17 W (pat) 98/08
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 98/08 Verkündet am 23. Oktober 2012
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 102 16 706 …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch sowie der Richterinnen Eder, Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung und Dipl.-Ing. Wickborn BPatG 154 05.11 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 51 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Juni 2008 aufgehoben. Das deutsche Patent 102 16 706 wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.
Gründe:
I.
Auf die am 16. April 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 102 16 706.0-51 ist am 9. März 2006 durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G02B das Patent unter der Bezeichnung
„Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse“
für die S… AG in M… erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 28. September 2006.
Gegen das Patent hat die D… GmbH in N… am 24. Dezember 2006 Einspruch erhoben. Sie hat fehlende Patentfähigkeit gemäß §§ 1 bis 5 PatG geltend gemacht, insbesondere mangelnde erfinderische Tätigkeit; hierzu hat sie auf Druckschriften sowie auf eine offenkundige Vorbenutzung hingewiesen. Zudem gehe der Gegenstand des Patentes über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, und die Erfindung sei nicht deutlich und vollständig offenbart.
Die Patentabteilung 51 hat in der Sitzung vom 24. Juni 2008 das Patent widerrufen, da der Gegenstand des angegriffenen (erteilten) Anspruchs 1 nicht die zur Begründung eines Patentschutzes erforderliche erfinderische Tätigkeit aufweise.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die S… AG mit der Beschwerde.
Die D… GmbH als Einsprechende und Beschwerdegegnerin hat am 12. Januar 2009 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hierzu hat sie zwei neue Druckschriften genannt.
Nachfolgend hat die D… GmbH das Patent erworben.
Sie beantragt nunmehr,
- den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren sind folgende Druckschriften und Unterlagen genannt und eingereicht worden:
E1: DE 100 01 860 A1 E2: DE 196 33 164 C2 E3: FR 2 415 607 A E4a: Konstruktionszeichnung E4b: Rechnung E5: EP 0 308 010 A1 E6: JP 59-157603 A E7: JP 59-177506 A E8: US 6 469 844 B1 E9: DE 100 23 754 A1 E10: DE 295 01 341 U1 E11: EP 0 901 029 A1 E12: BE 393553 E13: DE 195 10 195 A1 E14: DE 2 410 923 A.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:
„Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse (1) für Kraftfahrzeuge mit einer gekrümmten Oberfläche (2) und mit einer planen Oberfläche (3), bei dem am Linsenrand ein Halterand (4) und ein am Halterand (4) gegenüber der planen Oberfläche (3) vorstehender Auflagerand (5) zur Auflage auf einer Unterlage angeformt wird und bei dem beide Oberflächen des heißen Rohlings der Linse (1) blank gepresst werden und die Linse (1) beim Abkühlprozess auf dem Auflagerand (5) abgelegt wird.“
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat auch Erfolg; das Patent wird in der erteilten Fassung aufrechterhalten.
Auch der vorangegangene Einspruch war zulässig. Insbesondere waren zum Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs Patentinhaberin und Einsprechende nicht identisch.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse.
Gemäß Patentschrift Abs. [0003] bis [0007] wurden bisher diese Linsen auf der einen Seite als Asphäre gepresst und auf der anderen Seite plan geschliffen. Dieser Schleifprozess, an den sich noch ein Polierprozess anschließe, werde nach dem Durchlaufen eines Kühlofens durchgeführt. Der Durchlauf durch einen Kühlofen sei notwendig, um den noch heißen Rohling gezielt abzukühlen, damit Spannungen innerhalb der Linse abgebaut werden könnten. Hierbei müsse allerdings der Rohling auf einem Transportband abgelegt werden, wodurch die Auflagefläche der Linse nachteilig beeinflusst werde. Wenn nach dem Durchlaufen des Kühlofens ein Schleifprozess angeschlossen werde, würden diese Oberflächendeformationen beseitigt. Dieses Verfahren habe allerdings den Nachteil, dass zusätzliche Schleif- und Polierprozesse erforderlich würden. Zudem werden aus dem Stand der Technik bekannte Linsen mit Auflage- bzw. Halterand beschrieben, der zur Anlage an eine weitere Linse oder zum Halten durch eine Linsenhalterung diene.
