AnwZ (Brfg) 28/20
BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 28/20 BESCHLUSS vom
28. Februar 2022 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache ECLI:DE:BGH:2022:280222BANWZ.BRFG.28.20.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat am 28. Februar 2022 durch die Richterinnen Borris, Dr. Brenneisen und Dr. C. Fischer sowie den Rechtsanwalt Prof. Dr. Schmittmann und die Rechtsanwältin Merk beschlossen:
I. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 23. Februar 2022 gegen Richterin am Bundesgerichtshof B. wird als unzulässig verworfen.
II. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 10. September gegen die Präsidentin des Bundesgerichtshofs L. ,
die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof a.D. S.
, die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Li. ,
G. , Dr. Bu.
und Dr. O. sowie gegen die Richter am Bundesgerichtshof Richter Dr. R.
und Dr. D.
wird als unzulässig verworfen.
III. Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 10. September gegen den Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Gr. , den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. P.
und die Richterin am Bundesgerichtshof E. , die ehrenamtlichen Beisitzerinnen Rechtsanwältin M. , Rechtsanwältin N. und Rechtsanwältin Sch. sowie die ehrenamtlichen Beisitzer Rechtsanwalt Dr. K. , Rechtsanwalt Prof. Dr. Schm.
und Rechtsanwalt Dr. La. wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe:
A.
Gegenstand des anwaltsgerichtlichen Verfahrens ist der von der Beklagten am 10. Februar 2016 ausgesprochene Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).
Der Anwaltsgerichtshof B. verwarf die hiergegen erhobene Klage des Klägers als unzulässig. Der Senat für Anwaltssachen beim Bundesgerichtshof lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 14. Januar 2019 ab. Auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers hob das Bundesverfassungsgericht am 22. Juli 2020 diesen Beschluss auf und verwies die Sache an den Senat zurück. Nachdem der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Gr. Richterin am Bundesgerichtshof E. zur Berichterstatterin bestimmt hatte, ließ der Senat mit Beschluss vom 8. Februar 2021 in der Besetzung Vorsitzender Richter Dr. Gr. , Richter Prof. Dr. P. , Richterin E. als Berufsrichter sowie Rechtsanwalt Dr. K. und Rechtsanwältin Dr. M. als ehrenamtliche Richter die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs B. zu.
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2021 begründete der Kläger seine Berufung und lehnte Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. P. und den ehrenamtlichen Richter Rechtsanwalt Dr. K. , welche an dem Beschluss vom 14. Januar 2019 beteiligt waren, mit der Begründung ihrer Vorbefassung wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zudem beantragte er Akteneinsicht.
Richterin am Bundesgerichtshof E. gewährte mit Verfügung vom 24. August 2021 dem Kläger Akteneinsicht durch Einsichtnahme auf der Geschäftsstelle. Alternativ bot sie an, die Akten an ein kanzlei- oder wohnsitznahes Amtsgericht zur Einsichtnahme zu versenden; der Senat gewähre sich selbst vertretenden Rechtsanwälten aber keine Akteneinsicht durch Aktenversendung an den Kanzleisitz.
Mit Schriftsatz vom 10. September 2021 lehnte der Kläger die ordentlichen und (erstrangig) stellvertretenden Mitglieder des Senats für Anwaltssachen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Praxis des Senats, wie sie in dem Hinweis der Berichterstatterin zum Ausdruck komme, Akteneinsicht sich selbst vertretenden Rechtsanwälten nicht durch Übersendung der Akte an den Kanzleisitz zu gewähren, komme einer Vorverurteilung gleich. Bis zum rechtskräftigen Entzug der Zulassung sei ein Rechtsanwalt kein Rechtsanwalt zweiter Klasse. Gerade dazu stempele ihn der Senat aber ab mit seiner Verweigerung, die Akteneinsicht durch Aktenübersendung an den Kanzleisitz zu gewähren. Der Eindruck verstärke sich dadurch, dass ihm kein Fall bekannt sei, in dem einem sich selbst vertretenden Rechtsanwalt vom Senat Recht gegeben worden sei. Aus der Verfügung der Berichterstatterin, an deren Richtigkeit es zu zweifeln keinen Anlass gebe, ergebe sich, dass diese Haltung von allen Mitgliedern des Senats geteilt werde. Zudem stelle die Entscheidung einen Fall des Ermessensnichtgebrauchs dar.
