NotZ (Brfg) 2/24
BUNDESGERICHTSHOF NotZ(Brfg) 2/24 BESCHLUSS vom
10. März 2025 in der verwaltungsrechtlichen Notarsache wegen Übertragung einer Notarstelle ECLI:DE:BGH:2025:100325BNOTZ.BRFG.2.24.0 Der Senat für Notarsachen des Bundesgerichtshofs hat am 10. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, den Richter Dr. Klein, die Richterin Dr. Pernice und die Notarinnen Dr. Brose-Preuß und Kuske beschlossen: Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das den Parteien am 8. August 2024 zugestellte Urteil des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Celle wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe: I.
Der Kläger wendet sich gegen seine Nichtberücksichtigung bei der Besetzung einer Notarstelle.
Der als Rechtsanwalt tätige Kläger bewarb sich am 24. Oktober 2023 auf eine von fünf von der Beklagten ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk Hildesheim. Insgesamt gab es drei Bewerber. Die Bewerbungsfrist lief am 31. Oktober 2023 ab. Zur Bewerbung verwendete der Kläger den maßgeblichen niedersächsischen Vordruck. Dieser enthält den folgenden Vorspann (Hervorhebungen durch Fettdruck - wie auch im Folgenden - im Original):
"Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Fehlerhafte und unvollständige Angaben könnten Zweifel an Ihrer persönlichen Eignung zur Bestellung als Notar/in hervorrufen, die zu einer Ablehnung Ihrer Bewerbung führen können (§ 5 Abs. 1 Bundesnotarordnung (BNotO); BGH, Beschluss vom 21.07.2014 - NotZ (Brfg) 3/14, DNotZ 2014, 872; Beschluss vom 05.03.2012 - NotZ (Brfg) 13/11 - MDR 2012, 554). Bitte beachten Sie auch die Hinweise auf Seite 9." Auf Seite 9 des Vordrucks heißt es vor der Unterschriftszeile unter "Allgemeine weitere Hinweise":
"Mir ist ebenso bekannt, dass ich verpflichtet bin, die an mich gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Fehlerhafte und unvollständige Angaben könnten zu einer Ablehnung meiner Bewerbung führen (§ 5 Abs. 1 BNotO; BGH, Beschluss vom 21.07.2014 - NotZ (Brfg) 3/14, DNotZ 2014, 872)." Der Frageteil des Bewerbervordrucks wird eingeleitet durch den Satz:
"Die nachstehenden Fragen beantworte ich vollständig und wahrheitsgemäß wie folgt:" Frage Nr. 7 lautet:
"Sind oder waren gegen Sie straf- oder berufsrechtliche Ermittlungsverfahren, Strafverfahren, berufsrechtliche oder berufsgerichtliche Verfahren, disziplinarrechtliche Vorermittlungsverfahren und/oder Disziplinarverfahren anhängig (§ 6 Abs. 1 S. 1 BNotO, § 5 Abs. 2 S. 3 Buchst. c) AVNot)?
Wenn Sie "Ja" markieren sollten, wird jeweils um Mitteilung des jeweiligen Aktenzeichens und der erkennenden Stelle gebeten." Der Kläger beantwortete diese Frage mit "Nein" und gab ein von der Rechtsanwaltskammer Celle gegen ihn im Jahr 2020 geführtes Aufsichtsverfahren nicht an. Diesem lag die Beschwerde eines Mandanten des Klägers zugrunde, den dieser in zwei zivilrechtlichen Angelegenheiten vertreten hatte und der dem Kläger vorgeworfen hatte, die Mandate trotz Fristsetzung nicht weiter bearbeitet zu haben. Nach einer Stellungnahme des Klägers vom 20. Oktober 2020 hatte die Rechtsanwaltskammer das Verfahren mit Schreiben vom 10. Dezember 2020 ohne Maßnahmen eingestellt.
Die Beklagte lehnte die Bewerbung des Klägers mit Bescheid vom 27. Februar 2024 ab. Zur Begründung führte sie unter näheren Darlegungen aus, dass sich die erforderliche persönliche Eignung des Klägers (§ 5 Abs. 1 und 2 BNotO) jedenfalls derzeit nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen lasse. Er habe die Frage nach in der Vergangenheit anhängigen berufsrechtlichen Verfahren objektiv wahrheitswidrig mit "Nein" beantwortet.
Die vom Kläger hiergegen geführte Klage, mit der er die Berücksichtigung seiner Bewerbung und deren Neubescheidung begehrt, ist erstinstanzlich ohne Erfolg geblieben. Die Berufung hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels.