Dem Streitpatent soll gemäß Patentschrift Abs. [0008] die Aufgabe zugrunde liegen, eine Linse herzustellen, bei der ein Nachbearbeitungsprozess, wie Schleifen und Polieren, entfällt.
Der erteilte Anspruch 1 weist in Anlehnung an die Gliederungen der Einsprechenden und der Patentinhaberin folgende Merkmale auf:
M1) Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse (1) für Kraftfahrzeuge M2) mit einer gekrümmten Oberfläche (2) und M3) mit einer planen Oberfläche (3),
M4) bei dem am Linsenrand ein Halterand (4) und M5) ein am Halterand (4) gegenüber der planen Oberfläche (3) vorstehender Auflagerand (5) zur Auflage auf einer Unterlage angeformt wird und M6) bei dem beide Oberflächen des heißen Rohlings der Linse (1) blank gepresst werden und M7) die Linse (1) beim Abkühlprozess auf dem Auflagerand (5) abgelegt wird.
Der Anspruch 1 ist eindeutig auf ein Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse für Kraftfahrzeuge gerichtet. Soweit im Anspruch 1, in den auf diesen rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 4 und in der Beschreibung von einer Linse oder von Linsen die Rede ist, ist damit, wie der zuständige Fachmann ohne Weiteres erkennt, stets die Projektionsscheinwerferlinse für Kraftfahrzeuge des Anspruchs 1 gemeint. Herstellungsverfahren für andere Linsen fallen entgegen dem Vorbringen der Einsprechenden nicht unter die Patentansprüche.
Nach Überzeugung des Senats ist unter einer „Projektionsscheinwerferlinse für Kraftfahrzeuge“ eine Linse für einen Frontscheinwerfer zu verstehen; Linsen für (kleinere) Fahrzeugleuchten einschließlich Rückfahrscheinwerfern fallen nicht unter diesen Begriff. Dies entspricht dem üblichen Sprachgebrauch. Hierzu sei darauf hingewiesen, dass verschiedene Übersetzungsdienste im Internet (Linguatec, babelfish.de, Google Übersetzer, promt translator, linguee) den Begriff „Projektionsscheinwerfer“ (in Verbindung mit Autos) mit „projection headlight(s)“, „projection beam headlight“ und „projection headlamp“ übersetzen. Dies alles zielt eindeutig auf Frontscheinwerfer ab. Das „Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik“ aus dem Jahr 2001 unterscheidet zwischen Scheinwerfern und Leuchten und gibt an, dass Rückfahrscheinwerfer eigentlich Leuchten (d. h. keine Scheinwerfer) seien, auch wenn oft Nebelscheinwerfer dafür eingesetzt würden.
Über das Material der Linse ist im Anspruch und in der Patentschrift nichts explizit ausgesagt. Der blankzupressende heiße Rohling und der erforderliche Kühlprozess, bei dem die Linse auf dem Auflagerand abgelegt (und daher offensichtlich vorher aus der Pressform genommen) wird, lassen jedoch eindeutig auf ein Glasmaterial schließen.
Als Fachmann ist hier ein Ingenieur oder Techniker der Fachrichtung optische Technologien, Glastechnik oder Ähnliches anzusehen.
2. Die erteilten Patentansprüche gehen nicht über das in den Anmeldeunterlagen Offenbarte hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG).
Der erteilte Anspruch 1 ist auf ein Verfahren zur Herstellung einer Projektionsscheinwerferlinse für Kraftfahrzeuge gerichtet. In der ursprünglichen Beschreibung (Offenlegungsschrift Abs. [0003] bis [0004]) ist als Stand der Technik ein Herstellungsverfahren für Linsen und dessen Nachteile beschrieben; diese Nachteile sollen durch die Lehre der Anmeldung vermieden werden (Abs. [0005]). Damit war für den Fachmann deutlich erkennbar, dass es in der Patentanmeldung im Wesentlichen um die Verbesserung eines Linsenherstellungsverfahrens geht, auch wenn ursprünglich nur eine speziell geformte (und dadurch besonders einfach herstellbare) Linse und kein Herstellungsverfahren beansprucht war; vgl.
auch die in der Offenlegungsschrift Abs. [0011] und [0016] letzter Satz beschriebenen Verfahrensschritte sowie den ursprünglichen Unteranspruch 5, der reine Verfahrensschritte zur Herstellung der Linse enthält. Somit konnte der Fachmann damit rechnen, dass auch ein Herstellungsverfahren unter Schutz gestellt werden soll.