Mit Schriftsatz vom 12. September 2021 brachte der Kläger weitere, sich gegen die Präsidentin des Bundesgerichtshofs L. , gegen den Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. P. und gegen den ehrenamtlichen Richter Rechtsanwalt Dr. La. richtende Ablehnungsgesuche an.
Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 unter dem Briefkopf des Wissenschaftlichen Mitarbeiters des Senats für Anwaltssachen eine Zweitakte zur Einsichtnahme übersandt.
8 Die Abgelehnten haben sich zu den Ablehnungsgesuchen vom 10. September 2021 dienstlich geäußert. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Äußerungen Bezug genommen (Sonderband).
Die vom Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 betroffene Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof S.
ist mit Ablauf des 31. Dezember 2021 aus dem Senat für Anwaltssachen ausgeschieden und mit Ablauf des 31. Januar 2022 in den Ruhestand getreten.
Mit Verfügung vom 11. Januar 2022, dem Kläger zugestellt am 12. Januar 2022, sind dem Kläger die dienstlichen Äußerungen mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt worden. Eine Stellungnahme hierzu hat er nicht abgegeben.
Auf die Nachfrage des Klägers vom 19. Januar 2022, inwieweit der Wissenschaftliche Mitarbeiter des Senats für Anwaltssachen berechtigt sei, Entscheidungen über Akteneinsichtsgesuche zu treffen, teilte ihm Richterin am Bundesgerichtshof B. mit Schreiben vom 27. Januar 2022 mit, dass er von ihr in Vorbereitung der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mit der Umsetzung der angeordneten Gewährung von Akteneinsicht beauftragt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 23. Februar 2022 brachte der Kläger zwei weitere Ablehnungsgesuche an, von denen sich eines gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Gr. und das andere gegen die Richterin am Bundesgerichtshof B. richtet. Letzteres stützt er darauf, dass offensichtlich der Wissenschaftliche Mitarbeiter des Senats für Anwaltssachen derjenige gewesen sei, der den Richterdienst leiste. Aus den Akten sei klar ersichtlich, dass Richterin am Bundesgerichtshof B. vor dem 11. Januar 2022 keinerlei Kontakt zu ihm gehabt habe. Sie habe sich durch seine Nachfrage veranlasst gesehen, die die Wahrheit aufs höchste verletzende Stellungnahme vom 27. Januar 2022 zu übersenden, um der Akte zuwider hinsichtlich dieses Verfahrensverstoßes die Unwahrheit zu verbreiten. Sie habe damit vorsätzlich beweiserhebliche Daten zu fälschen versucht, was die Besorgnis der Befangenheit begründe.
B.
Die zur Entscheidung berufenen berufsrichterlichen Mitglieder des Senats ergeben sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2022, Teil B VI. 2 c) cc) und d). Den Senat komplettieren die zwei zu ehrenamtlichen Beisitzern berufene Rechtsanwälte, deren Zuständigkeit sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das 2022, Teil B V. Nr. 4, den Mitwirkungsgrundsätzen des Senats für Anwaltssachen und der nach § 111 BRAO geführten Liste ergibt.
Zwar entscheidet das Gericht nach § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO über das Ablehnungsgesuch grundsätzlich ohne Mitwirkung des oder der Abgelehnten. Die vom Ablehnungsgesuch vom 23. Februar 2022 betroffene Richterin am Bundesgerichthof B. konnte ebenso wie die im Rubrum genannten Rechtsanwälte an der Entscheidung mitwirken, obwohl beide anwaltlichen Beisitzer vom Ablehnungsgesuch des Klägers vom 10. September 2021 betroffen sind.
