3 Ni 16/13
BUNDESPATENTGERICHT Ni 16/13 (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
16. September 2014 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das deutsche Patent 101 01 219 hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, des Richters Guth, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 101 01 219 wird im Umfang seiner Ansprüche 1, 2 und 9 bis 11 für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 12. Januar 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten deutschen Patents 101 01 219 (Streitpatent), dessen Erteilung am 29. Juli 2004 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent betrifft einen „Schmutzsauger“ und umfasst in der erteilten Fassung 11 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1, 2 und 9 bis 11 angegriffen werden und das gemäß Hauptantrag – soweit angegriffen – in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit 12 Hilfsanträgen verteidigt wird. Der Hauptanspruch 1 sowie die Unteransprüche 2 und 9 bis 11 lauten in der erteilten Fassung:
„1. Schmutzsauger mit einem, mindestens in zwei Filterteile (3, 4) geteilten Filter (2), welcher an/in einem Schmutzsaugerbehälter (1) angeordnet ist und welche Filterteile (3; 4) einzeln mit einem Luftstrom eines Gebläses (21) beaufschlagbar sind, und mit zwei Ventilen zur getrennten Steuerung der Abreinigung der Filterteile (3, 4) des Filters (2), dadurch gekennzeichnet, dass im Normalbetrieb die mindestens zwei Filterteile (3, 4) von dem schmutzbehafteten Luftstrom radial von außen nach innen durchsetzt sind, und dass jedem der mindestens zwei Filterteile (3, 4) ein Drei-Wege-Ventil zugeordnet ist, welche in der Reinigungsstellung schlagartig umschalten; so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun von radial innen nach radial außen die radial außen befindlichen Schmutzpartikel abreinigt, während das/die andere/n Filterteil/e (4 oder 3) nach wie vor in Funktion bleibt/en, weil das dort angeordnete DreiWege-Ventil in seiner Betriebsstellung verbleibt.
2. Schmutzsauger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Drei-Wege-Ventile als Elektromagnetventile ausgebildet sind.
9. Schmutzsauger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Drei-Wege-Ventile als Elektromotor mit Spindelantrieb ausgebildet sind.
10. Schmutzsauger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Drei-Wege-Ventile als Gasdruckspeicher ausgebildet sind.
11. Schmutzsauger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Drei-Wege-Ventile als Federspeicher ausgebildet sind.“
Die Klägerin macht geltend, die angegriffenen Ansprüche seien nicht rechtsbeständig, da ihr Gegenstand weder neu sei noch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie macht ferner den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit geltend. Zur Begründung ihres Vorbringens stützt sie sich u. a. auf folgende Entgegenhaltungen:
K1 DE 101 01 219 B4 (= Streitpatent)
K2 Auszüge aus der Erteilungsakte des Deutschen Patent- und Markenamts inklusive der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen D1 DE-OS 25 40 672 K6a GB 1 537 916 (britisches Familienmitglied der D1)
D2 US 3,385,033 mit deutscher Übersetzung D3 DE-OS 1 407 945 D4 CA 700,483 mit deutscher Übersetzung D5 DE 41 38 223 C1 D6 DE-PS 595 686 D7 DE-OS 1 607 736 D8 US 3,832,005 mit deutscher Übersetzung D9 US 3,868,237 K14a DE-OS 2 222 170 (deutsches Familienmitglied der D9)
D10 WO 85/02528 A1 D10a EP 0 197 036 B1 (europäisches Familienmitgleid der D10)
D11 US 5,108,473 D12 WO 97/18026 A1 K15a K. Drobot, “Hydrocarbon Oxidation in the Exhaust Port and Runner of a Spark Ignition Engine”, Masterarbeit am Massachusetts Institute of Technology, Feb. 1994, S. 3 und 22 K15b Parker Hydraulics Service Bulletin, Bulletin 2531-M3/USA: “Series D1VW, D Style”, Parker Hannifin Corp., Hydraulic Valve Division,
23. März 1998, S. 1 bis 17 K15c G.C. Scanderbeg, „Vorgesteuerte Magnetventile für Kernkraftwerke“, Techn. Rundschau Sulzer, 4/1977, S. 159 bis 162 K15d R.A. Nasca, „Testing Fluid Power Components”, Industrial Press Inc., New York, 1990, S. 359 Anlage 1 Anlage 2 Anlage 3 Anlage 4 Prospektauszug „InfiniClean”, Nilfisk-CFM SpA, via Porrettana 1991, 41059 Zocca (MO), Italien Technische Zeichnung: „Bernoulli“, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2014 = D10a „Prinzip eines Ventils mit Ventilteller gemäß Ausführungsbeispiel des Patents“ und „Prinzip des Ventils gemäß D5-K10“, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2014 Die Klägerin ist der Ansicht, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar, da es in der gesamten Patentschrift an einer klaren und eindeutigen Definition eines „schlagartigen“ Umschaltens der Drei-Wege-Ventile fehle.
Der Gegenstand des Streitpatents sei jeweils gegenüber den Druckschriften D1 bis D6, D11 und D12 nicht neu. Diese Druckschriften beträfen Schmutzsauger mit einem in mindestens zwei Filterteile geteilten Filter in einem Schmutzsaugerbehälter, die sämtliche im Patentanspruch 1 angeführten Merkmale aufwiesen. Patentanspruch 1 umfasse seinem Wortlaut nach auch Saugfiltereinrichtungen in großindustriellen Abscheidern oder pneumatischen Förderanlagen sowie Schmutzsauger, die Außenluft zur Abreinigung nutzten, so dass auch Entgegenhaltungen einschlägig seien, die solche Anlagen beträfen. Zudem sei in der Streitpatentschrift der Begriff „schlagartig“ im Zusammenhang mit dem Umschalten der Drei-Wege-Ventile nicht definiert. Die Ausführungsformen von Drei-Wege-Ventilen in der Streitpatentschrift, mit denen ein streitpatentgemäßes schlagartiges Umschalten möglich sei, entspreche jedoch denen aus dem Stand der Technik.
Der Gegenstand des Streitpatents beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die Entgegenhaltungen D5, D6, D8 und D9 jeweils in Kombination mit den Entgegenhaltungen D1 bis D4, die Entgegenhaltung D12 sowie in Bezug auf die Entgegenhaltungen D5 und D6 in Kombination mit der D7 und unter Berücksichtigung der D10. Die Unteransprüche 2 und 9 bis 11 könnten den Druckschriften D1, D2, D3 und D8 entnommen werden, so dass diese aus denselben Gründen wie der Patentanspruch 1 nicht neu seien oder zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.
Die Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen seien unzulässig, enthielten insbesondere unzulässige Verallgemeinerungen, da den erteilten Ansprüchen aus dem Zusammenhang gerissene Merkmale hinzugefügt würden, was vor allem für das Merkmal „von dem Gebläse erzeugte Überdruck“ gelte, das nur im Zusammenhang mit einer Folgesteuerung offenbart sei. Außerdem seien die Lehren nicht ausführbar und nicht neu bzw. beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das deutsche Patent 101 01 219 im Umfang der Ansprüche 1, 2 und 9 bis 11 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent im angegriffenen Umfang die Fassung eines der Hilfsanträge 1A, 1B, 2 bis 5 gemäß Schriftsatz vom 10. Juli 2014, weiter hilfsweise die Fassung eines der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge 6 bis 11 erhält.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1A unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass nach den Worten „so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun“ die Worte „als stoßartiger Reinigungsluftstrom des Gebläses (21)“ vor den Worten „von radial innen nach radial außen …“ eingefügt werden.
Gemäß Hilfsantrag 1B werden statt der Worte gemäß Hilfsantrag 1A die Worte „mit einem schlagartigen Druckstrom des Gebläses (21)“ an gleicher Stelle eingefügt.