II.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO), die der Kläger als Zulassungsgrund allein geltend macht, bestehen nicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Bescheidung seiner Bewerbung (§ 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), weil der ablehnende Bescheid vom 27. Februar 2024 rechtmäßig ist.
1. Gemäß § 5 Abs. 1 BNotO darf zum Notar nur bestellt werden, wer persönlich und fachlich für das Amt geeignet ist. Auch bei begründeten Zweifeln an der persönlichen Eignung darf ein Bewerber nicht oder noch nicht zum Notar bestellt werden (Senat, Beschluss vom 6. März 2023 - NotZ(Brfg) 6/22, DNotZ 2023, 711 Rn. 15 mwN); verbleibende Zweifel gehen daher zu seinen Lasten (Senat, Beschluss vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11, ZNotP 2012, 275 Rn. 7 mwN).
2. Mit Rücksicht auf die Bedeutung und Schwierigkeiten der Aufgaben, die der Notar als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege zu erfüllen hat (§ 1 BNotO), darf der an die persönlichen Eigenschaften des Bewerbers anzulegende Maßstab nicht zu milde sein. Als Träger eines öffentlichen Amtes, der auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege wichtige Funktionen wahrnimmt, ist der Notar in besonderem Maße zur Integrität verpflichtet (BGH, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14 mwN). Die Anforderungen an den Notar gehen folglich, anders als der Kläger meint, auch in Bezug auf die persönliche Eignung über diejenigen hinaus, die an einen Rechtsanwalt zu stellen sind.
Wesentliche Voraussetzung für die persönliche Eignung eines Bewerbers für das Amt des Notars ist, dass der rechtsuchende Bürger ihm Achtung und Vertrauen entgegenbringen kann (§ 14 Abs. 3 Satz 1 BNotO). Deshalb kommt es nicht nur auf Rechtskenntnisse und Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, Entschlusskraft, Standfestigkeit, Verhandlungsgeschick und wirtschaftliches Verständnis an, sondern ebenso auf uneingeschränkte Wahrhaftigkeit und Redlichkeit. Auch im Verhältnis zu den Aufsichtsbehörden kommen die letztgenannten Eigenschaften zum Tragen. Denn zur Wahrnehmung ihrer für die Gewährleistung einer funktionstüchtigen vorsorgenden Rechtspflege wesentlichen Aufsichtsbefugnisse müssen sich die Aufsichtsbehörden darauf verlassen können, dass der Notar ihnen vollständige und wahrheitsgemäße Auskünfte erteilt. Mit diesen Anforderungen verträgt sich weder ein vorsätzlicher Täuschungsversuch noch ein wiederholter nachlässiger Umgang mit in notariellen Angelegenheiten erteilten Auskünften (Senat, Beschlüsse vom 21. Juli 2014 - NotZ(Brfg) 1/14, DNotZ 2014, 870 Rn. 3; vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14; vom 5. März 2012 - NotZ(Brfg) 13/11, ZNotP 2012, 275 Rn. 11; jeweils mwN).
Freilich dürfen die Anforderungen insoweit wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch nicht überspannt werden. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern müssen stets in Beziehung zu den Bedürfnissen einer leistungsfähigen vorsorgenden Rechtspflege gesetzt werden. Gefordert ist eine Gesamtbewertung aller, gemessen an den persönlichen Anforderungen an einen Notar, aussagekräftigen Umstände, die in der Persönlichkeit und in dem früheren Verhalten des Bewerbers zutage getreten sind. Dabei können Verhaltensweisen und Auffälligkeiten, die jeweils für sich betrachtet eine negative Bewertung nicht tragen würden, in ihrem Zusammentreffen ausreichen, um nicht ausräumbare Zweifel an der persönlichen Eignung zu begründen. Bei der Gesamtbeurteilung darf und muss auch ein früheres Fehlverhalten als Rechtsanwalt oder Notarvertreter einbezogen werden (Senat, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 14 mwN). Daher sind nicht nur Auskünfte im Bewerbungsverfahren um das Amt des Notars, sondern auch Auskünfte in früheren Verfahren zur Bestellung als Notarvertreter zu berücksichtigen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Juli 2014 - NotZ(Brfg) 1/14, DNotZ 2014, 870 Rn. 4).
