23 W (pat) 33/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 33/16 Verkündet am 24. Juli 2018
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache
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ECLI:DE:BPatG:2018:240718B23Wpat33.16.0 betreffend das Patent 10 2011 088 142 hat der 23. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Strößner sowie der Richter Dipl.-Phys. Dr. Friedrich, Dipl.-Phys. Dr. Zebisch und Dr. Himmelmann beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse G01C des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf die am 9. Dezember 2011 elektronisch beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte und mit der DE 10 2011 088 142 A1 am 13. Juni 2013 offengelegte Patentanmeldung 10 2011 088 142.5 durch Beschluss vom 27. Mai 2013 ein Patent erteilt. Das mit der DE 10 2011 088 142 B4 als Streitpatentschrift veröffentlichte Patent umfasst 10 Ansprüche (3 selbständige und 7 abhängige Ansprüche) und trägt die Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug“. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 26. September 2013.
Gegen das Patent hat die T… GmbH mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013, im Deutschen Patent- und Markenamt am 23. Dezember 2013 eingegangen, Einspruch erhoben und in ihrem Schriftsatz den vollständigen Widerruf des Patents beantragt. Die Einsprechende hat sich dabei auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) im Hinblick auf mangelnde Neuheit (§ 3 PatG) und mangelnde erfinderische Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG) berufen.
Sie hat sich bei ihrer Begründung und den späteren Stellungnahmen zu den Ausführungen der Patentinhaberin insgesamt auf die Druckschriften E1 DE 10 2005 056 360 A1; E1a US 2006/0 129 315 A1 E2 EP 2 293 019 A1; E3 DE 10 2010 029 171 A1; E4 EP 1 114 371 B1; E5 US 5 844 505 A und E6 Konrad Reif (Hrsg.): „Fahrstabilisierungssysteme und Fahrerassistenzsysteme”, 1. Auflage 2010, Vieweg + Teubner Verlag Wiesbaden, ISBN 978-3-8348-1314-5, S. 204 – 209.
gestützt. Im Patentprüfungsverfahren hatte die Prüfungsstelle zuvor neben der Druckschrift E2 bereits die Druckschriften D1 US 2007 / 0 225 900 A1; D2 DE 10 2007 026 320 A1; D3 US 2009 / 0 326 799 A1; D4 DE 10 2008 040 470 A1 D5 EP 2 157 559 A2 und genannt.
Auf den Einspruch hin hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 17. November 2014 beantragt, das Patent beschränkt im Umfang des mit diesem Schriftsatz eingereichten Hauptantrags oder hilfsweise im Umfang eines der beiden eingereichten Hilfsanträge aufrechtzuerhalten. Sie hat in diesem Schriftsatz ausgeführt, dass die nunmehr beanspruchten Verfahren und Gegenstände aller drei Anträge sowohl neu seien als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten, was sie in einer späteren Erwiderung auf die Ausführungen der Einsprechenden nochmals erläutert hat. Zudem hat sie in beiden Schriftsätzen für den Fall, dass ihren Anträgen nicht gefolgt werden könne, die Durchführung einer Anhörung beantragt.
In der darauffolgenden Anhörung vor der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts am 26. Januar 2016 hat die Patentinhaberin nochmals drei neue Sätze Patentansprüche als Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2 eingereicht auf deren Grundlage sie eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents beantragt hat. Als Ergebnis der Anhörung wurde das Streitpatent durch Beschluss der Patentabteilung 54 am Ende der Anhörung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 PatG widerrufen.
Die Patentabteilung hat in ihrer mit Anschreiben vom 18. Februar 2016 zugestellten Beschlussbegründung ausgeführt, dass die Verfahren der Ansprüche 1 aller drei Anträge gegenüber der Zusammenschau der Druckschriften E1 und E5 auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhten (§ 4 PatG), so dass sie nicht patentfähig seien. Die Beschlussbegründung wurde der Einsprechenden am 23. Februar 2016 zugestellt und der Patentinhaberin per Einschreiben zugesandt, so dass sie als am Montag den 22. Februar 2016 zugestellt gilt.
Gegen diesen Beschluss der Patentabteilung 54 hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 10. März 2016, am 16. März 2016 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, Beschwerde eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 10. Januar 2017 begründet hat. Mit ihrer Beschwerdebegründung hat sie auch drei Sätze Patentansprüche als Hauptantrag und Hilfsanträge 1 und 2 eingereicht, wovon die ersten beiden zu den im Einspruchsverfahren zuletzt geltenden Anspruchssätzen gleich sind, während es sich beim Anspruchssatz des Hilfsantrags 2 um einen neuen Anspruchssatz handelt.
