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19 W (pat) 8/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 8/13 Verkündet am 15. Mai 2013

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend das Patent 102 18 191 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2013 unter Mitwirkung des Richters Dr.-Ing. Scholz als Vorsitzendem sowie der Richter Merzbach, Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Arnoldi BPatG 154 05.11 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Auf die am 24. April 2002 unter Inanspruchnahme der inneren Priorität 102 02 592.4 vom 24. Januar 2002 eingereichte Anmeldung ist ein Patent 102 18 191 mit der Bezeichnung „Einstellbares Mobilfunkendgerät“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 21. Juni 2007 erfolgt.

Gegen das Patent hat die G… & D… GmbH in M… mit Schriftsatz vom 19. September 2007, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, Einspruch eingelegt. Die Einsprechende hat mangelnde Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 des Patentgesetzes, nicht ausreichende Offenbarung der Erfindung und unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Patents geltend gemacht. Die Einsprechende hat beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Zum Stand der Technik hat die Einsprechende neben den bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften u. a. auf folgende Druckschrift verwiesen:

E7 ETSI TS 100 977 V8.5.0 (2001-03). Deckblatt und S. 10, 23, 28, 29, 48, 49, 86 bis 88, 101, 109 bis 111, 168 bis 170 und 173.

Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten; sie hat die Vorveröffentlichung der Druckschrift E7 bestritten und beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu halten.

Mit Beschluss vom 26. November 2008 hat die Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts nach mündlicher Verhandlung das Patent widerrufen. In der schriftlichen Begründung hat die Patentabteilung dargelegt, der Einspruch sei zulässig gewesen; der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei durch den Stand der Technik nach der Druckschrift E7 neuheitsschädlich vorweggenommen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 6. Februar 2009, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt per Fax am selben Tag.

Die Einsprechende hat ihren Einspruch mit Schreiben vom 14. Mai 2013 zurückgenommen und ist daher nicht mehr am Verfahren beteiligt.

Die Patentinhaberin beantragt in der mündlichen Verhandlung,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent im erteilten Umfang aufrechtzuerhalten,

hilfsweise,

die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang der am 28. November 2011 eingereichten, als Hilfsantrag bezeichneten Patentansprüche zu beschließen.

Sie regt an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Der nach Hauptantrag geltende, gegenüber der erteilten Fassung unveränderte Patentanspruch 1 lautet unter Einfügung einer Gliederung:

„M1 Mobilfunkendgerät (10), insbesondere für den GSMund/oder UMTS-Standard, enthaltend M2 a) einen nichtflüchtigen digitalen Speicher (12),

M3 wobei in dem Speicher digitale Initialisierungsdaten (17) als Grunddaten (15) abgespeichert sind,

M4 b) eine optische und/oder akustische Anzeige (20), insbesondere zum Darstellen der so gespeicherten Initialisierungsdaten (17) bzw. Teilen (18) davon,

M5 c) Mittel (28) zum Ändern der Grunddaten (15) über ein Funknetz (24),

gekennzeichnet dadurch, dass M6 d) Mittel zur Codierung der Grunddaten (15) vorgesehen sind,

M7 zur Verhinderung, dass unberechtigte Dritte die Grunddaten (15) auslesen und/oder verändern und M8 e) die als Grunddaten (15) gespeicherten Initialisierungsdaten (17) Daten für wenigstens ein digitalisiertes bildliches Symbol (18), eine digitalisierte animierte Grafik und/oder ein digitalisiertes akustisches Signal bzw. eine digitalisierte Melodie enthalten,

M9 welches auf der Anzeige (20) dargestellt bzw. hörbar gemacht werden kann.“

Der mit Gliederungspunkten versehene, nach Hauptantrag geltende, gegenüber der erteilten Fassung unveränderte nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet:

„N1 Verfahren zum Ändern von digitalen Initialisierungsdaten (17),

N2 welche in einem nichtflüchtigen digitalem Speicher (12)

N3 als Grunddaten (15) eines Mobilfunkendgeräts (10), insbesondere für den GSM- und/oder UMTS-Standard, vorgesehen sind, mit folgenden Verfahrensschritten:

N4 a) Übertragen von neuen Initialisierungsdaten (17) auf das Mobilfunkendgerät (10); N5 b) Einlesen der neuen Initialisierungsdaten (17) in den Speicher (12); N6 c) die Initialisierungsdaten (17) als Grunddaten (15) über ein Funknetz übermittelt werden,

dadurch gekennzeichnet, dass N7 d) die als Grunddaten (15) gespeicherten und zu speichernden Initialisierungsdaten (17) zur Vermeidung von unbefugtem Zugriff codiert werden und N8 e) die als Grunddaten (15) gespeicherten Initialisierungsdaten (17) Daten für wenigstens ein digitalisiertes bildliches Symbol oder Bild (18), eine digitalisierte animierte Grafik und/oder ein digitalisiertes akustisches Signal bzw. eine Melodie enthalten,

N9 welches auf der Anzeige (20) dargestellt bzw. hörbar gemacht werden kann.“

Der mit Gliederungspunkten versehene und hinsichtlich der Schreibung der Konjunktion „dass“ berichtigte Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gekennzeichnet):

„M1 Mobilfunkendgerät (10), insbesondere für den GSMund/oder UMTS-Standard, enthaltend M2 a) einen nichtflüchtigen digitalen Speicher (12),

M3 wobei in dem Speicher digitale Initialisierungsdaten (17) als Grunddaten (15) abgespeichert sind; M4 b) eine optische und/oder akustische Anzeige (20), insbesondere zum Darstellen der so gespeicherten Initialisierungsdaten (17) bzw. Teilen (18) davon,

M5 c) Mittel (28) zum Ändern der Grunddaten (15) über ein Funknetz (24),

dadurch gekennzeichnet dadurch, dass M6 d) Mittel zur Codierung der Grunddaten (15) vorgesehen sind,

M71 zur Verhinderung, dass unberechtigte Dritte die Grunddaten (15) auslesen und/oder verändern, und M8 e) die als Grunddaten (15) gespeicherten Initialisierungsdaten (17) Daten für wenigstens ein digitalisiertes bildliches Symbol (18), eine digitalisierte animierte Grafik und/oder ein digitalisiertes akustisches Signal bzw. eine digitalisierte Melodie enthalten,

M91 welche(s) auf der Anzeige (20) dargestellt bzw. hörbar gemacht werden kann/können., und M101f) ein Überprüfungsmodul (26) vorgesehen ist, zum Überprüfen einer Änderungsberechtigung für die Grunddaten (15).“

Der mit Gliederungspunkten versehene und hinsichtlich der Schreibung der Konjunktion „dass“ berichtigte nebengeordnete Patentanspruch 7 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 8 gemäß Hauptantrag gekennzeichnet):

„N1 Verfahren zum Ändern von digitalen Initialisierungsdaten (17),

N2 welche in einem nichtflüchtigen digitalem Speicher (12)

N3 als Grunddaten (15) eines Mobilfunkendgeräts 15 (10), insbesondere für den GSM- und/oder UMTS-Standard, vorgesehen sind, mit folgenden Verfahrensschritten:

N4 a) Übertragen von neuen Initialisierungsdaten (17) auf das Mobilfunkendgerät (10); N5 b) Einlesen der neuen Initialisierungsdaten (17) in den Speicher (12); N61 c) Übermitteln der die lnitialisierungsdaten (17) als Grunddaten (15) über ein Funknetz übermittelt werden,

dadurch gekennzeichnet, dass N71 d) die als Grunddaten (15) gespeicherten und zu speichernden Initialisierungsdaten (17) zur Vermeidung von unbefugtem Zugriff codiert werden, und N8 e) die als Grunddaten (15) gespeicherten Initialisierungsdaten (17) Daten für wenigstens ein digitalisiertes bildliches Symbol (18), eine digitalisierte animierte Grafik und/oder ein digitalisiertes akustisches Signal bzw. eine Melodie enthalten,

N91 welche(s) auf der Anzeige (20) dargestellt bzw. hörbar gemacht werden kann/können., und N101 f) zur Änderung der Initialisierungsdaten als Grunddaten (15) eine Berechtigungsabfrage (26) erfolgt.“

