztendlich zuständige Mitgliedstaat sei gehalten, die Person im Sinne des Art. 16 der VO (EG) 343/2003 wieder aufzunehmen. Im Falle der Übernahmezusage würden durch die Bundespolizei alle erforderlichen Maßnahmen beschleunigt eingeleitet, um die Zurückschiebungsmaßnahmen im Rahmen der VO (EG) 343/2003 zügig durchzuführen. Erfahrungen hätten gezeigt, dass für das Anbietungsverfahren des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie für die Bearbeitungsmodalitäten des Übernahmestaates die beantragte Haftdauer von sechs Wochen benötigt werde. Dies könne durch Erfahrungswerte des Überstellungsdienstes der Bundespolizeiinspektion Flensburg bestätigt werden. Diese Ausführungen sind ohne Bezug zu dem konkreten Fall. Den Angaben lässt sich schon nicht zweifelsfrei entnehmen, in welchem der in der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Verfahren die Zurückschiebung erfolgen soll. Ferner fehlt es an Ausführungen dazu, innerhalb welchen Zeitraums Überstellungen nach Schweden in dem gewählten Verfahren üblicherweise möglich sind. Darüber hinaus enthält der Antrag keine Angaben zu der für die Beschaffung der Passersatzpapiere voraussichtlich erforderlichen Zeit.

2. Die Aufrechterhaltung der Haftanordnung durch das Beschwerdegericht hat den Betroffenen ebenfalls in seinen Rechten verletzt, weil der Mangel des Haftantrags nicht - was mit Wirkung für die Zukunft möglich wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318 Rn. 8) - im weiteren Verlauf des Verfahrens geheilt worden ist. Zwar hat die beteiligte Behörde in der Beschwerdeerwiderung mitgeteilt, dass sich die schwedischen Behörden gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die Übernahme des Betroffenen für zuständig erklärt hätten und die Zurückschiebung nach Schweden für den 14. Februar 2013 vorgesehen sei. Hierauf durfte das Beschwerdegericht seine Entscheidung aber nur nach erneuter Anhörung des Betroffenen stützen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, FGPrax 2011, 317 f. Rn. 8). Diese ist - wie der Betroffene zu Recht rügt - unterblieben.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.

Stresemann Weinland Roth Kazele Brückner Vorinstanzen: AG Flensburg, Entscheidung vom 27.01.2013 - 48 XIV 3696 B LG Flensburg, Entscheidung vom 13.02.2013 - 5 T 36/13 -

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