Die Einsprechende hat mit Schriftsatz vom 17. Juli 2018 zur Beschwerdebegründung der Patentinhaberin Stellung genommen und dabei insbesondere die Patentfähigkeit der beanspruchten Verfahren und Gegenstände in Frage gestellt.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Juli 2018 haben sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende ihre Standpunkte nochmals dargestellt. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt:
1. Hauptantrag a. Den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patentund Markenamts vom 26. Januar 2016 aufzuheben; b. das Patent Nr. 10 2011 088 142 mit der Bezeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug“ dem Anmeldetag 9. Dezember 2011 in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hauptantrag, eingegangen am 12. Januar 2017; - Beschreibung Absätze [0001] bis [0042], - 3 Blatt Zeichnungen (Seiten 11/13 bis 13/13) mit Figuren 1 bis 4, jeweils gemäß Patentschrift.
2. Hilfsantrag 1 Hilfsweise a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben; b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 1, eingegangen am 12. Januar 2017; - die unter 1a. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.
3. Hilfsantrag 2 Weiter hilfsweise a. den unter 1a. genannten Beschluss aufzuheben; b. das unter 1b. genannte Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten nach Maßgabe folgender Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2, eingegangen am 12. Januar 2017; - die unter 1a. genannten Beschreibungen und Zeichnungen.
Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung beantragt:
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Gliederung angelehnt an den Beschluss der Patentabteilung bei unverändertem Wortlaut eingefügt):
„1. Verfahren (200) M1 zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug (100), mit folgenden Schritten: M2 Einlesen (220) von Berechtigungsdaten, die zumindest eine Nutzungsberechtigung des Fahrzeugs (100) für zumindest einen Verkehrsweg repräsentieren, M3 wobei eine räumliche und/oder zeitliche Gültigkeit der zumindest einen Nutzungsberechtigung eingelesen wird; M4 Bestimmen (240), ob für zumindest ein von dem Fahrzeug (100) zu befahrendes Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist; und M5 Ermitteln (260), ob die Berechtigungsdaten eine Nutzungsberechtigung für das zumindest eine von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment aufweisen,
M6 wobei im Schritt des Bestimmens (240) basierend auf einer von einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) des Fahrzeugs empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt wird, ob für zumindest das von dem Fahrzeug (100) zu befahrendes Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist.“
Der nebengeordnete Anspruch 9 nach Hauptantrag lautet mit bei unverändertem Wortlaut eingefügter Gliederung:
„9. Vorrichtung (110) N1 zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug (100), wobei die Vorrichtung (110) folgende Merkmale aufweist: N2 Eine Einrichtung zum Einlesen (120) von Berechtigungsdaten, die zumindest eine Nutzungsberechtigung des Fahrzeugs (100) für zumindest einen Verkehrsweg repräsentieren, N3 wobei die Einrichtung zum Einlesen ausgebildet ist, um eine räumliche und/oder zeitliche Gültigkeit der zumindest einen Nutzungsberechtigung einzulesen; N4 Eine Einrichtung zum Bestimmen (140), ob für zumindest ein von dem Fahrzeug (100) zu befahrendes Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist; und N5 Eine Einrichtung zum Ermitteln (160), ob die Berechtigungsdaten eine Nutzungsberechtigung für das zumindest eine von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment aufweisen, N6 wobei die Vorrichtung (110) eine Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) umfasst, und die Vorrichtung (110) eingerichtet ist, eine Verkehrswegeinformation von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) zu empfangen, wobei mittels der Bestimmungseinrichtung (140) basierend auf der von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) des Fahrzeugs (100) empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt wird, ob für zumindest das von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist.“
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich im Merkmal M6 von Anspruch 1 des Hauptantrags. Dort ist das Merkmal M6 durch das Merkmal
„M6‘ wobei im Schritt des Bestimmens (240) basierend auf einer von einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) und von einer Routenplanungseinrichtung (104) des Fahrzeugs empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt wird, ob für zumindest das von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist.“
ersetzt (geänderte Teile unterstrichen). Entsprechend ist im Anspruch 8 des Hilfsantrags 1 gegenüber Anspruch 9 des Hauptantrags das Merkmal N6 durch das folgende Merkmal ersetzt (geänderte Teile unterstrichen):