Die Patentinhaberin macht in Bezug auf die Ansprüche nach Hauptantrag geltend, dass es der Stand der Technik nicht nahe lege, im Hinblick auf das zu lösende technische Problem des angefochtenen Patents ein Mobilfunkendgerät zu schaffen, bei dem die Grunddaten über das Funknetz nur von Berechtigten so geändert werden können, dass sie weiter verwendet werden können. Hinsichtlich der Patentansprüche nach Hilfsantrag trägt sie sinngemäß vor, die Kombination aus Grunddatencodierung und Berechtigungsanfrage bzw. entsprechendem Überprüfungsmodul sei aus dem Stand der Technik nicht nahegelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweisen sich weder die Gegenstände der erteilten noch die der Ansprüche gemäß Hilfsantrag als patentfähig.

2. Der Einspruch ist zulässig. Die Zulässigkeit wurde im Übrigen von der Patentinhaberin auch nicht bestritten.

3. Die Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag sind zulässig.

4. Die Erfindung betrifft ein Mobilfunkendgerät mit einem Speicher, in dem digitale Initialisierungsdaten abgespeichert sind, und ein Verfahren zum Ändern dieser Initialisierungsdaten über ein Funknetz (vgl. Absatz [0001], [0002] der Streitpatentschrift).

Als Initialisierungsdaten werden gemäß der Streitpatentschrift die Daten bezeichnet, die beim Einschalten des Mobilfunkendgeräts oder beim Einbuchen in ein Funknetz zuerst abgefragt werden und die z. B. Markenzeichen des Funknetzanbieters umfassen. Die im Urzustand nach der Erstellung des Mobilfunkendgeräts vorliegenden Initialisierungsdaten werden in der Streitpatentschrift als Grunddaten bezeichnet (vgl. Absatz [0004] der Streitpatentschrift).

Wie in der Streitpatentschrift weiter ausgeführt ist, könne es durch geänderte Marketingstrategien eines Funknetzanbieters erforderlich sein, dass die Markenzeichen der Funknetzanbieter sich verändern. Bei den bekannten Verfahren sei jedoch eine Anpassung der im Mobilfunkendgerät abgespeicherten Grunddaten nicht vorgesehen (vgl. Absatz [0006], [0009] bis [0011] der Streitpatentschrift).

Von dieser Problemstellung ausgehend liege dem Streitpatent somit die Aufgabe zu Grunde, die beim Einschalten eines Mobilfunkendgeräts oder beim Einbuchen in ein Mobilfunknetzwerk dargestellten audiovisuellen Zeichen einfach und kostengünstig an die Bedürfnisse eines Funknetzbetreibers anzupassen, ohne dass unbefugte Dritte Manipulationen an den Daten vornehmen können (vgl. Absatz [0012] der Streitpatentschrift).

5. Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Nachrichtentechnik mit Universitätsstudium, der Verfahren zur Verteilung von Firmware oder Konfigurationsdaten an Mobilfunkendgeräte entwickelt.

6. Maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands der Erfindung kommt der Frage zu, was der Fachmann unter einem „Mittel zur Codierung der Grunddaten“ versteht, welches verhindert, „dass unberechtigte Dritte die Grunddaten auslesen und/oder verändern“.

Entgegen der Ansicht der Patentinhaberin versteht der Fachmann unter der anspruchsgemäßen Codierung nicht nur eine Verschlüsselung der Daten, sondern jedes Übertragen der Daten in ein anderes Zeichensystem, mit dem ein unberechtigter lesender und/oder schreibender Zugriff auf die Daten verhindert wird, z. B. auch Mittel zur Vergabe von Zugriffsrechten.

