7 W (pat) 93/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 93/14
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(Aktenzeichen)
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache BPatG 152 08.05 betreffend das Patent 10 2012 206 109.6 wegen Durchführung des Einspruchsverfahrens hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 27. April 2015 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr beschlossen:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe I.
Auf eine Anmeldung vom 13. April 2012 erteilte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) das Patent 10 2012 206 109.6 mit der Bezeichnung „Rotorblatt einer Windenergieanlage“. Gegen dieses Patent, dessen Erteilung am 12. September 2013 veröffentlicht wurde, geht die Einsprechende im Wege eines am 12. Dezember 2013 eingelegten Einspruchs vor.
Durch Mitteilung des DPMA vom 13. Januar 2014 erhielt die Patentinhaberin von dem Einspruch Kenntnis; zugleich wurde ihr angekündigt, dass die Einspruchsbegründung zu einem späteren Zeitpunkt gesondert übersandt würde. Mit weiterem Schreiben des DPMA vom 2. April 2014 erhielt die Patentinhaberin die Ladung zu einer für den 9. Juli 2014 anberaumten Anhörung; der Ladung war zwar nicht die Einspruchsschrift, jedoch die vorläufige Auffassung der Einspruchsabteilung beigefügt, wonach der Einspruch voraussichtlich Erfolg haben werde.
Die Patentinhaberin erhob mit Schreiben vom 2. Juni 2014 Beschwerde gegen die Vorgehensweise der Einspruchsabteilung und beantragte zugleich die Absetzung des Anhörungstermins und die Ablehnung der Patentabteilung - hilfsweise die Ablehnung des Vorsitzenden - wegen Besorgnis der Befangenheit, weiter hilfsweise die Übertragung des gesamten Vorgangs an eine andere Patentabteilung.
Die Nichtzustellung des Einspruchsschriftsatzes stellt nach Auffassung der Patentinhaberin einen klaren Verstoß gegen die Einspruchsrichtlinie dar. Die Patentabteilung habe das rechtliche Gehör der Patentinhaberin missachtet und sich eine vorläufige Meinung gebildet, ohne dieser die Möglichkeit einer Äußerung zu geben. Es gebe Grund für die Besorgnis, dass die Patentabteilung einseitig zugunsten der Einsprechenden handle. Nur eine neue Patentabteilung mit neutralen Mitgliedern sei nun in der Lage, noch ein objektives Verfahren nach den Vorgaben der Einspruchsrichtlinie unter Wahrung des rechtlichen Gehörs durchzuführen.
Nach Einreichung des Beschwerdeschriftsatzes wurde der für den 9. Juli 2014 angesetzte Anhörungstermin abgesetzt; auch wurde der Patentinhaberin nunmehr die Einspruchsschrift samt Begründung zugestellt.
Die Patentinhaberin hat in Erwiderung eines gerichtlichen Hinweises, wonach die Beschwerde unstatthaft sein dürfte, an ihrer Beschwerde festgehalten und zuletzt beantragt,
- die Mitglieder der Patentabteilung wegen Besorgnis abzulehnen,
- das Einspruchsverfahren einer anderen Patentabteilung zu übertragen,
- die Rechtsbeschwerde zuzulassen, - hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dass die spätere Zustellung der Einspruchsschrift den Mangel der geforderten unverzüglichen Zustellung nicht beheben könne, weshalb eine objektive Führung des Verfahrens nicht mehr möglich sei. Eine Heilung dieses Mangels sei nur bei Übergabe des Verfahrens an eine komplett neu besetzte Patentabteilung möglich. In der Ablehnung des darauf gerichteten Antrags liege eine Entscheidung, durch die eine abschließende, die Rechte der Patentinhaberin berührende Regelung erfolgt sei. Im Übrigen handele es sich vorliegend um keinen Einzelfall; auch in anderen von der betreffenden Patentabteilung geführten Einspruchsverfahren sei die Einspruchsschrift dem Patentinhaber erst zusammen mit der Ladung zu einer Anhörung und der vorläufigen Auffassung der Abteilung zugestellt worden.
II.