1. Von dem aus § 45 Abs. 1 ZPO folgenden Verbot der Selbstentscheidung ist eine Ausnahme zu machen, wenn anderenfalls eine Sachentscheidung nicht möglich wäre. In einschränkender Auslegung der Vorschrift des § 45 Abs. 1 ZPO ist darum die Beteiligung der beiden vom Ablehnungsgesuch betroffenen anwaltlichen Beisitzer an der Entscheidung möglich und geboten, anderenfalls wäre der Senat dauerhaft beschlussunfähig. Der Kläger hat nämlich mit dem Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 alle zur Mitwirkung im Senat für Anwaltssachen berufenen anwaltlichen Beisitzer wegen Befangenheit abgelehnt. Der Senat für Anwaltssachen entscheidet aber nach der zwingenden gesetzlichen Regelung in § 106 Abs. 2 Satz 1 BRAO in der Besetzung mit drei Bundesrichtern und zwei Rechtsanwälten als ehrenamtlichen Richtern (§ 110 Abs. 1 BRAO). Entscheidungen des Senats ohne Beteiligung der anwaltlichen Beisitzer sind nach dem Willen des Gesetzgebers - anders als etwa im Fall der ehrenamtlichen Richter einer Kammer für Handelssachen oder der Schöffen in Strafverfahren - nicht vorgesehen. Um eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch und letztlich eine Sachentscheidung, die im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3, Art. 19 Abs. 4 GG zwingend geboten ist, überhaupt zu ermöglichen, muss daher die Verfahrensgarantie des § 45 Abs. 1 ZPO in solchen Fällen einschränkend ausgelegt werden, ohne dass bei der inhaltlichen Prüfung des Ablehnungsgesuchs Abstriche gemacht werden dürfen (vgl. BVerwG, NJW 2014, 953 Rn. 4 ff. für den Fall einer Ablehnung aller Richter eines Bundesgerichts).
2. Soweit das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig, insbesondere rechtsmissbräuchlich ist, kann ohne Beachtung dieser Verfahrensgarantie unter Mitwirkung des abgelehnten Richters selbst entschieden werden (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2020 - VIII ARZ 2/20, BGHZ 226, 350 Rn. 17 mwN). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn pauschal alle Richter eines Gerichts abgelehnt werden oder das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Allerdings ist eine enge Auslegung dieser Ausnahmetatbestände geboten. Es reicht insbesondere nicht aus, dass das Ablehnungsgesuch als offensichtlich unbegründet angesehen wird. Vielmehr soll das vereinfachte Ablehnungsverfahren wegen Vorliegens eines gänzlich untauglichen Ablehnungsgesuchs nur eine Formalentscheidung ermöglichen, die lediglich nach der Prozessordnung vorgeschriebene Handlungen des Richters zu bewerten hat, während jegliches Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Ist dies hingegen, wenn auch nur in geringfügigem Umfang, geboten, scheidet die Ablehnung als unzulässig grundsätzlich aus (vgl. BVerwG, NJW 2014, 953 Rn. 5 mwN). Andererseits soll aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der abgelehnte Richter in klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert sein und ein aufwendiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3410, 3412; NJW 2007, 3771, 3772). Bei eindeutig unzulässigen oder rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsgesuchen setzt die Prüfung des Ablehnungsgesuchs keine Beurteilung des eigenen Verhaltens des abgelehnten Richters voraus und stellt deshalb keine echte Entscheidung in eigener Sache dar (BVerfG, NJW 2005, 3410, 3412). Es entspricht deshalb der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, dass ein Ablehnungsgesuch, dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist, einem Ablehnungsgesuch ohne Angabe eines Ablehnungsgrundes gleich steht (BVerfG, NJW 2005, 3410, 3412 mwN). Ein Ablehnungsantrag, der zwar - rein formal betrachtet - eine Begründung für die angebliche Befangenheit enthält, der aber - ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalls - zur Begründung der Besorgnis einer Befangenheit gänzlich ungeeignet ist, kann rechtlich dem völligen Fehlen einer Begründung gleich geachtet werden (BVerfG, NJW 2005, 3410, 3412). In diesen Fällen entscheidet - abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs. 1 ZPO - das Gericht unter Mitwirkung des abgelehnten Richters (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2016 - I ZB 15/15, juris Rn. 5).
So liegt der Fall hier, das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 23. Februar 2022 gegen Richterin am Bundesgerichtshof B. ist offensichtlich unzulässig.