„N6‘ wobei die Vorrichtung (110) eine Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) und eine Routenplanungseinrichtung (104) umfasst, und die Vorrichtung (110) eingerichtet ist, eine Verkehrswegeinformation von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) und der Routenplanungseinrichtung (104) zu empfangen, wobei mittels der Bestimmungseinrichtung (140) basierend auf der von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) des Fahrzeugs (100) empfangenen Verkehrswegeinformation und von der Routenplanungseinrichtung (104) empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt wird, ob für zumindest das von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist.“
In den Anspruch 1 nach dem der Patentabteilung nicht vorgelegten Hilfsantrag 2 ist ausgehend vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 das weitere Merkmal
„M2a wobei die Berechtigungsdaten von einer fahrzeugexternen Speichereinrichtung empfangen werden,“
zwischen die Merkmale M2 und M3 eingefügt. Anspruch 7 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich wiederum im Merkmal N6 von Anspruch 9 des Hauptantrags und Anspruch 8 des Hilfsantrags 1. Dort lautet dieses Merkmal (Änderungen gegenüber Anspruch 9 nach Hauptantrag unterstrichen):
„N6‘‘ wobei die Vorrichtung (110) eine Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) und eine Routenplanungseinrichtung (104) umfasst, und die Vorrichtung (110) eingerichtet ist, eine Verkehrswegeinformation von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) und der Routenplanungseinrichtung (104) zu empfangen, wobei mittels der Bestimmungseinrichtung (140) basierend auf der von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung (102) des Fahrzeugs (100) empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt wird, ob für zumindest das von dem Fahrzeug (100) zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist.“
Es fehlt gegenüber Anspruch 8 nach Hilfsantrag 1 somit der Zusatz „und von der Routenplanungseinrichtung (104) empfangenen Verkehrswegeinformation“ im zweiten Teil des Merkmals N6‘.
Der formal ebenfalls nebengeordnete Anspruch 10, bzw. 9 oder 8 lautet in allen drei Anträgen
„Computerprogrammprodukt mit Programmcode zur Durchführung des Verfahrens (200) gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9, wenn das Programm auf einer Vorrichtung (110) ausgeführt wird.“
II.
Die fristgerecht eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig, bleibt jedoch ohne Erfolg, da die Verfahren der Ansprüche 1 des Hauptantrags und beider Hilfsanträge nicht patentfähig sind, weil sie gegenüber dem Stand der Technik auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns beruhen (§ 1 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 PatG). Das Patent war deshalb in vollem Umfang zu widerrufen (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von Amts wegen in jedem Verfahrensstadium, auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 59 Rdn. 51 und 150 bis 152, BGH GRUR 1972, 592 – „Sortiergerät“). Vorliegend ist der form- und fristgerecht erhobene Einspruch zulässig, weil zu dem geltend gemachten Einspruchsgrund der mangelnden Patentfähigkeit auf Grund fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. §§ 3 und 4 PatG) substantiiert Stellung genommen wurde. So hat die Einsprechende genau angegeben, wo welche Merkmale des Verfahrens des unabhängigen Anspruchs 1 und der Vorrichtung des unabhängigen Anspruchs 9 in den einzelnen Druckschriften offenbart seien. Die Einsprechende hat zudem noch angegeben, wo die zusätzlichen Merkmale der Verfahren der Unteransprüche in den genannten Druckschriften offenbart seien, so dass deren Patentfähigkeit ebenfalls in Frage gestellt sei. Auch hat sie angegeben, wie sich der Gegenstand des ne- bengeordneten Anspruchs 10 in der Folge aus dem Stand der Technik ergibt. Es sind demnach die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im Einzelnen aufgeführt (§ 59 Abs. 1 Satz 4 PatG). Die Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts und auch die Patentinhaberin wurden demnach in die Lage versetzt, ohne eigene Nachforschungen festzustellen, ob die behaupteten Einspruchsgründe vorliegen (vgl. hierzu BGH BlPMZ 1988, 250, Leitsatz 2, 251, li. Sp., Abs. 1 - „Epoxidation“; Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 59 Rdn. 83 bis 88).
2. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug sowie einen entsprechenden Datenträger (vgl. Abs. [0001] der Streitpatentschrift).
Einige Länder, wie z.B. Österreich oder die Schweiz, schreiben vor, dass beispielsweise für die Benutzung von Autobahnen eine pauschale Maut für einen vorgegebenen Zeitraum bezahlt und dieses durch Einkleben einer Vignette in die Windschutzscheibe sichtbar gemacht werden muss. Das Einfahren ohne eine gültige Vignette in mautpflichtige Straßen, für die eine Bezahlung über Vignetten (z. B. in Österreich oder der Schweiz) erforderlich ist, wird bestraft. Gemäß der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift böten Fahrzeug-Navigationssysteme gemäß dem Stand der Technik eine Vielzahl von Wahlmöglichkeiten an, mit denen Kriterien zur Bestimmung einer Fahrtroute mit gewünschten Eigenschaften festgelegt werden könnten. Dazu gehöre beispielsweise auch, dass eine Route z. B. keine oder möglichst wenige Mautstraßen enthalten soll.