Gemäß Hilfsantrag 2 lautet Patentanspruch 1 nach den Worten „und dass jedem der mindestens zwei Filterteile (3, 4) ein Drei-Wege- Ventil zugeordnet ist,“ folgendermaßen:
„wobei im Normalbetrieb die Luft über die jeweiligen Drei-WegeVentile zum Gebläse strömt und von dort ins Freie gelangt, wobei die Drei-Wege-Ventile in der Reinigungsstellung schlagartig umschalten, wodurch ein Reinigungsluftstrom von dem Gebläse in das jeweilige Filterteil eingeleitet wird und wodurch bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun von radial innen nach radial außen die radial außen befindlichen Schmutzpartikel abreinigt, während das/die andere/n Filterteil/e (4 oder 3) nach wie vor in Funktion bleibt/en, weil das dort angeordnete Drei-Wege-Ventil in seiner Betriebsstellung verbleibt.“
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:
„Schmutzsauger mit einem Schmutzsaugerbehälter (1), mit einem, mindestens in zwei Filterteile (3, 4) geteilten Filter (2), welcher an/in einem Schmutzsaugerbehälter (1) angeordnet ist, und mit einem Steuergehäuse (8), welches auf dem Schmutzsaugerbehälter (1) aufgesetzt ist und welches die Filterteile trägt, wobei die Filterteile (3, 4) einzeln mit einem Luftstrom eines am Steuergehäuse angeordneten Gebläses (21) beaufschlagbar sind, und wobei das Steuergehäuse zwei Ventile zur getrennten Steuerung der Abreinigung der Filterteile (3, 4) des Filters (2) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass im Normalbetrieb die mindestens zwei Filterteile (3, 4) von dem schmutzbehafteten Luftstrom radial von au- ßen nach innen durchsetzt sind, und dass jedem der mindestens zwei Filterteile (3, 4) ein Drei-Wege-Ventil zugeordnet ist, welche in der Reinigungsstellung schlagartig umschalten; so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun von radial innen nach radial außen die radial außen befindlichen Schmutzpartikel abreinigt, während das/die andere/n Filterteil/e (4 oder 3) nach wie vor in Funktion bleibt/en, weil das dort angeordnete Drei-Wege-Ventil in seiner Betriebsstellung verbleibt.“
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 entspricht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 mit dem Unterschied, dass am Ende Folgendes hinzugefügt wird:
„ , wobei in der Betriebsstellung des Drei-Wege-Ventils Luft vom Filter über das Drei-Wege-Ventil zu einer Saugkammer (20) des Gebläses strömt, wo sie über eine Einlassöffnung (20) in das Gehäuse eintritt und von dort über eine Abluftkammer (24, 25) ins Freie gelangt, während in der Reinigungsstellung des Drei-WegeVentils ein Reinigungsluftstrom von der Abluftkammer des Gebläses über das Drei-Wege-Ventil in das jeweilige Filterteil eingeleitet wird.“
Die Patentansprüche 2 und 9 bis 11 bleiben bei den Hilfsanträgen 1 bis 4 jeweils unverändert.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass am Ende die Worte „und dass die Drei-Wege-Ventile als Elektromagnetventile ausgebildet sind“ hinzugefügt werden. Die Patentansprüche 2 und 9 bis 11 werden gestrichen.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass nach den Worten „so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder
4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun“ die Wörter „eine stoßartige Abreinigung des Filters“ vor den Worten „von radial innen nach radial außen“ und nach dieser Passage die Wörter „erfolgt und“ eingefügt werden.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unterscheidet sich von der erteilten Fassung dadurch, dass nach den Worten „so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und nun“ die Wörter „der von dem Gebläse erzeugte Überdruck“ vor den Worten „von radial innen nach radial außen …“
eingefügt werden.
Gemäß Hilfsantrag 8 werden der Fassung von Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 nach den Worten „der von dem Gebläse erzeugte Überdruck“ die Wörter „eine stoßartige Abreinigung des Filters“ und nach den Worten „von radial innen nach radial außen“ die Wörter „bewirkt und“ hinzugefügt.
Hilfsantrag 9 entspricht Hilfsantrag 4 mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 1 zusätzlich dieselben Einfügungen erhält wie gemäß Hilfsantrag 6.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10 unterscheidet sich von der Fassung gemäß Hilfsantrag 4 dadurch, dass er diesselben zusätzlichen Einfügungen erhält wie gemäß Hilfsantrag 7.
Hilfsantrag 11 entspricht Hilfsantrag 4 mit dem Unterschied, dass Patentanspruch 1 dieselben zusätzlichen Einfügungen erhält wie gemäß Hilfsantrag 8 sowie die abschließenden Einfügungen aus Hilfsantrag 9.
Die Beklagte, die dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegentritt, stützt sich auf folgende Dokumente:
DRR1 Prospekt der Fa. Zeppelin Silos & Systems GmbH, „Filter-Systeme direkt vom Anlagenbauer“, SD 04/09 DRR2 DRR3 DRR4 Prospekt der Fa. Zeppelin Systems GmbH, „Der Weg ist unser Ziel – Innovative Fördersysteme“, Ausgabe 06/12 2 Blatt Zeichnungen vom 27. Juni 2014 Depatis-Recherche „Schmutzsauger“, https://depatisnet.dpma.de/DepatisNet/depatisnet?window=1&spa ce=main&content=experte&action=treffer&firstdoc=1[25.06.2014 15:53:57]
Sie ist der Meinung, der Gegenstand des Streitpatents sei neu und erfinderisch. Keines der von der Klägerin angeführten Dokumente D1 bis D6 und D12 offenbare ein schlagartiges Umschalten der Drei-Wege-Ventile vom Normalbetrieb in die Reinigungsstellung. Zudem beträfen die Druckschriften D1 bis D4, D7 bis D9 und D11 keine Schmutzsauger für den Handbetrieb, wie sie Gegenstand des Streitpatents seien, sondern Filteranlagen in großindustriellen pneumatischen Saugund Förderanlagen zum weiträumigen Transport von Schüttgütern, die zur Abscheidung und Rückgewinnung des Schüttgutes dienten und in denen es keine Umkehrung der Saugförderung in eine Druckabreinigung eines Filter gebe. Die Schmutzsauger in den von der Klägerin genannten Entgegenhaltungen wiesen außerdem zum Teil keine Drei-Wege-Ventile auf und/oder kehrten zur Abreinigung den Luftstrom des Sauggebläses nicht um, sondern setzten von außen angesaugte Umgebungsluft ein und strömten den reinigenden Filter nur in einem allmählich zunehmenden Luftstrom an.
Es sei auch keine Veranlassung für den Fachmann ersichtlich, einen Schmutzsauger zu konstruieren, bei dem eine Abreinigung der Filterteile des Filters durch eine schlagartige Umschaltung des durch ein Gebläse erzeugten Luftstroms mithilfe eines Drei-Wege-Ventils erfolge, wobei die schlagartige Umschaltung eine Folge des Überdrucks auf der Gebläseseite des Ventiltellers des Dreiwegeventils und eines Unterdrucks auf der Filterteilseite dieses Ventiltellers und den daher zum Bewegen des Ventiltellers notwendigen erheblichen Hub- und Betätigungskräften sei.
Dies gelte auch für die Hilfsanträge, deren Merkmale in der Beschreibung des Streitpatents, insbesondere im Rahmen der darin erläuterten Ausführungsbeispiele als zur Erfindung gehörend unmittelbar und eindeutig offenbart seien.
Entscheidungsgründe I.
Die gegen die Patentansprüche 1, 2 und 9 bis 11 gerichtete, auf die Nichtigkeitsgründe der der mangelnden Ausführbarkeit (§ 22, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) und der mangelnden Patentfähigkeit (§ 22, § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3 und 4 PatG) gestützte Klage ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.