Der Kläger stützt die Besorgnis der Befangenheit darauf, dass die Gewährung der Akteneinsicht an ihn nicht auf Anordnung von Richterin am Bundesgerichtshof B. erfolgt sei, weil sich darüber keine Notiz in der Akte finde und sie vielmehr dies im Nachhinein zu Unrecht behaupte. Aus dem Fehlen eines schriftlichen Vermerks über die Gewährung von Akteneinsicht kann schlechterdings nicht darauf geschlossen werden, diese sei ohne richterliche Anordnung getroffen worden. Eine Verpflichtung, den Entschluss zur Akteneinsichtsgewährung zu verschriftlichen, besteht nicht. Erst recht fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, im Nachhinein sei dem Kläger darüber eine falsche Auskunft erteilt worden.
C.
Das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 10. September 2021 betreffend alle ordentlichen und stellvertretenden Richter und alle ehrenamtlichen Beisitzer des Senats für Anwaltssachen, wie sie im Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs für das Jahr 2021 unter Teil B V. 4. genannt sind, hat keinen Erfolg.
I.
1. Der Senat kann sich auf die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 beschränken, mit der die Beschlussfähigkeit des Senats wiederhergestellt wird. In welcher Reihenfolge über mehrere Ablehnungsgesuche zu entscheiden ist, die sich gegen verschiedene Richter eines Spruchkörpers richten, ist umstritten. Einigkeit herrscht darüber, dass mehrere nacheinander angebrachte und auf unterschiedliche Gesichtspunkte gestützte, gegen verschiedene Richter gerichtete Ablehnungsgesuche ebenso nacheinander zu bescheiden sind wie Ablehnungsgesuche, die sich einerseits gegen erkennende Richter und außerdem gegen diejenigen Richter richten, die über das Ablehnungsgesuch entscheiden (vgl. BVerfG, NJW 2004, 2514, 2515 mwN). Werden erkennende Richter abgelehnt und danach die Richter, die zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen wären, so ist letzteres Ablehnungsgesuch vorab zu bescheiden (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1967 - 4 StR 512/66, BGHSt 21, 334, 337; BFH, Beschluss vom 13. November 2008 - XI B 20/08, juris Rn. 15), weil vorrangig geklärt werden muss, welche Richter als gesetzliche Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zur Entscheidung über das zuerst angebrachte Ablehnungsgesuch berufen sind.
2. Über das Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 ist, obwohl es mehrere Richter betrifft, nicht einzeln und nacheinander, sondern in einer einheitlichen Entscheidung zu befinden, weil es hinsichtlich sämtlicher abgelehnter Mitglieder des Spruchkörpers, soweit bezüglich dieser im Rahmen des § 45 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung des Senats ergeht, auf die gleichen Gründe - die Behandlung des Akteneinsichtsgesuchs - gestützt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2020 - VIII ARZ 2/20, BGHZ 226, 350 Rn. 31 mwN).
II.
1. Das Ablehnungsgesuch ist teilweise unzulässig.
a) Soweit das Ablehnungsgesuch die Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof a.D. S.
betrifft, ist es wegen ihres dauerhaften Ausscheidens aus dem Senat und anschließend aus dem richterlichen Dienst mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden (vgl. BGH, Beschluss vom
21. Februar 2011 - II ZB 2/10, NJW 2011, 1358 Rn. 10 mwN.; Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 44 Rn. 16).
b) Im Hinblick auf die Präsidentin des Bundesgerichtshofs L. , die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Li. , G. , Dr. Bu.
und Dr. O. sowie die Richter am Bundesgerichtshof Dr. R.
und Dr. D.
fehlt dem Ablehnungsgesuch vom 10. September 2021 ebenfalls das Rechtsschutzbedürfnis, weil sie nicht für die Entscheidung in der Sache zuständig sind.