Im Stand der Technik gebe es einige Verfahren zum Betrieb eines Navigationssystems mit denen mit dieser Situation umgegangen werden könne. So offenbare die DE 10 2006 024 822 A1 ein Verfahren zum Betrieb eines Navigationssystems, insbesondere eines Kraftfahrzeugs, bei welchem vorzugsweise in einem Speicher gespeicherte Daten einer digitalen Karte zur Routenplanung und/oder Zielführung verwendet würden, wobei neben den Kartendaten das Navigationssystem Daten zu Kosten heranziehe, um eine kostenoptimierte Route zu bestimmen.
Die US 2007/0 225 900 A1 (= D1) zeige ein System zur Routenbestimmung und Fahrerwarnung basierend auf einer Straßensegment-Durchfahrtsbeschränkungsinformation und auf das Fahrzeug charakterisierenden Fahrzeug-Durchfahrtsbeschränkungsdaten.
Die DE 10 2007 026 320 A1 (= D2) offenbare ein Verfahren für den Betrieb eines Navigationssystems und ein Navigationssystem für ein Kraftfahrzeug in einem Verkehrswegenetz. Dabei sei zumindest eine Zone des Verkehrswegenetzes mit einer schadstoffklassenabhängigen Durchfahrtsbeschränkung versehen, wobei dem Kraftfahrzeug zumindest eine Schadstoffklasse zugeordnet sei (vgl. Abs. [0002] bis [0005] der Streitpatentschrift).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent gemäß Patentschrift als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug, eine entsprechende Vorrichtung, die dieses Verfahren ausführt, sowie einen Datenträger mit einem Programmcode, der das Verfahren unter Zuhilfenahme einer geeigneten Vorrichtung ausführt, anzugeben (vgl. Abs. [0006] der Streitpatentschrift). Objektiv besteht die zu Grunde liegende Aufgabe darin, den Fahrer bei seiner Routenplanung oder auch während der Fahrt mit dem Fahrzeug dadurch zu unterstützen, dass automatisch ermittelt wird, ob er ein zu befahrendes Routensegment im Hinblick auf eine ggf. erforderliche zeitlich begrenzte Nutzungsberechtigung überhaupt befahren darf.
Diese Aufgabe wird durch die Verfahren zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug nach den Ansprüchen 1 des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2, sowie durch die Vorrichtungen der jeweils nebengeordneten Ansprüche gelöst.
Beansprucht wird in erster Linie ein Verfahren bei dem eine oder auch mehrere Nutzungsberechtigungen für einen oder mehrere Verkehrswege berücksichtigt werden. Bei diesem Verfahren kann es sich um ein Routenplanungsverfahren handeln, also ein Verfahren, das im Vorfeld einer Fahrt mit dem Fahrzeug erfolgt, es kann sich aber auch um ein Verfahren handeln, bei dem keine Routenplanung erfolgt, sondern das während der Fahrt abläuft und den Fahrer beispielsweise vor der Einfahrt in Strecken, sog. Routensegmente, warnt, für die er keine Berechtigung besitzt.
Das Verfahren liest zunächst die Berechtigungsdaten ein, die die Nutzungsberechtigung des Fahrzeugs für mindestens einen Verkehrsweg angeben. Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 lassen dabei offen, von wo diese Daten eingelesen werden, während Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 angibt, dass diese Daten von einem fahrzeugexternen Speicher eingelesen werden. Hierbei wird ein Navigationssystem als fahrzeugintern angesehen, auch dann, wenn es oder Teile davon außerhalb des Fahrzeugs betrieben werden können, so beispielsweise zur Routenplanung. Gemäß Abs. [0018] der Streitpatentschrift soll unter dem Einlesen von einem fahrzeugexternen Speicher beispielsweise ein Einlesen der Daten von einer externen Datenbank im Internet oder der „Cloud“ verstanden werden.
Die Nutzungsberechtigung enthält dabei eine räumliche und/oder eine zeitliche Gültigkeit für die Nutzungsberechtigung.