1.1. Das Streitpatent betrifft einen Schmutzsauger mit einem mindestens in zwei Filterteile geteilten Filter und mit zwei Ventilen zur getrennten Steuerung der Abreinigung der Filterteile, wobei der Filter in einem Schmutzsaugerbehälter angeordnet ist und die Filterteile einzeln mit dem Luftstrom eines Gebläses beaufschlagbar sind (vgl. K1 Patentanspruch 1 und S. 2/8 Abs. [0001]). Aus dem Stand der Technik ist eine Filteranlage bekannt, bei der ein Ventilschieber wahlweise die Öffnung eines von zwei Filtern verschließt, so dass immer einer in Betrieb ist, während der andere abgereinigt wird. Dabei entsteht allerdings kein stoßartiger Abreinigungsimpuls, weshalb die Abreinigungswirkung relativ schlecht ist (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0003] und [0004]). Filter für Dieselabgase im Stand der Technik weisen ein Filtergehäuse mit Filterkörpern auf. Im Betrieb durchströmt das zu reinigende Gas den Filterkörper von außen nach innen, während die Filterkerzen von innen nach außen mit Druckluft beaufschlagbar sind, wodurch die Partikel vom Filterkörper abgeblasen und in einen Sammelbehälter befördert werden. In einem alternativen Filtersystem werden die Dieselabgase für die Rückhaltung von festen Verbrennungsrückständen (Rußteilchen) durch ein bewegtes Filter geleitet. Diese Rückstände werden anschließend mit angesaugter Frischluft und zusätzlich zugeführter Druckluft zur Nachverbrennung in den Verbrennungsraum der Kraftmaschine zurückgeleitet (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0005] und [0006]).
1.2. Vor diesem Hintergrund ist die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe darin zu sehen, ausgehend von einem Schmutzsauger mit einer aus dem Stand der Technik bekannten Filterabreinigung die Abreinigung eines Filters, insbesondere durch eine stoßartige Abreinigung, wesentlich wirksamer zu gestalten (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0007]).
1.3. Die Aufgabe wird durch den Schmutzsauger der Patentansprüche 1, 2 und 9 bis 11 gelöst.
Der einzige unabhängige Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag weist folgende Merkmale auf:
1. Schmutzsauger mit einem, mindestens in zwei Filterteile (3, 4) geteilten Filter (2),
2. welcher an/in einem Schmutzsaugerbehälter (1) angeordnet ist, 3. wobei die Filterteil (3, 4) einzeln mit einem Luftstrom eines Geblä- ses (21) beaufschlagbar sind, und 4. der Schmutzsauger mit zwei Ventilen zur getrennten Steuerung der Abreinigung der Filterteile (3, 4) des Filters (2) versehen ist, wobei 5. im Normalbetrieb die mindestens zwei Filterteile (3, 4) von dem schmutzbehafteten Luftstrom radial von außen nach innen durchsetzt sind, und 6. jedem der mindestens zwei Filterteile (3, 4) ein Drei-Wege-Ventil zugeordnet ist, 7. welches in der Reinigungsstellung schlagartig umschaltet, 8. so dass bei dem jeweiligen Filterteil (3 oder 4) der Luftstrom umgekehrt wird und 9. der Luftstrom nun von radial innen nach radial außen die radial außen befindlichen Schmutzpartikel abreinigt, 10. während das/die andere/n Filterteil/e (4 oder 3) nach wie vor in Funktion bleibt/bleiben, weil das dort angeordnete Drei-Wege-Ventil in seiner Betriebsstellung verbleibt.
1.4. Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Maschinenbauingenieur mit langjähriger praktischer Erfahrung und speziellen Kenntnissen bei der Konstruktion von Filtern für Schmutz- oder Partikel-behaftete Luftströme, der hinsichtlich der Steuerung bei Bedarf einen Elektrotechniker zu Rate zieht.
Die Auffassung der Beklagten, aufgrund der im Streitpatent angegebenen Aufgabe handele es sich bei dem Fachmann um einen Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen in der Filter-, Strömungs- und Elektrotechnik von Elektrokleingeräten für den Handbetrieb, greift zu kurz. Denn welcher Fachmann zuständig ist, richtet sich nach dem technischen Gebiet, auf dem der Gegenstand der beanspruchten Lehre liegt (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl. § 4 Rn. 46; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 4 Rn. 126; Benkard/Asendorf/Schmidt, PatG, 10. Aufl. § 4 Rn. 36). Die Beschreibung des Streitpatents gibt als Stand der Technik für die Aufgabe nicht nur ein mobiles Sauggerät gemäß der D5 an, sondern benennt auch zwei weitere Druckschriften, die Partikelfilter für Dieselabgase und Abscheider für Abgase von Verbrennungskraftmaschinen betreffen (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0003], [0005] und [0006]). Das technische Gebiet für das streitpatentgemäß zu lösende Problem einer effektiveren Abreinigung von Luftstrom-Filtern umfasst daher nicht nur den Bereich der mobilen Haushalts- und Gewerbestaubsauger, sondern auch andere technische Anlagen, in denen ein Schmutz- oder partikelbehafteter Luftstrom auftritt, so dass sich das Fachwissen des Fachmanns nicht nur auf das Gebiet der Filtervorrichtungen für mobile Elektrokleingeräte beschränkt, sondern auch Filtervorrichtungen für Schmutz- oder Partikel-behaftete Luftströme in nicht mobilen Anlagen umfasst.
1.5. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 erfordert zunächst eine Auslegung der Merkmale „Schmutzsauger“ und „schlagartiges Umschalten“, da die Streitpatentschrift keine explizite Definition dieser Merkmale enthält. Dabei sind der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen. Grundlage für die Auslegung ist die Patentschrift, wobei zur Ermittlung des Sinngehaltes eines Merkmals das Verständnis des Fachmannes entscheidend ist, der Begriffe in Patentansprüchen so deutet, wie sie sich ihm anhand des Gesamtinhalts der Patentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung erschließen. Dabei darf die zur Erfassung des Sinngehaltes eines Patentanspruches vorgesehene Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen des betreffenden Patents weder zu einer inhaltlichen Erweiterung noch zu einer sachlichen Einengung des durch den Wortlaut des Patentanspruchs festgelegten Gegenstands führen. Daher darf im Nichtigkeitsverfahren auch bei mehrdeutig bleibenden Formulierungen eine einengende Auslegung von Patentansprüchen nicht erfolgen, weil mit dieser gegebenenfalls die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 2012, 1124 1. Ls., Rn. [27], [28] – Polymerschaum m. w. N., BGH GRUR 2004, 47 1. Ls., Rn. 38 und 39 – blasenfreie Gummibahn, BGH GRUR 2004, 1023 1. Ls., Rn. 26 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung, BGH GRUR 2001 232, Rn. 39 – Brieflocher sowie BGH GRUR 1999, 909 1. Ls, Rn. 49, 50 und 52 – Spannschraube).
1.5.1. Aufgrund fehlender Erläuterungen im Beschreibungsteil der Streitpatentschrift wird der Fachmann den Sinngehalt des in Rede stehenden Merkmals „Schmutzsauger“" (Merkmal 1) anhand des angeführten Standes der Technik ermitteln. Als Stand der Technik benennt die Streitpatentschrift drei Druckschriften, von denen die erste Druckschrift einen mobilen Staubsauger, die zweite einen Partikelfilter zum Filtern von Dieselabgasen und die dritte einen Abscheider von festen Verbrennungsrückständen aus Abgasen von Verbrennungskraftmaschinen betreffen (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0003], [0005] und [0006]). Der Stand der Technik beschreibt somit verschiedene Arten von Saugvorrichtungen und nicht nur mobile Haushalts- oder Gewerbestaubsauger. Der Fachmann wird den Sinngehalt des Merkmals „Schmutzsauger“ daher nicht auf mobile Kleingeräte einengen, sondern allgemein darunter eine Saugvorrichtung für partikelbehaftete Luft verstehen. Dabei kann der streitpatentgemäße Schmutzsauger sowohl Teil eines mobilen Geräts für den Haushalts- und Gewerbebereich als auch einer Dieselabgasvorrichtung oder einer pneumatischen Förderanlage sein, zumal in der Streitpatentschrift auch keine Angaben zur Dimensionierung der streitpatentgemäßen Vorrichtung zu finden sind.