Die Verfahrensmerkmale des erteilten Anspruchs 1 gehen hervor aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und 5 sowie der ursprünglichen Beschreibung gemäß Offenlegungsschrift Abs. [0003], [0007], [0011] und [0016]. Insbesondere las der Fachmann aus dem in Abs. [0016] erwähnten beidseitigen Blankpressen und anschließenden Abkühlen ohne Weiteres mit, dass der heiße Rohling der Linse blankgepresst wird, vgl. den in Abs. [0003] beschriebenen Stand der Technik mit Pressen und anschließendem Abkühlen des heißen Rohlings. Das Ablegen der Linse beim Abkühlprozess auf dem Auflagerand ergibt sich aus Abs. [0016] le. Satz i. V. m. Abs. [0007], [0009] und [0011].
Die Unteransprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 4.
3. Die Erfindung ist in der Patentschrift (und in den Anmeldeunterlagen) so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).
In den ursprünglichen Unterlagen und ebenso in der Patentschrift sind die zur Herstellung der Linse erforderlichen wesentlichen Verfahrensschritte (beidseitiges Blankpressen, Abkühlen) angegeben. Die konkrete Ausgestaltung dieser Schritte bereitete dem Fachmann keine besonderen Schwierigkeiten. Dies gilt auch in Bezug auf das Pressen der etwa in Fig. 1 gezeigten Linse, die keine Hinterschneidungen aufweist und durch ein bekanntes Blankpressverfahren mit geeignet geformten Presswerkzeugen herstellbar ist.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 3 PatG).
Insbesondere ist keiner der im Verfahren genannten Druckschriften und Unterlagen die Lehre entnehmbar, eine Projektionsscheinwerferlinse beim Kühlprozess auf einem gegenüber der planen Linsenoberfläche vorstehenden Auflagerand abzulegen.
Die Druckschrift E1 betrifft eine Fahrzeuganzeigelampe. Es kann sich etwa um eine vordere Fahrtrichtungssignallampe, eine Abstandslampe, eine Hecklampe, ein Stoplicht oder einen Rückfahrscheinwerfer handeln, vgl. Sp. 8 Z. 68 bis Sp. 9 Z. 7. Diese weist eine Glühfadenlampe 12, eine Reflexionsfläche 14 und eine Transparentlinse 16 mit einem speziell geformten Kondensorlinsenabschnitt 16a auf, der zusammen mit einer ebenfalls speziell geformten Reflexionsfläche 14 ein vorbestimmtes Lichtverteilungsmuster erzeugt (Fig. 1 bis 5). Durch diese Ausgestaltung kann der Lampenhalter und damit die gesamte Fahrzeuganzeigelampe kleiner gemacht werden, vgl. Sp. 2 Z. 1 bis 22 und 59 bis 64 sowie Sp. 1 Z. 5 bis 7 und 24 bis 36. Die Transparentlinse 16 besteht aus dem Kondensorlinsenabschnitt 16a mit einer gekrümmten Oberfläche und einer planen Oberfläche, einem den Kondensorlinsenabschnitt umgebenden Halterand und einem am Halterand gegenüber der planen Oberfläche vorstehenden Rand, mit dem sie in einer Fassung gelagert ist, vgl. Fig. 1 und 2. Material und Herstellungsverfahren sind in E1 nicht angegeben.