aa) Ein Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick auf die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats besteht nur, soweit diese zur Entscheidung über die zugelassene Berufung des Klägers berufen sind. Anders als bei den zu Beisitzern des Anwaltssenats berufenen Rechtsanwälten (§§ 107, 110 Abs. 1 BRAO), bei denen gemäß Nr. 6, 10 der Mitwirkungsgrundsätze des Senats in Verbindung mit der nach § 111 BRAO geführten Liste die Beteiligung vom Sitzungstag, an dem die vorliegende Sache verhandelt wird, bzw. vom Zeitpunkt einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren abhängt, und damit jeder der anwaltlichen Beisitzer zur Entscheidung berufen sein kann, sind nach dem Geschäftsverteilungsplan des Senats als Berufsrichter nur die Mitglieder der Spruchgruppe II, damit der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Dr. Gr. , Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. P. und Richterin am Bundesgerichtshof E. zur Entscheidung über die zugelassene Berufung des Klägers berufen.
bb) Zwar gehören die Präsidentin des Bundesgerichtshofs L. , die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Li. , G. , Dr. Bu.
und Dr. O. sowie die Richter am Bundesgerichtshof Dr. R.
und Dr. D.
weiter dem Bundesgerichtshof und dem Senat für Anwaltssachen an. Ein Ablehnungsgesuch kann sich aber nur gegen diejenigen Richter richten, die schon und noch mit dem Verfahren befasst sind; eine gewissermaßen vorbeugende Ablehnungsmöglichkeit gegen Vertreter besteht nach gefestigter Rechtsprechung nicht (vgl. nur BGH, Beschluss vom 13. April 2021 - RiZ 2/16, juris Rn. 23 mwN).
2. Das Ablehnungsgesuch ist im Übrigen (jedenfalls) unbegründet. Der Inhalt der vom Kläger beanstandeten Verfügung zur begehrten Akteneinsicht ist nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter und anwaltlichen Beisitzer zu rechtfertigen, § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 54 Abs. 1 VwGO, § 42 Abs. 1, 2 ZPO.
a) Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn aus der Sicht eines Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Juni 2013 - AnwZ (Brfg) 24/12, NJW-RR 2013, 1211 Rn. 6; vom 15. März 2012 - V ZB 102/11, NJW 2012, 1890 Rn. 10; vom 20. August 2014 - AnwZ 3/13, NJW-RR 2014, 1469 Rn. 5; vom 22. Juni 2021 - AnwZ (B) 3/20, MDR 2021, 1296 Rn. 7; jeweils mwN). Nicht erforderlich ist hingegen, dass tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Vielmehr genügt es, dass die aufgezeigten Umstände geeignet sind, der Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben; denn die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden (vgl. BVerfG, BVerfGE 108, 122, 126; BGH, Beschlüsse vom 20. August 2014 - AnwZ 3/13, NJW-RR 2014, 1469 Rn. 5; vom 22. Juni 2021 - AnwZ (B) 3/20, MDR 2021, 1296 Rn. 7).
b) Es kann dahinstehen, ob im Hinblick auf die Mitglieder des Senats, die weder an der beanstandeten Verfügung beteiligt waren noch zu einer Entscheidung über die Akteneinsicht berufen sind - gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 3 Satz 4, § 87a Abs. 3 VwGO entscheidet der Berichterstatter über die Akteneinsicht - schon deswegen eine Besorgnis der Befangen- heit ausscheidet. Jedenfalls gibt die von der Berichterstatterin, Richterin am Bundesgerichtshof E. , verfasste Verfügung bei vernünftiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit der Berichterstatterin und der übrigen zur Entscheidung berufenen Senatsmitglieder zu zweifeln.
aa) Die nach § 87a Abs. 3 VwGO zuständige Berichterstatterin hat mit der Verfügung dem Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht stattgegeben. Sie hat ihm ein Wahlrecht eingeräumt, ob er Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs oder der eines kanzlei- oder wohnortnahen Gerichts nehmen möchte. Dem Anliegen des Klägers, sich mit dem Inhalt der Akten beschäftigen zu können, um seine Rechte wahren zu können, ist entsprochen worden.
bb) Der Umstand, dass die Berichterstatterin den Wunsch des Klägers nach Akteneinsicht durch Aktenübersendung in seine Wohn- oder Kanzleiräume nicht erfüllt hat, vermag keine Besorgnis der Voreingenommenheit zu begründen, denn die Gewährung von Akteneinsicht durch Einsichtnahme in Diensträumen anstatt durch Aktenübersendung in die Wohn- oder Kanzleiräume beeinträchtigt die Rechtsstellung und die Verteidigungsmöglichkeiten des Klägers in keiner Weise, sondern stellt allenfalls eine Lästigkeit dar.