Die von der Beklagten in der Anlage DRR4 vorgelegte Recherche in der Datenbank DEPATIS, aus der 41 Treffer für den Suchbegriff „Schmutzsauger“ hervorgingen, die alle mobile Staubsauger beträfen, kann an dieser Auslegung nichts ändern. Denn der Begriff „Schmutzsauger“ ist kein in der Fachwelt eindeutig definierter Begriff, so dass dieser bei fehlender Erläuterung in einer Patentschrift so zu deuten ist, wie ihn der Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht (vgl. BGH a. a. O. – Brieflocher). Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts bzw. Sinngehalts eines Patentanspruchs ist dabei aber generell nicht zulässig; dies gilt insbesondere, wenn der Beschreibung eine Schutzbegrenzung auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist (vgl. BGH GRUR 2007, 309, 1. Ls. und Rn. 17 – Schussfädentransport). Aus der Streitpatentschrift lässt sich weder aus dem Wortlaut der Patentansprüche noch aus der Beschreibung eine Beschränkung des Streitgegenstands auf mobile Haushalts- oder Gewerbestaubsauger entnehmen, die die von der Beklagten angeführte enge Auslegung des Merkmals „Schmutzsauger“ als mobile Staubsauger rechtfertigen würde. Vielmehr gibt insbesondere der in K1 zitierte Stand der Technik – wie oben bereits ausgeführt – dem Fachmann eine breite Auslegung dieses Begriffs an die Hand, so dass er unter dem Begriff „Schmutzsauger“ nicht nur mobile Staubsauger, sondern auch beispielsweise Abscheider für Abgase von Verbrennungskraftmaschinen oder Abscheider in pneumatischen Förderanlagen versteht.
1.5.2. Desweiteren gibt die Streitpatentschrift keine ausdrückliche Definition des Verfahrensmerkmals „schlagartiges Umschalten“ an (Merkmal 7). Beschrieben wird darin allerdings, dass das schlagartige Umschalten eines Drei-Wege-Ventils zu einer Luftstromumkehr und damit zu einem stoßartigen Reinigungsluftstrom von der Abluftkammer zum abzureinigenden Filterteil führt (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0010] und S. 3/8 Abs. [0014]). Ergänzend dazu weist das Ausführungsbeispiel darauf hin, dass die Dauer des gesamten Abreinigungsvorgangs im Bereich von Millisekunden bis Zehntelsekunden liegt (vgl. K1 S. 4/8 Abs. [0045]). In Kenntnis dessen wird der Fachmann das Merkmal 7 daher – wie von den Parteien in der mündlichen Verhandlung auch nicht bestritten – im Sinne eines Drei-WegeVentils verstehen, das im Bereich von Millisekunden bis Zehntelsekunden umschaltet.
1.5.3. Auszulegen ist ferner das Merkmal „stoßartige Abreinigung“, denn auch für dieses Merkmal findet sich in der Streitpatentschrift keine explizite Begriffsbestimmung. In der nicht angegriffenen und als bevorzugte Ausgestaltung beanspruchten Folgesteuerung des Drei-Wege-Ventils wird im Streitpatent zwar diese stoßartige Abreinigung durch eine spezielle Schaltung von zwei Ventiltellern des Drei-Wege-Ventils und den dadurch möglichen Aufbau eines Überdrucks durch das Gebläse erzielt (vgl. K1 Patentansprüche 3 bis 5, S. 2/8 Abs. [0011], [0012]). Dieser Gebläseüberdruck wird in der Streitpatentschrift aber stets nur im Zusammenhang mit der Folgesteuerung offenbart (vgl. K1 Patentanspruch 5, S. 2/8 Abs. [0012], S. 4/8 Abs. [0041] und [0046]). Eine verallgemeinerte Beschreibung des Überdrucks unabhängig von der Folgesteuerung findet sich im Streitpatent dagegen nicht. Nach dem Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 und der allgemeinen, nicht bevorzugten Lehre des Streitpatents wird die Abreinigung jedoch ausschließlich durch die Luftstromumkehr bei dem abzureinigenden Filterteil in Folge eines schlagartigen Umschaltens des Drei-Wege-Ventils erreicht (vgl. Merkmale 7 bis 9 und S. 2/8 Abs. [0010]). Da eine Auslegung unterhalb des Wortlauts bzw. Sinngehalts eines Patentanspruchs generell nicht zulässig ist (vgl. a. a. O. BGH – Schussfädentransport), versteht der Fachmann unter dem Begriff „stoßartige Abreinigung“ folglich eine Abreinigung durch einen Reinigungsimpuls, der aufgrund einer durch das schlagartige Umschalten des Drei-Wege-Ventils im Milli- bis Zehntelsekundenbereich entstehenden Luftstromumkehr und der dabei auftretenden Druckdifferenz an den beiden Seiten des abzureinigenden Filters erzeugt wird.
Diese Auslegung wird auch durch die schematische Skizze der Beklagten gestützt (vgl. DRR3 S. 2). Hier ist der Reinigungsimpuls durch den zeitlichen Druckverlauf an der schmutzbehafteten Filterteilseite während des Abreinigungsvorgangs dargestellt. Durch das Umschalten des Drei-Wege-Ventils steigt der Druck bis zu einem Maximum an und wird dann durch das Zurückschalten des Drei-Wege-Ventils wieder auf den ursprünglichen Wert zurückgebracht. Da weder dem Patentanspruch 1 noch der allgemeinen Lehre des Streitpatents eine Größenordnung für den Reinigungsimpuls bzw. eine Angabe für den Druckverlauf während des Abreinigungsvorgangs zu entnehmen ist, spielt der vermeintliche Unterschied zwischen dem Streitpatent (durchgezogene Linie) und dem Stand der Technik gemäß D5 (gestrichelte Linie) dabei keine Rolle. Vielmehr zeigen beide dasselbe Prinzip, dass es nämlich während des Abreinigungsvorgangs zu einem Druckanstieg an der schmutzbehafteten Filterteilseite kommt, der zu einem gewünschten Abplatzen der Schmutzpartikel führen soll.
II.
Die Patentansprüche 1, 2 und 9 bis 11 gemäß Hauptantrag erweisen sich mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig.
1. Gegen die formale Zulässigkeit des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag bestehen keine Bedenken. Solche wurden von Seiten der Klägerin auch nicht vorgetragen. Es ist ferner nicht entscheidungserheblich, inwiefern die von der Klägerin geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Ausführbarkeit begründet sind. Der gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Schmutzsauger fällt der Nichtigkeit anheim, weil er nicht neu ist.
2. Die D1 betrifft einen Abscheider für pneumatische Saugförderanlagen, in dem das Fördergut aus der Förderluft abgeschieden und in einem Auffangbehälter gesammelt wird. Dazu ist im Oberteil des Abscheidebehälters 1 eine Filteranordnung für die durch einen Saugstutzen 10 abzuziehende Förderluft, deren Filter 5, 6 im Gegenstrom zur Abzugsrichtung der Förderluft abzureinigen sind. Die Filteranordnung besteht dabei aus zwei durch eine Scheidewand voneinander getrennten Filterpatronen 5, 6, wobei beide Filterpatronen 5, 6 einzeln mit einem Luftstrom des Gebläses beaufschlagbar sind und wobei im Reinigungsbetrieb der partikelbehaftete Luftstrom die Filter radial von außen nach innen durchströmt. Desweiteren ist die Filteranordnung der D1 mit zwei unabhängig voneinander betätigbaren Drei-Wege-Ventilen 12, 13 zur getrennten Steuerung der Abreinigung der beiden Filterpatronen 5, 6 versehen (vgl. D1 Patentansprüche 1, 3, S. 5 Abs. 2 und Fig. 1). Im Abreinigungsbetrieb wird der Luftstrom bei der jeweiligen Filterpatrone durch Schalten des Ventils 12, 13 umgekehrt, der nun radial von innen nach außen verläuft und dabei die radial außen befindlichen Partikel vom Filter abreinigt. Während dieser Abreinigung verbleibt das jeweils andere Ventil 12, 13 in seiner Betriebsstellung für den Normalbetrieb, so dass die andere Filterpatrone nach wie vor im Reinigungsbetrieb betrieben werden kann (vgl. D1 Patentansprüche 1 bis 3, S. 6 Z. 5 bis 19 sowie Fig. 3 und 4). Damit sind die streitpatentgemäßen Merkmale 1 bis 6 und 8 bis 10 in der D1 vorbeschrieben.