Die Druckschrift E2 betrifft ein Verfahren zum Blankpressen von optischen Bauteilen, die aus feuerblanken Glasstangen hergestellt und für Beleuchtungszwecke eingesetzt werden, vgl. Titel und Sp. 1 Z. 2 bis 12. Ein maschinell portioniertes Glasteil 2 wird von einem gabelförmigen Greifer 10 an eine Aufnahme 11 übergeben, auf dieser in einen Ofen bewegt, dort aufgeheizt, aus dem Ofen ausgefahren und vom Greifer 10 einer Presse 4 zugeführt; das blankgepresste Glasteil wird aus der Presse 4 entnommen und von dem Greifer 10 zu einer Kühlstrecke 5 bewegt,
vgl. Sp. 1 Z. 48 bis 59 sowie Fig. 1, 2 und 3 mit Beschreibung, insbesondere Sp. 4 Z. 16 bis 26. Zur Übergabe des Glasteils an den Greifer nach der Erwärmung im Ofen und ebenso nach dem Blankpressen für die Zufuhr an die Kühlstrecke ist eine Hubeinrichtung mit einem anhebbaren Stempel 19 vorgesehen, dessen obere Fläche leicht erhaben ausgebildet ist und der das Glasteil an einer kleinen Berührstelle mittig berührt, vgl. Fig. 2 und die Beschreibung in Sp. 3 Z. 19 bis 36 und Sp. 4 Z. 22 bis 26. Es ist auch ein beidseitiges Blankpressen möglich, wobei die Aufgabe darin besteht, das Bauteil so zu pressen, dass die erforderlichen Maße eingehalten werden können, ohne dass das optische Bauteil einer Nachbearbeitung bedarf, vgl. Sp. 4 Z. 45 bis 59. Einzelheiten der Kühlung sind nicht ersichtlich.
Die Druckschrift E3 betrifft ein Verfahren zum Formen optischer Elemente aus Glas, insbesondere von Abdeckgläsern („glaces“) für Autoscheinwerfer. Die zur Herstellung verwendete Vorrichtung besteht aus einem unteren konkaven (1) und einem oberen konvexen (Stempel 3) Abformteil, zwischen welchen das gewünschte Werkstück (5) erzeugt wird (Fig. 1). Das Werkstück (5) weist im optisch wirksamen Bereich zwei etwa gleich gekrümmte Oberflächen auf und hat dort eine etwa konstante Dicke. Den optisch wirksamen Bereich umgibt ein Randbereich mit einem von diesem vorspringenden Rand. Eine Kühlung nach dem Pressen ist nicht angesprochen.
E4 betrifft eine asphärische Kondensorlinse aus Glas (B 270) mit einer planen und einer gekrümmten Oberfläche, die beide mit einem nach oben offenen Halbkreis für „blank, durchsichtig“ markiert sind, vgl. die technische Zeichnung E4a. Ein vorspringender, parallel zur Planfläche geschliffener Randbereich (vgl. das Symbol vv in E4a) umgibt den optisch wirksamen Bereich des Glases. E4b zeigt eine diese Linse betreffende Rechnung aus dem Jahr 1999; ein Lieferschein ist nicht vorhanden. Ein Herstellungsverfahren, insbesondere Einzelheiten einer Kühlung sind E4a und E4b nicht entnehmbar.
E5 betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Linsenelementen; es handelt sich um (kleine) Linsen, die als Substrate für geodätische Linsen für Wellenleiteroptiken (i. V. m. mit optischen Fasern) verwendet werden, vgl. Sp. 2 le. Satz. Ein scheibenförmiger Rohling wird in einem inneren Metallring und dieser wiederum in einem äußeren Metallring gehalten; nach dem Erhitzen wird durch einen oberen und einen unteren Pressstempel (7, 9) ein linsenförmiger Bereich mit einer gekrümmten und einer planen Oberfläche in die Glasscheibe gepresst, wobei die umgebende Oberfläche der Glasscheibe plan bleibt, vgl. Fig. 1A und 1B. Eine Kühlung ist in Sp. 4 Z. 51 und 52 angesprochen, ohne nähere Einzelheiten.
E6 zeigt geformte („molded“), einseitig plane Linsen mit umgebendem Rand und randseitigen, über die plane Linsenoberfläche hinausragenden Vorsprüngen, die in einem mehrlinsigen Objektiv zur Anlage an benachbarte Linsen bzw. an die Fassung dienen, vgl. das Abstract sowie in der japanischen Schrift Fig. 3 bis 5. Die Linsen bestehen aus Glas, das im Randbereich durch Ionenaustausch verstärkt wird. Einzelheiten einer Kühlung sind E6 nicht entnehmbar.
E7 zeigt wie E6 einseitig plane Linsen mit randseitigen Vorsprüngen zur Anlage an benachbarte Linsen, ohne Einzelheiten einer Kühlung.