Bei der Auslegung eines Patents ist nicht am Wortlaut zu haften, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt (vgl. BGH GRUR 1999, 909, Ls. 1 - „Spannschraube“). Die Patentschrift vermittelt die Lehre, dass die Mittel zur Codierung verhindern sollen, dass jeder unberechtigte Dritte die Grunddaten auslesen und ggfls. verändern kann (Patentschrift, Anspruch 1, Abs. [0017]). An keiner Stelle der Streitpatentschrift findet sich der Begriff „Verschlüsselung“, vielmehr finden sich dort Angaben bzw. Begriffe wie: „unberechtigte Dritte“ (Absatz [0013], [0017]), „Vermeidung von unbefugtem Zugriff“ (Absatz [0014]), „Berechtigungsmittel“, „Änderungsberechtigung“ (Absatz [0023]), „Berechtigungsabfrage“ (Absatz [0028]) oder „Berechtigung“ (Absatz [0037]), die der Fachmann in Verbindung mit Mitteln zur logischen Zugriffskontrolle bringt.

Mittel zur logischen Zugriffkontrolle können das Auslesen und Ändern von Daten durch unberechtigte Dritte verhindern; sie beinhalten Mittel zur Zuweisung von Zugriffsrechten bzw. Zugriffsbedingungen und Mittel, welche die Einhaltung dieser beim Zugriff auf die Daten sicherstellen. Die Mittel zur Zugriffskontrolle umfassen regelmäßig auch eine bestimmte Codierung der Daten, denn hinsichtlich der zu schützenden Daten muss, z. B. in Form einer Codierung, eindeutig erkennbar sein, welche Zugriffsbedingungen für einen lesenden oder schreibenden Zugriff erfüllt sein müssen.

Der Fachmann versteht daher unter der anspruchsgemäßen Codierung nicht nur eine Verschlüsselung der Daten, sondern jedes Übertragen der Daten in ein anderes Zeichensystem, das im Ergebnis einen unberechtigten lesenden und/oder schreibenden Zugriff auf die Daten verhindert.

Für eine einschränkende Auslegung der Mittel zur Codierung im Sinne einer Verschlüsselung der Daten findet sich im Streitpatent schon deshalb keine Grundlage, weil eine Verschlüsselung Daten nur gegen Kenntnisnahme des Klartextes, nicht jedoch gegen Veränderung schützen kann. Ohne Kenntnis des Schlüssels geänderte Daten werden sich zwar möglicherweise nicht mit einem sinnvollen Ergebnis entschlüsseln lassen, wie bereits die Patentabteilung 31 im Beschluss vom 3. Dezember 2008 zutreffend festgestellt hat. Dies ist hier jedoch nicht von Belang. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Verhinderung, dass Dritte die Grunddaten verändern, sei im Sinne einer „sinnvollen“ Veränderung der Daten zu verstehen, nicht als ein Verändern, dass die Daten unbrauchbar mache. Dieses Argument geht jedoch fehl, denn dem Streitpatent liegt die Lehre zugrunde, die beim Einschalten eines Mobilfunkendgeräts oder beim Einbuchen in ein Mobilfunknetzwerk dargestellten, audiovisuellen Zeichen einfach und kostengünstig an die Bedürfnisse eines Mobilfunknetzbetreibers anzupassen, ohne dass unbefugte Dritte Manipulationen vornehmen können. Eine solche Manipulation stellt aber eine Veränderung dar, die dazu führt, dass kein Logo des Mobilfunknetzbetreibers angezeigt wird, weil die verschlüsselten Daten z. B. mit einem zufälligen Bitmuster überschrieben worden sind.

Ein einschränkendes Verständnis der Codierung im Sinne einer Verschlüsselung ergibt sich für den Fachmann auch nicht aus Absatz [0037], letzter Satz des Streitpatents, dass sich durch eine geeignete Codierung der Daten ein Sicherheitsaspekt zur Verhinderung eines Zugangs durch unbefugte Dritte ergebe. Denn auch die Vergabe von Zugriffsrechten, die Daten vor unberechtigtem Zugriff sichert, stellt zweifellos einen Sicherheitsaspekt dar (vgl. hierzu z. B. die „Security features“ in der E7, S. 28, Kapitel 7, die insbesondere Zugriffsbedingungen für Daten (file access condition) umfassen).

7. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung die Vorveröffentlichung der Druckschrift E7 nicht mehr bestritten.