Das Merkmal 7 ist zwar in der D1 expressis verbis nicht offenbart. Zu dem Offenbarten gehört aber nicht nur dasjenige, was im Wortlaut der Veröffentlichung ausdrücklich erwähnt wird. Vielmehr ist der Sinngehalt der Veröffentlichung maßgeblich, also diejenige technische Information, die der fachkundige Leser der jeweiligen Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt, wozu auch Abwandlungen und Ergänzungen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Schrift für den Fachmann derart naheliegen, dass sie sich ihm bei aufmerksamer, weniger auf die Worte als ihren erkennbaren Sinn achtenden Lektüre ohne weiteres erschließen, so dass er sie gleichsam mitliest, auch wenn er sich dessen nicht bewusst ist. Die Berücksichtigung solcher Umstände zielt dabei nicht auf eine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern auf die Erfassung der technischen Information, die der Fachmann durch eine Schrift erhält, in ihrer Gesamtheit. (vgl. BGH GRUR 2014, 758, 2. Ls., 761 Rn. 39 – Proteintrennung m. w. N.). So ergibt sich für den Fachmann beim Durchlesen der D1 aus der Beschreibung der Betätigung der Drei-Wege-Teller-Ventile mittels Elektromagneten (vgl. D1 S. 5 Abs. 2 Satz 1), dass es sich dabei um Elektromagnetventile handelt, die Schaltzeiten – wie auch von der Beklagten nicht bestritten – im Bereich von Millisekunden bis Zehntelsekunden aufweisen (vgl. u. a. K15a S. 22 Tab. le. Z.; K15b S. 3 Tab. „X-Number“; K15c S. 161 Fig. 4; K15d S. 359 Abs. 3 2. Satz). Durch die Erfassung dieser technischen Information ist somit auch das expressis verbis nicht offenbarte schlagartige Umschalten gemäß Merkmal 7, das streitpatentgemäß im Bereich von Milli- bis Zehntelsekunden erfolgt (vgl. I.1.5.2.), der D1 entnehmbar.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die D1 im Gegensatz zum Streitpatent Außenluft zur Abreinigung verwende. Dieses Argument kann jedoch zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht beansprucht, dass zur Abreinigung nur die Abluft der im Normalbetrieb befindlichen Filterteile zu verwenden ist. Nach dem Wortlaut dieses Patentanspruchs ist vielmehr auch die Verwendung von Außenluft zur Abreinigung möglich. So besagt Merkmal 8 lediglich, dass bei dem abzureinigenden Filterteil der Luftstrom umgekehrt wird. Von woher der Luftstrom kommt, also von der Umgebung des Schmutzsaugers oder von der Abluft der im Normalbetrieb befindlichen Filterteile, ist nicht angegeben. Auch das Fehlen eines die Außenluft ausschließenden Vorrichtungsmerkmals, z. B. eines Verschlussventils, im Raum zwischen dem abzureinigenden Filter und der Umgebung schließt einen Zustrom von Außenluft nicht aus. Daran ändert auch die semantische Betrachtungsweise der Merkmale 3, 5 und 8 gemäß schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten nichts. Denn der Wortlaut des Merkmals 8 gibt lediglich vor, dass der Luftstrom am abzureinigenden Filter umgekehrt wird, aber nicht dass es sich dabei um denselben Luftstrom, wie er in den Merkmalen 3 und 5 beschrieben wird, und damit um die Abluft der im Normalbetrieb befindlichen Filterteile handeln muss. Eine Umkehr des Luftstroms am abzureinigenden Filterteil, der dort von radial innen nach radial außen gemäß streitpatentgemäßen Merkmal 9 strömt, kann vielmehr auch wie in der D1 mit Umgebungsluft realisiert werden.
Auch das Argument der Beklagten, dass es beim Ansaugen von Außenluft gemäß der Abreinigung nach der D1 nicht zu einem streitpatentgemäßen Reinigungsimpuls komme, kann nicht durchgreifen. Ein Reinigungsimpuls bzw. ein stoßartiger Reinigungsluftstrom wird im Patentanspruch 1 des Hauptantrags nicht bean- sprucht und kann daher den Streitgegenstand nicht von der Vorrichtung gemäß der D1 abgrenzen.
Schließlich kann auch der Einwand der Beklagten, dass der Gebläseüberdruck des streitpatentgemäßen Schmutzsaugers jegliches Einströmen von Außenluft ausschließe und daher die Vorrichtung der D1 ein anderes Abreinigungsprinzip verwende, nicht überzeugen. Denn der Überdruck des Gebläses ist im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht beansprucht. Dieser ist vielmehr nur Gegenstand einer bevorzugten und hier nicht angegriffenen Ausgestaltung des streitpatentgemäßen Schmutzsaugers (vgl. K1 Patentansprüche 3 bis 5). Da die streitpatentgemäß zu erzielende stoßartige Abreinigung gemäß Hauptantrag durch eine Druckdifferenz am abzureinigenden Filterteil erreicht wird, die aufgrund der Luftstromumkehr durch das schlagartige Umschalten des Drei-Wege-Ventils unabhängig vom einem durch das Gebläse induzierten Überdruck erzeugt wird (vgl. I.1.5.3.), kann der Gebläseüberdruck der bevorzugten Ausgestaltung den Streitgegenstand nicht vom Stand der Technik gemäß der D1 abgrenzen.
Sämtliche Merkmale des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag sind somit in der D1 vorbeschrieben. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist daher mangels Neuheit nicht rechtsbeständig.
3. Die neben dem Patentanspruch 1 angegriffenen Patentansprüche des Hauptantrags bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag und auch die Hilfsanträge als jeweils geschlossene Anspruchssätze versteht und das Streitpatent in der gewählten Reihenfolge der Hilfsanträge verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
III.
Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1A, 1B und 2 bis 11 erweisen sich ebenfalls als nicht patentfähig.
1. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1A ist wegen einer Erweiterung des Schutzbereichs gegenüber der Fassung des erteilten Patents nicht zulässig.
Eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents liegt vor bei Aufnahme eines zusätzlichen, ursprünglich offenbarten Merkmals, auf das sich die erteilten Ansprüche nicht beziehen, wenn dadurch der Gegenstand des Patents gegenüber dem des erteilten Patents ein Aliud, d.h. wesensverschieden, wird (vgl. BGH GRUR 2000, 591, Rn. 33 – Inkrustierungsinhibitoren und Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl. § 22 Rn. 15, 16 1. Aufzählungspunkt m. w. N.). Ein Aliud liegt aber nicht nur dann vor, wenn der offenbarte und der patentierte Gegenstand in einem Ausschließlichkeitsverhältnis zueinander stehen (exklusives Aliud), sondern auch, wenn die Hinzufügung einen technischen Aspekt betrifft, der den ursprünglich eingereichten Unterlagen in seiner konkreten Ausgestaltung oder wenigstens in abstrakter Form nicht als zur Erfindung gehörend zu entnehmen ist (BGH GRUR 2011, 1003, Rn. 29 – Integrationselement m. w. N.). Dies ist hier der Fall.