E8 zeigt eine im Spritzgussverfahren aus Kunststoff hergestellte Linse zur Halterung in einem optischen Instrument, insbesondere einer Billigkamera, vgl. Sp. 1 Abs. 1 und 3, Sp. 3 Z. 22 sowie Fig. 2. Die Linse ist beidseitig gekrümmt und von einem Halterand und einem von diesem vorspringenden Auflagerand zur Auflage an die Linsenhalterung umgeben, vgl. Fig. 3A, 3B und 5. Eine Kühlung ist nicht angesprochen.
E9 betrifft eine Fahrzeugleuchte, die etwa eine Rückleuchte und eine Bremsleuchte sein kann, vgl. Sp. 6 Z. 49 bis 54. Fig. 1 und 2 zeigen den Aufbau mit einer Innenlinse 18 mit sehr kleiner, dünner Linsenfläche 18Ba sowie einer Außen- linse 16. Gemäß Sp. 3 Abs. 3 können Außenlinse und Innenlinse an den Reflektor angeschweißt sein. Auch hier ist keine Kühlung ersichtlich.
E10 betrifft eine Formvorrichtung für Glas, mit einer unteren Pressform (1, 1a), einem oberen Pressstempel (2, 2a) und einem dazwischen liegenden Ring (3, 3a), vgl. Fig. 1 und 3. Der gepresste Glaskörper weist zwei gleich gekrümmte Oberflächen auf mit einer randseitigen Verdickung (6). Diese kommt durch Aussparungen zwischen den Pressteilen zustande, welche Verwirbelungen in der Glasmasse erzeugen und deren Hochschießen in einen Trennspalt verhindern sollen. Als Anwendung ist die Herstellung von Lebensmittelgläsern, technischen Glaskörpern wie Streuscheiben sowie von Haushalts- und Ziergegenständen genannt, vgl. S. 1 Z. 16 bis 17 und S. 6 Z. 18 bis 21. Eine Kühlung ist nicht angesprochen.
E11 betrifft ein optisches Bauelement, das aus einer Plankonvexlinse 3 und einer an diese angeformten Halterung mit federnden Vorsprüngen (Rastarmen) besteht und aus einem Polycarbonat hergestellt ist, vgl. Abstract, Fig. 7 und Sp. 3 Z. 27 bis 29. Eine Kühlung ist nicht angesprochen.
Die aus dem Jahre 1933 stammende Druckschrift E12 betrifft eine Linse für einen Zähler („compteur“) oder dergleichen; offensichtlich handelt es sich um ein (vergrößerndes) Deckglas für eine Anzeige des Zählers. Die Linse wird in einer Pressform mit einem gewölbten Unterteil 2, einem planen Pressstempel 4 und einem seitlichen Zwischenteil 3 hergestellt, vgl. die Figur. Im ober- und unterseitigen Randbereich der Linse befinden sich Rippen, die auf der unteren, planen Seite über die plane Fläche hinausragen. Die Anordnung soll es erlauben, die Glasmasse gleichmäßig in der Form zu verteilen und so Linsen mit guter Transparenz und Maßhaltigkeit zu erzeugen, vgl. S. 2 Abs. 1. Eine Kühlung ist nicht angesprochen.
E13 zeigt ein Verfahren zum Herstellen (beidseitig) blankgepresster Glaskörper, z. B. asphärischer Kondensorlinsen für Autoscheinwerfer, insbesondere mit flanschartigem Rand, vgl. Titel, Sp. 2 Z. 27 bis 29 sowie Sp. 3 Z. 6 bis 10. Bei bekannten Verfahren entstehe nachteilig eine Faltenbildung und Glasstandsringe; dies soll durch die Lehre von E13 vermieden werden, vgl. Sp. 1 Z. 47 bis Sp. 2 Z. 26. Zunächst wird eine durch kleinste Öffnungen mit Gas beaufschlagbare Vorform mit flüssigem Glas befüllt, das einen Vorformling bildet (Sp. 3 vorle. Abs.). Dieser wird über ein Presswerkzeug (mit planem Pressstempel 14 und Saugkopf 16) an eine Pressform 5 auf einem Drehtisch 2 übergeben und in diese hineingepresst (Figur Mitte links), so dass er gewissermaßen einen Rohling bildet (Sp. 4 Z. 43 bis 59, Sp. 5 Z. 19 bis 23). In einem zweiten Schritt wird mittels der unteren konkaven Pressform 7 und eines planen Pressstempels 24 (links in der Figur) die vorher an der Oberseite zusätzlich erwärmte Planfläche nachgeformt und der flanschartige Rand angepresst, wobei der gesamte Linsenkörper seine endgültige präzise Form annimmt (Sp. 5 Z. 24 bis 54). Der nachgepresste Linsenkörper wird in weiteren Stationen in bekannter Weise behandelt, z. B. abgekühlt und schließlich am Ende der Verfahrensschritte dem Drehtisch 2 entnommen, vgl. Sp. 5 Z. 55 bis 59. Einzelheiten der Kühlung sind E13 nicht entnehmbar.