3. Unverzichtbare Grundlage für die Prüfung der charakterlichen Eignung für das Amt des Notars ist die vollständige und sorgfältige Beantwortung der Fragen an den Bewerber. Sie verlangt die Angabe von anhängigen und anhängig gewesenen straf-, disziplinar- oder standesrechtlichen Ermittlungsverfahren, sonstigen berufsrechtlichen Verfahren, auch bei der Rechtsanwaltskammer in der Vergangenheit geführten Beschwerde- bzw. Gebührenbeschwerdeverfahren. Macht der Bewerber unvollständige Angaben, verfügt er eigenmächtig über die tatsächliche Beurteilungsgrundlage der Aufsichtsbehörde. Die Versicherung der Vollständigkeit ist dann jedenfalls objektiv unwahr. Verschweigt der Bewerber nach seiner eigenen Einschätzung irrelevante gegen ihn eingeleitete Verfahren, selektiert er eigenmächtig in nicht hinnehmbarer Weise die im Auswahlverfahren zu berücksichtigenden Tatsachen. Ob die den Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalte seine persönliche Eignung in Frage stellen könnten, kann jedenfalls nicht der Bewerber beurteilen. Die Relevanz der Verfahren für die Beurteilung der persönlichen Eignung bestimmt ausschließlich die Aufsichtsbehörde. Im Interesse einer möglichst umfassenden vollständigen Tatsachengrundlage für die Beurteilung des Bewerbers muss die Auskunftspflicht peinlich genau erfüllt werden (Senat, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 15).
Wahrheitswidrig unvollständige Angaben im Bewerbungsverfahren begründen daher im Allgemeinen Zweifel an der persönlichen Eignung des Bewerbers zum Notar. Dabei kommt es nicht in erster Linie auf die Verhaltensweisen an, die den nicht genannten Verfahren zugrunde liegen. Auch wenn bei objektiver Betrachtung mit einer negativen Auswirkung durch das verschwiegene Verfahren nicht zu rechnen ist, hat dieser Umstand keinen Einfluss auf die Verpflichtung zur Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit der Angaben (Senat, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ(Brfg) 12/11, BGHZ 194, 165 Rn. 16; vgl. auch BT-Drs. 19/26828 S. 111 zu § 5 Abs. 2 BNotO-E).
4. Das Kriterium der persönlichen Eignung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Verneinung durch die Justizverwaltung nach § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt (vgl. Senat, Beschlüsse vom 23. Juli 2018 - NotZ(Brfg) 2/18, WM 2019, 85 Rn. 3; vom 14. März 2005 - NotZ 30/04, DNotZ 2005, 796 mwN; vom 22. März 1999 - NotZ 33/98, DNotZ 2000, 145, 146 und vom 25. November 1996 - NotZ 48/95, BGHZ 134, 137, 139 f., 141 f.). Das Gericht darf nur prüfen, ob die Justizverwaltung von einem zutreffenden Verständnis der gesetzlichen Auswahlmaßstäbe ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet, sachwidrige Erwägungen ausgeschlossen und den zu beurteilenden Tatbestand verfahrensfehlerfrei festgestellt hat (Senat, Beschluss vom 6. März 2023 - NotZ(Brfg) 6/22, DNotZ 2023, 711 Rn. 16 mwN).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der persönlichen Eignung eines Bewerbers um das Amt des Notars ist grundsätzlich der Ablauf der Bewerbungsfrist (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BNotO; vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. März 2023 - NotZ(Brfg) 6/22, DNotZ 2023, 711 Rn. 33; vom 7. Dezember 2006 - NotZ 24/06, DNotZ 2007, 154, 156, juris Rn. 10); wobei selbstverständlich die persönliche Eignung auch noch im Zeitpunkt der Bestellung gegeben sein muss. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn nur ein Bewerber nach Ablauf der Bewerbungsfrist (noch) vorhanden ist. Im Interesse der geordneten, sachlich und zeitlich effektiven Stellenbesetzung kann es nicht hingenommen werden, dass lediglich aus Gründen fehlender persönlicher Eignung im Zeitpunkt des Ablaufs der Bewerbungsfrist abgelehnten Bewerbern die Möglichkeit eröffnet wird, durch Einleitung gerichtlicher Verfahren den Beurteilungszeitpunkt hinauszuzögern und dadurch möglicherweise "in die Eignung hineinzuwachsen" (Senat, Beschluss vom 22. März 1999 - NotZ 33/98, DNotZ 2000, 145, 148, juris Rn. 11).