Durch die Einfügung des Merkmals „als stoßartiger Reinigungsluftstrom des Gebläses (21)“ in den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1A werden jedenfalls auch Schmutzsauger beansprucht, bei denen der stoßartige Reinigungsluftstrom durch das Gebläse erzeugt wird. Dies wäre beispielsweise durch eine getaktete Schaltung der Saugstärke des Gebläses möglich. In den erteilten Patentansprüchen ist aber nur beansprucht, dass die stoßartige Abreinigung durch ein schlagartiges Umschalten der Drei-Wege-Ventile erreicht wird, während das Gebläse unverändert weiterbetrieben wird, so dass es trotz der Abreinigung eines Filterteils nicht zu einer Unterbrechung des Schmutzsaugerbetriebes kommt und diese vom Benutzer praktisch unbemerkt stattfindet (vgl. K1 Patentanspruch 1, S. 2/8 Abs. [0010], [0012] und S. 3/8 Abs. [0014]). Der „stoßartige Reinigungsluftstrom durch das Gebläse“ betrifft somit einen technischen Aspekt, der in seiner konkreten Ausgestaltung nicht als zur streitpatentgemäßen Erfindung gehörend zu entnehmen ist. Dieses Merkmal stellt somit ein Aliud dar, so dass der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1A nicht zulässig ist.
2. Auch die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 1B, 2 und 7 erweisen sich gegenüber der Streitpatentschrift als unzulässig erweitert und damit als nicht bestandsfähig.
Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des neu vorgelegten Patentanspruchs mit dem Gegenstand des erteilten Patents und dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des erteilten Patents ist die durch die Patentansprüche bestimmte Lehre, wobei Beschreibung und Zeichnungen mit heranzuziehen sind. Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass den Patentansprüchen dabei eine gleich hervorgehobene Bedeutung zukommt. Der neu eingereichte Patentanspruch darf deshalb nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht als zur Erfindung gehörend erkennen ließ (BGH GRUR 2010, 513, Rn. 28, 29 – Hubgliedertor II m. w. N.; Schulte/Moufang PatG, 9. Aufl. § 34 Rn. 318). Dies ist vorliegend jedoch der Fall.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1B unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die Aufnahme des Merkmals „mit einem schlagartigen Druckstrom des Gebläses (21)“. Nach den Ausführungen der Beklagten sei dieses Merkmal sowohl der Streitpatentschrift als auch den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen (vgl. K1 Abs. [0043] und K2 handschriftl. S. 9 Z. 23 bis 26). Diese Textstelle enthält allerdings keinen Hinweis darauf, dass der beschriebene schlagartige Druckstrom eine Folge des Gebläses ist. Nach der Lehre der Streitpatentschrift und der ursprünglich eingereichten Unterlagen hängt der schlagartige Druckstrom vielmehr mit der Folgesteuerung der Ventile zusam- men (vgl. K1 S. 4/8 Abs. [0039] bis [0043] und K2 handschriftl. S. 9 Z. 1 bis 26). Auch die Hinweise der Beklagten, dass das Gebläse die einzige offenbarte Druckluftquelle sei und sich die als Offenbarungsort angegebenen Stellen in keiner Weise auf die Folgesteuerung bezögen, führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn der am angegebenen Offenbarungsort aufgezeigte Druckstrom wird im Hinblick auf das Ausführungsbeispiel, das in den streitpatentgemäßen Figuren 1 und 2 illustriert ist, beschrieben. Dieses Ausführungsbeispiel veranschaulicht aber den streitpatentgemäß bevorzugten, hier aber nicht angegriffenen Schmutzsauger mit einem Drei-Wege-Ventil, das für die Abreinigung eine Folgesteuerung aufweist. In der Abreinigungsstellung wird dabei die Ventilstange 29 angehoben, so dass zuerst der untere Ventilteller 31a den Ventilsitz 19 schließt. Durch den dabei erzielten Verschluss der Abluftkammer wird in dieser ein Überdruck erzeugt. Mit weiterer Anhebung der Ventilstange 29 wird dann im Rahmen der Folgesteuerung auch der obere Ventilteller 30a mitgenommen, so dass sich der Überdruck aus der Abluftkammer in einem schlagartigen Druckstrom durch die Zwischenkammer 17 und die Filterkammer 10 zum abzureinigenden Filterteil 4 entlädt (vgl. K1 Fig. 2 i. V. m. Fig. 1 und S. 4/8 Abs. [0039], [0041] bis [0043] sowie K2 handschriftl. S. 18 i. V. m. handschriftl. S. 17 und 9 Z. 1 bis 4, 10 bis 26). Eine verallgemeinerte Beschreibung des Druckstroms für beliebige Ausgestaltungen des streitpatentgemäßen Schmutzsaugers kann dieser Passage somit nicht entnommen werden. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1B ist daher unzulässig erweitert.
Für den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 gilt dieselbe Argumentation. Denn auch dieser wurde unter Hinweis auf Abs. [0012] Satz 1 sowie Pfeile 12' und Gebläse 21 in der Fig. 2 der Streitpatentschrift durch Aufnahme des Merkmals „der von dem Gebläse erzeugte Überdruck … die … Schmutzpartikel abreinigt“ ergänzt. Die angeführten Stellen beschreiben wiederum die bevorzugte Ausgestaltung des streitpatentgemäßen Schmutzsaugers mit der Folgesteuerung für die Drei-Wege-Ventile. Ein Überdruck ohne diese Folgesteuerung entnimmt der Fachmann dagegen der Streitpatentschrift und den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht, so dass auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 7 unzulässig erweitert ist.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 enthält als zusätzliches Merkmal gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, dass „im Normalbetrieb die Luft über die jeweiligen Drei-Wege-Ventile zum Gebläse strömt und von dort ins Freie gelangt“. Zudem wurde nach „in der Reinigungsstellung schlagartig umschalten“ das Merkmal „wodurch ein Reinigungsluftstrom von dem Gebläse in das jeweilige Filterteil eingeleitet wird“ ergänzt. Dadurch soll nach Angaben der Beklagten der Verlauf des Luftstroms durch den Schmutzsauger näher definiert werden. Nach der Lehre der Streitpatentschrift und den ursprünglich eingereichten Unterlagen wird der Luftstrom aber stets durch Saug-, Zwischen- und Abluftkammern geführt. Ein solcher Luftweg ist im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 jedoch nicht vorgesehen (vgl. K1 S. 2/8 Abs. [0012], Fig. 1, 2 i. V. m. S. 3/8 Abs. [0025] bis [0032] und S. 4/8 Abs. [0039] bis [0043]; vgl. K2 handschriftl. S. 4 Z. 31 bis S. 3 Z. 7, handschriftl. S. 17, 18 i. V. m. handschriftl. S. 5 Z. 14 bis 19 und Z. 26 bis 30). Zudem gibt es im Streitpatent keinen Hinweis, dass bei einem Fehlen der Folgesteuerung ein anderer konstruktiver Aufbau für den Luftweg vorgesehen ist. Somit beschreibt das Merkmal „im Normalbetrieb die Luft über die jeweiligen Drei-Wege-Ventile zum Gebläse strömt und von dort ins Freie gelangt“ im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 einen Luftstromweg, dem gegenüber der streitpatentgemäßen Offenbarung wesentliche Teile der streitpatentgemäßen Lehre fehlen. Der Gegenstand dieses Patentanspruchs ist daher unzulässig erweitert.