Die Druckschrift E7 stellt eine Spezifikation des „European Telecommunications Standards Institute“ (ETSI), mithin eines europäischen Normierungsgremiums dar. Auf S. 173 der Druckschrift ist als Veröffentlichungsdatum der gegenständlichen Version V8.5.0 der März 2001 angegeben, was insbesondere mit der Angabe „(2001-03)“ auf dem Deckblatt übereinstimmt. Auch auf Grund der erheblichen Zeitspanne von 10 Monaten, die zwischen dem insoweit konsistent auf der Schrift angegebenen Datum und dem Zeitrang der Anmeldung 24. Januar 2002 liegt, ist der Senat der Überzeugung, dass die Druckschrift E7 im Jahr 2001 öffentlich zugänglich wurde. Konkrete Umstände des Einzelfalls, die an einer öffentlichen Zugänglichkeit im Jahr 2001 zu Zweifeln Anlass geben, liegen dem Senat nicht vor.

7.1 Aus der Druckschrift E7 ist, in Worten des geltenden Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ausgedrückt, Folgendes bekannt (Fehlendes durch Durchstreichung gekennzeichnet): ein M1 Mobilfunkendgerät (Mobile Equipment (ME)), insbesondere für den GSM- (Seite 10, erster Absatz) und/oder UMTSStandard (liest der Fachmann dort auf dem Deckblatt auf Grund der Bezeichnung als 3GPP Spezifikation des Release 1999 mit), enthaltend M2 a) einen nichtflüchtigen digitalen Speicher (Subscriber Identity Module (SIM), Seite 23, erster bis dritter Absatz und Fig. 3),

Der in der Druckschrift E7 genannte Speicher der SIM-Karte ist nichtflüchtig, denn betreiberbezogene Informationen (S. 109, Abschnitt 10.6 „DFs at the telecom level“) bleiben üblicherweise nach Entfernen des Akkus des Mobilfunkendgeräts auf der SIM-Karte gespeichert.

M3 wobei in dem Speicher digitale Initialisierungsdaten als Grunddaten abgespeichert sind (graphical image, company logo wie in der Datei EFIMG mit dem Datei-Kennzeichner `4F20` gekennzeichnet und in „Image Instance Data Files“ mit dem Datei-Kennzeichner `4FXX` abgespeichert, Seite 109, Abschnitt 10.6.1.1 und S. 111, Abschnitt 10.6.1.2),

M4 b) eine optische und/oder akustische Anzeige, insbesondere zum Darstellen der so gespeicherten Initialisierungsdaten bzw. Teilen davon,

Der Fachmann liest bei dem Mobilfunkendgerät die für Telefone übliche akustische Anzeige und auch eine optische Anzeige mit, so zeigt das Mobilfunkendgerät gemäß Druckschrift E7 gespeicherte Zeichenfolgen und Symbole an (S. 87, Abschnitt 10.4.1.2, den Text „to be displayed“ nach dem ersten Anstrich „- LSA name“ und S. 88, erster Abschnitt „Icon qualifier“).

M5 c) Mittel zum Ändern der Grunddaten (Image data und Image Instance data Files) über ein Funknetz (über die Luftschnittstelle „over the air“ mittels Kurznachricht (SMS), Seite 168, erster Absatz und Tabelle auf S. 169, Zeile `4F20`, `4Fxx`),

M7 zur Verhinderung, dass unberechtigte Dritte die Grunddaten auslesen (READ) und/oder verändern UPDATE, siehe dort den Bereich „Access Conditions“ im Kasten auf Seite 109, Abschnitt 10.6.1.1 und Seite 28, 29, Abschnitt 7.3. Die Druckschrift E7 vermittelt z. B. die Lehre, dass die Sicherung der Bilddatei gegen unberechtigtes Auslesen (READ) durch Prüfung der Zugriffsbedingung CHV1 erfolgen soll (siehe dort z. B. den Bereich „Access Conditions“ im Kasten auf Seite 111, Abschnitt 10.6.1.2). Die CHV1-Zugriffsbedingung (card holder verification 1) ist gemäß den Angaben auf Seite 29, Abschnitt „CHV1“ z. B. dann erfüllt, wenn ein korrekter CHV1-Wert an die SIM übergeben wurde, was wie die Patentabteilung bereits zutreffend festgestellt hat, nach dem Verständnis des Fachmanns einer Autorisierung durch Eingabe der PIN entspricht.