5. Hieran gemessen ist das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden.
a) Der Kläger hat die Frage nach in der Vergangenheit anhängig gewesenen berufsrechtlichen Verfahren objektiv falsch beantwortet, indem er das im Jahr 2020 gegen ihn von der Rechtsanwaltskammer Celle geführte Aufsichtsverfahren nicht angegeben hat. Dies lässt angesichts der unmissverständlichen Fragestellung und der im Bewerbungsvordruck auch drucktechnisch hinreichend hervorgehobenen und mit konkreten Verweisen auf die diesbezüglich bereits ergangene Rechtsprechung des erkennenden Senats zusätzlich untermauerten Notwendigkeit einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Beantwortung zumindest auf einen sehr nachlässigen Umgang des Klägers mit den ihm gegenüber der Justizverwaltung obliegenden Auskunftspflichten schließen. Darauf, ob in den in anderen Bundesländern eingesetzten Bewerbungsvordrucken die entsprechende Frage noch nachdrücklicher formuliert wird, kommt es nicht an.
b) Unmaßgeblich ist auch, ob der dem nicht angegebenen Aufsichtsverfahren zugrundeliegende Sachverhalt selbst die persönliche Eignung des Klägers in Frage zu stellen geeignet ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass diese Beurteilung allein von der Justizbehörde vorzunehmen gewesen wäre und nicht dem Kläger oblag. Allein der Umstand, dass das Aufsichtsverfahren eingestellt wurde, ist insoweit ohnehin nicht entscheidend, weil das Aufsichts- und das Bewerbungsverfahren unterschiedlichen Regeln unterliegen. So hatte der Kläger im Zuge des Aufsichtsverfahrens ein eigenes Fehlverhalten durchaus eingeräumt und wurde dieses Verfahren ausweislich des Schreibens der Rechtsanwaltskammer an den dortigen Beschwerdeführer ausdrücklich nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" eingestellt, während fortbestehende Zweifel an der persönlichen Eignung bei der Ernennung zum Notar im Bewerbungsverfahren stets zu Lasten des Bewerbers gehen.
c) Das nicht angegebene Aufsichtsverfahren lag auch nicht so lange zurück, dass der Kläger es allein wegen Zeitablaufs für irrelevant halten durfte. Der Kläger hat seine Bewerbung unter dem 24. Oktober 2023 eingereicht. Zwischen diesem Zeitpunkt und dem im Dezember 2020 eingestellten Aufsichtsverfahren liegen keine drei Jahre. Auch die für ein eingestelltes Verfahren erst recht geltende, in den gesetzlichen Tilgungsfristen (§ 205a BRAO, § 110a BNotO) liegende absolute zeitliche Grenze der Berücksichtigungsfähigkeit eines früheren berufsrechtlichen Verfahrens (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 6. März 2023 - NotZ(Brfg) 6/22, DNotZ 2023, 711 Rn. 30 mwN) ist deutlich nicht erreicht. In den Blick zu nehmen ist dagegen, dass der Kläger das nämliche Aufsichtsverfahren auch in den Jahren 2021 und 2022 schon nicht angegeben hatte, als er sich um die Bestellung als Notarvertreter beworben hatte. Allein mit Zeitablauf lässt sich die Unvollständigkeit seiner Angaben folglich nicht erklären.
d) Auch in der Gesamtbetrachtung aller für die Eignungsprognose relevanten Umstände des Streitfalles und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie von Art. 12 GG hat die Beklagte die persönliche Eignung des Klägers für das Amt des Notars zum Stichtag 31. Oktober 2023 mit tragfähiger Begründung verneint. Vor dem Hintergrund der besonderen Verpflichtung des Notars zur Wahrhaftigkeit durfte die Beklagte wegen der unvollständigen und damit objektiv unwahren Angaben des Klägers in seiner Bewerbung an dessen persönlicher Eignung zweifeln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich insoweit nicht um ein einmaliges Versehen, sondern um ein wiederholtes Fehlverhalten handelte, weil der Kläger das gegen ihn im Jahr 2020 geführte Aufsichtsverfahren auch in den vorherigen Verfahren zur Bestellung als Notarvertreter jeweils nicht angegeben hatte. Nicht zu berücksichtigen ist wegen des Stichtagsprinzips (oben unter II.4.) dagegen entgegen der Auffassung des Klägers sein zwischenzeitliches Wohlverhalten als Notarvertreter. Dieses wird die Beklagte jedoch im Falle einer erneuten Bewerbung des Klägers um das Amt des Notars in ihre Erwägungen einzustellen haben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 2 Satz 1 BNotO.
Herrmann Klein Pernice Brose-Preuß Kuske Vorinstanz: OLG Celle, Entscheidung vom 08.08.2024 - Not 1/24 -