Auch der Hinweis der Beklagten auf die ständige Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Aufnahme von einzelnen Merkmalen aus der Beschreibung und insbesondere dem Ausführungsbeispiel, die jeweils für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich seien, kann an dieser Beurteilung nichts ändern. Denn dies gilt nur, wenn Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele sich für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der bean- spruchten Allgemeinheit für ihn bereits den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist (vgl. BGH, GRUR 2014, 542, Rn. 24 – Kommunikationskanal; BGH GRUR 2012, 1124, Rn. 52 – Polymerschaum m. w. N.). Die in den Hilfsanträgen 1B, 2 und 7 neu eingeführten Merkmale sind aus dem ursprungsoffenbarten Zusammenhang genommen, ohne dass sich dem Fachmann deren allgemeine Gültigkeit für den streitpatentgemäßen Schmutzsauger unmittelbar und eindeutig erschlossen hat. Denn wie bereits aufgezeigt, ist der im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 7 beanspruchte Überdruck und der damit verbundene im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1B beanspruchte schlagartige Druckstrom nur im Zusammenhang mit der Folgesteuerung der Drei-Wege-Ventile den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig zu entnehmen. Dass dieser auch ohne die Folgesteuerung auftritt, kann der Fachmann den Anmeldungsunterlagen nicht ohne weiteres entnehmen, da die gewünschte stoßartige Abreinigung streitpatentgemäß durch ein schlagartiges Umschalten der 3-Wege-Ventile erreicht wird, wobei aufgrund der Luftstromumkehr und der dadurch auf den beiden Seiten des abzureinigenden Filterteils auftretenden Druckdifferenz ein Reinigungsimpuls entsteht (vgl. I.1.5.3.). Auch der Luftstromweg wird im Streitpatent und in den ursprünglichen Unterlagen nur über die Saug-, Abluft-, Zwischen- und Filterkammer offenbart. Einen verkürzten Luftweg ohne diese Kammern entnimmt der Fachmann den Unterlagen nicht unmittelbar und eindeutig, so dass auch diese Verallgemeinerung im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 nicht als zur angemeldeten Erfindung gehörend erkennbar ist.
3. Die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 3, 5 und 6 sind nicht neu und damit auch nicht bestandsfähig.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wurde gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 durch die weiteren Vorrichtungsmerkmale „Steuergehäuse, welches auf dem Schmutzsaugerbehälter aufgesetzt ist und welches die Filterteile trägt“ sowie die Anordnung des Gebläses am Steuergehäuse und der 3-WegeVentile in das Steuergehäuse ergänzt. Diese Merkmale finden sich aber auch in der D1. So weist der Abscheider 1 einen Sammelbehälter 2 als Schmutzsauger- behälter auf. Die Ventileinrichtung 9 ist auf dem Sammelbehälter 2 aufgesetzt und stellt das streitpatentgemäße Steuergehäuse dar, das die Filtereinsätze 5 und 6 trägt, die Drei-Wege-Ventile 13 und 14 umfasst sowie an dem das Gebläse 11 angeordnet ist (vgl. D1 Fig. 1). Damit sind auch die zusätzlichen Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 in der D1 vorbeschrieben, so dass der damit beanspruchte Schmutzsauger unter Berücksichtigung der Ausführungen in II.2. ebenfalls mangels Neuheit nicht patentfähig ist.
Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag die Ausbildung der 3-Wege-Ventile als Elektromagnetventile zusätzlich beansprucht worden. Auch dieses Vorrichtungsmerkmal wird in der D1 gelehrt, nach der die Ventileinrichtung 9 zwei gegenüberliegende Drei-Wege-Ventile enthält, die unabhängig voneinander durch Elektromagnete 14, 15 betätigbar sind (vgl. D1 Fig. 1 und S. 5 Abs. 2 Satz 1). Somit ist auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 unter Berücksichtigung der Ausführungen in II.2. mangels Neuheit nicht bestandsfähig.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 ist unter Hinweis auf den Abs. [0007] des Streitpatents durch das Merkmal „eine stoßartige Abreinigung des Filters“ ergänzt worden. Dieses Merkmal ist implizit auch aus der D1 bekannt. Denn die stoßartige Abreinigung des Filters wird streitpatentgemäß durch einen Reinigungsimpuls erreicht, der durch die Luftstromumkehr aufgrund des schlagartigen Umschaltens des Drei-Wege-Ventils innerhalb von Millisekunden bis Zehntelsekunden und der daraus resultierenden Druckdifferenz auf den beiden Seiten des abzureinigenden Filterteils ausgelöst wird (vgl. I.1.5.3. i. V. m. I.1.5.2.). In der D1 werden wie im Streitpatent Elektromagnetventile als Drei-Wege-Ventile eingesetzt (vgl. D1 S. 5 Abs. 2 Satz 1). Diese Elektromagnetventile haben für die Fachwelt bekanntermaßen üblicherweise Schaltzeiten im Bereich von Millisekunden bis Zehntelsekunden (vgl. u. a. K15a S. 22 Tab. le. Z.; K15b S. 3 Tab. „X-Number“; K15c S. 161 Fig. 4; K15d S. 359 Abs. 3 2. Satz). Die Luftstromumkehr zur Abreinigung wird in der D1 ebenfalls gelehrt (vgl. D1 Fig. 3 i. V. m. S. 6 Abs. 2). Wenn daher in der D1 wie im Streitpatent das Drei-Wege-Ventil im Bereich von Millisekunden bis Zehntelsekun- den schlagartig umschaltet, wodurch eine Luftstromumkehr ausgelöst wird, tritt auch in der D1 auf den beiden Seiten des abzureinigenden Filtereinsatzes eine Druckdifferenz auf, wodurch wie im Streitpatent ein Reinigungsimpuls entsteht und daraus die beanspruchte stoßartige Abreinigung resultiert. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 6 fügt somit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag kein die Neuheit begründendes Merkmal hinzu, so dass auch dieser Anspruch mangels Neuheit nicht gewährbar ist.
4. Die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 4 und 9 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und sind daher nicht bestandsfähig.
Zur Lösung der Aufgabe, die Abreinigung eines Filters, insbesondere durch eine stoßartige Abreinigung, wesentlich wirksamer zu gestalten, konnte der Fachmann unter anderem von der D1 ausgehen. Die D1 will einen Abscheider mit einer Filtereinrichtung bereitstellen, die eine möglichst große Filterfläche sowie leicht und einfach zu reinigende und/oder erforderlichenfalls auszutauschende Filter aufweist (vgl. D1 S. 3/4 übergreifender Abs. i. V. m. S. 3 Abs. 2). Somit beschäftigt sich die D1 wie das Streitpatent mit der Technologie einer effizienten Abreinigung von Partikelfiltern, so dass der Fachmann Anlass hatte, diese Druckschrift in Betracht zu ziehen. Die D1 offenbart dazu einen Abscheider mit einer Filtervorrichtung mit zwei parallel betriebenen Filtereinsätzen, bei denen durch Schaltung eines DreiWege-Ventils jeweils ein Filtereinsatz durch Luftstromumkehr und dem dadurch verursachten Luftstromstoß von der Reinluftseite des Filters her abgereinigt werden kann. Als Abreinigungsluft verwendet die D1 dabei Außenluft (vgl. D1 Patentansprüche 1, 3, S. 6 le. Abs. und Fig. 1, 3, 4).