Im nächsten Schritt wird ermittelt, ob für zumindest ein von dem Fahrzeug zu befahrendes Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist. Dabei werden u. a. Daten einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung des Fahrzeugs benutzt. Es bleibt dabei nach Anspruch 1 des Hauptantrags offen, ob noch weitere Daten genutzt werden. Die Ansprüche 1 der Hilfsanträge geben dazu an, dass auch Daten einer Routenplanungseinrichtung genutzt werden.
Im Anschluss daran wird ermittelt, ob die Berechtigungsdaten eine Nutzungsberechtigung für das zumindest eine von dem Fahrzeug zu befahrende Routensegment aufweisen.
Unter Anspruch 1 des Hauptantrags fällt somit auch ein Verfahren, das keinerlei Daten für eine Routenplanung nutzt und den Fahrer eines Fahrzeugs lediglich auf Grund einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung unter Kenntnis der Nutzungsberechtigungen warnt, wenn er in ein Routensegment einfährt, für das er keine Nutzungsberechtigung besitzt.
3. Die Gegenstände der Ansprüche 1 des Hauptantrags und beider Hilfsanträge sind mangels erfinderischer Tätigkeit des Fachmanns (§ 4 PatG) nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 PatG), denn sie ergeben sich aus der Zusammenschau der Lehren der Druckschriften E1 und E5 für den Fachmann in naheliegender Weise. Bei dieser Sachlage können die Zulässigkeit der Ansprüche sowie die Ausführbarkeit ihrer Lehren dahingestellt bleiben (vgl. BGH GRUR 1991, 120, 121, II.1 – „Elastische Bandage“).
Als zuständiger Fachmann ist hier ein berufserfahrener Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder ein Informatiker mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss sowie speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen darunter auch Navigationssystemen zu definieren, der mit der Entwicklung und Verbesserung von Fahrerassistenzsystemen vor allem auf der Softwareseite betraut ist.
3.1. Hauptantrag Druckschrift E1 beschreibt ein Navigationssystem, das auf der Grundlage von in einem Speicherbereich gespeicherten Informationen über ein Fahrzeug und einen Straßenbereich eine Leitroute bestimmt. Dabei bestimmt das Navigationssystem insbesondere, ob eine Einfahrt in einen Straßenbereich zu vermeiden ist (vgl.
Abs. [0012]: „Eine Navigationsvorrichtung eines Fahrzeugs beinhaltet eine Speichereinrichtung zum Speichern einer Information über das Fahrzeug und einen Straßenbereich, und eine Leitrouten-Berechnungseinrichtung zum Berechnen einer Leitroute auf der Grundlage der Information, die in der Speichereinrichtung gespeichert ist. Die Vorrichtung bestimmt, ob eine Einfahrt in einen Straßenbereich zu vermeiden ist, auf der Grundlage der Information über das Fahrzeug und den Straßenbereich.“). Dabei wird berücksichtigt, ob eine Nutzungserlaubnis, die zeitlich begrenzt sein kann, für einen Straßenbereich, also ein Routensegment vorliegt (vgl. Abs. [0013]: „Die Speichereinrichtung ist ein Speichermedium zum Speichern von Einfahrerlaubnisdaten einer Erlaubnis für das Fahrzeug, in einen Zeitgrenzengebührenerhebungs-Straßenbereich einzufahren. Bezüglich des Zeitgrenzengebührenerhebungs-Straßenbereichs ist es erlaubt, dass ein Fahrzeug während einer Gebührenerhebungsdauer in den ZeitgrenzengebührenerhebungsStraßenbereich einfährt, wenn eine Gebühr des ZeitgrenzengebührenerhebungsStraßenbereichs vorhergehend bezahlt worden ist. Die Eintritterlaubnisdaten-Umschreibeeinrichtung schreibt einen Inhalt der Eintritterlaubnisdaten in dem Speichermedium zu einem Inhalt um, dass eine Einfahrt des Fahrzeugs in den Zeitgrenzengebührenerhebungs-Straßenbereich während einer Gebührenerhebungsdauer erlaubt ist, wenn die Gebühr für den Gebührenerhebungsbereich bezahlt worden ist. Die Leitrouten-Berechnungseinrichtung berechnet die Leitroute, die die Einfahrt des Fahrzeugs in den Zeitgrenzengebührenerhebungs-Straßenbereich vermeidet, in Übereinstimmung mit einem Inhalt der Eintrittserlaubnisdaten, dass keine Einfahrt des Fahrzeugs in den Zeitgrenzengebührenerhebungs-Straßenbereich zu einer derzeitigen Zeit zugelassen wird.“). In Druckschrift E1 wird dabei insbesondere an die täglich zu entrichtende „Staugebühr“, die sog. „Citymaut“ nach dem Vorbild Londons gedacht (vgl. Abs. [0003]).