M8 e) und die als Grunddaten gespeicherten Initialisierungsdaten Daten für wenigstens ein digitalisiertes bildliches Symbol (graphical image, Seite 109, Abschnitt 10.6.1.1), eine digitalisierte animierte Grafik und/oder ein digitalisiertes akustisches Signal bzw. eine digitalisierte Melodie enthalten,

M9 welches auf der Anzeige dargestellt bzw. hörbar gemacht werden kann.

Es ist selbstverständlich mitzulesen, dass das digitalisierte bildliche Symbol (company logo), das gemäß Druckschrift E7 in verschiedenen Auflösungen in separaten Bilddateien gespeichert ist (S. 109, Abschnitt 10.6.1.1, dritter Absatz und S. 111, Abschnitt 10.6.1.2) auch auf der Anzeige dargestellt wird.

Eine Codierung der Grunddaten gemäß Merkmal M6) ist dort nicht ausdrücklich genannt.

Auch wenn man die in der Druckschrift E7 nicht ausdrücklich genannte Codierung als nicht mitzulesen und damit den Gegenstand des Anspruchs 1 als neu ansieht, ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift E7.

Zur Abspeicherung müssen nämlich die Daten in ein entsprechendes Datenformat gebracht werden, das heißt codiert werden, denn ohne eine entsprechende Organisation der Daten in dem Speicher ist ein lesender oder schreibender Zugriff nicht möglich. Die Speicherorganisation bildet dabei den Code. Die Zugriffbedingungen, die der Bilddatei zugewiesen sind (S. 111, Abschnitt 10.6.1.2 und S. 28, Abschnitt 7.3), bilden einen Teil dieses Speichercodes, und verhindern einen unberechtigten Zugriff. Der Fachmann weiß, dass er eine solche Codierung vorzusehen hat.

Der Einwand der Patentinhaberin, das Verfahren aus der Druckschrift E7 berücksichtige nicht den Fall, dass die Grunddaten ggfls. nach PIN-Eingabe zu unbefugten Dritten könnten geht fehl, da die Streitpatentschrift keine Lehre dahingehend enthält, ob oder wie ausgeschlossen werden kann, dass die Daten nach dem Auslesen durch Berechtigte weiterverarbeitet oder weitergegeben werden. Im Übrigen würde auch eine evtl. Verschlüsselung der Grunddaten allein noch nicht davor schützen, dass durch Berechtigte ausgelesene, d. h. entschlüsselte Daten von diesen weitergegeben werden.

7.2 Gleiches gilt auch für den Gegenstand des erteilten Verfahrensanspruchs 8, der auf ein in der Sache dem Vorrichtungsanspruch 1 entsprechendes Verfahren zum Ändern von digitalen Initialisierungsdaten gerichtet ist. Da aus der Druckschrift E7 zusätzlich zum Mobilfunkendgerät auch ein Verfahren zum Ändern der Grunddaten über ein Mobilfunknetz entnehmbar ist (dort über die Luftschnittstelle „over the air“ mittels Kurznachricht (SMS), Seite 168, Annex I und Tabelle auf S. 169, Zeile `4F20`, `4Fxx`), ergibt sich in Verbindung mit den vorstehenden Darlegungen zu Anspruch 1, dass diese Druckschrift auch den Gegenstand des erteilten Verfahrensanspruchs 8 nahe legt.

7.4 Auch die erteilten Unteransprüche 2 bis 7 und 9 bis 14 lassen, wie der Senat überprüft hat, eine erfindungsbegründende Substanz nicht erkennen.

7.3 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von dem nach Hauptantrag neben redaktionellen Anpassungen (Merkmal M91) dadurch, dass der nach Hauptantrag beanspruchte Zugriffsschutz gegen Auslesen gestrichen wurde (vgl. Merkmal M71) und ein auf dem erteilten Anspruch 6 nach Hauptantrag basierendes Merkmal angefügt wurde, wonach M101f) ein Überprüfungsmodul (26) vorgesehen ist, zum Überprüfen einer Änderungsberechtigung für die Grunddaten (15).