Die Beschwerde ist nicht statthaft und daher gemäß § 79 Abs. 2 PatG als unzulässig zu verwerfen.
1. Nach § 73 Abs. 1 PatG findet die Beschwerde gegen Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen statt. Als Beschluss i. S. dieser Vorschrift ist eine Entscheidung mit Außenwirkung anzusehen, durch die eine abschließende Regelung ergeht, die die Rechte eines Beteiligten berühren kann (Busse/Engels, PatG, 7. Aufl., § 73 Rn. 42). Eine solche Entscheidung, gegen die sich die Beschwerde richten könnte, hat die Patentabteilung nicht getroffen.
Soweit die Patentinhaberin geltend macht, dass ihr die Einspruchsschrift in verfahrensfehlerhafter Weise erst verspätet zugesandt wurde, nachdem ihr zuvor schon die Ladung zu einem Anhörungstermin samt einem für sie negativen Ladungszusatz übermittelt worden war, so wendet sich die Patentinhaberin insoweit nicht gegen Entscheidungen der Patentabteilung in dem genannten Sinn. Vielmehr betrifft die beanstandete Vorgehensweise lediglich verfahrensleitende Verfügungen bzw.
vorbereitende Bescheide der Patentabteilung, die nicht selbständig beschwerdefähig sind (vgl. Busse a. a. O). Die Nichtzustellung bzw. verspätete Zustellung des Einspruchs an die Patentinhaberin mag auf einer bewussten Entscheidung der Patentabteilung beruhen, dies ändert aber nichts daran, dass es insoweit lediglich um grundsätzlich nicht selbständig anfechtbare verfahrensleitende Verfügungen geht. Eine mit der Art und Weise der vorliegenden Durchführung des Einspruchsverfahrens möglicherweise verbundene Verletzung des Anspruchs der Patentinhaberin auf rechtliches Gehör bzw. auf ein faires Verfahren kann nicht mit einer Beschwerde gegen das Einspruchsverfahren, sondern nur im Rahmen einer Beschwerde gegen eine anfechtbare Entscheidung nach § 73 Abs. 1 PatG verfolgt werden.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer Ablehnung der Patentabteilung bzw. einzelner Mitglieder derselben kann die Beschwerde nicht als statthaft angesehen werden, da es an einer anfechtbaren Entscheidung nach § 73 Abs. 1 PatG fehlt. Ein auf die Besorgnis der Befangenheit gestütztes Ablehnungsgesuch kann zwar nach § 27 Abs. 6 PatG in entsprechender Anwendung des § 44 Abs. 1 ZPO bei der für das Einspruchsverfahren zuständigen Patentabteilung angebracht werden (vgl. Busse, a. a. O., § 27 Rn. 69), was aber im vorliegenden Fall gleichzeitig mit Einlegung der Beschwerde geschehen ist, ohne dass die Patentabteilung hätte Gelegenheit haben können, über das Ablehnungsgesuch zu befinden. Daher kann hier auch nicht von einer im Beschwerdeweg anfechtbaren Ablehnung eines Ablehnungsgesuchs ausgegangen werden. Ebenso wenig hat das Bundespatentgericht im Rahmen der vorliegenden Beschwerde darüber zu befinden, ob das Einspruchsverfahren an eine anderweitig besetzte Patentabteilung überzugehen hat. Der Argumentation der Patentinhaberin, in der Beibehaltung der bisherigen Besetzung liege eine Entscheidung, durch die eine abschließende Regelung erfolgt sei, die ihre Rechte berühre, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie ihren Antrag auf Übertragung des Vorgangs an eine andere Patentabteilung zeitgleich mit Einlegung der Beschwerde gestellt hat; zu diesem Zeitpunkt ist aber eine Entscheidung hierüber auf keinen Fall existent gewesen. Unabhängig davon wäre eine Entscheidung des DPMA zur Zuständigkeit einer Patentabteilung als verfahrensleitende organisatorische Maßnahme, die eine Sachentscheidung lediglich vorbereitet, grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar.
2. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, da vorliegend weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist, noch eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (vgl. § 100 Abs. 2 PatG).
3. Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 PatG konnte die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Dr. Schnurr Pr