Der mit der Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe betraute Fachmann wird sich ausgehend von der D1 im Stand der Technik nach weiteren Maßnahmen für eine noch wirksamere Abreinigung von Filterteilen im laufenden Betrieb umschauen. Dabei wird er auf die D2 treffen, die ebenfalls eine hoch effiziente Staubfiltereinrichtung bereitzustellen sucht (vgl. D2 Sp. 1 Z. 10 bis 20 und 26 bis 30). Dazu beschreibt diese Druckschrift einen Staubfilter, der eine Filterein- richtung mit mehreren Filterteilen in einer Staubkammer aufweist (vgl. D2 Patentanspruch 1, Titel, Sp. 2 Z. 51 bis 55 und Fig. 2). Jedes Filterteil der D2 ist mit einer Sammelleitung verbunden, der ein Ventil zur getrennten Steuerung der Abreinigung zugeordnet ist, wodurch die Filterteile auch einzeln mit einem Luftstrom des Gebläses beaufschlagbar sind. Bei dem Ventil handelt sich um ein DreiWege-Ventil, das den Luftstrom zwischen der Sammelleitung und dem Auslasskanal bzw. dem Reinluftkanal schaltet (vgl. D2 Fig. 2 und 4 sowie Sp. 3 Z. 18 bis 37). Im Normalbetrieb wird der staubbeladene Luftstrom in die Staubkammer eingeleitet. Der Luftstrom durchströmt die Filterelemente von außen nach innen und gelangt über die Sammelleitungen in den Auslasskanal (vgl. D2 Sp. 4 Z. 18 bis 33 sowie Fig. 1 und 2). Zur Abreinigung wird das Ventil geschlossen, wodurch aus dem Reinluftkanal, der gegenüber der Staubkammer im Überdruck steht, ein Luftstrom in die jeweilige Sammelleitung eingeleitet wird und in im Vergleich zum Normalbetrieb umgekehrter Richtung das Filterelement von innen nach außen durchströmt, während die anderen Filterelemente im Normalbetrieb weiterlaufen, da die dort angeordneten Ventile in ihrer Betriebsstellung verbleiben (vgl. D2 Sp. 4 Z. 37 bis 45). Die Luftströme in der Vorrichtung der D2 können dabei auch von einem einzigen Gebläse erzeugt werden und als Reinluft zur Abreinigung kann die gefilterte Luft aus dem Auslasskanal verwendet werden (vgl. D2 Sp. 4 Z. 1 bis 7). Der Fachmann lernt somit aus der D2, dass eine Abreinigung mit der gefilterten Luft aus der Abluftseite des Gebläses möglich ist und eine Druckdifferenz zwischen Reinluftseite und Filter- bzw. Staubkammer – diese wird in der D2 durch den Überdruck im Reinluftkanal erreicht – zu einer hoch effizienten Abreinigung führt.
Der Fachmann entnimmt daher der D2 für eine wirksamere Ausgestaltung der Abreinigung von Filtern die Anregung, in der Filtereinrichtung der D1 die Verwendung von Luft aus der Abluftseite des Gebläses zu verwenden und dabei zugleich auf eine Druckdifferenz zwischen der Reinluftseite und der Filterkammer zu achten. Er wird somit die Abluftkammer des Gebläses in der D1 über das Drei-Wege-Ventil mit der Filterkammer der Filterteile für den Abreinigungsprozess verbindbar ausgestalten und dabei die Druckdifferenz zwischen der Abluft- und Staubluftseite des abzureinigenden Filterteils, die bei der Vorrichtung der D1 durch die Luftstromumkehr beim Umschalten der Elektromagnetventile mit üblichen Schaltzeiten erreicht wird (vgl. III.3 le. Abs.), beibehalten. Da es zudem zum üblichen Fachwissen gehört, dass ein Schmutzsaugergebläse stets auf der Saugseite eine Saugkammer bzw. eine vergleichbare Einrichtung sowie auf der Abluftseite eine entsprechende Abluftkammer oder eine vergleichbare Einrichtung aufweist und die übrigen Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 aus der D1 bekannt sind (vgl. II.2.), ergeben sich somit sämtliche Merkmale dieses Patentanspruchs aus der Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 in naheliegender Weise.
Das Argument der Beklagten, in der D2 reiche für die Abreinigung eine relativ kleine Druckdifferenz aus, um ein Aufblähen der Filter und damit ein Abplatzen der abzureinigenden Beläge zu erreichen, so dass diese Druckschrift eine andere Art der Filterabreinigung lehre, kann an dieser Betrachtungsweise nichts ändern. Zwar kann der Beklagten insoweit gefolgt werden, dass in der D2 eine geringe Druckdifferenz zwischen dem dortigen Reinluftkanal und der Staubkammer für eine Auswärtsbewegung der Filterseitenwände ausreicht, die dann zum Abplatzen des abgelagerten Staubs führt (vgl. D2 Sp. 4 Z. 46 bis 51). Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist aber eine derartige Auswärtsbewegung der Filterseitenwände auch beim Streitgegenstand nicht ausgeschlossen, so dass diese Abreinigungsart jedenfalls auch bei der streitpatentgemäßen Abreinigung auftreten kann und somit nicht vom streitbefangenen Schmutzsauger wegführt. Zudem lehrt die D2, dass die Auswärtsbewegung heftig sein soll, wodurch der abzureinigende Staub stoßartig erschüttert oder abgesprengt wird (vgl. D2 Sp. 4 Z. 46 bis 56). Dadurch wird die streitpatentgemäße stoßartige Abreinigung durch den Reinigungsimpuls, der durch die Druckdifferenz zwischen der Abluft- und Staubluftseite des abzureinigenden Filterteils aufgrund des schlagartigen Umschaltens der Drei-Wege-Ventile und der dadurch verursachten Luftstromumkehr erzeugt wird (vgl. I.1.5.3), in der D2 zumindest nahe gelegt. Darüber hinaus ist nach der streitpatentgemäßen Lehre die Abreinigung auf ein schlagartiges Umschalten der Drei-Wege-Ventile und dadurch erzeugter Luftstromumkehr am abzureinigenden Filterteil gerichtet. In diesem Zusammenhang finden sich weder im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 noch in der Streitpatentschrift Angaben über eine zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe erforderliche Größenordnung der Druckdifferenz, so dass auch die Lehre einer „geringen“ Druckdifferenz in der D2 nicht gegen das Heranziehen dieser Druckschrift spricht.
Auch der Einwand der Beklagten, dass in D2 zwei Gebläse und nicht ein Gebläse gemäß Merkmal 3 eingesetzt würden, kann nicht durchgreifen. Denn D2 offenbart auch die Möglichkeit, auf das separate Gebläse im Reinluftkanal zugunsten des Gebläses im Absaugkanal zu verzichten und lehrt somit eine Filtervorrichtung, die nur ein Gebläse aufweist (vgl. D2 Sp. 4 Z. 4 bis 7).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 9 ist im Vergleich zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 zusätzlich durch das Merkmal „eine stoßartige Abreinigung des Filters“ ergänzt worden. Dieses Merkmal ist – wie bereits beim Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 gezeigt (vgl. III.3. le. Abs.) – implizit auch aus der D1 bekannt, so dass für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 9 trotz des neuen Merkmals die Argumentation hinsichtlich des Gegenstands des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 weiterhin gilt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 9 hat daher ebenfalls bei einer Zusammenschau der Druckschriften D1 und D2 nahe gelegen und ist somit mangels erfinderischer Tätigkeit nicht bestandsfähig.
5. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 8 stellt eine Kombination der Merkmale der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 6 und 7 dar. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 10 beinhaltet eine Kombination der Merkmale der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 4 und 7. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 11 schließlich stellt eine Kombination der Merkmale der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 4, 6 und 7 dar.
Für diese ergibt sich somit keine andere Sach- und Rechtslage, als sie bereits mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 der Hilfsanträge 4, 6 und 7 vorliegt, weshalb die im Zusammenhang mit diesen dargelegten Gründe hier gleichermaßen gelten. Da somit bereits das Merkmal aus dem Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 7 „der von dem Gebläse erzeugte Überdruck … die … Schmutzpartikel abreinigt“ eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung darstellt (vgl. III.2 Abs. 4), sind die jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 8, 10 und 11 schon aus diesem Grund nicht zulässig und damit auch nicht bestandsfähig.
6. Ein bestandsfähiger Rest ist auch nicht in den Gegenständen der angegriffenen nachgeordneten Patentansprüche 2 und 9 bis 11 des Hilfsantrags 11 zu erkennen. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass ihnen ein eigenständiger erfinderischer Gehalt zukäme. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich. Diese Patentansprüche, deren selbstständiger Gehalt von der Klägerin unter Angabe von Gründen in Abrede gestellt wurde, sind daher ebenfalls nicht patentfähig.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
V.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und in- nerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
Schramm Guth Dr. Münzberg Dr. Jäger Dr. Wagner Pr