Zudem entspricht die Vorgabe, die Akteneinsicht in Diensträumen zu gewähren, den gesetzlichen Vorschriften. Dem Kläger ist nichts verwehrt worden, auf das er einen Rechtsanspruch gehabt hätte.
(1) § 100 Abs. 3 Satz 1 VwGO bestimmt, dass Akteneinsicht durch Einsichtnahme in Diensträumen zu gewähren ist. Lediglich einer nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nummern 3 bis 6 VwGO bevollmächtigten Person - also einem zur Vertretung des Beteiligten im Rechtsstreit Bevollmächtigten, u.a. einem Rechtsanwalt (§ 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO) - kann nach dem Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters die Mitnahme der Akten in die Wohnung oder Geschäftsräume gestattet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 2018 - AnwZ (Brfg) 72/17, juris Rn. 18 mwN). Diese Möglichkeit war aber nicht eröffnet, da der Kläger sich selbst vertritt, nachdem seine frühere Prozessbevollmächtigte, der im Übrigen im Dezember 2020 Akteneinsicht in ihren Kanzleiräumen gewährt worden war, ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurückgegeben hat.
(2) Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger selbst Rechtsanwalt ist und als solcher dem nach § 100 Abs. 3 Satz 3 VwGO privilegiertem Personenkreis angehört, bestand kein Rechtsanspruch auf Überlassung der Gerichtsakte durch Übersendung bzw. zur Mitnahme in Wohn- oder Geschäftsräume. Der Kläger hat Akteneinsicht nicht in Fremdvertretung in seiner Eigenschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege (§ 1 BRAO) beantragt, sondern als selbst betroffener Beteiligter des Verfahrens, hier gerichtet auf Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.
c) Der weitere Inhalt der Verfügung ist ebenfalls nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Der Hinweis, dass der Senat sich selbst vertretenden Rechtsanwälten keine Akteneinsicht durch Übersendung der Akten gewähre, gibt nur die grundsätzliche - im Einklang mit dem Gesetz stehende Praxis des Senats wieder, ohne dass damit ausgeschlossen wäre, von dieser Regel wegen besonderer Umstände des Einzelfalls abzuweichen. Der Kläger hat aber weder mit dem Akteneinsichtsgesuch noch später Gründe benannt, die für die Entscheidung, auf welche Weise die Akteneinsicht gewährt wird, Relevanz hatten. Umstände, die den Schluss darauf hätten zulassen können, der Kläger sei auf eine Überlassung der Akten an seine Wohn- oder Kanzleianschrift zur Wahrung seiner Rechtsstellung angewiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2021 - XIII ZB 59/20, NJW 2021, 3402 Rn. 9), sind auch sonst nicht ersichtlich, so dass der Vorwurf des Ermessensnichtgebrauchs unberechtigt ist.
d) Soweit der Kläger meint, in dieser Praxis komme eine Voreingenommenheit des Senats gegenüber jedem sich selbst vertretenden Anwalt zum Ausdruck, besteht nach dem Gesagten dafür keine Grundlage. Der Hinweis der Berichterstatterin gibt schlicht den Gesetzeswortlaut des § 100 Abs. 3 VwGO wieder, der zwischen Prozessbevollmächtigten und sich selbst vertretenden Beteiligten unterscheidet.
Der pauschale Vorwurf schließlich, der Senat entscheide ausnahmslos gegen sich selbst vertretende Anwälte, entbehrt jedes konkreten Vortrags, so dass eine Prüfung, ob hierin eine Voreingenommenheit des Senats gegen den Kläger zum Ausdruck kommen könnte, ausscheidet.
Borris Brenneisen Schmittmann Merk Vorinstanzen: AGH Berlin, Entscheidung vom 26.07.2017 - II AGH 4/16 - C. Fischer