Das neu aufgenommene Merkmal kann nach Überzeugung des Senats das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen:

Die Druckschrift E7 vermittelt die Lehre, dass zur Veränderung der Grunddaten (UPDATE), die Zugriffbedingung „ADM“ erfüllt werden muss (vgl. z. B. Kasten auf Seite 109, Abschnitt 10.6.1.1, Bereich „Access Conditions“). Die Festlegung der konkreten Anforderungen für die Erfüllung dieser Zugriffsbedingung liegt in der Verantwortung der zuständigen „administrative authority“ (Seite 29, Abschnitt „ADM“), unter der der Fachmann den Mobilfunknetzbetreiber bzw. den Diensteanbieter versteht, der die entsprechenden Grunddaten erzeugt bzw. die SIM-Karte ausgegeben hat.

Unabhängig davon, wie der Fachmann die Zugriffsbedingung ADM konkret festlegt – solange er nicht freien Zugriff auf die Grunddaten einräumt – hat er Veranlassung, ein Überprüfungsmodul vorzusehen, zum Überprüfen einer Änderungsberechtigung für die Grunddaten (M101), denn ohne Überprüfungsmodul wäre zwar eine bestimmte Zugriffbedingung ADM für das Ändern der Daten definiert, deren Einhaltung bzw. Erfüllung würde jedoch vor einer Änderung nicht überprüft werden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ist entgegen der Auffassung der Patentinhaberin auch nicht auf ein zweistufiges Verfahren mit Kombination aus Grunddatencodierung, d. h. Verschlüsselung, und Berechtigungsanfrage bzw. entsprechendem Überprüfungsmodul beschränkt, denn mit dem Anspruch 1 ist nicht beansprucht, dass sich die „unberechtigten Dritten“, die gehindert werden, Grunddaten zu verändern (Absatz [0017]), von den Dritten unterscheiden, die keine „Änderungsberechtigung für die Grunddaten“ haben (Absatz [0023]). Insoweit fällt auch die Vergabe von Zugriffsrechten durch Codierung der Daten und die Überprüfung dieser Rechte vor jeder Änderung der Daten unter den beanspruchten Gegenstand.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ergibt sich nach alledem für den Fachmann ebenfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift E7.

7.4 Auch die Unteransprüche 2 bis 6 und 8 bis 12 nach Hilfsantrag lassen, wie der Senat überprüft hat, eine erfindungsbegründende Substanz nicht erkennen.

Somit war die Beschwerde der Patentinhaberin gegen den Widerruf des Patents zurückzuweisen.

III.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage, ob die anspruchsgemäße Codierung ausschließlich im Sinne einer Verschlüsselung auszulegen sei, war nicht veranlasst.

Nach § 100 Abs. 2 PatG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert.

Keine dieser Bedingungen liegt hier vor.

Der Senat bestimmt entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch Bewertung des Wortlauts aus der Sicht des Fachmanns, was sich aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als Lehre zum technischen Handeln ergibt, für die Schutz beansprucht wird bzw. die unter Schutz gestellt ist (vgl. BGHZ 172, 298 Tz. 38 - Zerfallszeitmessgerät). Hierbei berücksichtigt der Senat, dass bei der Auslegung eines Patents nicht am Wortlaut zu haften ist, sondern auf den technischen Gesamtzusammenhang abzustellen ist, den der Inhalt der Patentschrift dem Fachmann vermittelt (vgl. BGH GRUR 1999, 909, Ls. 1 - „Spannschraube“). Der Senat gelangt bei seiner Auslegung des Streitpatents zum Ergebnis, dass die anspruchsgemäße Codierung nicht auf eine Verschlüsselung der Daten beschränkt ist.

Da die Auslegung eine unmittelbare Aussage nur hinsichtlich des betreffenden Patents erlaubt, liegt hierin lediglich eine Rechtsanwendung in einem konkreten Einzelfall. Solche Fragen haben keine grundsätzliche Bedeutung und erfordern regelmäßig auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2010, 858 ff. – Crimpwerkzeug III).

Dr. Scholz Merzbach J. Müller Arnoldi Pü

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