Die in E13 zum Stand der Technik genannte Druckschrift E14 betrifft ein Verfahren zum Formen von Glas in eine gewünschte Gestalt. Beispielsweise werden Rohlinge für asphärische Linsen gepresst; die einzige erforderliche Anschlussbearbeitung besteht im Schleifen und Polieren der planen Oberfläche, vgl. S. 14 Abs. 2 Satz 1 und 2. Das erweichte oder flüssige Glas wird vor dem Pressen durch ein Gaspolster getragen, so dass eine Beschädigung des Glases während der Formgebung vermieden und eine Endbearbeitung reduziert werden kann, vgl. S. 5 le. Abs. bis S. 7 Abs. 1. Für die Bearbeitung ist ein Drehtisch 10 mit porösen, mit Gas beaufschlagbaren Abstützungen bzw. Näpfen 14 vorgesehen, in denen das Glasmaterial vorgeformt und zum Pressen konditioniert wird, vgl. Fig. 1 und S. 22 Satz 1 und 2. In einer ersten Ausführungsform gelangt das konditionierte Glas durch Umdrehen des Napfes 14 (S. 22 Abs. 1 untere Hälfte, Fig. 3) oder durch Umsetzen mittels einer Saugdruckeinrichtung (S. 25 le. Abs. Satz 1, Fig. 6 mit Übergabestation T) auf eine Rutsche (44 in Fig. 3, 141 in Fig. 6) und von dieser in eine Pressstation M. In einer zweiten Ausführungsform dienen die Näpfe 14 sowohl zum Konditionieren des Glases als auch als Pressform, vgl. S. 30 Abs. 2 Satz 1 und 2; die gepressten Glaskörper werden über eine Auswurfstation R, die ähnlich der Übergabestation T in Fig. 6 ausgebildet sein kann, ausgeworfen und gelangen über eine Rutsche 65 und ein Förderband 66 in einen Kühlofen 67, vgl. S. 30 le. Abs. siebtletzte Zeile bis S. 31 Z. 3 i. V. m. Fig. 9. Einzelheiten der Lagerung im Kühlofen sind E14 nicht entnehmbar.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1, § 4 PatG).
Als dem Gegenstand des Streitpatents am nächsten kommend sieht der Senat die Druckschrift E13 an. Diese Druckschrift zeigt ein Verfahren zum Herstellen (beidseitigen Blankpressen) einer asphärischen, eine plane und eine gekrümmte Oberfläche aufweisenden Kondensorlinse für Autoscheinwerfer (Merkmale M1 bis M3, M6), die mit einem gegenüber der planen Oberfläche vorspringenden flanschartigen Rand ausgestattet ist. Zwar ist ein flanschartiger Rand (der zur Halterung der Linse in einer Fassung dienen dürfte) vorhanden, dieser ist jedoch nicht wie in den Merkmalen M4 und M5 gefordert zweiteilig aus einem (zum Halten der Linse geeigneten) Halterand und einem an diesem von der planen Oberfläche vorstehendem Auflagerand aufgebaut. Zudem lässt E13 Sp. 5 Z. 55 bis 59 (Behandlung des gepressten Linsenkörpers, z. B. Abkühlen, in weiteren Stationen; Entnehmen vom Drehtisch am Ende der Verfahrensschritte) darauf schließen, dass der gepresste Linsenkörper in der Abkühlphase auf dem Drehtisch (und auch in der Pressform) verbleibt. In E14 rutscht dagegen der gepresste Linsenkörper auf einer Rutsche in einen Kühlofen, vgl. Fig. 9; hier ist zudem eine Nachbearbeitung der Oberfläche erforderlich, so dass der Fachmann keine Veranlassung hatte, ein solches Rutschenverfahren beim beidseitigen Pressen ohne Nachbearbeitung, wie es E13 zeigt, in Betracht zu ziehen.