Im Einzelnen offenbart die Druckschrift E1 somit in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ein Verfahren M1 zur Berücksichtigung einer Nutzungsberechtigung für einen Verkehrsweg für ein Fahrzeug (vgl. den bereits zitierten Abs. [0012]), mit folgenden Schritten:
M2 Einlesen von Berechtigungsdaten, die zumindest eine Nutzungsberechtigung des Fahrzeugs (100) für zumindest einen Verkehrsweg repräsentieren,
M3 wobei eine räumliche und zeitliche Gültigkeit der zumindest einen Nutzungsberechtigung eingelesen wird (siehe Fig. 2 i. V. m Abs. [0051] und [0052]: „Jeder Staugebührenerhebungsbereich ist mit einem Einfahrerlaubnismerker ausgestattet. Wie es zuvor beschrieben worden ist, wird der Einfahrerlaubnismerker zum Bestimmen verwendet, ob ein Fahrzeug eines Nutzers ein Einfahren jedes Staugebührenerhebungsbereichs vermeidet. Der Einfahrerlaubnismerker beinhaltet eine Information, die zeigt, ob ein Fahrzeug eines Nutzers eine Staugebühr eines Ziel-Staugebührenerhebungsbereichs für einen derzeitigen Tag bezahlt hat. Die Bezahlungshistoriendaten sind in Tabellen ausgebildete Daten. Jeder Staugebührenerhebungsbereich ist mit einem Stück von Bezahlungshistoriendaten ausgestattet. Die Bezahlungshistoriendaten beinhalten eine Information, die zeigt, ob ein Fahrzeug eines Nutzers eine Staugebühr für derzeitige, vergangene und zukünftige Tage bezahlt hat. In Fig. 2 ist ein Teil der Bezahlungshistoriendaten über einen bestimmten Staugebührenerhebungsbereich gezeigt. Wie es in Fig. 2 gezeigt ist, beinhalten die Bezahlungshistoriendaten Einträge für die jeweiligen Da- ten. Jeder Eintrag beinhaltet ein Datum und eine Information darüber, ob eine Staugebühr bezüglich des Fahrzeugs für das Datum bezahlt worden ist.“ und Abs. [0121] und [0122] zu Fig. 15: „In dem Schritt 348 wird es bestimmt, ob eine Einstellung zeigt, dass eine Einfahrt in den Staugebührenerhebungsbereich unmöglich ist, das heißt, ob der Einstellmerker, der der Schaltfläche 65 einer möglichen Staugebühr entspricht, ausgeschaltet ist. Genauer gesagt führt der Schritt 348 durch, zu entscheiden, ob die Einstellung der Einfahrt in den Staugebührenerhebungsbereich "unerlaubbar" ist. Wenn die Einfahrt unmöglich ist, wird ein Schritt 350 ausgeführt. Wenn die Einfahrt nicht unmöglich ist, wird der Schritt 345 ausgeführt. In dem Schritt 350 wird die Beziehung zwischen dem Fortschritt und der Zeit eines Fahrens eines Fahrzeugs eines Nutzers, wenn das Fahrzeug beginnt, zu einer derzeitigen Zeit auf der Leitroute zu fahren (oder einer Startzeit, die von einem Nutzer unter Verwendung der Betätigungsschaltergruppe 12 bestimmt wird) in Übereinstimmung mit mittleren Geschwindigkeiten, Geschwindigkeitsgrenzen und dergleichen in Straßenstreifen der Leitroute bestimmt, die zuvor auf den Kartendaten gespeichert worden ist. In Übereinstimmung mit der Beziehung wird es bestimmt, ob es bei den zu erreichenden Staugebührenerhebungsbereichen mindestens einen Staugebührenerhebungsbereich gibt, dessen Einfahrerlaubnismerker von ein- zu ausgeschaltet zurückgesetzt ist, bevor das Fahrzeug den Staugebührenerhebungsbereich erreicht, da sich ein Datum während des Fahrens über die Zeit ändert. Wenn es den Staugebührenerhebungsbereich gibt, wird der Schritt 380 ausgeführt. Wenn es keinen Staugebührenerhebungsbereich gibt, wird die gleiche Routenleitanzeige wie in dem Schritt 345 in einem Schritt 355 durchgeführt.“); M4 Bestimmen, ob für zumindest ein von dem Fahrzeug zu befahrendes Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist (siehe Schritt 340 in Fig. 15
- 19 i. V. m. dem bereits zitierten Abs. [0121], wo das Bezugszeichen falsch als 348 angegeben wird); und M5 Ermitteln, ob die Berechtigungsdaten eine Nutzungsberechtigung für das zumindest eine von dem Fahrzeug zu befahrende Routensegment aufweisen (vgl. die beiden weiteren Abfragen in Fig. 15 i. V. m. den beiden bereits zitierten Absätzen [0121] und [0122]). Nicht offenbart ist dagegen in Druckschrift E1 die Verwendung von Daten einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung.
