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IV ZR 490/14

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 490/14 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 24. Februar 2016 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2016:240216UIVZR490.14.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 3. Februar 2016 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 24. August 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3.716,40 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Lebensversicherung mit Unfall-Zusatzversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. VN mit Versicherungsbeginn zum 1. Mai 1998 abgeschlossen. Im Oktober 2010 kündigte d. VN den Vertrag; der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 3. Januar 2012 erklärte d. VN unter anderem den Widerspruch nach § 5a VVG a.F.

Mit der Klage verlangt d. VN - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts, insgesamt 3.716,40 €.

Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5a VVG a.F. gegeben seien oder es darauf wegen des Vertragsschlusses im Antragsmodell nicht ankomme, könne dahinstehen. Dem Widerspruch stehe der Einwand der Verwirkung entgegen. Das Zeitmoment sei erfüllt, weil zwischen dem Vertragsschluss und dem W iderspruch rund 14 Jahre lägen und nach der Kündigung wieder eine längere Zeitspanne vergangen sei. In der Kündigungserklärung sei zudem inhaltlich eine Bestätigung des Vertrages zu sehen. Das Umstandsmoment sei gegeben, weil der Versicherer bis zur Kündigung den vereinbarten Versicherungsschutz gewährt habe.

II. Die Revision ist begründet.

1. Ein - mit der Revision allein weiterverfolgter - Anspruch auf Prämienrückzahlung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB kann d. VN mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.

a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Vertrag nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) oder im Antragsmodell abgeschlossen wurde. Für das Revisionsverfahren ist von einem Vertragsschluss im Policenmodell auszugehen, den auch beide Parteien zugrunde legen. Der Versicherer hat behauptet, d. VN habe mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen sowie ein Begleitschreiben mit einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung erhalten, nimmt also für sich einen Vertragsschluss im Policenmodell in Anspruch. D. VN hat keinen Vertragsschluss im Antragsmodell behauptet.

b) Bei einem zu unterstellenden Vertragsschluss im Policenmodell ist anzunehmen, dass der Widerspruch - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig war.

aa) Mangels - noch nachzuholender - Feststellungen des Berufungsgerichts ist in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass d. VN nicht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen, die Verbraucherinformation und eine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erhielt.

bb) Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

(1) Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. VN - wie hier zu unterstellen - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

(2) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.).

(3) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung hat d. VN ein - fortbestehendes - Recht zum Widerspruch nicht allein deshalb verwirkt, weil er den Vertrag durchgeführt hat. Es fehlte hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer nicht in Anspruch nehmen, wenn er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. VN - wie hier zu unterstellen - die Versicherungsbedingungen oder die Verbraucherinformation nicht überließ oder keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.).

2. Der Höhe nach umfasst ein etwaiger Rückgewähranspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr müsste sich d. VN bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.).

Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46) und dabei auch die Vorgaben der Senatsurteile vom 29. Juli 2015 (IV ZR

384/14, VersR 2015, 1101 Rn. 36 ff.; IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 34 ff.) sowie vom 11. November 2015 (IV ZR 513/14, VersR 2016, 33 Rn. 32 ff.) zu beachten haben.

Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Lehmann Dr. Brockmöller Vorinstanzen:

AG Helmstedt, Entscheidung vom 16.05.2012 - 2 C 28/12 LG Braunschweig, Entscheidung vom 24.08.2012 - 7 S 240/12 -

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