Die Ausbildung eines an einem Halterand vorstehenden Auflagerandes mit Lagerung der Linse auf diesem während des Abkühlens (Merkmale M5 und M7) waren somit durch E13 und E14 nicht nahegelegt.
Die ebenfalls das Pressen von Glaslinsen betreffende Druckschrift E2 geht in Bezug auf die randseitige Ausbildung und die Lagerung der Linsen während der Kühlung nicht über E13 und E14 hinaus.
Auch die Druckschriften E3, E10 und E12, welche jeweils das Pressen von relativ einfachen Glasteilen (die in Bezug auf optische Genauigkeit keine besonderen Anforderungen stellen) zeigen und keine Kühlung ansprechen, konnten das streitpatentgemäße Verfahren, insbesondere hinsichtlich des Aufbaus einer Projektionsscheinwerferlinse und deren Lagerung während der Kühlung nicht nahelegen.
E5 betrifft die Herstellung sehr kleiner Glaslinsen, ohne auf Einzelheiten der Kühlung einzugehen, und gab dem Fachmann ebenfalls keinen Hinweis auf einen Auflagerand bei (relativ großen) Projektionsscheinwerferlinsen zum Lagern während der Kühlung.
E6 und E7 zeigen (Glas-)Linsen für mehrlinsige Objektive, die mit einem umgebenden Halterand und einem vorspringenden Anlagerand zur Abstützung an Nachbarlinsen versehen sind, ohne Hinweis auf eine Lagerung während einer Kühlung. Es ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Überlegungen der Fachmann den zur Abstützung an der Nachbarlinse dienenden Anlagerand auch bei einer (einzelnen) Projektionsscheinwerferlinse vorsehen und diese beim Kühlprozess auf jenem lagern sollte. Eine Überlegung derart, dass die etwa aus E6 bekannte Glaslinse einfach durch beidseitiges Blankpressen hergestellt werden kann, dass sie dann beim Kühlen auf dem vorspringenden Rand gelagert werden kann, der vorspringende Rand also aus diesem Grund vorteilhaft ist und auch bei einer Frontscheinwerferlinse diesen Vorteil bieten würde, hätte mehrere Schritte erfordert und war nicht naheliegend.
Die öffentliche Zugänglichkeit der Linse E4 vor dem Anmeldetag des Streitpatents ist nicht nachgewiesen, da zum Einen die Rechnung E4b nicht die Lieferung der Linse vor dem Anmeldetag des Streitpatents beweist, und zum Anderen eine eventuelle Vertraulichkeitsvereinbarung nicht ausgeschlossen ist. Selbst wenn man jedoch diese Linse als vorveröffentlichten Stand der Technik ansähe, so konnte durch sie das streitpatentgemäße Verfahren nicht nahegelegt werden. Zwar hätte sich dem Fachmann zur Herstellung der in E4a gezeigten Glaslinse (mit einer planen und einer gekrümmten, jeweils blanken Oberfläche und einem umgebenden, vorspringenden Randbereich) das aus E2 oder E13 bekannte beidseitige Blankpressen angeboten. Das Schleifen im Randbereich könnte zudem eine mögliche Beschädigung während der Herstellung vermuten lassen, so dass das Glas dort nachgeschliffen werden muss. Einen Hinweis auf einen Kühlprozess und die dortige Lagerung des Glases gibt die Zeichnung E4a jedoch nicht.