Eine solche ist dem Fachmann jedoch als weiteres Assistenzsystem in Verbindung mit einem Navigationssystem bekannt und wird beispielsweise in Druckschrift E5 beschrieben. Es besteht aus einer CCD-Kamera und einem Computer,
der die von der CCD-Kamera empfangenen Daten auswertet (siehe Fig. 1 i. V. m. Sp. 1, Z. 5 bis 9: „The present invention relates to an automobile navigation system and, more particularly, to a navigation system designed to provide useful information, including directions and safety instructions to drivers of automobiles and other motor vehicles.“ und Sp. 1, Z. 54 bis 56: „…, receiving from a CCD camera (coupled to the vehicle) video signals that represent road signs being approached by the vehicle,…”). Dabei erkennt das Verkehrszeichenerkennungssystem auch Zeichen für einen Mautbereich und reagiert auf diese Zeichen durch die Angabe der zu bezahlenden Kosten (vgl. Sp. 2, Z. 12 bis 22: „As yet a further aspect of the present invention, video signals representing predesignated road signs (e.g., stop sign, yield sign, toll booth sign) are identified, and audio warnings of the approachment of the predetermined road signals are always supplied or, alternatively, are supplied when the current travelling speed of the vehicle is greater than a predetermined speed (e.g., 30 mph). As a feature of this aspect, ancillary information (e.g., the amount of money needed to pay an upcoming toll) regarding a road signal is supplied.”). Dabei verwendet Druckschrift E5 die CCD-Kamera und die mit ihr erkannten Verkehrszeichen in Verbindung mit anderen Hilfsmitteln auch zur Navigation, um ein zum Anmeldezeitpunkt der Druckschrift E5 noch teures GPS-System zu vermeiden (vgl. Sp. 1, Z. 19 bis 24: „However, there have been recent developments in automobile navigation systems which are known as global positioning systems (GPS). Unfortunately, such systems are expensive since they require global positioning system hardware, graphical map display hardware, digital compasses and on-board computers.”).
Jedoch verwendet das Navigationssystem die Kamera nicht nur zur Navigation, sondern auch dazu, weitere Informationen, so z. B. Sicherheitsinformationen für den Fahrer bereitzustellen (vgl. Sp. 1, Z. 36 bis 42: „Another object of the present invention is to provide an automobile navigation system which assists drivers in the navigation of automobiles in a totally safe manner. A further object of the present invention is to provide an automobile navigation system which operates to increase the safety of driving automobiles while providing navigation instructions to the drivers thereof.”). Dazu gehört u.a. das Erkennen von Geschwindigkeitsbeschränkungen und von Mautstationen. Ausgehend vom Navigationssystem der Druckschrift E1, die selbst einen GPS-Empfänger zur Navigation einsetzt (vgl. Abs. [0043]: „Die Positionserfassungseinrichtung weist zum Beispiel einen Geomagnetismusensor, einen Kreisel, einen Fahrzeuggeschwindigkeitssensor und einen GPS-Empfänger auf.“) ist es für den Fachmann naheliegend, diesen zusätzlichen Nutzen auch beim dort offenbarten Navigationssystem bereitzustellen und für diese Zwecke, wie in der Druckschrift E5 vorgeschlagen, eine Videokamera einzusetzen, mit deren Hilfe Verkehrszeichen erkannt werden können. Zwar werden einige der Daten, so beispielsweise die Eingänge in Mautbereiche, bereits im Kartenmaterial gespeichert, doch finden ständig Änderungen im Straßennetz und dessen Beschilderung statt, so dass das Kartenmaterial üblicherweise bereits zu seinem Herausgabezeitpunkt veraltet ist. Der Fahrer muss deshalb die Angaben seines Navigationssystems stets mit der Realität, die er vorfindet, vergleichen. Dies kann ihm von einem Verkehrszeichenerkennungssystem, wie es in Druckschrift E5 offenbart wird, teilweise abgenommen werden. Dieses wird dann auch Schilder für Straßen, die eine Nutzungserlaubnis benötigen, erkennen und darauf reagieren.