Die Druckschriften E1 und E2 hat die Patentabteilung dem Zurückweisungsbeschluss zugrunde gelegt. Die aus E1 bekannte Linse mit einer planen und einer gekrümmten Oberfläche, einem umgebenden Halterand und einem über die plane Oberfläche vorstehenden äußeren Rand weist die Merkmale M2 bis M5 in ihrer gegenständlichen Ausprägung auf. Die Form (insgesamt dünn mit großen ebenen Bereichen und eher kleiner, relativ dünner Linse, vgl. Fig. 2) und der angegebene Einsatzzweck (kleine Fahrzeugleuchte) deuten auf ein Kunststoffmaterial hin; vgl. hierzu auch die von derselben Anmelderin wie E1 stammende, eine ähnliche Linse wie E1 zeigende Druckschrift E9, in der in Sp. 3 Z. 19 bis 24 eine Verschweißung von Linse und Reflektor angesprochen ist, was ebenfalls auf ein Kunststoffmaterial hinweist. Wie der Fachmann erkannte, lässt sich ein solches Bauteil, das keine allzu hohe Temperaturbeständigkeit aufzuweisen braucht, kostengünstig durch ein übliches Kunststoff-Spritzgießverfahren herstellen, wobei das Bauteil in der Form ausgehärtet wird. Das Vorbringen der vormaligen Patentinhaberin hierzu auf S. 2 vorle. Abs. des Schriftsatzes vom 12. November 2007 erscheint plausibel; die Einsprechende hat dem nicht widersprochen. Es ist kein Grund für den Fachmann erkenn- bar, eine (aufwändigere und teurere) Herstellung aus Glas in Betracht zu ziehen, wie sie etwa E2 zeigt. Zudem hatte der Fachmann keine Veranlassung, die aus E1 bekannte Linse, die wie in E1 mehrfach erwähnt eine kleine Fahrzeuganzeigelampe ist, als Projektionsscheinwerferlinse (Frontscheinwerferlinse, vgl. das oben zum üblichen Verständnis des Begriffs „Projektionsscheinwerfer“ Ausgeführte) auszugestalten bzw. eine Glas-Projektionsscheinwerferlinse nach diesem Vorbild umzukonstruieren. Die Überlegung, dass die aus E1 bekannte Linse aus Glas (etwa durch beidseitiges Blankpressen) hergestellt werden könnte, dass sie dann beim Kühlen auf dem vorspringenden Rand gelagert werden könnte, der vorspringende Rand aus diesem Grund vorteilhaft ist und auch bei einer Projektionsscheinwerferlinse diesen Vorteil bieten würde, hätte mehrere Schritte erfordert und war nicht naheliegend.
E9 geht in Bezug auf das Streitpatent nicht über E1 hinaus und konnte ebenso wie E1 dessen Gegenstand nicht nahelegen. Auch die ebenfalls Kunststofflinsen betreffenden Druckschriften E8 und E11 geben keinen Hinweis auf das Blankpressen eines heißen (Glas-)Linsenrohlings und eine für die dann erforderliche Kühlung günstige Linsenform.
Der im Verfahren bekannt gewordene, zweifelsfrei vorveröffentlichte Stand der Technik lieferte somit dem Fachmann keinen Hinweis darauf, an eine Projektionsscheinwerferlinse mit einer planen und einer gekrümmten Oberfläche, die durch Blankpressen eines heißen Rohlings mit anschließendem Abkühlen erzeugt wird (wie es aus E13 bekannt war), am Linsenrand einen Halterand und einen an diesem gegenüber der planen Oberfläche vorstehender Auflagerand anzuformen und die Linse beim Abkühlprozess auf diesem Auflagerand abzulegen. Die patentgemäße Lösung liegt auch außerhalb des Bereichs fachüblichen Handelns.
Durch eine solche Lehre wird auf relativ einfache Weise sichergestellt, dass die Projektionsscheinwerferlinse beim an das beidseitige Blankpressen anschließenden Kühlprozess an ihren optisch wirksamen Oberflächen nicht beschädigt wird und diese demgemäß nicht nachbearbeitet werden müssen.
Damit ist dem streitpatentgemäßen Verfahren eine erfinderische Leistung nicht abzusprechen.
6. Der erteilte Patentanspruch 1 hat demnach Bestand.
Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 4 enthalten spezifische, nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen und sind ebenfalls rechtsbeständig.
Vorsitzender Richter Dr. Fritsch ist wegen Pensionierung an der Unterschrift verhindert.
Dr. Thum-Rung Eder Dr. Thum-Rung Wickborn Fa