Dies bedeutet, dass das Navigationssystem zusätzlich, wie vom Merkmal M6 gefordert, im Schritt des Bestimmens basierend auf einer von einer Verkehrszeichenerkennungseinrichtung des Fahrzeugs empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmt, ob für zumindest das von dem Fahrzeug zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist. Damit gelangt der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags (§ 4 PatG), so dass dieses nicht patentfähig ist.
3.2 Hilfsantrag 1 In Druckschrift E1 werden zur Bestimmung der Nutzungsberechtigung ausschließlich Daten der Routenplanungseinrichtung verwendet. Es gibt keinerlei Veranlas- sung, auf diese Daten zu verzichten, wenn eine Verkehrszeichenerkennungsvorrichtung vorhanden ist. Das Navigationssystem wird somit beide Informationsquellen nutzen und gemäß Merkmal M6‘ im Schritt des Bestimmens basierend auf einer von der Verkehrszeichenerkennungseinrichtung und der Routenplanungseinrichtung des Fahrzeugs empfangenen Verkehrswegeinformation bestimmen, ob für zumindest das von dem Fahrzeug zu befahrende Routensegment eine Nutzungsberechtigung erforderlich ist. Damit ergibt sich das Verfahren des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls durch die Zusammenschau der Lehren der Druckschriften E1 und E5 für den Fachmann auf naheliegende Weise (§ 4 PatG), so dass auch dieses nicht patentfähig ist.
3.3 Hilfsantrag 2 Das Einlesen der Daten von einer fahrzeugexternen Speichereinrichtung, wie dies Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 im Merkmal M2a beansprucht, kann eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen, denn Druckschrift E1 gibt an, dass eine Person, die in einen gebührenpflichtigen Bereich einfahren will, die Behörden über das Kennzeichen des Fahrzeugs unterrichtet und eine Gebühr bezahlt. Von der Bezahlung werden die Behörden ebenfalls unterrichtet (vgl. Abs. [0004]: „Bei dieser Institution führt eine Person, die wünscht, einen Staugebührenerhebungsbereich unter Verwendung eines Fahrzeugs zu befahren, vorübergehend eine Unterrichtung über ein Kennzeichen des Fahrzeugs durch und zahlt vorübergehend eine Gebühr für einen erwünschten Tag. Die Bezahlungsinformation wird den Behörden unterrichtet. Die Behörden sammeln eine Kennzeicheninformation über alle der Fahrzeuge, die in den Staugebührenerhebungsbereich einfahren. Die Behörden erheben eine Strafe bezüglich eines Besitzers eines Fahrzeugs eines Kennzeichens, die nicht in der Information über die Bezahlung für den Einfahrtag enthalten ist.“). Dies bedeutet, dass die Behörden über die Nutzungsberechtigungen informiert sind, um beim Nichtvorhandensein über eine Strafe entscheiden zu können. Es liegt nun nahe, diese dort vorhandenen Daten auch mit dem Naviga- tionssystem zu nutzen, da so die Daten einfach und vor allem fehlerlos übertragen und dann genutzt werden können.
Dabei sei darauf hingewiesen, dass die Daten über Nutzungsberechtigungen immer irgendwie von extern in das Fahrzeug gelangen müssen, da sie außerhalb des Fahrzeugs generiert werden. Dies kann mittels einer Person händisch geschehen oder automatisch, was üblicherweise die Bestrebung des Fachmanns ist.
5. Auf Grund der Antragsbindung fallen auch die zu Anspruch 1 nebengeordneten Ansprüche der einzelnen Anträge, denen es im Übrigen aus den zu Anspruch 1 ausgeführten Gründen ebenfalls an der nötigen Patentfähigkeit mangelt, und die auf den jeweiligen Anspruch 1 der einzelnen Anträge rückbezogenen Unteransprüche (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – „Informationsübermittlungsverfahren II“).
6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Beschluss der Patentabteilung 54 vom 26. Januar 2016 zurückzuweisen und das Patent vollständig zu widerrufen.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Verfahren Beteiligten - vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer - das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel gerügt wird, nämlich
1. dass das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. dass bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. dass der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. dass der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten in elektronischer Form. Zur Entgegennahme elektronischer Dokumente ist die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs bestimmt. Die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs ist über die auf der Internetseite www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar. Die Einreichung erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Elektronische Dokumente sind mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen.
Dr. Strößner Dr. Friedrich Dr. Zebisch Dr. Himmelmann Pr